TAG DER VERMISSTEN KINDER
Facebook-Nutzer suchen auf Facebook nach vermissten Kindern
Die Kampagne „Deutschland findet euch“ verbreitet Fahndungsaufrufe nach vermissten Kindern auf Facebook.
Von einem zwölfjährigen Mädchen aus Kempten fehlt weiter jede Spur.Celestine W. aus Kempten ist verschwunden. Auf dem Foto, das von dem Mädchen auf Facebook weiterverbreitet wurde, trägt es einen roten Schal. Und es lächelt. Wo es steckt, was mit ihm passiert ist - das weiß keiner. Von Celestine W. fehlt jede Spur.
Facebook-Nutzer verbreiten das Fahndungsbild weiter
Am 12. April war die 12-Jährige nicht wie vereinbart in ihre Wohngruppe in Kempten zurückgekehrt. Eine Betreuerin meldete das blonde Mädchen daraufhin bei der Polizei als vermisst. Nach ihrem Verschwinden hatten Facebook-Nutzer das Fahndungsbild Celestines auf dem Internetportal verbreitet.
Hinter der Verbreitung von Fahndungen wie dieser steht die Initiative „Vermisste Kinder“ mit Sitz in Hamburg. Über die Kampagne „Deutschland findet euch“ ruft sie seit 2010 zur Suche nach vermissten Kindern via Facebook auf. Nach Angaben der Initiative werden allein in Deutschland jedes Jahr mehr als 100.000 Kinder als vermisst gemeldet. Zeit sei dabei der entscheidende Faktor, um sie wiederzufinden. Für jedes vermisste Kind wird daher auf Facebook ein eigenes Profil angelegt, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen.
Zu viele Hinweise können von einer heißen Spur ablenken
„Jede Weiterverbreitung an sich ist nützlich“, sagt Christian Owsinski, Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West, zu den Fahndungsaufrufen auf Facebook.
Die Vermisstenanzeige der 12-jährigen Celestine W. haben er und seine Kollegen auf der Homepage des Polizeibereichs veröffentlicht. Regionalmedien, aber auch Onlineportale nehmen Owsinski zufolge Informationen aus den Internetveröffentlichungen der Polizei und verbreiten sie dann weiter.
Wenn eine Fahndung wie die nach Celestine W. auf Facebook landet, erreicht sie eine weitere Zielgruppe. Das ist gut, meint der Polizeisprecher. Allerdings: Die Suchmeldung ist dann auch überregional abrufbar. So gehen bei der Polizei deutlich mehr Hinweise ein. Jedem Einzelnen müssen die Beamten nachgehen. Das mache Arbeit und könne von einer heißen Spur ablenken, sagt Owsinski.Fahndungen müssen aktualisiert werden
Problematisch sei auch, dass Fahndungsaufrufe im Internet meist nicht aktualisiert werden. „Wenn wir die Fahndung widerrufen, müsste sie gelöscht werden“, sagt der Polizeisprecher. Das klappt aber nicht immer. Owsinski weiß von einem Onlineportal, das eine Abmahnung erhalten hat, weil es eine Suchmeldung nach einer vermissten Person nicht aus dem Internet genommen hat.
Auf der Facebook-Seite von "Deutschland findet euch" wird ein Fahndungsaufruf gelöscht, sobald die Suche nach einem Kind ein Ergebnis hat - sei es positiv oder negativ. Statt dessen informiert eine knappe Meldung ohne Bild. Wie zum Beispiel im Fall eines 12-Jährigen aus Schleswig-Holstein. "Positive Meldung im Fall des Pierre Marvin K. (12)", steht auf der Seite. Eine Frau hatte den Jungen am Hamburger Hauptbahnhof entdeckt.
Rechtliche Probleme durch die Weiterverbreitung sieht der Augsburger Rechtsanwalt Hagen Hild generell nicht. „Wenn Bilder von der Polizei zur normalen Fahndung ausgeschrieben werden, kann man davon ausgehen, dass sie auch auf Facebook veröffentlicht werden dürfen.“ Voraussetzung sei jedoch die Zustimmung der Erziehungsberechtigten. Ob es im Nachhinein Probleme mit dem Datenschutz oder dem Recht am Bild der eigenen Person gibt, komme auf den Einzelfall an. Hild geht aber nicht davon aus. Schließlich sei das Interesse an der Veröffentlichung während der Suche nach den vermissten Kindern höher.
Mehr als 10.000 Menschen haben die Suche nach Celestine W. auf Facebook geteilt
Mehr als 170.000 Facebook-Nutzer haben auf der Seite „Deutschland findet euch“ bereits den Gefällt-mir-Button geklickt. Vier vermisste Kinder konnte die Initiative eigenen Angaben zufolge bereits direkt über die Kampagne finden. Celestine W. ist noch immer verschwunden. Inzwischen hat die Kemptner Polizei den Verdacht, dass die Eltern das Mädchen in der Stadt aufgegabelt haben könnten und nun mit ihr auf der Flucht seien. Die Bezugspunkte der Familie im Landkreis Merzig-Wadern (Saarland) oder im Landkreis Böblingen (Baden-Württemberg) wurden laut Polizei überprüft - doch ohne Erfolg. "Wir sind allen Hinweisen nachgegangen", versichert der Polizeisprecher.
Die Ermittler haben nach eigenen Angaben momentan nicht mehr viele Alternativen, wo sie nach dem Mädchen suchen sollen. Im Präsidium zieht man auch die Vermutung in Betracht, dass sich die Eltern und das Mädchen längst nicht mehr in Deutschland aufhalten. Umso mehr hofft die Polizei weiterhin auf Hinweise aus der Bevölkerung - vielleicht auch über Facebook.http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Facebook-Nutzer-suchen-auf-Facebook-nach-vermissten-Kindern-id29942117.html (Archiv-Version vom 27.05.2014)