----------------------- Page 1----------------------- ERDE3.0 Das Gewächshaus im wolkenkratzer Nahrungsmittelanbau in eigens dafür errichteten Hochhäusern spart Wasser und fossile Energien. Die Umwelt bleibt von landwirtschaftlichen Schadstoffen ver­ schont, und Stadtbewohner haben stets frisches Obst und Gemüse vor der Haustür. Von Dickson Despommier 2008 vielerorts ungefähr doppelt so teuer ge- worden. ie 6,8 Milliarden Menschen auf Einige Agrarwissenschaftler schlagen als der Erde nutzen für Ackerbau Lösung eine noch intensivere industrielle In Kürze und Viehzucht eine Fläche, die Landwirtschaft vor, mit einer weiter sinken- Dder Größe von Südamerika ent- den Anzahl hoch mechanisierter Agrarkon- r Im Jahr 2050 müssen spricht – ein gewaltiger landwirtschaftlicher zerne und mit noch ertragreicheren Ernten schätzungsweise 9,5 Milliar­ Fußabdruck. Für das Jahr 2050 sagen Demo- durch Gentechnik und Chemie. Doch das ist den Menschen satt werden; grafen sogar 9,5 Milliarden Erdbewohner vo- kurzsichtig, denn der Klimawandel verändert dafür reichen die landwirt­ raus. Da jeder mindestens 1500 Kalorien pro die Rahmenbedingungen rapide und vereitelt schaftlich nutzbaren Flächen Tag benötigt, wird die Menschheit, falls sie selbst die raffiniertesten Strategien. Kurz nach ihre Landwirtschaft weiter so betreibt wie dem Amtsantritt von US-Präsident Obama nicht aus. heute, dann zusätzlich ein Areal von der Grö- warnte sein Energieminister Steven Chu öf- r Pflanzenzucht in Hoch­ ße Brasiliens kultivieren müssen – 850 Milli- fentlich, der Klimawandel könnte bis zum häusern kann die Emissio­ onen Hektar. Doch so viel neuer Ackerboden Ende des Jahrhunderts die Landwirtschaft Ka- nen aus fossilen Brenn­ existiert einfach nicht. liforniens lahmlegen. stoffen drastisch reduzieren Zudem verbraucht die Landwirtschaft zur Wenn wir fortgesetzt Wald roden, um und das Abwasser der Bewässerung 70 Prozent des weltweit verfüg- neues Ackerland zu gewinnen, wird sich die Städte recyceln. baren Süßwassers; danach ist es mit Dünge- globale Erwärmung zusätzlich beschleunigen. r Ein Treibhaus­Wolken­ mitteln, Pestiziden, Herbiziden und Schlamm Obendrein würden riesige Mengen landwirt- kratzer von der Größe eines kontaminiert und lässt sich nicht mehr trin- schaftlicher Abwässer die meisten Flussmün- 30­stöckigen Häuserblocks ken. Wenn das so weitergeht, wird sauberes dungen und sogar Teile der Weltmeere in bio- vermag fast so viel lebens­ Wasser in vielen dicht besiedelten Regionen logisch tote Zonen verwandeln. mittel zu liefern wie 1000 bald Mangelware. Außerdem verschlingt die Hinzu kommen durch Lebensmittel über- Hektar Ackerland – und das Landwirtschaft Unmengen an fossilen Treib- tragene Krankheitskeime, die weltweit viele ohne Transportverluste. stoffen – in den USA zum Beispiel 20 Pro- Todesopfer fordern – Salmonellen, Cholera- r Heutige Hydrokultur­ zent des gesamten Benzin- und Dieselver- erreger, Escherichia coli, Ruhrerreger und viele Treibhäuser dienen Stadt­ brauchs. Besorgnis erregend sind dabei nicht andere. Noch bedrohlicher sind Infektionen planern in aller Welt als nur die emittierten Treibhausgase, sondern mit Parasiten, die in schmutzigem Wasser ge- Prototypen für vertikale auch die steigenden Nahrungsmittelpreise, da deihen, wie Malaria und Schistosomiasis. Au- Farmen. sie an den Ölpreis gekoppelt werden; allein ßerdem wird in weiten Teilen Südostasiens, dadurch ist das Essen zwischen 2005 und Afrikas sowie Zentral- und Südamerikas mit 72 SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT · APRIl 2010 ----------------------- Page 2----------------------- Diesen Artikel können Sie als Audiodatei beziehen; siehe www.spektrum.de/audio eRDe & uMweLT S o i d u t S c i h t i l auch inmitten einer modernen o d n o M Großstadt können Nutzpflanzen n, w o in großem stil angebaut werden. r B n n e K SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT · APRIl 2010 73 ----------------------- Page 3----------------------- ERDE3.0 menschlichen Fäkalien gedüngt, weil Kunst- Zeitgenosse Thomas Malthus das Ende der dünger zu teuer ist; das fördert die Ausbrei- Welt durch Übervölkerung vorhersagte, hat tung von Wurmkrankheiten, an denen 2,5 ein technologischer Durchbruch nach dem Milliarden Menschen leiden. anderen den Welthunger in Schach gehalten. Offenbar tut radikaler Wandel not. Eine Unterschiedlichste Landmaschinen, verbes- einzige Strategie würde fast alle genannten serte Düngemittel und Pestizide, Zuchtpflan- Probleme auf einen Schlag lösen: der Anbau zen mit höherem Ertrag und höherer Wider- von Nahrungspflanzen unter streng kontrol- standskraft sowie Impfstoffe und Medika- lierten Bedingungen in Gewächshochhäusern mente gegen Tierkrankheiten haben insgesamt (vertical farms). Wolkenkratzer auf leer stehen- dazu geführt, dass die Nahrungsproduktion den städtischen Grundstücken sowie mehrstö- mit der steigenden Weltbevölkerung Schritt Die Frage ist: ckige Gewächshäuser auf ungenutzten Dä- gehalten hat. chern könnten das ganze Jahr hindurch Nah- Das galt zumindest bis in die 1980er Jahre. wie können wir alle rung liefern. Sie würden dabei viel weniger Damals wurde offensichtlich, dass Ackerbau gut leben und Wasser verbrauchen, kaum Abfall produzie- vielerorts den Boden überlastet; Chemikalien gleichzeitig den Öko- ren, Infektionskrankheiten eindämmen und hatten die natürlichen Nährstoffkreisläufe zer- keine fossilen Treibstoffe für Landmaschinen stört. Darum müssen wir zu nachhaltigen An- systemen unserer oder für den Transport von entlegenen länd- bautechniken übergehen. erde eine Verschnauf- lichen Bauernhöfen benötigen. Zudem würde Der bekannte Ökologe Howard Odum soll uns das Essen besser schmecken: Obst und gesagt haben: »Die Natur hat alle Antworten, pause gönnen? Gemüse wären immer frisch. also wie lautet Ihre Frage?« Meine ist: Wie Mein Szenario mag auf den ersten Blick können wir alle gut leben und gleichzeitig den haarsträubend anmuten. Aber Ingenieure, Ökosystemen unserer Erde eine Verschnauf- Stadtplaner und Agrarwissenschaftler haben pause gönnen? Viele Klimaexperten – von die erforderlichen Technologien untersucht Sprechern der Welternährungsorganisation und sind davon überzeugt, dass vertikale Land- FAO bis zur Trägerin des Friedensnobelpreises wirtschaft nicht nur theoretisch machbar ist, von 2004 Wangari Maathai – meinen über- sondern praktisch ausprobiert werden sollte. einstimmend: Die einfachste Maßnahme ge- gen den Klimawandel ist die Renaturierung Schont die Erde! von Ackerland. Naturbelassenes Grasland und Wenn wir für unsere Nahrungsmittel riesige Wälder entziehen der Luft das Treibhausgas Wald- und Grasflächen roden, fügen wir un- Kohlendioxid. Wenn wir das Land sich selbst serem Planeten schwere Wunden zu und sä- überlassen, heilt es den Planeten. gen den Ast ab, auf dem wir sitzen. Als Min- Lokale Beispiele gibt es genug. Als 1953 destforderung sollte gelten: Schont die Erde! nach dem Koreakrieg die entmilitarisierte Die Menschen haben immer wieder scheinbar Zone zwischen Süd- und Nordkorea entstand, unmögliche Aufgaben bewältigt. Seit Mitte war sie ein vier Kilometer breiter, vom Krieg des 19. Jahrhunderts, als Charles Darwins verwüsteter Streifen Brachland; heute ist sie Für die Zukunft gibt es nicht genug Ackerland Schon heute braucht die Weltbevölkerung für Gegenwart ackerbau und Viehzucht eine landfläche von der Größe Südamerikas. Bis zum Jahr 2050 würde sie für traditionell betriebene landwirtschaft zusätz­ lich ein Gebiet von der Größe Brasiliens benöti­ = nutzen Ackerland von der Größe gen. So viel ackerland gibt es nicht. Südamerikas 6,8 Milliarden Menschen 2050 = + brauchen zusätzlich Ackerland e von der Größe Brasiliens c a r G e i 9,5 Milliarden Menschen r u a l 74 SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT · APRIl 2010 ----------------------- Page 4----------------------- eRDe & uMweLT r e i z a r F . r d i V a d / S e G a M i y t t e G S a n u i l B e r G l u a P / S e G a M i y t naSa, GSFc / ModiS land raPid reSPonSe teaM, JacqueS deScloitreS t e G üppig bewachsen und völlig erholt. Der einst- Von der Vision zur Praxis Landwirtschaft belastet die um- mals kahle Korridor zwischen Ost- und West- Aus vielen Gründen braucht die stetig wach- welt schwer: ausgeschwemmte deutschland ist nun grün. Der Dust Bowl im sende Weltbevölkerung eine Alternative zum Düngemittel verursachen groß- Mittleren Westen der USA, eine in den Land fressenden Ackerbau. Aber sind Ge- flächige algenblüten, die manch- 1930er Jahren durch landwirtschaftliche Über- wächshochhäuser in Städten eine praktische mal biologisch tote Meeres- nutzung und Dürre entstandene »Staubschüs- Möglichkeit? regionen hinterlassen (links; sel«, ist inzwischen wieder ein hochproduk- Jawohl, denn Nahrungsanbau im Glashaus blaue und grüne wirbel). tiver Weizengürtel. Neuengland, das von eu- ist längst gängige Praxis. Drei Verfahren wer- Großflächige Bewässerung ropäischen Einwanderern zuerst besiedelte den weltweit mit Erfolg genutzt: Tropfbewäs- verschwendet enorme Mengen Gebiet im Nordosten der USA, wurde seit serung, Aeroponik und Hydrokultur. Bei der an wertvollem Trinkwasser 1700 mindestens dreimal kahl geschlagen – Tropfbewässerung wurzeln die Pflanzen in (rechts oben). Pestizide konta- heute beherbergt es große und gesunde Laub- Mulden aus leichtem und jahrelang verwend- minieren Nahrung, Boden und und Nadelwälder. barem Material, zum Beispiel Vermiculit, Grundwasser (rechts unten). Ideen für einen smarten Planeten Städte, die uns das Leben leichter machen. Bis 2050 werden 70 % der Weltbevölkerung in Städten leben. Wenn die urbanen Infrastrukturen mit diesem Ansturm Schritt halten sollen, müssen wir sie intelligenter gestalten. Zum Beispiel, indem wir Städte als komplexe Ökosysteme begreifen und die Infrastrukturen für Verkehr, Wasser, Abfall, Verwaltung, Sicherheit, Energie miteinander vernet- zen. Davon profitieren alle Aspekte der Lebensqualität – von sauberer Luft über staufreie Straßen bis zur Schulbildung unserer Kinder. Es ist, mit einem Wort, smart. Welchen Beitrag IBM dazu leistet, erfahren Sie unter ibm.com/think/de/city IBM, das IBM Logo und ibm.com sind Marken oder eingetr. Marken der International Business Machines Corp. in den Vereinigten Staaten und/oder anderen Ländern. Andere Namen von Firmen, Produkten und Dienstleistungen können Marken oder eingetr. Marken ihrer jeweiligen Inhaber sein. © 2009 IBM Corp. Alle Rechte vorbehalten. O&M IBM L 48/09 ----------------------- Page 5----------------------- ERDE3.0 Maximaler Ertrag Auf den meisten Stockwerken einer vertikalen Farm (siehe S. 78) schine erreichen. wasserzufuhr und Beleuchtung sind optimal auf transportiert ein automatisches Fließband die Setzlinge von einem jede wachstumsphase eingestellt. nicht essbares Pflanzenmaterial ende zum anderen, so dass die Pflanzen unterwegs reifen und mög­ fällt durch einen Müllschlucker zu Verbrennungsanlagen im Keller, lichst viel Getreide oder Gemüse liefern, wenn sie eine erntema­ die Strom erzeugen. licht mit Stockwerk mit variierenden Tropfbewässerung Wellenlängen Kontrollzentrum Setzlinge Erntemaschine Bewässerungs­ schläuche Rutsche für Pflanzenabfälle Förderband KeVin hand Tierliebhabern als Katzenstreu bekannt. Aus über große Mengen qualitativ hochwertiger kleinen Röhren über den Pflanzen tropft Tomaten, Gurken und Paprika. nährstoffreiches Wasser gezielt an jeden ein- Allerdings liegen diese großflächigen Ge- zelnen Stängel; dadurch wird die sonst übliche wächshäuser meist in ländlichen Gebieten, wo Wasserverschwendung vermieden. Bei der Ae- Grundstücke billiger sind. Doch der Trans- roponik – 1982 von K.T. Hubick entwickelt port der Nahrungsmittel über viele Kilometer und später von NASA-Wissenschaftlern ver- verursacht zusätzliche Kosten, verbraucht fos- bessert – hängen die Pflanzen in der mit Was- silen Treibstoff, emittiert Kohlendioxid und serdampf und Nährstoffen angereicherten lässt einen beträchtlichen Teil der Ware unter- erst groß angelegte Luft. Auch hier wird keine Erde benötigt. wegs verderben. Ein Umzug der Treibhäuser Treib(hoch)häuser Die moderne Hydrokultur entwickelte der in hohe Gebäude innerhalb der Stadtgrenzen Agrarforscher William F. Gericke im Jahr vermag all diese Probleme zu lösen. Ich stelle bieten die chance für 1929. Die Pflanzen werden so fixiert, dass ihre mir 30-stöckige Gebäude vor, die einen ein wirklich nachhal- Wurzeln in Trögen ohne Erde liegen und von ganzen Häuserblock einnehmen. Erst bei die- tiges urbanes Leben Wasser mit gelösten Nährstoffen umspült wer- ser Größe bieten Treib(hoch)häuser die Chan- den. Im Zweiten Weltkrieg wurden auf diese ce für ein wirklich nachhaltiges urbanes Le- Weise für die auf südpazifischen Inseln statio- ben: Städtische Abwässer werden recycelt und nierten alliierten Streitkräfte mehr als 4000 zur Bewässerung genutzt; der feste, vorwie- Tonnen Gemüse produziert. gend pflanzliche Abfall wird verbrannt, um Bei der Standortwahl spielen Umweltbe- das Treibhaus mit Strom zu versorgen. Mit dingungen wie Boden, Niederschlag oder heutigen Technologien lassen sich vielerlei ess- Temperatur keine Rolle. Ackerbau im Ge- bare Pflanzen in Gewächshäusern ziehen; ein wächshaus kann überall stattfinden, wo es ge- benachbartes Aquakulturzentrum könnte Fi- nügend Wasser und Energie gibt. Große Hy- sche, Garnelen und Muscheln züchten. drokulturanlagen findet man unter anderem Als Starthilfe müssten Subventionen für in den Niederlanden, in Großbritannien, Dä- Firmengründungen und staatlich gesponserte nemark, Deutschland und Neuseeland. Ein Forschungszentren dienen, oder Partner- Beispiel aus den USA sind die 130 Hektar schaften zwischen Universitäten und Großun- großen EuroFresh Farms in der Wüste von ternehmen. Talentierte Absolventen der vielen Arizona; die Anlage produziert das ganze Jahr Universitäten für Landwirtschaft, Ingenieur- 76 SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT · APRIl 2010 ----------------------- Page 6----------------------- eRDe & uMweLT wissenschaften oder Architektur könnten niger begehrte Orte, wo man über ein halb- dann zunächst etwa fünfstöckige und einen wegs rentables Projekt froh wäre. halben Hektar große Prototypen entwickeln. In New York beispielsweise liegt der ehe- Diese Anlagen wären Spielwiesen für Dokto- malige Flottenstützpunkt Floyd Bennett Field randen, Wissenschaftler und Ingenieure, die seit 1972 brach. Diese 5,4 Quadratkilometer durch Versuch und Irrtum lernen würden, wie große Fläche schreit förmlich nach einer Nut- ein komplettes Riesentreibhaus funktioniert. zung. Ein ähnlicher Fall ist Governors Island; TrEibHAuS­ Auch kleinere Gewächshäuser auf den Dä- diese 70 Hektar große Parzelle im Hafen von TEcHnoloGiEn chern von Apartmentkomplexen, Kranken- New York hat die Regierung der Vereinigten häusern und Schulen könnten für Tests die- Staaten kürzlich der Stadt zurückgegeben. Vertikale Farmen können nen. Forschungsanlagen existieren bereits an Eine wenig genutzte Stelle im Herzen von drei Verfahren nutzen: mehreren Universitäten in Amerika, Europa Manhattan ist der Verschiebebahnhof in der ?Aeroponik und Asien; eine der bekanntesten ist das Con- 33. Straße. Außerdem sind leere Fabriken und Die Pflanzen sind so fixiert, trolled Environment Agriculture Center der Abbruchhäuser über die ganze Stadt verstreut. dass ihre Wurzeln in der – University of Arizona unter der Leitung von Vor einigen Jahren untersuchten meine Dok- mit Wasserdampf und Gene Giacomelli. toranden das gesamte Stadtgebiet New Yorks; Nährstoffen gesättigten – Wenn es gelingt, die Nahrungsmittelpro- sie fanden nicht weniger als 120 verlassene luft hängen. Gut für Wurzel­ duktion in den städtischen Alltag zu integrie- Orte, die auf eine Nutzung warteten. Dort kä- gemüse (Kartoffeln und ren, ist ein gewaltiger Schritt zur Nachhaltig- men Gewächshochhäuser den unterversorgten Möhren) keit urbanen Lebens getan. Neue Betriebe Innenstadtbewohnern sehr zugute. Zahllose ? Hydrokultur und Arbeitsplätze werden entstehen, die man ähnliche Orte existieren in allen Städten der Die Pflanzen sind so fixiert, sich in Städten niemals hat träumen lassen – Welt – und Dächer gibt es überall. dass ihre Wurzeln in offenen Gärtner, Bauern, Erntearbeiter. Die traditio- Simples Einmaleins wird manchmal als Trögen liegen, in denen nellen Landwirte würden ermuntert, Gräser Gegenargument angeführt, stützt aber tat- Wasser mit gelösten Nähr­ und Bäume anzupflanzen, da sie für die da- sächlich die Machbarkeit vertikaler Farmen. stoffen zirkuliert. Gut für durch bedingte CO2-Minderung Geld bekä- Ein typischer Straßenblock in Manhattan be- viele Gemüse (Tomaten, men. Die Holzindustrie könnte zu selektivem deckt ungefähr zwei Hektar. Nun rechnen die Spinat) und Beerensträucher Holzschlag übergehen. Kritiker vor: Dann bieten 30 Stockwerke ? Tropfbewässerung doch nur 60 Hektar – nicht viel im Vergleich Die Pflanzen wachsen in Mul­ Platz auch mitten in Manhattan zu großen Farmen im Freien. Doch ein Treib- den aus leichtem, chemisch Gegen die Idee der vertikalen Farmen werden haus kennt keine Jahreszeiten. Salat kann alle trägem Material, zum Bei­ vor allem zwei Einwände erhoben. Erstens be- sechs Wochen geerntet werden, und sogar spiel Vermiculit, das viele zweifeln Skeptiker angesichts der oft überhöh- langsam wachsende Pflanzen, die wie Mais Jahre lang benutzt werden kann. Aus kleinen Röhren an ten Immobilienpreise in Städten wie Chicago, oder Weizen drei bis vier Monate vom Säen der Oberfläche tropft nähr­ London oder Paris die wirtschaftliche Reali- bis zur Reife brauchen, lassen sich drei- bis stoffreiches Wasser genau an sierbarkeit. Im Stadtzentrum sind kommer- viermal pro Jahr ernten. Außerdem braucht jeden einzelnen Halm. Gut ziell nutzbare Zonen vielleicht Mangelware, ein für die NASA entwickelter Zwergmais viel für Getreide (Weizen, Mais) doch in jeder Großstadt gibt es auch viele we- weniger Platz als gewöhnlicher Mais und Ideen für einen smarten Planeten Stromnetze, die Strom sparen. Ein beträchtlicher Teil des Stroms, den wir erzeugen, geht auf dem Weg zum Verbraucher verloren – ein Verlust, den wir uns nicht mehr leisten können. Deshalb müssen wir unsere Stromnetze intelligenter gestalten. Zum Beispiel, indem wir Einspeisung, Netzauslastung und Verbrauch mit einem integrierten System in Echtzeit erfassen und steuern. Das minimiert Verluste, erleichtert die Einbindung neuer, nach- haltiger Energiequellen und hilft den Kunden, ihren Verbrauch be- wusster zu steuern. Es ist, mit einem Wort, smart. Welchen Beitrag IBM dazu leistet, erfahren Sie unter ibm.com/think/de/energy IBM, das IBM Logo und ibm.com sind Marken oder eingetr. Marken der International Business Machines Corp. in den Vereinigten Staaten und/oder anderen Ländern. Andere Namen von Firmen, Produkten und Dienstleistungen können Marken oder eingetr. Marken ihrer jeweiligen Inhaber sein. © 2010 IBM Corp. Alle Rechte vorbehalten. O&M IBM L 19/10 ----------------------- Page 7----------------------- ERDE3.0 Hochhausnahrung Solarzellen Eine vertikale Farm mit 30 Regenwasser­ sammeltanks Stockwerken nutzt auf ihren etagen unterschiedliche treib­ Müllschlucker für haustechnologien. Solarzellen Pflanzenabfälle und das Verbrennen von Pflan­ zenabfall erzeugen energie. Ge­ klärtes städtisches abwasser AEroPonik wird nicht in die umwelt abge­ geben, sondern dient der Be­ wässerung der Pflanzen. Künst­ liche Beleuchtung ergänzt das Sonnenlicht. die angelieferten Samen werden in einem labor getestet und keimen in einer Gärtnerei aus. ein lebensmittel­ laden und ein restaurant ver­ kaufen frische nahrung direkt an die Verbraucher. Dünnschicht­ solarzellen auf HydrokulTur Außenträgern Gärtnerei Wassertank d n a h n Qualitäts­ i V e kontroll­ K labor TroPFbEWäSSErunG Besucher­ zentrum eingespeistes städtisches Restaurant Klärwasser lebensmittel­ laden Anlieferung und Abtransport Müllverbrennung 7878 SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT ·SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT · AAUGUSTPRIl 2010 2008 ----------------------- Page 8----------------------- eRDe & uMweLT wächst nur 60 bis 90 Zentimeter hoch. Auch Zwergweizen ist klein, aber nahrhaft. Solche Pflanzen lassen sich dichter setzen, was den Ertrag pro Hektar verdoppelt, und pro Stock- werk können mehreren Lagen Zwerggetreide angebaut werden. Für bestimmte Hydrokul- turpflanzen sind Stapelcontainer bereits in Gebrauch. Nun sieht die Rechnung schon anders aus: Angenommen, jede Etage einer vertikalen Farm ermöglicht vier Ernten, doppelte Pflan- zendichte und zwei Lagen pro Stockwerk – dann ergibt sich ein Multiplikator von vier mal zwei mal zwei gleich 16. Ein 30 Stock- werke hohes und einen Häuserblock großes Gebäude kann also pro Jahr eine Getreide- menge produzieren, die einer Fläche von 30 Erdwärme anzapfen. Zu sonnenreichen Wüs- Stockwerken mal zwei Hektar mal 16 gleich tengegenden im amerikanischen Südwesten, HindErniSSE 960 Hektar entspricht. Ebenso könnte ein im Nahen Osten oder in Zentralasien passen flaches Gewächshaus auf dem Dach eines eher zwei- oder dreistöckige Gebäude; sie wä- Für die Etablierung von Krankenhauses oder einer Schule mit einem ren 50 bis 100 Meter breit, aber kilometer- städtischen Agrarbetrieben sind mehrere Hürden zu halben Hektar Fläche die hauseigene Küche lang, um die Sonnenstrahlung unmittelbar überwinden: mit Lebensmitteln versorgen, die acht Hektar für die Pflanzenzucht sowie per Fotovoltaik entsprechen. zur Energiegewinnung zu verwenden. In den ? Freigabe von unge­ nutzten städtischen Grund­ Weitere Faktoren vergrößern diese Zahl. meisten Küstenregionen, aber auch in vielen stücken und Flachdächern Jedes Jahr ruinieren Dürren und Überschwem- Binnenlandstrichen bietet sich Windenergie für Gewächshäuser mungen vielerorts ganze Ernten. Zudem ver- an. In jedem Fall können die pflanzlichen Ab- derben 30 Prozent der Ernte bei Lagerung fälle zur Stromgewinnung verbrannt oder in ? Umwandlung städtischer Abwässer in Brauchwasser oder Transport. All das fällt in städtischen Far- Biosprit umgewandelt werden. für Treibhäuser men weg, denn die Nahrungsmittel werden Eine weitere sehr wertvolle Ressource wird praktisch sofort und am Ort verkauft. gern übersehen; die Kommunen opfern sogar ? lieferung billiger Energie für die Zirkulation von Der zweite häufig vorgebrachte Einwand enorm viel Geld und Energie, um sie sicher Wasser und luft betrifft die Versorgung eines großen Treib- loszuwerden. Ich meine flüssigen städtischen hochhauses mit Energie und Wasser. Da Abfall, oft Schwarzwasser genannt. Die Be- ? Bau von Prototypen durch Stadtplaner, Investo­ kommt alles darauf an, wo das Haus steht. wohner New Yorks produzieren täglich fast ren, Wissenschaftler und Vertikale Farmen in Island, Italien, Neusee- vier Millionen Liter fäkalienreiches Abwasser. Ingenieure, um praktische land, Südkalifornien und einigen Teilen Für dessen Reinigung gibt die Stadt Unsum- Probleme zu lösen Ostafrikas können die reichlich vorhandene men aus und pumpt das resultierende »Grau- Ideen für einen smarten Planeten Supercomputer arbeiten für jedermann. Muss wirklich jeder, der Rechenleistung benötigt, den Aufwand für ein eigenes Rechenzentrum betreiben: für Stromversorgung, Kühlung, Sicherheit – und für Reservekapazitäten, die dann doch die meiste Zeit brachliegen? Es ist an der Zeit, den Umgang mit dieser Ressource einfacher und intelligenter zu gestalten. Mit innovativen Technologien wie Cloud Computing kann man Rechenleistung heute zuverlässig und nach Bedarf punktgenau zur Verfügung stellen, wo, wann und wie sie gebraucht wird. Mit einem Wort, smart. Welchen Beitrag IBM dazu leistet, erfahren Sie unter ibm.com/think/de/cloud IBM, das IBM Logo und ibm.com sind Marken oder eingetr. Marken der International Business Machines Corp. in den Vereinigten Staaten und/oder anderen Ländern. Andere Namen von Firmen, Produkten und Dienstleistungen können Marken oder eingetr. Marken ihrer jeweiligen Inhaber sein. © 2009 IBM Corp. Alle Rechte vorbehalten. O&M IBM L 48/09 ----------------------- Page 9----------------------- ERDE3.0 S c i Die euroFresh Farms in willcox h P a r G S (arizona) produzieren auf 130 i l l o hektar seit mehr als zehn Jahren h n o V . mittels hydrokultur schmack- n e G . l hafte Tomaten, Gurken und d r F t i Paprika. solche anlagen bewei- M sen, dass Treibhaustechnologien auch in großem stil eingesetzt werden können. S M r a F h S e r F o r u e wasser« in den Hudson River. Doch damit lie- Paris, Bangalore, Dubai, Abu Dhabi, Incheon ßen sich vertikale Farmen bewässern, und die (Südkorea), Schanghai und Peking haben festen, energiereichen Beiprodukte könnten mich angesprochen. Das Illinois Institute of verbrannt werden. Ein normaler Stuhlgang Technology entwirft gerade einen detaillierten hat einen Brennwert von 300 Kilokalorien. Plan für Chicago. Hochgerechnet auf die gut acht Millionen All diese Interessenten stellen harte Fragen Einwohner New Yorks ergibt das theoretisch zu Kosten und Rendite, zu Energie- und Was- pro Jahr rund 100 Millionen Kilowattstunden serverbrauch sowie zum Ernteertrag. Sie ma- Strom allein aus Fäkalien – genug, um vier chen sich Sorgen über Stahlträger, die in der dickson despommier ist Professor für Gesundheitswesen und Mikro­ 30-stöckige Farmen zu betreiben. Feuchtigkeit korrodieren, über den Aufwand, biologie an der columbia university Vorab werden hohe Investitionskosten an- überallhin Wasser und Luft zu pumpen, und sowie Präsident des Vertical Farm fallen, weil erst ausprobiert werden muss, wie über die spezifischen Probleme einer Produk- Project, das als Vermittlungsstelle die verschiedenen Systeme am besten zusam- tion in großem Stil. Für detaillierte Antwor- für entwicklungsarbeit dient (siehe www.verticalfarm.com). als junger menpassen. Deshalb braucht man wie bei je- ten wird noch viel interdisziplinäre Arbeit nö- Forscher an der rockefeller univer­ der neuen Technologie zunächst kleinere Pro- tig sein. sity freundete er sich seinerzeit mit totypen. Das Erzeugen erneuerbarer Energie Erfolg oder Misserfolg hängt nun davon dem berühmten agrarwissenschaft­ an Ort und Stelle dürfte kaum teurer werden ab, wie viel Zeit und Mühe in den Bau von ler rené dubos an, der ihn mit den als der fossile Treibstoff für große Landma- Prototypen gesteckt wird. »Biosphere 2«, das ideen der humanökologie bekannt schinen, die obendrein Schadstoffe und kli- missglückte Projekt eines geschlossenen Öko- machte. maschädliche Gase emittieren. Mangels prak- systems außerhalb von Tucson (Arizona), in tischer Erfahrung lässt sich schlecht vorher- dem ab 1991 zunächst acht Menschen wohn- despommier, d.: Vertical Farm: sagen, wie profitabel eine vertikale Farm ten, ist ein abschreckendes Beispiel. Der Bau the Big idea that could Solve the letztlich sein kann. Gewiss soll das Endpro- war zu groß, auf Pilotprojekte wurde verzich- world’s Food, water and energy dukt nicht mehr kosten als im üblichen Su- tet, und niemand ahnte, wie viel Sauerstoff crises. thomas dunne Books/St. Martin’s Press, new york (in druck). permarkt; das sollte vor allem wegen der ent- der aushärtende Zement des massiven Funda- fallenden Transportkosten möglich sein. ments absorbieren würde. Derzeit besitzt die Mcdonough, W., braungart, M.: University of Arizona Nutzungsrechte an dem cradle to cradle: remaking the way die chancen einer idee Gebäude. we Make things. north Point Press, new york 2002. Vor fünf Jahren habe ich erste Überlegungen Wenn die Idee des Gewächshochhauses ein Wackernagel, M., rees, W.: our und Skizzen unter www.verticalfarm.com im Erfolg werden soll, müssen die Planer solche ecological Footprint: reducing Web publiziert. Seitdem nehmen Architekten, unwissenschaftlichen Abenteuer vermeiden. human impact on the earth. new Ingenieure, Designer und größere Organisa- Ich habe gute Neuigkeiten: Der Ökotechnik- Society Publishers, Gabriola island tionen allmählich Notiz davon. Heute be- experte Peter Head, Direktor für globale Pla- (Kanada) 1996. fürworten viele Investoren, Stadtplaner und nung bei Arup, einer internationalen Entwick- Bürgermeister die Idee und zeigen starkes In- lungs- und Ingenieurfirma in London, ist weblinks zu diesem thema teresse an einem Prototyp. Stadtplaner in New davon überzeugt, dass der Bau eines Treibhaus- finden Sie unter www.spektrum.de/ York City, Portland (Oregon), Los Angeles, wolkenkratzers keine neuartigen Technologien artikel/1023392. Las Vegas, Seattle, Surrey (Kanada), Toronto, erfordert. Also: Worauf warten wir noch? 80 SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT · APRIl 2010 ----------------------- Page 10----------------------- KRAFTSTOFF SPAREN MIT MICHELIN ENERGY™ SAVER REIFEN. 0 1 / 2 0 d n a t S , d n a l h c s t u e D , e h u r s l r a K 5 8 1 6 7 , 4 e ß a r t s n i l e h c i M , A a G K . o C & G A e k r e w n e f i e R n i l e h c i M Es gibt gute Gründe, sich für MICHELIN ENERGY™ Saver Reifen sind echte Kraftstoffsparer. Sie helfen, MICHELIN ENERGY™ Saver Reifen zu entscheiden: den Verbrauch um bis zu 80 l*** zu senken. Darüber hinaus halten sie BREMSWEG LANGLEBIGKEIT KRAFTSTOFFVERBRAUCH bis zu 45.000 km** und bieten noch mehr Sicherheit mit einem bis zu 3 m* BIS ZU HÄLT BIS ZU SPART BIS ZU 3 m* 45.000 km** 80 l*** kürzeren Bremsweg. Der richtige Reifen macht den Unterschied. KÜRZER AUF KRAFTSTOFF NASSEN STRASSEN Mehr Informationen unter www.michelin.de *Im Vergleich zu seinem Vorgängermodell MICHELIN ENERGY™ E3A. Basierend auf vom TÜV SÜD Automotive (Deutschland) 2007 im Auftrag von Michelin durchgeführten Reifentests in den Dimensionen 175/65 R 14 T, 195/65 R 15 H und 205/55 R 16 V. **Durchschnittliche Lebensdauer von MICHELIN Reifen (2006–2008, intern durchgeführte Statistik). ***Berechnung der Durchschnittsersparnis mit einem MICHELIN ENERGY™ Saver Reifen für Benzinfahrzeuge im Vergleich zu den Hauptwett- bewerbern. Berechnungen auf der Grundlage von Rollwiderstandstests des TÜV SÜD Automotive (Deutschland) 2009 im Auftrag von Michelin an MICHELIN ENERGY™ Saver Reifen der Dimensionen 175/65 R 14 T, 195/65 R 15 H und 205/55 R 16 V (meistverkaufte aus insgesamt 15 getes- teten Dimensionen) und der durchschnittlichen Lebensdauer von MICHELIN Reifen, d.h. 45.000 km (2006–2008, intern durchgeführte Statistik).