Wie wir auf andere Menschen wirken

Aloha.

Folgende Story erzählte mir letztens ein Spezl: Nach seiner Arbeit fährt er immer mit Bus und Bahn heim. Er ist ein unscheinbarer Typ, der bei den Stossverkehrszeiten in der Masse aller Pendler untergeht, von daher setzen sich die anderen Reisegäste ganz normal neben ihn, sofern sich ein Platz anbietet.

Allerdings genügt ein winziges Detail, um dies zu ändern: Wenn er eine Flasche Bier dabei hat; egal ob offen oder geschlossen, ob voll, halbvoll oder leer, Hauptsache gut sichtbar, vermeiden es die Mitreisenden tunlichst, sich neben ihn zu setzen. Selbst wenn die Fahrgäste nach einen Platz Ausschau halten, dies von weitem in seiner Nähe entdecken, zielgerichtet darauf zugehen - sie drehen ab, sobald die Flasche entdeckt wurde und suchen meist peinlich berührt einen Alternativplatz.

Dieses Phänomen geht sogar so weit, dass er inzwischen absichtlich immer ein Bier auf dem Heimweg dabei hat, um ohne Diskussion der Nahverkehrs-Kuschelromantik zu entgehen. Zudem erzählte er mir, dass er spasseshalber gern mal ein Bier öffnet, wenn er bereits von Mitreisenden umzingelt ist. Dafür erntet er überwiegend böse Blicke, manchmal ein 'Muss das jetzt sein?', es haben sogar Manche schon deswegen das Feld geräumt. Er lässt solche Kritik abperlen, kontert mit 'Ja, das muss jetzt sein' und geniesst sein Bier.

Da ich so gut wie nie mit der S-Bahn fahre, konnte ich noch keinen Selbstversuch starten. Daher möchte ich in dieser Diskussion die Gelegenheit nutzen um euch zu fragen, ob ihr dieselbe oder ähnliche Erfahrungen gemacht habt.

Die Ursachen des Verhaltens interessieren mich weniger, es sind wahrscheinlich eh überwiegend Vorurteile und Gedanken an Stereotypen, können aber natürlich hier ebenfalls diskutiert werden. Aber wie beschrieben, lasst mal hören, ob ihr dazu eigene Erlebnisse parat habt, die zu der Geschichte passen. Have fun.

Wie er sich die Abscheu zu eigen macht, nicht schlecht.

Exzessiver Alkoholkonsum im Nahverkehr ist Ursache für

● gewalttätige Übergriffe auf Fahrgäste, Mitarbeiter, Polizeibeamte
● Vandalismus: Innengraffiti, zerschlagene Deckenplatten,
zerkratzte Scheiben und Tische, zerschlitzte Sitze, zerstörte Lampen etc.
● Bedrohung / vulgäre Belästigung / extrem hohe Lautstärke
● massive Aggressionen in Gruppen von Fahrgästen
● Müllberge: Flaschen, Fässer, Bierkästen, Konfetti, Aufkleber usw.
● Sauberkeit: verklebte Böden, Tische, durchnässte Sitze, beklebte Fenster
● Komfort: Fäkalien verschmierte Toiletten, quasi unbenutzbare WCs

Sind uns einer Mitverantwortung bewusst und räumen dem Umgang mit
alkoholbedingten Problemen in unseren Zügen höchste Priorität ein.

● Sorgen über „Vorglühen“ Jugendlicher in unseren Zügen: nimmt bedenklich zu
● Erwachsene haben Vorbildfunktion: Wir wollen nicht, dass Kinder im metronom
lernen, es sei „richtig“, weil nicht geahndet, rund um die Uhr Alkohol zu trinken
● neue Dimensionen der Vandalismusschäden durch alkoholisierte Fahrgäste
● metronom Züge sind Nahverkehrszüge => max 60 Minuten Aufenthalt an Bord
● Müllberge / Verunreinigungen – können Mitarbeiter nicht mehr bewältigen,
wollen wir Reisenden aber auch nicht zumuten
● Massive Beeinträchtigung des Reisekomforts und subjektiven
Sicherheitsgefühls durch Gegröhle, Aggressionen und vulgäres Benehmen –
Wohlfühlen im metronom erheblich gestört
http://www.vcd.org/nds/themen/SPNV/BK5/vortraege/metronom.pdf


Dann ist es auch kein Wunder wenn andere Fahrgäste das weite suchen ;)

@Outsider
Das wäre die konkrete Erklärung zu den Vorurteilen. Aber gut, er macht ja nichts von dem, er fährt nur heim.

@univerzal
Er hat eine Kanne Bier in der Hand :D
Egal ob er nur nach Hause fährt. Das wirken auf die Mitfahrer ist ja das besondere.
Ich habe damals als Busfahrer grundsätzlich das Mitfahren im Bus verweigert, wenn Kunden Alkohol dabei hatten. Musste nur zusehen dasse noch nicht eingestiegen waren... weil, dann lag der Fall wieder anders. Die rechtlichen Bestimmungen haben sich dahingehend mittlerweile fast flächendeckend in den ÖpnV Betrieben gewandelt.

@Outsider
Darüber haben wir auch geredet, die obige Situation ist viel mehr auf die Bahn zugeschnitten, bei Bussen sieht es schon wieder anders aus. Hatte er ein Bier in der Hand, durfte er nicht in den Bus, ehe es entsorgt wurde. ;)

@univerzal
In meiner Jugend tranken wir oft und gerne öffentlich, ob nun in der Innenstadt, im Viertel oder in der Bahn, das war uns gleich, wo war das Problem.
Trinkt man allein, ist man eher der Suffkopp, "in dem Alter schon", ist man in der Gruppe unterwegs, wird es eher noch als Event wahrgenommen, "na ja, wir waren ja auch ma´ jung". Trotz schon dieser kleinen Unterschiede meine ich, dass es entscheidend ist, welchen Alters man sich dieses Verhaltens schuldig^^ macht. Menschen mittleren Alters, die sich mal ein Bierchen in der Bahn kippten, schrub der ein oder andere glaub ich schon völlig einer Richtung zu, egal, welche Gründe das nun gehabt haben mochte.
Aber: den meisten Leuten ist es völlig egal, ob da einer ein Bier zischt oder nicht, wenn er verdammt nochmal sitzen will, einzig wenn recht klar ersichtlich ist, dass da ein richtiger Brenner sitzt, hält man Abstand. In der S-Bahn, keine Straßenbahn, nehme ich an, gibt es ja meist auch genug Ausweichmöglichkeiten, wieso sollte dann jemand neben ihm sitzen wollen, ich will nicht mal neben Leuten sitzen oder stehen, wenn sie kein Bier trinken.

@luciano
Stimmt, den Punkt habe ich völlig missachtet. Er ist ein wenig jünger als ich, ich glaub 23 o. 24, genau weiss ich es nicht. Sein Kleidungsstil ist eher lässig, nicht pennerhaft, nicht gangstermässig, aber leger ebenfalls nicht. Ich bin mir ehrlich gesagt auch nicht sicher, ob er in Arbeitsklamotten heimfährt (ist im industriellen Bereich tätig) oder sich davor noch umzieht.

@univerzal

Ihr könnt ja mal ein Experiment machen.

Tag 1: Ihr fahrt in euren normalen Klamotten und der Flasche Bier
Tag 2: Ihr fahrt im Anzug und ner Flasche Bier
Tag 3: Ihr fahrt im Schmuddel-Look und Penner-Like....nur ohne Bier.

Würd mich mal interessieren, wie die Leute reagieren.


Ich kann es leider nicht selber machen, weil ich auch im Anzug wie ein abgehalfterter Penner aussehe und sich die Leute nicht neben mich setzen.

Woher soll ich bei einem Menschen mit Flasche wissen, ob es sein erstes Bier ist, oder sein letztes, der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Ankotzen lasse ich mich ungern.

Ey, Busfahrer, hassu noch Platz für'n Kast'n Bier und 'ne Currywurst?

Ja, kein Problem, immer rein damit.

KOOOOOOTZ!

Offenbar ist das Wahrnehmungsvermögen anderer Menschen ein
aussergewöhnlich unterschiedliches, denn nicht nur Zu- und
Abneigung haben damit zu tun, sondern auch Intellekt und
Menschenkenntnis.

Ich pflege mich nach Möglichkeit in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht neben irgendwelche anderen Leute zu setzen, weil ich von denen dann erfahrungsgemäss zugetextet werde. Das kann ich nicht haben!

@univerzal
Genau wegen der "kuschelorgien" hasse ich öffentliche VM.

Das mit dem Bier ist mir nich nicht aufgefallen, das sich Leute dann absichtlich wegsetzen.

Geguckt wird natürlich. Es hat halt so einen asozialen Touch in öffentlichen VM Alkohol zu konsomieren. Weil erstens gedacht wird 1. Der braucht immer Alk, sogar während der fahrt, sprich: Alkoholiker 2. Der hat ja garkeinen anstand, in der Bahn/Bus noch saufen



Lustigerweise wird auf flügen, egal ob lang oder lurzstrecke sehr viel Alkohol konsumiert.

Auf meinem letzten Flug haben sämtliche Leute um mich rum zum essen Wein oder bier bestellt und hinterher noch Gin oder Whiskey on the Rocks getrunken. Beim Alkoholkonsum im flugzeug sagt niemand etwas und es wird als völlig normal empfunden.
Ausgenommen natürlich grölende besoffene auf dem weg nach Malle.


Das mit dem Bier im Zug kommt wahrscheinlich daher, dass man genug Asis mit Bierflasche den ganzen Tag irgendwo sieht. Ich glaub wenn der Typ den du beschriebst im Anzug da sitzt und glatt rasiert ist niemand was sagt. Sie denken höchstens der hatte nen anstrengenden Tag und braucht ein feierabendbier. Bei nem bärtigen Typ mit Trainingsanzug denken sofort alle es ist ein Ultra-Hartz 4 Alkoholiker und leider ist es auch meist so.

Ich gehöre zu den Leuten die sich nicht freiwillig neben Leute mit Bierflaschen setzen.

Nicht weil ich allgemein oberflächlich wäre oder so, lediglich ein paar unangenehme Erfahrungen gesammelt (Bierfahne abbekommen, zugelabert worden, bedrängt worden, etc).

@rockige
Das kann ich gut verstehen. Es ist mir so zur Gewohnheit geworden, mich in öffentlichen VM allein zu setzen, dass ich gar nicht mehr darüber nachdenke. Ich stelle auch schon mal die Tasche auf den freien Sitz neben mich. Erst beim Lesen dieses thread ist mir das wieder bewusst geworden und ich habe drüber nachgedacht. Ich sehe eigentlich normal und unauffällig aus, trotzdem werde ich des öfteren zugetextet. Wenn dieses Absondern im Bus auf die anderen Fahrgäste arrogant wirken sollte, dann ist mir das in diesem Moment egal.

Vielleicht deshalb:

https://www.youtube.com/watch?v=3NXSelE5XiY (Video: Diether Krebs - voll daneben - im Bus)

Naja, also meiner Erfahrung nach ist das überhaupt gar nicht nötig. In der öffentlichten Verkehrsmitteln in Deutschland wird man doch sowieso so gut wie nie angesprochen und es wird auch selten geredet, außer wenn man sich sowieso schon kennt. Als ich in England lebte bekam ich da gleich einen Kulturschock, denn da wurde ich hin und wieder mal in Bus und Bahn angesprochen und sogar in Gespräche verstrickt. Unvorstellbar in Deutschland. Da glotzen einen die Leute auch nicht gleich blöd an wenn man sich mal nicht "normgerecht" verhält.

@univerzal
Sag deinem Freund, er solle studienhalber mal statt einer Bierflasche
eine Eiswaffel oder eine Bratwurst im Brötchen in der Hand halten.
Vielleicht liegt es garnicht am Bier, sondern nur daran, dass sich
der Sitznachbar nicht vollkleckern lassen will.

In Hamburg ist Alk in Verkehrsmitteln schon verboten, in meiner Stadt
verscheucht man Alkohol Genießende von öffentlichen Plätzen und
Rauchverbot herrscht in allen Kneipen, öffentlichen Gebäuden und
Bahnhöfen und bald wird es in ganz Deutschland so sein.

Aber bevor sich dein Freund der Flasche entwöhnt, soll er das mal mit
Eis und Würstchen versuchen - nach meiner Meinung gleicher Effekt.

Wenn er allerdings ohne alles auch keinen Sitznachbarn findet,
gibt das zu denken und er sollte mal überlegen, ob das in der
Schule ähnlich war.

AAlllllllsooooooooo ich mach des mit dem bier au immer absichlich weil ich es hasse fremde neben mir zu haben, und wenn se sich doch neben mich setzen dann wird ein goßer schluck genommen und dan setz ich mein bösegrins gesicht auf und schwup hab ich wieder platz. is ja nich böse gemeint aber wenn man scho so oft stinker neben sich hatte das es scho gar nimmer lustig is gewöhnt man sich des an.

@brausud
Viele Stinker haben aber auch ein Bier in der Hand;
was machstn dann?