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Welches Buch lest ihr gerade?

7.180 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Bücher, Lesen, Literatur ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

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24.06.2021 um 01:24
Frank Jacob - Tsushima 1905

Tsushima-1905

Dieses kurze Buch über den Untergang der Zweiten Pazifischen Flotte Russlands in der Meerenge zwischen Japan und Korea im Mai 1905, welche das Ende des russisch-japanischen Kriegs bedeutete, ist eine Enttäuschung. Die titelgebende Schlacht umfasst nur 14 der etwa 150 Textseiten. Der Rest ist eine Einführung in diesen Krieg im allgemeinen sowie eine lange Abhandlung, wie Deutschland sich verhielt.

Es ist ja durchaus interessant, dass Kaiser Wilhelm II. die Japaner als "Gelbe Gefahr" für Europa sah und darüber hinwegblickte, dass die HAPAG russische Schiffe mit Kohle ausstattete, obwohl Deutschland neutral war. Auch dass Britannien Frankreich davon abhielt, den Bündnispartner Russland zu unterstützen, da es dann selbst Japan hätte unterstützen müssen, was es nicht wollte, ist dahingehend interessant, dass es eine diplomatische Aufzeichnung über diese Haltung in Berlin gibt. Natürlich lässt sich nicht von der Hand weisen, dass Theodore Roosevelt bei den Verhandlungen in Portsmouth (USA) US-Interessen vertrat und am liebsten beide Kontrahenten im Dauerkonflikt um die Anbindung Asien-Pazifik hat sehen wollen. Nur: 70 Seiten Nebeninformationen zu 14 Seiten Kernthema ist doch etwas unausgewogen. Auch wenn bisher unveröffentlichte diplomatische Akten aus Berlin ausgehoben wurden. Denn die Diskussion einer These, ob General Schlieffen wirklich einen Schlieffen-Plan entwickelte, ist dann doch zu weit am Thema vorbei.

Jacob sollte als Japanologe eigentlich Japanisch lesen können, aber es finden sich praktisch keine japanischen Quellen. Russische auch nicht, aber dies könnte daran liegen, dass Jacob gar kein Russisch lesen kann. Damit sind wir von der aktuellen Forschung, aber auch von Originalquellen abgeschnitten.

Insgesamt wirkt das Buch wie eine aufgeblähte Studentenarbeit (Jacob war 2017 beim Erscheinen 32 Jahre alt). Ein wenig wird über das Titel-Ereignis etwas gewusst, aber drumherum wird über alles mögliche geschwafelt und in einem nicht beteiligten Land wird ein Archiv durchstöbert. Für einen damals an einer New Yorker Universität arbeitenden Historiker etwas schwach. Aber wenn man sich Jacobs akademischen Lebensweg ansieht, scheint er ein Hans Dampf in allen Gassen zu sein.

Irritierend ist auch das schlechte Lektorat. Sprach- und Sachfehler finden sich zuhauf, wobei aber jede (damals) korrekte Andersschreibung in einer deutschen Quelle mit einem wichtigtuerischen [sic!] versehen wird. Nach nicht weniger als vier Jahren ist das Buch bereits vergriffen.

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24.06.2021 um 09:50
kammer
Dunkle Kammern

von Minette Walters

Als die Fotografin Jinx Kingsley aus tiefer Bewußtlosigkeit erwacht, kann sie sich an die letzten Wochen ihres Lebens nicht mehr erinnern. Sie wurde aus einem zertrümmerten Autowrack geborgen.
Hatte sie versucht, sich umzubringen? Mühsam beginnt Jinx, sich in die dunklen Kammern ihres Bewußtseins vorzutasten, und spürt mit wachsender Angst, daß sie einem alptraumhaften Geheimnis auf der Spur ist...


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25.06.2021 um 17:11
@.lucy.
Das klingt genau nach meinem Geschmack. Wie ist es bisher?


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26.06.2021 um 00:32
Ahmet Altan - Ich werde die Welt nie wieder sehen

Altan-Welt

Der türkische Schriftsteller und Kolumnist Ahmet Altan wurde gemeinsam mit seinem Bruder knapp nach dem Putschversuch von 2016 wegen Verdachts "unterschwelliger Botschaften" bei einer Fernsehsendung am Tag vor dem Putschversuch verhaftet. In diesem in Haft verfassten Text schildert er seine Haftsituation, aus der er zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wegen eines lebenslangen Urteils keinen Ausweg mehr gesehen hat.

Chronologisch berichtet er ab dem Tag seiner Verhaftung zunächst über die Inhaftierung in einem Istanbuler Untersuchungsgefängnis unter schrecklichen Umständen: Eingepfercht in eine unterirdische Zelle mit Marineoffizieren (ein ganzer Jahrgang wird verhaftet) und einem jungen, streng gläubigen Dorflehrer aus dem kurdischen Osten, der von seiner Zeit schwärmt, in der er in dem Dorf in einer Abstellkammer der Moschee hauste und niemanden verraten will.

Nach zwölf Tagen wird Altan zunächst freigelassen, aber nach einigen Tagen wieder inhaftiert, diesmal im Hochsicherheitsgefängnis von Silivri (70 km außerhalb Istanbuls). Nach einer neuerlichen kurzen Freilassung, wird er schließlich zu lebenslanger Haft verurteilt.

Dieser im Gefängnis entstandene Text reflektiert nicht nur die Haftbedingungen (gefoltert wurde er nach seinen Angaben nicht, aber der Kontakt zu seiner Familie bzw. zu Anwälten war sehr beschränkt), sondern auch seine Gedanken. Immer wieder kehrt er zum Thema des Schreibens zurück, aber auch zu seinen Lesefrüchten. So schlussfolgert er auf die Maxime das Philosphen Zenon, dass ein bewegter Gegenstand weder im Hier noch im Dort sei, dass auch er in einem Nichtzustand ist. Der Körper ist gefangen, aber sein Geist versucht frei zu sein. Bis ins Detail und den Wortlaut erinnert Altan sich an Lektürestellen, in denen ein Mensch es schafft, unbehelligt von seiner Lebenssituation seinen freien Geist zu bewahren. Seine Bilderwelt geht zurück bis Caesar, als er um die gallische Festung einen Schutzwall errichten hat lassen, dass auch ein Entsatzheer keine Möglichkeit mehr hat, seine Eroberung zunichte zu machen. So will er sich selbst geschützt sehen. Denn er erwartet als 68-Jähriger mit einer lebenslänglichen Strafe kein Leben mehr in Freiheit, er sieht sich in der Zelle sterben.

Dieses Buch gibt sehr tiefe Einblicke in die Reaktion Erdogans auf den Putschversuch. Altan ist mit einer fadenscheinigen Anklage, die zunächst nicht hält, schließlich zu einer lebenslänglichen Strafe verurteilt worden. Eine „unterschwellige Botschaft“ im Fernsehen durch ihn und seinen Bruder ist nie nachgewiesen worden. Die zweite Ebene ist die Gedankenwelt eines Menschen, der aus dem Leben gerissen wird und zu einer lebenslangen Haft verurteilt wird, ohne eine Tat begangen zu haben.

2018 wurde sein Bruder freigelassen, und im April 2021 schließlich Ahmet Altan selbst. Der türkische Staat ist nicht in der Lage, das Leben von Menschen willkürlich gänzlich zu vernichten.


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26.06.2021 um 19:51
Pepper-Man
Wesen aus dem Wald – oder Wahnvorstellung einer Mörderin?
Geheimnisvoll, düster und faszinierend unheimlich: Grusel-Fantasy aus Norwegen für alle Fans von Tim Burton und Guillermo Del Toro

Dies ist die Geschichte von Cassandra Tipp, erfolgreiche Autorin, exzentrische Tante – und angeklagt, ihren Ehemann und ihren Vater brutal ermordet zu haben:
Es ist die Geschichte von Pepper-Man, dem Wesen aus dem Wald, das Cassandra beschützt; eine Geschichte von blutigen Nächten und magischen Geschenken; und die Geschichte von Ehemännern aus Zweigen und Steinen und Kindern, die im Wald verloren gingen.
Oder ist es die Geschichte eines kleinen Mädchens, das im Schatten hoher Bäume mit furchtbaren Erinnerungen aufwächst?
Das kannst nur du entscheiden.

»Pepper-Man« von der norwegischen Autorin Camilla Bruce ist ein Fantasy-Roman, der geschickt mit der Frage nach unserer Einbildungskraft und dem Glauben an das Übersinnliche spielt. Die tiefen Wälder Norwegens sorgen dabei für eine magisch-unheimliche Atmosphäre.
Quelle: www.fnac.com

Gestern mittag wurde das Buch geliefert, gestern abend hatte ich es komplett durchgelesen. So unglaublich spannend und fesselnd, dass ich es einfach nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Düster, faszinierend, beklemmend, befremdlich... diese und noch andere Emotionen befielen mich während der Lektüre. Obendrein beschäftigt einen das Buch auch noch nach dem Ende der Lektüre, da es viele Fragen offen lässt. Absolut empfehlenswert!


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26.06.2021 um 21:50
Liv morten
Das angebot

Brigitte Burmeister schrieb den krimi unter dem pseudonym liv morten
Es ist eine Karriere wie aus dem Bilderbuch, die der Chemieunternehmer Etienne Dubois durchläuft, ehe ein tödlicher Autounfall das jähe Ende setzt. Kein Grund für den Journalisten Philippe, die Arbeit an einem Porträt über Dubois fiir ein Pariser Wochenmagazin abzubrechen. Im Laufe seiner weiteren Nachforschungen kommen ihm jedoch Zweifel. Ist es Zufall, dass kurz nach Dubois Tod eine Regierungskommission überprüft, ob in seinen Werken chemische Kampfstoffe hergestellt und illegal verkauft wurden?
Zufall auch, dass wenig später ein ehemaliger Angestellter ermordet wird und ein anderer spurlos verschwindet?
Für Philippe und seine Freundin, die Fotografin Catherine, beginnt eine Geschichte, die sie allmählich zu Detektiven werden lässt.
Quelle: http://brigitte-burmeister.de/romane/das-angebot/

Wieder mal ein fund aus der bücherkiste, die erstauflage von 1990, vom verlag der nation berlin.

Schon auf den ersten knapp 30 seiten bin ich von ihrem erzählstil eingenommen. Die schwierige beziehung des ehemaligen paares wird nachfühlbar, ohne abgegriffene klischees. Langsam entwickelt sich parallel dazu der "fall" durch eine interessante story für den journalisten und die fotos der fotografin, die ihre kunst in die magazinfotografie einbringt.


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26.06.2021 um 21:56
20210626 215041Original anzeigen (4,1 MB)


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26.06.2021 um 22:19
Franz Grillparzer - Weh dem, der lügt

Grillparzer-Weh

Sein einziges Lustspiel verlegt Grillparzer 1838 in die Zeit der Merowinger. Leon ist der Küchenjunge des Bischofs von Chalons, und er grämt sich über ihn, weil dieser den Koch verjagt hat und an den Speisen spart. Es gelingt ihm, mit ihm ein Gespräch zu beginnen, und so erfährt er, dass die heidnischen Germanen östlich des Rheins seinen Neffen Atalus als Geisel halten, und er will das Lösegeld von seinem Mund absparen, da er kirchliche Gelder dafür nicht verwenden will. Leon, der als frecher und kecker junger Mann charakterisiert wird, verspricht ihm, Atalus zu befreien, ohne zu lügen, da der Bischof Lügen vehement als Gottlosigkeit verachtet.

Leon lässt sich in einer gelungenen Szene von einem Pilger an den Rheingrafen Kattwald als Koch verkaufen, gewinnt durch seinen Witz dessen Vertrauen, nimmt Kontakt zu Atalus auf und beginnt eine neckische Beziehung zu Kattwalds Tochter Edrita, die auch Atalus nicht abstoßend findet. Sie selbst ist mit einem debilen germanischen Jungadeligen verlobt, der nicht mal vollständige Sätze sprechen kann. So hilft sie Atalus und Leon bei der Flucht (die Szenen, wie die Burgbrücke unterminiert und der Torschlüssel gestohlen wird, sind ein erheiterndes Herzstück).

In Metz werden sie fast von Kattwalds Häschern gefangen, doch ist die Stadt vor kurzem von den Christen eingenommen worden, also ist alles gut. Leon und Edrita werden ein Paar, da Atalus ihre Selbstlosigkeit wertschätzt, und der Bischof gibt seinen Segen trotz der Standesschranken, da Leon zwar witzig und verschlagen gehandelt, aber nicht gelogen hat.

Über weite Strecken ist das Stück wirklich erheiternd zu lesen, das Ende wirkt aber etwas konstruiert. So war es laut Zeitzeugenberichten auch bei der Premiere in Wien: Das zu Beginn jubelnde Publikum wurde gegen Ende immer schweigsamer. Verstärkt wurde die negative Aufnahme auch dadurch, dass mit Leon eine Figur auf der Bühne agiert, der als Küchenjunge sowohl einen Bischof als auch einen Grafen ziemlich lächerlich erscheinen lässt, und mit Edritas Bräutigam Galomir wagt Grillparzer sogar, einen Adeligen als Debilen auf die Bühne zu stellen. Hinzu kommt, dass sogar mit bischöflichem Segen eine nicht standesgemäße Ehe geschlossen wird. Das war dann dem biedermeierlichen Wien wohl etwas zu viel.

Ich finde das Stück - eigentlich wider Erwarten - wirklich spaßig. Trotz des einschränkenden Blankverses sprüht das Stück vor witzigen Einfällen und Dialogen.


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27.06.2021 um 22:29
Basil H. Liddell Hart, Geschichte des zweiten Weltkriegs.


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27.06.2021 um 23:55
Zitat von NarrenschifferNarrenschiffer schrieb am 22.06.2021:Der Hellenismus und der Aufstieg Roms (Fischer Weltgeschichte Bd. 6)
Aus der Reihe Fischer Weltgeschichte finde ich am besten den Band Afrika von Pierre Bertaux.

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Spitzbergen von Julius Büdel (Bildband)

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Büdel war ein Geologe und Eiszeitforscher, nach ihm ist auch eine kleine Inselgruppe in der Antarktis benannt.
Für Büdel ist Spitzbergen das "Land ohne Sommer".


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29.06.2021 um 19:03
Zimmer 103:

von Simone St. James

New York 1982. Viv Delaney arbeitet als Nachtwächterin im Sun Down Motel. Doch die Nächte dort sind lang. Und einsam. Und mit jeder Schicht wächst Vivs Angst. Angst vor einer ungreifbaren Bedrohung …
New York 2017. Carly Kirk zieht es in das in die Jahre gekommene Sun Down Motel, wo ihre Tante Viv vor mehr als 30 Jahren spurlos verschwand. Sie will endlich die Wahrheit herausfinden. Doch das Geheimnis, das das alte Motel hütet und dem nicht nur ihre Tante zum Opfer gefallen ist, übertrifft Carlys schlimmste Albträume ...

zimmer


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30.06.2021 um 12:35
Mal eine Frage. Hat schon mal jemand ein Werk von der französischen Schriftstellerin Colette gelesen?
Ich habe eben etwas über ihr Leben gelesen. Das war ja sehr bewegt. Drei Mal verheiratet, Jahre lang eine Liebschaft mit einer Frau, Verhältnis mit dem 30 Jahre jüngeren Stiefsohn.....


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30.06.2021 um 15:16
Die Ehrengilde Band 1 - Aller Anfang ist leicht von Marc Ellis
Der Groschenroman ist zurück in digitaler Form! "Die Ehrengilde" ist eine Reihe von Fantasy-Kurzgeschichten. Es geht um Maon, einen jungen, aufstrebenden Kämpfer, dessen Beitritt in der Gilde "Die Ehrengilde" Pech und Segen zugleich ist. Humoristisch verpackte High-Fantasy-Abenteuer warten darauf von Genre-Fans, aber auch Gamern gleichermaßen gelesen zu werden. In Maons erstem Abenteuer geht es um die Aufnahme in der Gilde, seine neuen Bekanntschaften und seinen ersten Auftrag. Was kann schon schiefgehen, wenn man absolut KEINE Erfahrung im Kampf mit Schwert und Zauber hat?
Ich habe mich mal umgesehen im Bereich der unbekannten Autoren und der Selbstverlage, dabei habe ich diese Buchreihe entdeckt (die anderen Teile erscheinen noch).
Die ebook-Version ist etwas anstrengend zu lesen, weil es keine Absätze gibt, es ist quasi ein Fließtext, aber man gewöhnt sich dran und so was hat man leider auch bei bekannteren Verlagen.

Beim Lesen des Buches musste ich immer wieder grinsen, weil es mich so an "World of Warcraft" und andere Spiele dieser Art erinnert hat, was ja auch beabsichtigt ist.

Ich mag Groschenromane und das ist mal eine echte Abwechslung, denn ich kenne ansonsten keine Groschenheftchen für Gamer mit so einem Setting.


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30.06.2021 um 21:46
Josef Kraus - Wie man eine Bildungsnation an die Wand fährt

Kraus-Wand

Das ist das zweite Buch, das ich vom liberalkonservativen Doyen der deutschen Bildungspolitik und langjährigen Praktiker als Gymnasialdirektor Josef Kraus gelesen habe (nach dem Buch über die Helikopter-Eltern), und hier stellt er wort- und argumentationsgewaltig sein Schul- und Bildungskonzept vor.

Kernpunkt ist, dass er die Entwicklungen in Richtung Bildungsstandards, PISA-Testungssysteme und Bologna-Universitätssystem sowie das Muss einer höheren Abiturquote ablehnt, da er einerseits ein Schwinden der Bildung, die nicht auf ökonomischen Zwängen beruht und die ein Humboldt und ein Adorno eingefordert haben, erkennt. Das Niveau sinkt, Universitäten und Hochschulen verlangen immer mehr ein Aditur (Aufnahmeprüfungen nach dem Abitur, das eigentlich einen Hochschulzugang gewährleisten soll, werden zusätzlich eingerichtet). Andererseits hätten Länder mit einem gegliederten Bildungssystem, das jungen Menschen auch die Möglichkeit einer qualifizierten Berufsausbildung ohne Abitur anböten, bessere Wirtschaftsdaten und eine geringere Jugendarbeitslosigkeit als Länder mit sehr hohen (billigen) Abiturquoten.

Ganz besonders schießt er sich auf die Bertelsmann-Stiftung ein, welche massiv den PISA- und Bologna-Prozess unterstützt, ohne dabei auf Seitenhiebe zu verzichten, die auf die NS-Vergangenheit des Bertelsmann-Konzerns wie auch auf seine Dominanz bei "bildungsfernen" Medien wie RTL-Deutschland eingehen. Eine Einmischung nicht demokratisch legitimierter Privater in die Bildungspolitik lehnt Kraus ab.

In sehr süffisant, jedoch immer mit belegtem Datenbestand geschriebenen Kapiteln, lässt er sich über den Erlebnis- und Unterhaltungsunterricht aus, verdammt die Rechtscheibreformen ab 1996 als Chaos im ökonomischen Interesse der Schulbuchverlage, was dazu geführt habe, dass viel mehr Schreibfehler gemacht werden, weil die Verwirrung zu groß ist. Beeindruckend ist sein Beispiel, wie die Getrenntschreibung von zusammengesetzten Verben ermöglicht wurde:
Man müsse die Diskriminierung von Fremden bewusst machen.
Man müsse die Diskriminierung von Fremden bewusstmachen.
Diese beiden Sätze sagen genau das Konträre aus, wobei der Unterschied der Aussagen nun jedoch verschleiert werden kann. Der Duden lässt diese völlig absurde Alternativschreibung von /bewusstmachen/ immer noch zu, obwohl es 2017 wieder mal eine Reform der Rechtschreibreform gab.

In der von ihm konstatierten Tendenz zur Vereinfachung der Sprache (Rechtschreibreform, ein in der NS-Zeit in Angriff genommenes und 1996 umgesetztes Projekt, sowie "leichte Sprache") sieht Kraus im Gegensatz zu deren Befürwortern keine Chance, dass sogenannte Bildungsferne mehr Möglichkeiten erhalten, im Gegenteil, Schule sei immer weniger der Ort, um allen einen elaborierten Code (eine komplexe Sprache) zu ermöglichen, sondern dieser werde nur mehr in sowieso privilegierten Haushalten ermöglicht. Kinder blieben im Schulkontext auf einem restringierten Code (einer eingeschränkten Sprache) stecken und hätten im weiteren Lebensweg mit großen Problemen zu kämpfen. Sie könnten nicht mal mehr ein halbwegs fehlerfreies Bewerbungsschreiben verfassen. Ab drei Fehlern würden solche in der Tonne landen, eine Chance auf ein Bewerbungsgespräch sei nicht mehr gegeben. Schulen, die den Anvertrauten nicht mehr die Möglichkeit des Erlernens einer korrekten Verwendung der Schriftsprache böten, würden der unterlassenen Hilfeleistung schuldig.

Ähnliches konstatiert er im Bereich des Wissenserwerb. Dieser würde immer mehr mit dem Ziel von Meinungsäußerungen auf Basis irgendwelcher Kompetenz-Leerphrasen (das Kompetenzkapitel ist sehr sarkastisch!) zurückgeschraubt werden. Es zähle nicht mehr Urteilskraft, sondern Gesinnung. Ohne Fakten sei das nichts. Und er bemüht den berühmten Aphorismus der österreichischen Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach: "Wer nichts weiß, muss alles glauben."

Düster werden seine Prognosen über die Aussichten eines Sozialstaates: Wenn die Schule nicht mehr die Grundlage dafür lege, dass die Leistungsfähigen im Erwachsenenleben Leistung erbringen können, bricht die wirtschaftliche Basis des Sozialstaats zusammen. Er hätte nicht mehr die finanziellen Mittel, diejenigen zu unterstützen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind, sich auf Basis eigener Tätigkeit zu erhalten. Dies wäre eine Katastrophe.

Überflogen habe ich das sehr schulspezifische Kapitel über die Ganztagsschule, aber auch seine Kritik an einer geschlechtergerechten Sprache, obwohl dieses ziemlich witzig geschrieben ist.


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02.07.2021 um 22:33
Sie sehen dich:

von Harlan Coben

Der Teenager Spencer Hill ist tot: Selbstmord. Oder doch Mord? Als sein engster Freund Adam Baye verschwindet, befürchten dessen Eltern Mike und Tia das Schlimmste. In der Sorge um ihren Sohn haben sie heimlich ein Spionageprogramm auf Adams Computer installiert, das schon bald eine bedrohliche E-Mail zu Tage fördert. Alarmiert und schockiert macht sich nun Mike selbst auf, um seinen Sohn nach Hause zu holen – koste es, was es wolle. Doch er und seine Frau sind nicht die einzigen, die andere ausspionieren ...

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03.07.2021 um 22:46
Ingrid Weckert - Feuerzeichen

Weckert-Feuerzeichen

Das ist wohl die schwierigste Buchbesprechung bisher. Ingrid Weckert ist ausgebildete Theologin und war als Bibliothekarin tätig, ihre enge Verbindung zu neonationalistischen Kreisen ist dokumentiert, und in diesem Buch über die Reichsprogromnacht vom 9./10. November 1938 tritt sie 1981 als revisionistische Autorin an die Öffentlichkeit. Als Verfasser des Vorworts gewinnt sie den Freiwilligen der Legion Condor und Pressereferenten von Goebbels Wilfred von Oven.

Kernaussage des Werkes ist, dass sowohl der Mord an dem deutschen Botschaftsangestellten in Paris Ernst Eduard vom Rath als auch die Attacken gegen jüdische Geschäfte sowie Synagogen in der Reichspogromnacht von der Ligue Internationale Contre l'Antisémitisme (LICA) in Paris aus gesteuert waren. Der Attentäter Herschel Grynspan habe bei deren Hauptquartier ums Eck incognito gehaust (die Briefe seiner Familie, die zwangsausgewiesen wurde, hätten ihn nicht erreichen können) und während der Pogromnacht sei in Dokumenten immer wieder von Provokateuren die Rede, die keiner gekannt habe.

Weckert selbst hält die nationalsozialistische Politik der Trennung zwischen Deutschen und Juden für korrekt und für einen Nationalstaat entsprechend. Dabei bezieht sie sich in einem typischen Whataboutismus auf die zionistische Gründung des Staates Israel, der bezüglich Staatsbürgerschaft und Juden sowie der Heiratspolitik ähnliche gesetzliche Vorgaben habe, wie sie in den Nürnberger Gesetzen von 1935 festgeschrieben waren. Eine Abschiebung der jüdischen Deutschen, wie sie die nationalsozialistische Regierung vor dem Krieg angestrebt hat, hält Weckert für akzeptabel.

Auch wenn dieses Buch für einen kleinen Zirkel geschrieben war, wurde es einerseits breit rezipiert, andererseits sind Manipulationsmethoden, die aus aktuellen Verschwörungstheorien bekannt sind, eingesetzt.


Lügentopos

Weckert schreibt über ein Thema, bei dem einige Fakten noch immer ungeklärt sind. Ob Herschel Grynspan in NS-Haft gestorben ist oder ob er die NS-Herrschaft überlebt hat, ist bis heute nicht klar. Thesen, welche die Geschichtswissenschaft vorbringt, brandmarkt Weikert als Lüge. Dabei ist sie sich selbst nicht zu schade zu behaupten, er habe nach 1945 unter falschem Namen fröhlich weitergelebt. Wo auch immer. Belege? Keine.

Genauso zieht sie aus den unterschiedlichen Bewertungen der Pogromnacht innerhalb der NSDAP den Schluss: Die Partei hätte damit nichts zu tun gehabt, LICA habe die Fäden gezogen, einige SA-Mitglieder hätten sich mitreißen lassen. Belege? Keine.

Wie kommt Weckert auf die Idee, dass ihr nicht selbst vorgeworfen werden könnte, dass sie lügt?

Und dass sie mit der Wahrheit nicht sonderlich sorgsam umgeht, ist an ihrer sehr willkürlichen Übersetzung an der sogenannten jüdischen Kriegserklärung im Daily Express vom 24. März 1933 auf der Webseite Holocaust-Refernz nachgewiesen worden.


Eine Minderheit erklärt sich zur Mehrheit

Jegliche Kritik an der nationalsozialistischen Politik wird als "antideutsch" oder "Deutschlandhetze" gebrandmarkt. Wie sehr erinnert das an das "Wir sind das Volk"-Gebrülle einiger hundert Demonstranten. Sei es in Dresden (Pegida) oder Wien (Fairdenker).


Cui Bono? Wem nützt es?

Wie oben schon beschrieben, geht Weckert davon aus, dass die Pogromnacht nicht der nationalsozialistischen Regierung, sondern dem Zionismus geholfen habe. Je prekärer die Lage für Juden in Deutschland würde, desto mehr würden ausreisen. Dies sei den Zionisten wichtig gewesen, und auf Basis dieser nicht belegten Fantasieschlussfolgerung erklärt Weckert LICA sowie den Zionisten Wladimier Jabotinsky als Drahtzieher, die Provokateure losgeschickt und per Telefon und Telegramm unter dem Deckmantel von SA und SD gefälschte Befehle gegeben hätten.


Verniedlichung von Verbrechen

Durchgehend wird die unterste Zahl der Opfer genommen, während der Geschichtsschreibung angekreidet wird, Zahlen zu verdrehen. Beleg von Weckert? Gar keiner.

Sowohl das Haavara-Abkommen als auch das Rublee-Wolthat-Abkommen, mit denen die Nationalsozialisten versucht haben, jüdische Deutsche aus Deutschland zu vertreiben, werden als großartige und humanitäre Lösung gefeiert. Deutschland würde dadurch ein Land mit völkisch einheitlicher Einwohnerschaft werden, die jüdischen Deutschen würden eine neue Heimstatt (wo auch immer) finden. Vertreibungsabkommen als humanitäre Tat? Ekelhaft.

In diesem Kontext und ohne Thema zu sein, sind auch die etwa sechs Millionen ermordeten jüdischen Menschen ab Ende 1941 für Weckert mehrfach ein Bonmot wert. Es werde nach dem Krieg gelogen wie auch über die Pogromnacht. Auch wenn sie immer wieder einflechtet, dass jede Gewalttat gegen Juden schlimm sei, so erscheint mir das schlichtweg nur als Schutzbehauptung.


Über Ingrid Weckert und ihr Buch gibt es ausreichend kritische Auseinandersetzungen auch heute noch, was den Stellenwert dieses Pamphlets unterstreicht. Methodisch ist eine Kontinuität zu aktuellen Verschwörungstheorien zu erkennen, welche von Ultrarechten befeuert werden. Die wahren Gedanken eines Küssel, Tuma, Bachmann, Ballweg oder Hildmann können erahnt werden.


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04.07.2021 um 20:01
Sommernacht - Lucy Foley


Vierzehn Gäste. Alle haben ein Geheimnis. Und nicht alle werden die Insel lebend verlassen. Eine abgelegene Insel vor der wilden Küste Irlands: An einem Sommertag versammeln sich Familie und alte Freunde, um die Hochzeit von Julia und Will zu feiern. Alles ist bis ins kleinste Detail geplant, es soll ein rauschendes Fest werden - doch der Wind dreht, und ein heftiger Sturm schneidet die Insel von der Außenwelt ab. Bald macht das Gerücht die Runde, dass dieser Ort ein schreckliches Geheimnis verbirgt. Und auch unter den Gästen dringen immer unaufhaltsamer alte Feindseligkeiten und lang begrabene Geheimnisse ans Licht. Dann wird einer der Feiernden tot draußen im Moor gefunden. Und die Situation auf der Insel eskaliert ...


sommer


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05.07.2021 um 00:00
Michael Koglin - Coronavirus Killer

Koglin-Coronavirus

Der Hamburger Krimiautor Michael Koglin hat im März 2020 einen der ersten Corona-Thriller auf den Markt geworfen, und der ist so richtig Schrott.

In einem Virenforschungslaboratorium wird die junge Bachelor-Absolventin Lena Landen nach einem Liebesabenteuer mit ihrem Chef Stefan Siedler zur Putze degradiert, und als dieser vom Erdboden verschwindet, befürchtet sie, ihn mit dem Coronavirus infiziert zu haben (sie hat aus Rache eine Probe auf seinem Schreibtisch verteilt, dann jedoch säuberlich wieder weggeputzt). Schließlich erfährt sie, dass er bei einem Verkehrsunfall in Holland ums Leben gekommen ist und sie findet bei Zandvoort auf einem USB-Stick eine Botschaft: Eine simple Anti-Akne-Mixtur aus natürlichen Stoffen hemmt das Corona-Virus. Das Rezept der Mixtur stellt sie ins Internet.

Ihr Ex-Chef wurde natürlich ermordet, seine Frau hat mit einem Sicherheitsmann des Virenlabors es auf die Mixtur abgesehen, da sie vermutet haben, damit viel Geld verdienen zu können, was ihr Mann nicht wollte. Selbstverständlich jagen sie auch Lena und schaffen es, sie im Haus der Familie Siedler zu fesseln, aber da kommt die Polizei.

Der schwule Vize-Chef (er war auch in den Chef Stefan verliebt) hat alles vefolgt und Lena befreien lassen. Die beiden fliegen während der beginnenden Reisebeschränkungen nach Fuerteventura, die Bachelor-Studentin wird Chefin des Labors und der Roman ist aus.

WTF.

Bei der Erinnerung an ein Liebesabenteuer Lenas mit Stefan dachte ich kurz, Koglin ist im Hauptberuf Pornoschriftsteller, doch das Internet meint, er ist Krimi- und Kinderbuchautor. Kann sein.


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05.07.2021 um 02:41
Alles, was sie sich erträumte - Ann Rule

Ein true crime aus den 90ern, der einen absolut fassungslos zurückläßt. Die wahre Geschichte der Patricia Allanson, die sich als moderne Scarlett O'Hara sah, ihr Leben lang nur manipulierte und forderte. Eine narzisstische Soziopathin, die jeden benutzte, bis sie keinen Nutzen mehr in der Person sah und wortwörtlich über Leichen ging, um ihre Ziele zu erreichen. Immer wieder starben Menschen in ihrem Umfeld oder sie wurden zumindest schwer krank, teilweise von ihr fast zu Tode "gepflegt". Sie schreckte noch nicht mal davor zurück ihre eigene erwachsene Tochter fast zu vergiften, als diese nicht agierte wie sie wollte.

Von Kindheit an verhätschelt und verzogen, wird in dem Buch auch ihre Familie beleuchtet, die ihr stets zur Seite stand und sie verteidigte und umsorgte, selbst als sie erwachsen war und mehrfach ins Gefängnis ging. Kein böses Wort kam je über die Lippen ihrer Eltern, auch Anklagen wegen versuchten Mordes usw. waren immer nur "Mißverständnisse". Ihre Taten sind die eine Seite, aber noch viel unglaublicher war es über das Verhalten der Eltern zu lesen, die es ihr ermöglichten, ein Leben zu führen, in dem sie permanent das angebliche Opfer war.

Ich kam beim lesen aus dem Kopf schütteln nicht mehr raus, man schwankt wirklich zwischen totaler Fassungslosigkeit und Entsetzen. Einfach nur unglaublich.


alles


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05.07.2021 um 21:39
Der kleine Prinz, mal wieder


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