Ich liebte Papa und Mutti auch,das war für mich so klar,wie ein heller freundlicher Sommertag.Ich konnte mir garnicht vorstellen,daß sie einmal nicht mehr da wären.
Wenn Mutti von "Zuhause "erzählte und uns Kindern ausmalte wie es war, keine Mutter zu haben .Oder, als der Großvater wieder eine Frau ins Haus holte,die auch ein Kind mit in die Ehe brachte,hörte ich immer sehr traurig zu.Mutti,hatte ihre Mutter früh verloren.Sie war erst sieben Jahre alt,als ihr Muttche, so nannte sie meine Großmutter an einer Stirnhöhlenvereiterung starb.Sie war gelernte Näherin und Mutti erzählte einmal ,wie es war ,als meine Großmutter ,tot und bleich in dem elterlichen Schlafzimmer,auf einem harten Brett ,mit gefalteten Händen lag.
Sie erzählte ,wie ungerecht und hart die neue Frau war und die Stiefschwester ein verwöhntes Balg .Muttis große Brüder ,wurden oft geschlagen vom
Großvater,weil Stiefmutter und Stiefschwester es immer schafften ,Kurt und Fritz in
ein schlechtes Licht zu rücken.Wenn er sie beide schlug,benutzte er dazu einen Bullenschwanz.Wenn beide aus Stolz keinen Laut von sich gaben,schlug Großvater
umso schlimmer zu,so lange ,bis sie vor Schmerzen schrien.
Die Kinder hielten aber deswegen immer fester zusammen und nannten Großvater unter sich,"den Alten".
Mutti erzählte,wie die älteren Brüder vom Vater ausgebeutet wurden,schwer arbeiten mußten im Kuhstall.Großvater war Schweizer und hatte sechzig
Kühe zu versorgen.So mußten Kurt und Fritz ohne Lohn ,für ihren Vater arbeiten.
Wenn sie etwas brauchten,Schuhe oder Kleidung,wußte die Stiefmutter das gut zu hinzudrehen ,um einen Kauf der Kleidung für Fritz und Kurt zu verhindern.Und nur für die Frage nach Entlohnung,bekamen sie Prügel.Die Stiefschwester war so dreist und nahm von den älteren Schwestern ,Kleidungsstücke weg oder Schuhe und wenn diese Sachen verdorben waren,gab sie sie zurück.
So war es kein gutes Leben in Muttis Elternhaus.Ich wurde immer ganz traurig wenn Mutti davon erzählte.
Wollte darum immer lieb und gut sein,aber es gelang mir nicht immer.
Ich trug jetzt schon so einen den Schmerz in mir,oder ich erahnte ihn vielmehr.
Hatte Angst vor dieser Zeit,wenn sie nicht mehr da wären. Vielleicht,kam dieses Gefühl, von den Erzählungen der Eltern am Abendbrottisch.
Als Papa in seinem Schweinestall auf ein altes Brett trat, mit einem dicken rostigen Nageldarin,wurde er sehr krank und wurde,von unserem Hausarzt ins Krankenhaus
eingewiesen.
Er hatte sich des rostigen Nagel wegen, eine Blutvergiftung zugezogen.Es ging auf Leben und Tod.Mutti war sehr traurig und weinte viel.Ich hörte wie sie mit dem Stationsarzt sprach und erfuhr,daß Papa gegen Penicilin allergisch reagierte und deshalb noch schlimmer dran war.
Er lag sehr lange in dem Knappschaftskrankenhaus in der Stadt.In dieser Zeit kam ich mir sehr verloren vor und ich vermisste Papa sehr.

Als Papa,dann plötzlich,nach vielen Wochen,vor unserer Wohnungstür stand erschrak ich sehr,so dünn sah er aus.Mit seinem dunklen langen Mantel und breitkrempigen Hut erkannte ich ihn fast nicht.
Na,Margellche,wellst mech nech rinlosse ,"sagte er, nahm mich auf seinem Arm und drückte mich."Mutti stand schon hinter mir und weinte leise.Ach Papache,
dou best jou wedder,kimm sofort in de woarme Kich.Kimm an de Ofe.Aber Papa nahm jetzt erst mal Mutti in die Arme.Ich beobachtete beide genau.Ich fühlte ja ,wie sehr die beiden aneinander hingen.Und nun war wieder alles in Ordnung. Ich setzte mich unter den Küchentisch,nahm den Ring des Löwen in meine Hand und war froh,das Papa wieder da war.
Der erste Kirchgang
Mimi wollte mich in die Kirche mitnehmen,es war ein Kinderfest angesagt die älteren Schulkinder vom Schul und Kinderchor hatten das organisiert.
Sie hatten gebastelt und aus buntem Kreppapier,Bänder in allen Farben um Schaukeln,
Rutschen,kleine Buden mit vielen Süssigkeiten und Ständen,waren aufgebaut und in einer der Buden,waren blanke Blechdosen hoch,zu einem riesigen Dreieck aufgestapelt.Die Girlanden waren um die Pfosten gewunden und hingen,oberhalb mit ,mit Masken und Lampignons von einer Seite zur anderen.Diese Masken und Lampignons konnte man gewinnen,wenn man die Blechdosen,mit einem Ball aus Stoff,
der mit Sand gefüllt war,in einem Wurf umstieß.
Mimi gewann eine Maske und band sie oben auf dem Kopf fest,damit sie nicht kaputt ging.
Zuhause ,hing sie dann einige Wochen über ihrem Bett.
Aber bevor das Fest begann,versammelte der Pastor unserer Gemeinde,die Kinder,die das letzte Jahr in dem Kindergarten verbrachten,in der Kirche,ganz inder Nähe des großen Altars.
Mutti hatte mir oft Geschichten,von Gott erzählt und das die Kirche sein Haus wäre.
Auch Jesus würde hier wohnen.Ich roch Kerzenwachs und Weihrauch und es duftete nach Nelken.
Ein großer Strauß stand auf dem Altar und rechts und links daneben standen dicke weiße Kerzen in glänzend schwarzen Kerzenständern.
Ich war sehr beeindruckt von dem großen Kreuz,das zwischen zwei bunten hohen Glasfenster über dem Altar hing.
Daran hing ein unbekleideter Mann,der nur mit einem Tuch um seinen Unterleib umwickelt war.Seine Arme hatte er weit ausgebreitet und seine Handflächen weit geöffnet,so als wenn er jemanden in seine Arme nehmen wollte.Ich stand von meinem Platz den ich eingenommen hatte auf.Der Pastor ging noch einmal in einen Nebenraum,in der Nähe des Altar sund so lief ich ein paar Stufen hoch,stellte mich vor das große Kreuz und schaute es mir nun genau aus der Nähe an.Da sah ich,das aus der rechten Seite über dem Bauch eine große Wunde war und Blut trat aus heraus.Oh und in seinen Händen steckten große Nägel.In seinen übereinander gelegten Füßen, steckte ebenso ein großer dicker Nagel.Mir war ganz schwubbelig zumute,vernahm plötzliches Tuscheln und bemerkte erst jetzt,das der Pfarrer wieder am Altar stand.Ich lief schnell die Stufen zurück,auf meinen Platz in der vordersten Bank und setzte mich geschwind hin .Der Pastor meinte zu mir,na du hast dir ja nun unseren Herrn Jesus ganz genau angeschaut und ich will euch ja auch heute,die Geschichte von ihm erzählen.
Ach,dachte ich,von Jesus,hatte mir Mutti aber doch erzählt,das er auf einer Wolke im Himmel lebt.Warum hängt er denn dann am Kreuz.Das verstand ich überhaupt nicht.
Aber ich hörte gebannt genau zu,was unser Pastor uns nun erzählte.
Ich vernahm nun die Geschichte über den Leidensweg von Jesus.Mir war so traurig zumute und als ich wieder auf dem Fest war dachte ich erst mal eine Weile über die Erzählung unseres Pastors nach.So vieles war widerspüchlich,unverständlich.Warum haben die Menschen das getan?.Warum waren sie so gemein zu Jesus?
Ich hatte gar keine Lust mehr zu spielen ,wollte eigentlich ganz schnell nach Hause und Mutti fragen,ob das alles so stimmt.
Sie hatte mir ja die Weihnachtsgeschichte erzählt aber das unser Jesus ans Kreuz geschlagen wurde,davon sprach sie nicht.Ich setzte mich auf die Ecke eines Sandkastens und wartete auf Mimi,mußte aber immer an das Kreuz denken und an Jesus.
Endlich war das Fest vorüber und wir gingen gemeinsam mit ein paar anderen Kindern zurück zu unserem Haus.
Ich war den ganzen Abend sehr still und Mutti,bemerkte das.Sie bereitete das Abendbrot und wir warteten nun auf Papa,der aus dem Keller kam
und zwei Kohleneimer neben unseren Küchenofen stellte.Mutti meinte zu ihm.ich glaube ,die Margell wird krank.Die ist ganz blass und spricht überhaupt nicht.Papa schaute mich an und meinte,na hast wohl zuviel auf dem Fest geschleckert und nun Bauchweh?
Das war mein Stichwort,Papa wollte eine Antwort von mir.
Nee,sagte ich aber nun sprudelte es aus mir heraus.In der Kirche,da hängt ein nackter Mann und hat Nägel durch die Hände geschlagen und durch die Füße und bluten tut er auch .Auf dem Kopf hat er einen Kranz,mit langen Dornen,die in dem Kopf stecken ganz tief.Und das soll eine Krone sein.Warum haben die Menschen das gemacht?Der Pastor hat gesagt,dass das Jesus sein soll .Aber das glaub ich nicht.Wie soll er uns denn beschützen,wenn er da oben hängt.
Er wäre gestorben,hat der Pastor gesagt.Dann hat er gesagt,das er wieder aufgestanden ist.
Wie geht das denn?Mutti hat gesagt,wenn man stirbt wird man begraben,kommt in ein Grab und wird mit Erde bedeckt.
Blumen gepflanzt.Ist die denn auch wieder aufgestanden?Und wo ist sie dann jetzt?
Ne,ne,was die Margell alles wissen will,murmelte Mutti.Und sie erzählte mir nun die ganze Geschichte.Die Widersprüchlichkeit überforderte mich voll und bevor ich einschlief,hatte ich nun die nächsten Wochen,über die Osterzeit hinaus, viel zu denken.