Mein Löwensofa....

In unserer Küche stand vor dem Fenster ein altes Ledersofa.Davor stand der Küchentisch.
Rechts daneben war das Emailliespülbecken,mit einem Spiegel darüber. Und links in der Ecke, stand Papas Radio,Löwe Opta.Über dem Radio hing ein Bild ,mit einer Herbstlandschaft.Trinkende Rinder in einem See.Das war das ,Zuhausebild.
Ein kleineres,hing an der Wand neben dem Herd.Darauf war eine Frau mit einer weißen Kappe auf ihrem Kopf .Über ihren Schultern trug sie ein Joch an dem rechts und links je ein Eimer hing.Sie stand an dem Rand eines See,s und im Hintergrund war ein rotes Backsteinhaus zu sehen.Dieses Bild schaute ich sehr gerne an,konnte mich richtig darin versenken.Auch in dem großen Bild,ging ich oft spazieren.Ich schaute einfach lange auf einen Punkt in den Bildern ,schon war ich drin....
Daneben stand Papas Stuhl,wo er seine Zeitung las und seine Musik hörte.Papa mochte Egerländer Musik.Mutti hörte gerne OperettenEin dunkelbrauner Küchenschrank,mit ausziehbarer Arbeitsplatte, was ich toll fand und einem kleinen Fach,wo Mutti, die Karamellbonbons für uns aufbewahrte, die sie selbst machte,nahm fast die ganze linke Wand ein.
Dann stand dort noch ein Stuhl.auf dem Zeitungen abgelegt wurden und an einer kleinen,hellgrünen Garderobe in der Ecke ,hing Papas Arbeitsjacke,aus Manchestertextil,mit blanken Schnallen,Knöpfen und Nieten.Seine Hose war aus dem selben Material,sowie seine Mütze mit Schirm.Auf einem kleinen Fußbänkchen darunter ,stand seine Arbeitstasche.Wenn Papa zur Schicht ging,schaute Mutti, ihm vom Küchenfenster aus immer ganz verliebt hinterher.Sie sagte dann immer zu mir ,"hat unserer Papache nicht einen schönen Gang."Papa ging immer mit weitausholenden Schritten,voller Kraft zu seiner Zeche.Ich denke oft an seine Briefe,die ich viele Jahre später las.Papa schrieb als Soldat aus Narvik,viele Briefe an Mutti,die allein mit meiner älteren Schwester,noch in Masuren,Saalfeld lebte.Und an seine Briefe ,die er ihr schrieb,als er voller Zweifel war,als er sich nach Kriegsende als Kumpel im Ruhrgebiet wiederfand und in einem Lager mit vielen anderen Männern .Er schrieb darüber, wie er sich nach dem blauen Himmel über sich sehnte und nach frischer Luft.Er beschreibt auch die Stimmung in der er sich befand.Ich spüre viel Traurigkeit in seinen Beschreibungen, über das Lagerleben.......

Die Küchentüren, in unserer Wohnung, hatten verschnörkelte ,blanke Messinggriffe.
Sie waren weiß und glänzend lackiert und in verzierten Fächern aufgeteilt.Die Messinggriffe ,wurden von Mutti so lange, mit einer milchigen Flüssigkeit behandelt und bearbeitet, das sie wie Gold glänzten.Das war dann ihr ganzer Stolz.Die Fenster hatten ebensolche Messingriffe.So gab es immer viel zu wienern.
Auch unser Küchenofen glänzte und auf einer Ablage die zum Herd gehörte ,standen silberblanke kleine Ziertöpfe und ein schnörkeliger Wasserkessel.Aus blankem Chrom und weißer Emaille,hergestellt,nahm dieser Herd, der über Eck gestellt war, einen Sonderplatz in der Küche ein.Während der Mahlzeiten,ließ Mutti den Herd auskühlen und aus einer kleinen Flasche schüttete sie eine weiße, dicke Flüssigkeit, auf die noch warme Herdplatte.Es roch dann etwas streng.Papa sagte immer ,es riecht wie Pferdepisse mit Seife.Das stimmte irgendwie. Diese Gerüche von damals,bedeuten für mich heute noch Sauberkeit und Ordnung.Roter Bohnerwachs, Essigsäure,Schmierseife,Kräuterseife,Salmiak,ich rieche es und schon ,ist eine Episode von Früher vor meinem Auge.
Rechts daneben stand ein kleiner Eichenschrank und darüber hing das große Foto von Muttis älterer Schwester und meiner Cousine.Vor diesem Foto stand Mutti oft und weinte.
Auch als wir die beiden anderen Zimmer auf unserer Etage dazu bekamen und nun ein Wohnzimmer hatten,blieb diese Küche unser Zentrum.
Mutti war immer sehr zufrieden,wenn die Wohnung blank und ordentlich war,was wir Kinder schnell zu ändern wußten.
Mein liebster Platz ,war unter dem Küchentisch ,ganz nahe bei meinen Löwen.
Ja meine Löwen,das waren meine Beschützer.Rechts und links waren schwarzmetallene Löwenköpfe, in die Armlehnen des Sofas eingelassen Sie schauten aus ihren metallnen Mäulern,in die große Ringe eingezogen waren,ganz schön grimmig drein.Ich kannte sie schon ewig.Sie waren immer schon da gewesen und sie lernten mir das Laufen.Ich tastete an ihren Mäulern, mit meinen kleinen Fingern und an den Ringen ,fand ich Halt um zu stehen,zog mich immer wieder hoch.Sie hielten mich ,sahen zu ,als ich meine ersten Schritte tat.
Hier sass ich oft , hielt einen Ring von ihnen in der Hand,wenn Papa nicht da war, um mich auf den Schoß zu nehmen und wenn ich vor etwas Angst hatte, oder etwas nicht verstand.Sie trösteten mich. Ich sprach oft mit ihnen,in einer selbsterfundenen Sprache.Sie gaben mir immer Antwort.
An ihnen lernte ich auch zu Zählen.Um Ihre Mäuler waren viele dicke schwarze Polsternägel eingelassen.Die zählte ich .Erst bis Zehn.Dann immer mehr,denn an der Rückenlehne waren noch viele, viele Polsternägel angebracht.Ich konnte es irgendwann ganz und Mimi, meine ältere Schwester, brachte mir auch noch einiges bei .
Vieles lernte ich so nebenbei von ihr, wenn sie ihre Schularbeiten machte und als ich zur in die Schule kam,konnte ich schon ganz gut schreiben und lesen und rechnen.