Russische Marine wollte U-Boot nicht bergen
09.08.2005 um 22:00Bericht: Russische Marine wollte U-Boot nicht bergen
Im Drama um das havarierte U-Boot hat die russische Marineführung einen Rettungseinsatz zunächst offenbar abgelehnt. Aus Sorge, die Antenne der Unterwasser-Lauschanlage zu beschädigen, in der sich das Mini-U-Boot verfangen hatte, sei ein Freischleppen untersagt worden, berichtet die Tageszeitung "Kommersant" unter Berufung auf ein Gespräch zwischen Verteidigungsminister Sergej Iwanow und der geretteten Besatzung. Damit habe die Marineführung praktisch die Rettung ihrer eigenen Leute verboten, schreibt das Blatt.
Befehl aus Moskau
Russische Rettungskräfte hätten der zunehmend verzweifelten Besatzung per Funk mitgeteilt, auf Befehl aus Moskau dürfe das festsitzende U-Boot nicht mit Gewalt nach oben gezogen werden. Begründung: Die Antenne des geheimen Lauschobjekts dürfe nicht beschädigt werden.
Anonyme Anruferin setzte Rettung in Gang
Ihr Leben verdanken die sieben Seeleute somit möglicherweise einer anonymen Anruferin. Denn erst diese Unbekannte soll das U-Boot-Drama ans Licht der Öffentlichkeit gebracht und so die internationale Hilfe mobilisiert haben, berichtet die Journalistin Gusel Latipowa vom Sender Radio3 in Petropawlowsk-Kamtschatski. Einen Tag nach der Havarie am vergangenen Donnerstag habe sich die Frau telefonisch bei ihr gemeldet: "Sie hat geweint. Sie sagte, ein Mini-U-Boot mit sieben Männern hängt in der Beresowaja-Bucht fest", berichtet die Journalistin. Die Frau habe behauptet, die Information vom Militär zu haben.
Flottenadmiral verschwieg Vorfall
Nach dem anonymen Anruf hätten mehrere Journalisten versucht, die Informationen zu bestätigen. Schließlich hätten sie Flottenadmiral Viktor Gwarikow angerufen und auf die Informationen angesprochen. Dessen Stimme habe sich daraufhin sofort geändert; er habe gesagt "Kein Kommentar" und dann aufgelegt, erzählt Latipowa. Wenige Minuten später verbreiteten die Journalisten die Nachricht, die dann rasch um die Welt ging. Erst danach rang sich die russische Regierung dazu durch, Hilfe aus dem Ausland zu erbitten.
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Fahrlässigkeit
Die Führung der russischen Pazifikflotte hatte hingegen in den vergangenen Tagen wiederholt betont, oberstes Ziel sei die Rettung der sieben Männer gewesen. Die russische Militärstaatsanwaltschaft nahm unterdessen strafrechtliche Ermittlungen wegen Fahrlässigkeit auf. Erste Untersuchungen hätten ergeben, dass "eine Reihe von Leuten bei der Organisation der U-Boot-Aufgaben Fahrlässigkeit zugelassen haben", sagte der Vize-Marine-Staatsanwalt der russischen Pazifikflotte, Roman Kolbanow.
Briten retteten U-Boot-Besatzung
Das 13,5 Meter lange Mini-U-Boot hatte sich am vergangenen Donnerstag bei Reparaturarbeiten an einem Unterwasser-Lauschgerät auf dem Grund des Pazifiks in den Netzen rund um die Antenne des Sonars verfangen. Das Boot war schließlich in einer dramatischen Rettungsaktion von einem aus Großbritannien eingeflogenen Tauchroboter mit Schneidwerkzeug befreit worden. Die russische Marine hatte bereits im Jahr 2000 die Havarie des Atom-U-Boots Kursk zwei Tage verschwiegen und erst mit Verspätung ausländische Hilfe zugelassen. Für die 118 Männer an Bord der Kursk kam jede Rettung zu spät.
Quelle: www.t-online.de
hm was meint ihr dazu?