Heute möchte ich, wiederum rein spekulativ, auf einen weiteren, möglichen Aspekt der Geschichte eingehen. Es gibt eine Koinzidenz, die vielleicht ein Zufall ist, der lustig wäre, wenn das Ende des Herrn Stoll nicht wäre.
Vielleicht war das aber gar kein Zufall?
„Eine andere Theorie besagt, dass es sich bei der Botschaft, leicht abgewandelt, um „Y 0 GTZ É“ handelt, einen alten Nato-Code aus dem Jahr 1980. Dieser habe den Rückzug der US-Truppen aus Deutschland in die Benelux-Länder bedeutet. “
https://wwwwww.focus.de/panorama/welt/serie-ungeloeste-kriminalfaelle-yogtze-34-jaehriger-hinterliess-nur-eine-mysterioese-notiz-sein-tod-ist-noch-immer-ein-raetsel_id_9910176.htmlMöglicherweise hat den Herrn Stoll jemand bösartig auf den Arm genommen. Vielleicht hat er irgendwo viele, vielleicht unamgenehme Fragen gestellt, was denn diese Aufschrift bedeute, jemand, der wusste, was es bedeutet, antwortete YOGTZE, das sei aber geheim.
Der Herr Stoll fragt daraufhin überall rum, was YOGTZE bedeutet.
1983 war Able Archer, es ratterten tagelang Panzer gen Osten durch die Republik. Das habe ich bis heute nicht vergessen, obwohl ich keine sieben Jahre alt war.
Stellen Sie sich vor, was damals passiert ist, wenn jemand einen geheimen NATO-Code abfragt. Vielleicht fragen sich dann gewisse militärische Kreise, was das soll? Eventuell ergeben sich Schwierigkeiten in der Lebensplanung. Unter Umständen möchte man das Leck finden.
Vielleicht antwortet dann irgenwann jemand mit „Rückzug in die Niederlande“. Hauptsache, der Herr Stoll hält den Mund.
Bislang ging man meist davon aus, der Herr Stoll hätte an dem Abend den Geistesblitz gehabt und ihm sei ein geheimer NATO-Code eingefallen. Vielleicht hat er den aber schon längst „gekannt“ und herumgereicht - wusste aber gar nicht, was er da weiß, beziehungsweise nicht weiß.
Der Herr Stoll war viel in den Niederlanden. Eventuell wollte er dort etwas herausfinden. „Rückzug in die Niederlande“ kann man missverstehen.
Fragt sich nur, wo das dann stand, was er als YOGTZE las.
Vielleicht ist ihm an diesem Abend aufgefallen, was das, was er als YOGTZE las oder ihm als dieses verkauft wurde, wirklich heißt. Schließlich hat er YOGTZE durchgestrichen. Vielleicht hat er das, was er bislang für YOGTZE hielt nur neu gelesen, diese Lesart durch einen Apostroph YOG'TZE gekennzeichnet - durchgestrichen
YOG'TZE , weil er es als den Quatsch erkannt hat, der es ist, als den Bären, den man ihm aufband.
Bei YOG stolperte ich zunächst an den altenglischen Buchstaben Yogh
Ȝ
Ȝoȝ
QuelleUnd über ganz viele weitere altenglische Buchstaben. Das war zwar interessant - aber woher soll denn der Herr Koch plötzlich Altenglisch kennen?
Dann dachte ich, vielleicht hat er das Tz irgendwie anders gesehen.
Nur, was ändert das?
QuelleDarüber kam ich zur Kurrentschrift. Darüber auf Sütterlin. Das wurde bis in die 90er Jahre von älteren Menschen häufig verwendet. Wir lernten es einige Stunden in der Grundschule lesen, ich kann es so ein bisschen. Auch das Alphabet schrieben wir etwa zehn Mal ab. Schreiben kann ich ohne Vorlage nicht. Das geht auch mit ziemlich brutal schief - ich erinnere lateinische Buchstaben und falle zurück.
Vielleicht wäre es dem Herrn Stoll, Jahrgang 1950, ähnlich ergangen?
Bei vielen Buchstaben habe ich auch beim Lesen Schwierigkeiten, sie auseinanderzuhalten - ganz besonders handschriftlich.
Es gibt ein tz, sz, ein Anfangs-, Mitten, Schluss-S. Einige Schreiber machen einen Absatzanfangsschnörkel. Den kann man in der
American Constitution in der lateinischen Schreibschrift bewundern. Andere machen den bei jedem Satzanfang / Wortneuanfang. Manche immer, andere nur bei besonderen Schrifststücken. Die meisten machen ihn gar nicht.
Das L sieht schnell aus wie das Z, weil es keinen Zwischenstrich gibt. Auch B und C sind dem Z und L ähnlich. Ein G sieht schnell aus wie ein A und umgekehrt. Wenn der Anfangsschnörkel hochgezogen ist, oder ein zusätzlicher Schnörkel dazukommt, sieht ein W schnell aus wie ein Y. Ein kleines w, größer geschrieben, sieht auch ähnlich aus. Ein hochgezogenes s sieht schnell aus wie ein t.
Einen geübten Sütterlin-Leser bringt das nicht aus der Ruhe, auch bei hieratisch wirkendem Schriftbild.
Wer nicht so geübt ist - wie ich, oder vielleicht auch der Herr Stoll, was ich ihm hiermit in dieser Theorie unterstelle - findet bei nicht maschinell, sondern handgeschriebenem Sütterlin aber einige Möglichkeiten, sich ein W für ein Y und O, ein A für ein G und ein L für ein C, B, Z oder gar T zu verkaufen oder verkaufen zu lassen, und anderes.
Ich hab' im Zweifel meinen Vater gefragt - wenn der nicht mehr weiter wusste, die Oma, oder jemand älteres aus dem Dorf. Die konnten das nicht nur lesen,sondern auch schreiben, und haben sich im Allgemeinen sehr gefreut, wenn man kam und fragte.
Das war dann aber auch nicht nachts um eins.
Falls es kein Rück-Zug nach BeNeLux war, vielleicht ging der Zug ja woanders hin. Ich las, es sei gelegentlich mit Kreide auf die Waggons geschrieben worden, bis wann sie in welchem Bahnhof bleiben sollten. Dann soll es Klebezettel gegeben haben, auf denen der Bestimmungsort stand.
„Hallo,
in die Felder 1 - 7 wurden die Bereitstellungs- bzw. Abholungsdaten (Datum), sowie die Dauer der "Entlade- oder Beladefrist" (Stunde, z. B. 17 Uhr) für die Wagenladungskunden oder Versender mit Kreide eingetragen. Konte der Wagen nach der angegebenen Ladefrist nicht "abgezogen werden, war "Wagenstandgeld" fällig. Die Ladefristen waren örtlich geregelt und veröffentlicht und richteten sich gewöhnlich nach den morgendlichen Güterzug-Eingängen bzw. den abendlichen planmäßigen Abfuhrmöglichkkeíten, jeweils unter der Berücksichtigung der noch durchzuführenden Rangiertätigkeiten.
Die Felder 8 - 10 waren für Beklebezettel. Dies konnten z. B. Grenzübergangszettel sein, oder "Zur Waage in... (Bahnhof) usw..
Schöne Grüße“
QuelleVielleicht waren das dann gar keine Grenzübergangszettel YOGTZE - Rückzug in die Niederlande, Zielbahnhof (Den)Haag (Harr, Harr, Harr, das wird luschdich - der glaubt das).
Vielleicht war es auch der Frachtbrief, der in Sütterlin oder Fraktur geschrieben war. Falls Stoll den las, war der Grundbesitzer vielleicht nicht erfreut. Vielleicht auch nicht dessen Werksschutz.
Vielleicht stand WAAGE drauf und ein Kürzel für den Zielbahnhof.
Oder WALZE, Schalksmühle, Bahnhof Haag(en).
Vielleicht stand ausnahmsweise Zu(r) WALZE drauf. Und es hat irgendwann „Klick“ gemacht, weil der Zusatz-Schnörkel am Wortanfang diesmal beim Z war.
Hier mit diesem Generator kann man sich selbst ein Bild machen. Die 3. Schriftart von links ist Sütterlin. Wer nicht gut Sütterlin kann, kann sich schon beim gestochen scharfen, maschinengenerierten Schriftsatz gewisse Ähnlichkeiten zwischen YOGTZE und WALZE erkennen. Mein erster Versuch eines Sütterlin-W handschriftlich sah gar nicht so viel anders aus wie ein YO. Mein Versuch eines Sütterlin-A geriet rechts zu klein, schon sah es aus wie ein G. Man sollte sich vor Augen halten, dass in der Schreibschrift gelegenttlich auch Großbuchstaben zusammengezogen und -geschnörkelt, vielleicht auch vereinfacht werden. Beim L könnte man beispielsweise den oberen Schnörkel weglassen. Oder eine Mischung zwischen kleinem und großem L nehmen. Man könnte das erkennen und feststellen: Kein TZ? lZ? iZ? und das l mit ' andeuten... ZE ist ja ziemlich eindeutig. Der Rest nicht unbedingt. Waize, Woize, Yatze .. nee, doch nich'... Wolze? Yalze?
Die Walze in Schalksmühle ist in etwas über einer Stunde von Wilnsdorf erreicht. Ich nahm die Ringstraße, weil mir die mittendrin erscheint.
Klicken Sie hierVon ihr aus sind es keine zwanzig Minuten bis zur Kattenohler Straße, über Gemeindeverbindungs- und Feldwege.
Zur Rölvede und der Autobahnraststätte sind es gut zehn Minuten. Bis zur Brunsbecke und seiner „schwarzen Auffahrt“ wären es über die Kattenohler fast 30 Minuten. Über die Autobahn wäre man schneller.
Klicken Sie hierDie Walze in Schalksmühle Dahlerbrück gehört zu Outokumpu, einer Thyssen-Krupp-Tochter.
Quelle 1Quelle 2Der Firmenname ist für mich hinreichend schmunzelverursachend, dass er mir als einer der in Anzhausen in der Stahlstraße ansässigen Firmen in Erinnerung blieb.
Die haben ihre Niederlassung in Anzhausen, im Industriegebiet am Bahndamm, bei Dielfenbach.
QuelleDiese Niederlassung gab es sicher damals schon.
Irgendwoher braucht das Gewerbe in der Stahlstraße den Stahl, will ich meinen.
Das wäre grob umrissen meine Idee.
Es kann sein, auf den Wagen / Frachtbriefen in diesem Betrieb wurde gar nicht in Sütterlin, Fraktur o.ä. geschrieben.
Oder auf die Wagen / Frachtbriefe in Anzhausen wurde nicht „(zu(r) WAAGE” bzw. „(zu(r) WALZE” geschrieben. Das kann man vielleich überprüfen. So könnte man das falsifizieren. Dann könnte Herr Stoll das nur woanders gesehen haben, was ich für noch unwahrscheinlicher halte. So hätte er nachts um zwölf sich vor dem Nachhausegehen die Beine vertreten können - und nur noch mal kurz geschaut haben. Vielleicht fing er erst an zu begreifen. Vielleicht hat er überlegt und überlegt, wie ich die letzten Wochen immer wieder. Ideen aufgemalt, in den Sand gezeichnetn in Gedanken - irgendwie abwesend, nachdenkend, verwirrt. Die Gewissheit erschüttert - es war wohl alles anders.
Vielleicht wurde er nicht schlau draus - und brauchte jemanden, der es wissen könnte. Nachts um eins. Dort erschien er aufheregt, verunsichert, fragend, weiter nachdenkend. Wie kann man nochmal das Y schreiben, wie das W?
Wir schauen im Internet. Der Herr Stoll braucht jemanden, der es weiß - oder er mus schauen, ob die Wagen dort dieselbe Aufschrift haben.
Ich hab' dann im Internet geschaut, stundenlang, gemalt und „Nee, doch nich'“ gesagt. Und irgendwann „Vielleicht doch“.
Eventuell ist der Herr Stoll noch ein letztes Mal grübeln gegangen. Vielleicht wollte er nur rausfinden, ob er recht hat - und man ihn verhohnepiepelt hat. Nachts um kurz nach eins. Nur kurz schauen, ob die vermaledeiten Wagen tatsächlich in der Walze stehen - oder was sie da laden.
Vielleicht wusste jemand anderes: Jetzt ist es nicht mehr lustig. Man droht aufzufliegen
Herr Stoll könnte sich in diesem Szenario selbst verlesen haben. Er könnte genasführt worden sein, aus mannigfaltigen Gründen. Jemand fand das witzig, der Ulk geriet völlig außer Kontrolle und er war nicht mehr zu beenden - zum großen Frust aller Beteiligten... Oder es war Neid im Spiel, jemand mochte ihn / seinen Lebenswandel nicht, fand, er stecke seine Nase in Dinge, die ihn nichts angingen, wollte ihm einen Denkzettel verpassen - oder es gab tatsächlich etwas zu verbergen.
Herr Stoll könnte im Bereich Hagen etwas vorgefunden haben, was er befürchtete / erwartete. Es kann aber auch irgendwie ganz anders, aber dennoch schrecklich gewesen sein.
Sollte er aber vor Ort gewesen sein, wäre es für die Akteure schwer zu erklären, warum sie wegen eines nackten Irren, der grundlos auf dem Firmengelände verunfallt, nicht die Polizei rufen und ihr Menschenrettungsprogramm abspulen, das in einem Stahlwerk mutmaßlich gelegentlich gebraucht wird, sondern ihn im eigenen Auto in der Autobahnböschung versenken.
Das röche dann sehr komisch.