@MayasMama 
MayasMama schrieb:Ich finde, dass auch die psychologischen Aspekte gut erklärt werden.
Ich denke Prestons Erklärungsversuche sind da nur die halbe Miete.
Ich kann ja verstehen, dass jemand, der den Fall nur aus den Medien kennt, glaubt, dass an dem letzten Freispruch was faul ist, und dass Knox und Sollecito sich irgendwie auf Kosten des "armen Schwarzen" aus der Sache "rausgekauft" haben. In diese Kerbe schlägt nämlich die Vogt/Russel Doku "
Is Amanda Knox guilty?" von Ende 2013, die in einer 30 Minuten längeren Fassung auf Spiegel TV Wissen unter dem Titel "Der Mordfall Meredith Kercher - Die ganze Geschichte" zu sehen war.
Was jetzt kommt ist Medienschelte und weniger eine Antwort auf deine Frage *sorry*
Was ich nicht verstehen kann, sind Leute, wie
Andrea Vogt (Archiv-Version vom 06.09.2015) und
Paul Russell von denen man doch eigentlich annehmen sollte, dass sie auch über die Schwächen des Falles gegen Knox und Sollecito informiert sind. Warum bringen diese beiden kurz vor Ende des Nencini Verfahrens ein Propagandavideo für die Staatsanwaltschaft heraus? Oder Leute wie Barbie Nadeau und John Follain, die als Journalisten für Newsweek bzw. The Times (Zeitungen von denen man erwarten dürfte, dass sie "wahrheitsgemäß" berichten) eigentlich ja objektiv über den Fall berichten sollten, deren Artikel aber auch nur schlecht verkappte Propagandanummern für die Staatsanwaltschaft sind.
Ein Beispiel für Nadeau:
In ihrem Artikel "
Italy: New Suspect in Sex Murder" vom 18. November 2007 heißt es am Ende:
Investigators also said the knife had been bleached (bleach removes blood but not DNA, investigators said at a press conference), and that they had found receipts in Sollecito's apartment dated Nov. 2—the morning after the murder—for the purchase of two liters of bleach.
Mal ganz davon abgesehen, dass der Teil, den sie in Klammern gesetzt hat, einfach nur lächerlich falsch ist, hat Frau Nadeau diese Meldung nicht, wie ihre Kollegen von der La Repubblica, noch am selben Tag korrigiert.
Erste Meldung:
La squadra Ert (esperti ricerca tracce) venerdì mattina però nel suo monolocale in corso Garibaldi ha trovato due scontrini che comprovano l'acquisto (in momenti diversi e ben prima delle 10) di altrettante confezioni di candeggina Ace il 2 novembre, la mattina dopo l'uccisione di Meredith Kercher.
Zweite Meldung sogar mit der Überschrift "Giallo Perugia, in casa di Sollecito nessuno scontrino del 2 novembre":
nei verbali sulla perquisizione in casa di Raffaele Sollecito non ci sono scontrini datati 2 novembre, il giorno dopo l'assassinio della studentessa inglese Meredith Kercher. Di quei due scontrini si era parlato come di uno degli indizi più pesanti a carico del giovane che è in carcere insieme ad Amanda Knox e a Patrick Lumumba Diya, di una prova dell'acquisto in un supermercato di Perugia di due flaconi di candeggina utilizzata per far sparire ogni traccia dell'omicidio.
Den zweiten Artikel hat Frau Nadeau wohl nicht gesehen (klar
;) ). Warum sie diese Falschinformation aber auch noch in ihrem
http://www.amazon.com/Angel-Face-Student-Killer-Paperback/dp/B00NYJ66CA/ref=sr_1_4?ie=UTF8&qid=1440276170, dass Anfang 2010, also nach dem Massei Urtei veröffentlicht wurde auf Seite 54 wiederholt und ausschmückt ist mir (k)ein Rätsel:
Several days later, when Raffaele was arrested, police searched his apartment and found a receipt for Ace brand bleach, purchased the morning of November 4, 2007, at 8:15. That bleach was probably used to clean his shoes and maybe even the knife.
Interessanterweise war der 4. November 2007 ein Sonntag, an dem in Italien ausser Bäckereien und Tankstellen keine Geschäfte geöffnet waren...
Zufall oder einfach nur journalistisches Unvermögen? Ich glaube nicht, Frau Nadeau erklärt sich und ihre Position in dieser als
Artikel getarnten Werbung für ihr Buch vom 4.1.2010:
The prosecutors and defense lawyers all thought they knew exactly where each journalist stood, and those of us who were deemed American colpevolisti were few and far between. Of the handful of American journalists in Perugia in late 2007 and early 2008, none got access to the Knox family without certain guarantees about positive coverage. Within months, the family decided to speak on the record primarily to the American TV networks, often in exchange for airfare and hotel bills. Most of the print press was shut out. And the TV producers learned to be very cautious about being seen with people like me, lest the Knox family should cut them off.
und dann:
...and we began what would be a two-year battle against the Seattle message machine, incurring personal attacks and outright threats.
Sprich: "Andrea und ich wurden von der Knox Familie nicht berücksichtigt, weil wir den Mist, den die Staatanwaltschaft an die Presse weitergegeben hat, ohne mit der Wimper zu zucken veröffentlicht haben. Dafür mussten wir uns rächen in dem wir eben jenen Mist mit unseren eigenen Spekulationen angereichert haben."
Frau Nadeau erwähnt in dem letzten Artikel unter anderem auch, dass Amanda Knox "eine Geschichte über eine Vergewaltigung" geschrieben und auf ihrem Blog veröffentlicht hat.
Das bringt mich zu Follain, dessen "Interpretation" von Amanda Knox's Kurzgeschichte "Baby Brother" es übersetzt auch in den
Spiegel (12.01.09) geschafft hat:
"Sie fällt auf den Boden, schmeckt das Blut auf ihrem Mund und schluckt es. Sie konnte die Kinnlade nicht mehr bewegen, und es fühlte sich an, als würde jemand eine Klinge vor der linken Seite ihres Gesichts bewegen" - so könnte Meredith Kercher gestorben sein, aber das sind Sätze aus dem Tagebuch von Knox. Als Übung in "Kreativem Schreiben" hat sie sich ausgemalt, wie zwei Brüder im Drogenexzess ein Mädchen vergewaltigen und erstechen.
Der Spiegel bezieht sich hier wohl auf den Artikel von John Follain in der "
Sunday Times" vom 15.06.2008 (Archiv-Version vom 29.05.2015) (der Grundlage für das mittlerweile eingestellte Verfahren gegan Amanda Knoxs Eltern - nicht aber gegen den Autor oder die Zeitung - wegen Verläumdung war.) Hier heißt es:
In December 2006 she posted a story on MySpace in which a young woman drugs and rapes another woman. It reads in part: “She fell on the floor, she felt the blood on her mouth and swallowed it. She couldn’t move her jaw and felt as if someone was moving a razor on the left side of her face.”
Die Stelle liest sich allerdings auf dieser Wiederveröffentlichung von
Amanda Knoxs myspace blog so:
Edgar dropped to the floor and tasted the blood in his mouth and swallowed it. He couldn’t move his jaw and it felt like someone was jabbing a razor into the left side of his face.
Follains Buch über den Fall gibt es in zwei verschiedenen Ausgaben
Death in Perugia von 2011 und
A Death in Italy vom September 2013. Death in Perugia habe ich gelesen, für die, wie es heißt 6 zusätzlichen Seiten von "A Death in Italy" wollte ich dann doch kein Geld ausgeben...
Das ist jetzt nicht wirklich eine Antwort auf deine Fragen, aber vielleicht ein Hinweis darauf, dass Presseberichte ganz gleich woher sie kommen mit Vorsicht zu genießen sind...
