Das Aus für die olympischen Spiele?

Am gestrigen Tag ging die Abstimmung über eine Bewerbung der Hansestadt Hamburg für die olympischen Spiele 2024 oder 2028 zu Ende.

Die Wähler haben mehrheitlich mit ,,Nein" gewählt, trotz einer aufwendigen Werbekampagne von Stadt, Politik, Wirtschaft und Sportverbänden...

Die Sportvertreter sind erschüttert und heulen, wie die Schlossgeister:

DOSB-Präsident Alfons Hörmann stand die Erschütterung im Rathaus ins Gesicht geschrieben. "Für Sportdeutschland ist das Ergebnis ein herber Tief- und Rückschlag. Wir sind mit Hamburg aufgebrochen, um Sportdeutschland neue Perspektiven zu geben - diese Chance für die nächste Generation ist nun nicht gegeben."

Eine zeitnahe erneute Bewerbung für künftige Spiele hält Hörmann aktuell für nicht realistisch. "Wenn man es es nüchtern sieht, kann man nur festhalten, dass mit einer Bewerbung aus Deutschland auf absehbare Zeit nichts wird", sagte er: "Offensichtlich passen der olympische Gedanke und Deutschland im Moment nicht zusammen." Das Ziel sei es nun, den Sport ohne die Vision der Olympischen Spiele weiterzuentwickeln: "Auf diesem Weg haben wir nun tendenziell mit Gegenwind anzutreten."

http://www.sport1.de/olympia/2015/11/referendum-hamburger-buerger-stimmen-gegen-olympia-plaene-fuer-2024

Besonders bezeichnend ist die Ablehnung der Hamburger vor dem Hintergrund, dass 2013 schon in München und Umgebung eine Bewerbung für die Winterspiele 2022 abgelehnt wurde.


Was haltet ihr von diesen Entwicklungen?
Können olympische Spiele nur noch in autokratisch geführten Ländern oder Diktaturen abgehalten werden, wo das Volk gar nicht erst gefragt wird?

Was waren die Gründe für die mehrfache Ablehnung potenzieller, deutscher Ausrichter?
War es Arroganz der Organisatoren und Befürworter? Sind die gewöhnlichen, deutschen Bürger vielleicht doch etwas schlauer, souveräner und eigenständiger, als man gemeinhin annehen möchte und es sich die Politik und Wirtschaft wünschen würden?

Lag es rein an den Kosten (immerhin selbst bei vorsichtigen Schätzungen umfangreiche Milliarden, für die noch kein Kostenträger feststand) oder an Terrorangst?

Oder stimmt es, dass die Deutschen einfach nicht den ,,olympischen Gedanken" mögen, wie Herr Hörmann lamentierte (wobei man sich angesichts von zahlreichen Dopingskandalen, weiteren Skandalen und Betrügereien und dem Verkommen zu reinen Kommerzshows fragen kann, was dieser Gedanke sein soll)?

Sind die olympischen Spiele damit sogar endgültig ,,tot"?

@Kc

ich gehöre zu diesen ganz bösen menschen, die gegen die spiele gestimmt haben.

meine böswilligkeit besteht darin; die kosten (11,2 milliarden) waren keines falls geklärt, der bund hatte noch keine zusage für ca 7 milliarden gegeben, des weiteren ist mir eine kostenkalkolation durch die politik doch sehr risikoreich, insbesondere wenn es um großprojekte geht. aus der erfahrung der kürzlichen vergangenheit können sehr gut 100% dazu kommen.
das geld der selbstbeteiligung von hamburg (1,2 milliarden) kann hamburg sehr gut andersweitig verwenden z.b. flüchtlingsarbeit, sozialen wohnungsbau, schaffen von neuen stellen bzw wieder einrichtung der abgebauten stellen in allen 3 gewaltenbereiche, etc.

was mir gefallen würde, der rückkauf der landeskrankenhäuser und asklepios zum teufel jagen, aber das ist ein ganz eigener wunsch von mir.

@Kc
Wieso machst du noch einen Thread zum gleichen Thema auf? Ich habe jetzt bei der von dir gestarteten Umfrage ausführlich meine Gedanke zur Entscheidung zur Diskussion gestellt.

Hat Hamburg denn wie seinerzeit Berlin 92 für Olympia 2000 bis 2003 für 1200 Mitarbeitern Planstellen geschaffen worden?

@7a

der sicherheitsfaktor war kein kriterium war für mich, meine entscheidung zu treffen, weil ich nicht mein leben von irgend welchen durchgeknallten idioten mit bizarren und barbarischen ansichten richten will bzw vorschreiben lassen will. ich persönlich buche das unter das normal lebensrisiko ab.

@Kc

Kc schrieb:Sind die olympischen Spiele damit sogar endgültig ,,tot"?

Nun für den Standort Deutschland hat sich das für die nächsten Jahre erstmal erledigt. Schreibt auch Spiegel Online so:

Die Absage wird einschneidende Folgen für den deutschen Leistungssport haben, für Olympische Spiele wird sich Deutschland nun auf viele Jahre, wahrscheinlich sogar Jahrzehnte nicht mehr bewerben,

Der OB hat es ja auch schon richtig gesagt, eine demokratische Entscheidung muss akzeptiert werden. Die Bürger plagen sich mit anderen Problemen herum.

"Die Bevölkerung in Hamburg will eine Stadtpolitik, die nicht mehr auf Megaevents und Leuchtturmprojekte setzt, sondern sich an den grundlegenden Bedürfnissen der Menschen dieser Stadt orientiert", teilte etwa Florian Kasiske von NOlympia mit.

@dasewige
100%?
Elphi wird mehr als 10x so teuer für hamburg wie anfangs prognostiziert.
Ich geh mal davon aus, dass sie bis zur Eröffnung die Milliardenmarke knacken.

@dasewige
Wenn fast 15% der Hamburger innerhalb von wenigen Monaten von "ja" auf "nein" drehen, dann hat das, denke ich, mit den jüngsten Ereignissen zu tun.

Ich gebe dir natürlich recht, die geschätzten 11,2 Mrd. Euro sind, wie wir aus anderen Großobjekten (BER) her kennen nur die Spitze des Eisbergs. Allein deshalb kann ich deine Entscheidung verstehen, bedaure sie aber auch. Olympia im eigenen Land ist etwas besonderes. München 72 war ich noch zu jung, 2024 wäre noch gut gewesen. Ob ich Olympia noch vor meinem Ableben im eigenen Land erleben darf, ist wohl nicht mehr wahrscheinlich.

@7a

Das eine ist nur eine Umfrage.

Dies hier soll eine richtige Diskussion sein und etwas weiter gefasst!

@dasewige

Ich war auch gegen Olympia :D

Ganz speziell wegen den Kosten, wie du schon sagst: In der jüngeren Vergangenheit hat sich die Politik nicht gerade mit Ruhm bekleckert, wenn es um die Berechnung von Kosten für Großprojekte ging.

Ob es nun Inkompetenz oder Taktik war, S21, BER und Elbphi sind alle DEUTLICH teurer geworden, als ursprünglich behauptet. Und das waren keine normalen, kleinen Kostensteigerungen um ein paar Prozent, wie man das tatsächlich immer mal haben kann bei Bauprojekten, sondern die Kosten haben sich vervielfacht, wie @emanon ja auch schreibt.


Auch bei den olympischen Spielen konnte man von einer deutlichen Kostensteigerung ausgehen und der Bund hatte ja auch noch nicht zugesagt, dass er die Milliardenwünsche Hamburgs erfüllen würde.
Dann wäre die Stadt auf den Kosten sitzen geblieben.

Und Herr Scholz hätte sich wahrscheinlich vor einen eventuellen Untersuchungsausschuss gesetzt und wie Kohle-Ole grinsend gesagt:,,Ich bin ein großer Freund delegierter Entscheidungen...tja, schade, ist halt blöd gelaufen, aber mehr kann ich dazu nicht sagen...".


Möge man ruhig die Gelder nehmen, die Hamburg für Olympia ausgeben wollte (immerhin auch deutlich über 1 Milliarde Euro) und sie für sinnvolle Projekte ausgeben, als 4 Wochen Kommerzzirkus!

@7a

Inwiefern siehst du denn Olympia noch als Sportereignis?

Doping, diverse, andere Skandale, extrem hohe Kosten für die Ausrichter, Knebelverträge, selten sinnvolle Nachnutzungsmöglichkeiten der olympischen Stätten...

Für die sauberen Sportler kann man es natürlich schade finden, aber der Spitzen- und Leistungssport, zumindest deren Funktionäre, haben in der jüngeren Vergangenheit einiges dafür getan, einem den Spaß und die Achtung am Sport zu vermiesen.

Für mich überwiegt bei Olympia der Kommerz, statt des Sports.

@emanon


ob es nun 100% oder 25000% sind ist doch im grunde vollkommen egal, worauf es ankommt, ist doch das politiker keine vernüftigen kostenvoranschläge sowie verträge machen können.
wenn ich mir ein eigenheim bauen lassen will und einen kostenvoranschlag bekomme, dann darf der endpreis nur um + 10% betragen, wieso geht es bei solchen großprojekten per vertrag nicht genau so.

@7a

7a schrieb:Wenn fast 15% der Hamburger innerhalb von wenigen Monaten von "ja" auf "nein" drehen, dann hat das, denke ich, mit den jüngsten Ereignissen zu tun.

die entscheidungsmotivation vieler hamburger streite ich auch nicht ab, ich sprach ja auch von meiner eigenen entscheidungsmotivation.

7a schrieb:Allein deshalb kann ich deine Entscheidung verstehen, bedaure sie aber auch. Olympia im eigenen Land ist etwas besonderes. München 72 war ich noch zu jung, 2024 wäre noch gut gewesen. Ob ich Olympia noch vor meinem Ableben im eigenen Land erleben darf, ist wohl nicht mehr wahrscheinlich.

1972 war ich 16 jahre alt und es war kein schönes erlebnis. ich stimme dir zu wenn es sowas wie 2006 sein könnte, wäre es schön aber sich, so schön es sein könnte, dafür über jahre zu verschulden, nein danke, ich habe versichten gelernt auch wenn es weh tut.

Ich gehöre auch zu denen die sich gegen solch eine unternehmung in der heutigen zeit aussprechen.

Ich bin nicht froh das das sie nicht stattfinden, aber es ist aus vielen ratonellen gründen einfach sinnvoller sich nicht, bei der weltpolitischen lage auf solch ein dauerhaft langjähriges großprojekt einzulassen.

Gut für die Steuerzahler. Am Ende wäre es doch wieder ein Milliardengrab geworden. Sollen die sich doch woanders dopen.

Kc schrieb:Für mich überwiegt bei Olympia der Kommerz, statt des Sports.

Klar ist das Kommerz, so wie Weihnachten auch. Wollen wird das jetzt auch abschaffen?

@7a

Das ist aber ein ziemlich weit hergeholter Vergleich.

@aseria23
Stimme dir zu, aber das Argument Kommerz ist keines, weil er omnipotent ist.

@7a

Was das Kommerzweihnachten angeht: Von mir aus kann man das gerne abschaffen.


Davon abgesehen:

Bei Weihnachten muss der gewöhnliche Bürger nicht Kosten im vielfachen Milliardenbereich übernehmen und hat dann hinterher nutzlose Protzbauten rumstehen oder?

Wenn du keine Lust auf (teure) Weihnachtsgeschenke hast oder so, dann lässt du es einfach bleiben.

Bei Olympia MUSST du bezahlen und das nicht zu knapp.

dasewige schrieb:wieso geht es bei solchen großprojekten per vertrag nicht genau so

Auch als Privatperson bekommst du einen solchen Vertrag kaum hin, weil der Bauträger Unwägbarkeiten (Beschaffenheit des Baugrundes, unvorhergesehene Zusatzarbeiten etc.) nicht selbst übernimmt sondern im Vertrag außen vor lässt. Wenn er es doch übernimmt, dann ist der Preis entsprechend hoch und Du bezahlst - wenn alles einigermaßen normal läuft - deutlich zu viel, weil Du ja einen Zuschlag für diese Unwägbarkeiten mit bezahlst.

Dein Vertag sieht also so aus, dass Du einen Festpreis, basierend auf einem bestimmten Leistungsverzeichnis bekommst. Wenn dann Leistungen hinzu kommen (die Du ggf. gar nicht im Vorfeld abschätzen kannst), bezahlst du entsprechend mehr. Und je komplexer das Bauwerk, desto größer die Wahrscheinlichkeit dafür.

Und dann kommt hinzu, dass bei einer Ausschreibung der Billigste genommen wird - nicht derjenige, der am seriösesten möglichst viele Unwägbarkeiten mit einplant. Also wird möglichst knapp kalkuliert und vom Idealfall ausgegegangen. Da gibt es dann eben nur eine Steckdose im Besprechungsraum und keine Jalousien. Bein ein paar hundert Seiten Leistungsverzeichnis bleibt das eine oder andere dann unentdeckt. "Ach, Sie wollten Strom im Besprechungsraum? Und Farbe an den Wänden auch noch?? Ja, das ist nun nicht enthalte, das kostet X." (überspitzt)

@Kc

Kc schrieb:Bei Olympia MUSST du bezahlen und das nicht zu knapp.

Das ist auch richtig, allerdings wurden bei Olympia 72 keine Protzruinen hinterlassen, sondern alles nachhaltig genutzt. Wir sind da eventuell pragmatischer (ein wenig vorausschauender) als andere.

Der Olympiapark in München ist eine echte Bereicherung für das urbane Leben geworden.
http://www.muenchen.de/sehenswuerdigkeiten/orte/120221.html

Wie viele andere hier schon sagen sind es nicht nur die kosten, sondern für mich persönlich auch die ERFAHRUNGEN die man mit den "kosten" bei solchen großprojekten hat.

Wir aachener können ein lied davon singen.
Als das aachener klinikum, zur damaligen zeit schmunzelte man eher darüber, im laufe seiner langjährigen bauzeit dafür bekannt wurde das dort ganze lkw-ladungen "nach privat umgeleitet" wurden, war dieses phänomen hier in der region noch nicht so bekannt.


(Wiki)

Die Gesamtbaukosten des Aachener Klinikums mit 1600 Betten und 52 Operationssälen betrugen 2,06 Milliarden DM (ca. 1,05 Milliarden Euro), im Jahr 1971 waren 571 Millionen DM (ca. 292 Millionen Euro) angenommen worden.

Ich will nicht sagen das dies heutzutage genauso ist, das man wie blind von baustellen nach privat einsacken kann ohne das dies jemand sieht, aber das berliner flughafenprojekt zeigte/zeigt, das selbst ein Wowereit, der immer dachte um ihn herum würde schon alles stimmen, dann an solch einer sache, wo die kosten und die bauzeit explodierten, scheitern konnte.