Einen Augenblick lang meinte ich, sicher zu sein vor dem Gedankenlärm. Dieser Lärm, der mich jahrelang plagte, mich immer tiefer in sich hinein sog und mich glauben liess, dass das Leben ansich nicht lebenswert sei.

Ich kämpfte mich zurück, glaubte, bestimmte Standpunkte neu überdacht und alte Muster abgelegt zu haben. Endlich würde ich mich fallen lassen können, endlich glücklich werden...

Letzte Woche hatte ich einen Traum... Ich fühlte mich wohl trotz der Überraschung, die sich mir darin offenbarte. Es ging um Leidenschaft und die Erfüllung eines lang ersehnten Wunsches, den ich mir damals hätte erfüllen können.

Aber ich stand mir selbst im Weg weil ich die Dinge nicht wahrhaben konnte, die scheinbar so offensichtlich waren. Damals glaubte ich nicht daran, genug Wert für jemanden zu haben. Ich fürchtete, dass ich mich blamiere, dass gewisse Menschen für mich immer unerreichbar bleiben würden.

Und ich begrub meine Hoffnungen, Gedanken, Gefühle, weil mein angekratztes Ich mir zuflüsterte, dass ich mich nie zu diesen für mich unerreichbaren Personen empor heben könnte.

Lange schlummerten meine Gefühle. Verdrängung ist schlimm. Was anderes hingegen ist es, einen Wunsch ruhen zu lassen aufgrund der Zweifel an der eigenen Person, sowieso nie das zu kriegen wofür es sich im Nachhinein zu kämpfen gelohnt hätte...

Und so fing ich an zu überlegen:

Ich bin nun 22, gefühlte 63 Jahre alt. Im Augenblick sehe ich mich in einem vorgeformten Schema, einer jahrelangen Tradition gegenüber gestellt, wogegen sich alles in mir sträubt: Mein Leben wird so ablaufen, wie es viele Leben vor meinem eigenen bereits abgelaufen ist. Man trifft sich, ist verliebt, verbringt ein paar Jahre miteinander. Dann zieht man zusammen; dorthin, wo der Partner sein Haus errichtet hat... Sobald die ersten paar Jahre Beziehung gut verliefen wird geheiratet. Man kriegt Kinder, zahlt Schulden ab, geht seinem Alltag nach - sei es bei der Arbeit oder beim Kinder Grossziehen. Freunde wenden sich ab, sterben. Man wird einsam, alt - unglücklich und klagend über das, was man in seinem Leben alles verpasst hat...

Was ich damit sagen will: Ich bin noch nicht soweit. Ich will mein Leben doch noch geniessen! Was würde ich mir im Augenblick sehnlicher wünschen, als meine Freiheit ausleben zu dürfen?!

Ist es gesellschaftlich gesehen verwerflich, sich für jemanden auf zu opfern den man liebt obwohl man im Hinterkopf ständig dieses Sehnen nach Freiraum fühlt?
Ich kann einfach nicht mit dem Gedanken leben mich in die Muster der Allgemeinheit zu integrieren, will mich wieder fallen lassen können...

... nicht so wie damals, als ich meine Gedanken und Träume vergraben habe, sondern indem ich etwas Neues entdecke, das Gefühl einer frischen, neuen Liebe wieder erlebe...

Nur weiss ich im Augenblick nicht, für welchen der beiden Gegensätze in meinem Leben ich mich entscheiden soll: Die Gewohnheit und die damit verbundene Sicherheit? Oder doch lieber dem Abenteuer, dem Aufbrechen in neue Welten?