Das Phänomen des Wallraffens

So nennt man das Vorgehen, sich bewusst alternative Persönlichkeiten zu basteln, also nicht im Sinne einer Krankheit mit multiplen Persönlichkeiten, auch wenn es zu gewissen Grenzfällen kommen kann, wenn man die Rolle zu lange und intensiv spielt. Das Verb "wallraffen" basiert natürlich auf Günter Wallraff, der in verschiedene Rollen schlüpft, um Missstände aufzudecken.
Dieses Phänomen gibt es aber auch vor anderen Hintergründen. So gibt es zwei berühmte Fälle aus Spanien Enric Marco und Tania Head. Ersterer spielte jahrzentelang sehr überzeugend die Rolle eines ehemaligen KZ-Insaßen, obwohl er nie im KZ war, letztere bastelte sich anlässlich des WTC-Anschlags eine rührende Geschichte zusammen, in der sie die Katastrophe überlebte.
Was treibt diese Leute dazu, solche extremen Lügengebäude aufzubauen, die ja im Gegensatz zum eigentlichen Wallraffen keinen wirklichen Nutzen haben? Geltungssucht? Geld durch verkaufte Bücher und bezahlte Interviews? Irgendwie ist es ja schon beeindruckend und zugleich beängstigend, wenn jemand so überzeugend in die Kamera lügt. Kein Schamgefühl, nichts ...
Ist die Österreicherin, die behauptete, entführt worden zu sein und jahrelang mehr oder weniger frei mit ihrem Entführer zusammengelebt zu haben, auch eine Wallrafferin? (Hab leider ihren Namen vergessen ...)

Ihr Name war Natascha Kampus, und ich glaube nicht dass sie eine ...Wallrafferin is..

Vielleicht ein latenter Hang zur Schizophrenie.
Wenn die eigenen Ressourcen nicht freigelegt werden können ,schlüpft man halt in die Rolle eines anderen.
Mit der läßt es sich dann wahrscheinlich gut leben,weil man seine eigenen Schwächen und Ängste damit ablegen kann!

entschuldigung Natascha Kampusch

Ich glaube so ein ähnliches Thema findet man auch unter Lebenslügen!

Hat vielleicht auch was mit Verdraengung zu tun. Man verdraengt das eigene Ich (aus welchen Gruenden auch immer) und baut sich eine andere Persoenlichkeit auf, die man netter, schoener, interessanter, aufregender, intelligenter, was weiss ich noch alles, findet.

Um mehr aufmerksamkeit zu bekommen ?

Klar, Aufmerksamkeit auf jeden Fall. Der Durchscnittsbuerger ist ja nicht gerade ein interessanter Mensch, da muss schon was tolles her, das die anderen aufsehen laesst, mal was besonderes ... darum gehen ja auch so viele in die mittaeglichen Talkshows und plaudern aus ihrem Privatleben. Fuer die 15 Minuten (zweifelhaften) Ruhm und ein paar Euros.

fällt der mann dessen leben in catch me if you can verfilmt wurde eigentlich auch in diese sparte?

Ist schon traurig genug aber ich finde diese Talkshows einfach nur ätzend

Wenn das rauskommt, dann ist man für immer unglaubwürdig. Jeder kennt das Gesicht und sogar den Namen, falls man sich keinen falschen ausdenkt. Für mich unverständlich. Mir ist es schon sehr unangenehm, wenn mich in der Fußgängerzone jemand beiläufig filmt.

"fällt der mann dessen leben in catch me if you can verfilmt wurde eigentlich auch in diese sparte?"

Den Film kenn ich leider nicht ...

"Den Film kenn ich leider nicht ..."
=(



"Wenn das rauskommt, dann ist man für immer unglaubwürdig. Jeder kennt das Gesicht und sogar den Namen, falls man sich keinen falschen ausdenkt. Für mich unverständlich. Mir ist es schon sehr unangenehm, wenn mich in der Fußgängerzone jemand beiläufig filmt."

ich schätze bei jemanden der gerne.. ehm wallrafft ist genau das gegenteil der fall, schätze so jemand baded gerne im scheinwerferlicht.

und ich weiss nich ob das auch hierzu passt, aber als ich auf eine schule ging war ich darüber froh, denn so konnte ich nochmal ganz von vorne anfangen. vllt ist auch das ein wichtiger punkt.

Koennte man die Eltern von Madeleine McCann vielleicht auch darunter zaehlen, die sich die Rolle der Eltern des entfuehrten Kindes angeeignet haben, um einer Strafe zu entgehen? (Natuerlich nur hypothetisch, falls sie denn schludig sind)

ich denke so wie pegasus151 das kann vieleicht vorkommen um mehr aufmerksamkeit zu bekommen, oder wenn man denk sein eigenes leben sei zu langweilig und man müsste was tolles zu erzählen haben.

@gravity
Du meinst, eine neue Schule? Das könnte ich nachvollziehen. Niemand erinnert sich an die peinlichen Referate der Jahre zuvor :D Man kann eine völlig neue Rolle spielen, einen neuen Kleidungsstil zulegen etc., ohne dass jemand fragt, was ist denn mit dir los?

Link: rhein-zeitung.de (extern) (Archiv-Version vom 14.05.2003)

Falscher "Dr. Dr. Bartholdy" hinter Gittern
Am Dienstag mittag nahmen Zielfahnder ihn in einer Telefonzelle am Stuttgarter Hauptbahnhof fest. Postel soll jetzt nach Leipzig überstellt werde, wie die Behörden in Baden-Württemberg und Sachsen am Mittwoch mitteilten.

Der frühere Postbote hatte sich Anfang der 80er Jahre als "Dr. med. Dr. phil Clemens Bartholdy" ausgegeben und in Flensburg als Amtsarzt gearbeitet. Aufgeflogen war er damals nur durch einen Zufall. Nach einer erfolgreichen Bewerbung an die Kieler Universitätsnervenklinik verlor er - drei Tage, bevor er die neue Stelle antreten wollte - in der Flensburger Innenstadt eine Ausweishülle mit falschen Dokumenten. So blieb zahlreichen Nervenkranken eine Therapie durch den Postboten erspart. Postel wurde Ende 1984 vom Landgericht Flensburg wegen Betrugs, Urkundenfälschung und Mißbrauchs akademischer Titel zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt.

Immer noch ein Brüller der Mann.

1984

Link: de.wikipedia.org (extern)

Sorry: Da liest sich seine Geschichte ausführlich

1984

Also bitte,Felix Krull ist doch hohe Literatur.
Und im übrigen möchte ich an die herhren Worte Andy Warhols erinnern,demnach hat jeder Mensch das Recht auf eine Viertelstunde Berühmtheit

It's the place where my prediction from the sixties finally came true: "In the future everyone will be famous for fifteen minutes." I'm bored with that line. I never use it anymore. My new line is, "In fifteen minutes everybody will be famous."
(Andy Warhol 1979)

Erinnert sich noch jemand an den Skandal um die angeblichen Autorenschaft Wallraffs?
Konkret-Herausgeber Hermann L. Gremliza gab 1987 im Rahmen der Verleihung des "Karl-Krauss-Preises" an, selbst den "Aufmacher" als wesentliches Werk der "Bild"-Trilogie und andere Teile derselben geschrieben zu haben. Er behauptete weiter, Wallraff hätte kein einziges seiner Bücher selbst geschrieben. Uwe Herzog gab an, Teile der Recherchen zu "Ganz unten" durchgeführt und einen Teil dieses Buches geschrieben zu haben. Wallraff selbst, der die Annahme des Preises verweigerte, bestreitet nicht, sich Ko-Autoren zu bedienen, spielt allerdings deren Bedeutung herunter, auch beansprucht keiner der Ko-Autoren irgendwelche Rechte an den Werken. Wallraff schrieb seitdem kein Buch mehr, veröffentlichte allerdings noch Reportagen.

Seither nennen ihn Kollegen auch "Wallraffke".

Nein habe ich noch nichts von gehört worüber handelt es sich denn