univerzal
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21.06.2020 um 15:13KaMailLeon schrieb:Da du das Zitat mit dem Urteil gebracht hattest und scheinbar auch ein wenig Ahnung davon hast, hätte ich da noch mal eine Frage diesbezüglich.'Ein wenig' ist da großzügig ausgelegt. Mir ist eure Diskussion aufgefallen und da ich den kürzlichen Urteilsspruch noch im Kopf hatte, wollte ich ihn beisteuern, denn: Es war mir selbst nicht bewusst, dass das Prüfen/Nachziehen derart elementar für die Beurteilung ist. Natürlich macht man es bzw. lässt es veranlassen, aber eher aus Selbstschutz, denn wer möchte schon das exklusive Erlebnis, bei voller Fahrt vom eigenen Reifen überholt zu werden?
KaMailLeon schrieb:Hole ich als Kunde (der nicht unbedingt technisch so versiert ist und weiß das die Räder abmontiert waren) mein Auto nun aus der Werkstatt und bekomme keinen Hinweis das ich nach 50 km mal nach den Radmuttern schauen sollte... und verliere auf Grund dessen beispielsweise ein Rad, bin ich dann ebenfalls zu einem gewissen Teil mitschuldig?Die Frage stellst du lieber einem versierten Juristen, denn für solche theoretischen Haftungsfragen ist das hier der falsche Ort und ich bin dahingehend kein kompetenter Ansprechpartner. Was ich dir aber liefern kann, sind ähnlich gelagerte (wenn auch ältere) Urteile, die nochmal unterstreichen, dass den Richtern unter anderem bei der Beurteilung die Hinweispflicht wichtig ist, vor allem deren korrekte Form.
Im folgenden Urteil aus 2011 wars noch ein bisserl uneindeutiger - das Rad hatte sich nach einem von dem Reifenservice-Anbieter durchgeführten Wechsel erst nach rund 2.000 Km gelöst (also kein Montagefehler), der Kunde veranlasste keine Prüfung/kein Nachziehen der Radmuttern, es gab dazu einen Hinweis auf der Rechnung, der war aber dem Gericht unzureichend:
https://www.rechtslupe.de/zivilrecht/haftung-bei-radverlust-nach-werkstattaufenthalt-333471 (Archiv-Version vom 20.01.2021)
SpoilerDen Nachweis fehlerhafter Montage hat der Kläger nicht geführt. Angesichts der nach dem Radwechsel zurückgelegten Strecke von 1.989 km spricht auch nicht ein Anschein dafür, dass die Montage fehlerhaft – unzureichend – war. Dies ergibt das Gutachten.
Die Beklagte hat aber durch Verletzung ihrer nebenvertraglichen Hinweispflicht auf das Erfordernis des Nachziehens der Radschrauben nach 50 – 100 km adäquat kausal zum Ablösen des Rades beigetragen.
Dass ein solches Nachziehen – auch ohne das Einwirken von großer Kraft o. ä. – erforderlich ist, weil auch ordnungsgemäß befestigte Radschrauben sich lösen können, ist aufgrund des Sachverständigengutachtens erwiesen. Außerdem geht die Beklagte mit dem Hinweis in der Rechnung selbst davon aus, dass ein solches Nachziehen nach 50 – 100 km vorzunehmen ist.
[...]
Der Hinweis auf der Rechnung genügte nicht. Der Unternehmer genügt seiner Hinweispflicht nur dann, wenn er den Hinweis mündlich erteilt oder den schriftlichen Hinweis dem Kunden so zugänglich macht, dass unter normalen Verhältnissen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist. Da der Kläger hier unmittelbar oberhalb des Hinweises den Abbuchungsauftrag unterschrieben hat, kommt es darauf an, ob die Beklagte annehmen durfte, dass er bei dieser Gelegenheit von dem Hinweis Kenntnis nimmt. Das ist nicht der Fall.
[...]
Die den Hinweis enthaltende Folgezeile ist hier optisch nicht derart hervorgehoben, dass sie bereits beim Prüfen und Unterschreiben der Rechnung bzw. Abbuchungsermächtigung derart ins Auge springt, dass sie zur Kenntnis genommen werden muss. Eine farbliche Hervorhebung fehlt. Im unteren Teil der Rechnung findet sich noch mehr Text in verschiedenen Schriftgrößen. Unmittelbar nach dem Hinweis kommt in gleicher Schriftgröße der Schriftzug „EUROMASTER – Der Spezialist fuer Reifen, Raeder und Service“; darunter folgt Kleingedrucktes, nämlich eine Datenschutzerklärung, die der Kläger jedoch nicht unterzeichnet hat. Auf den ersten Blick könnte es sich bei dem gesamten Bereich unterhalb der Unterschrift um irgendwelche Angaben aus dem Bereich der Beklagten handeln, die der Werbung dienen und keiner weiteren Aufmerksamkeit bedürfen. Die doppelten Linien, welche den Hinweis einfassen, sollen zwar möglicherweise die Aufmerksamkeit auf diesen richten, lassen ihn jedoch eher optisch zurücktreten. Der gewisse Abstand zum übrigen Text ändert daran nichts.
Es ist dem Kläger daher auch nicht vorzuwerfen, dass er den Hinweis übersehen hat. Dass er ihn gelesen, aber nicht beachtet habe, behauptet die Beklagte selbst nicht.
Die Verletzung der Hinweispflicht war kausal für den Schaden. Es besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sich der Kläger aufklärungsgerecht verhalten hätte und das Ablösen des Rades auf dem Unterlassen des gebotenen Nachziehens der Schrauben beruht. Die Beklagte hat keine konkreten Ursachen benannt, auf denen das Ablösen des Rades sonst beruhen könnte.
Der Kläger muss sich ein Mitverschulden bei der Entstehung des Schadens entgegenhalten lassen, § 254 Abs. 1 BGB.
[...]
Und:
Da die Geräuschkulisse nicht bekannt ist, ist dem Kläger nur vorzuwerfen, dass er auf die durch das Gutachten bewiesenen Veränderungen im Fahrverhalten nicht reagiert hat. Er hätte diese Veränderungen wahrnehmen können und das Fahrzeug sofort – und langsam – zur Kontrolle in eine Werkstatt bringen müssen.
Unter Abwägung der beiderseitigen Verschuldensanteile ist das Gericht zu einer Mithaftung des Klägers in Höhe von 30 % gelangt. Das Verschulden der fachkundigen Beklagten überwiegt nach Auffassung der Kammer in Bezug auf den eingetretenen Erfolg.
Landgericht Heidelberg, Urteil vom 27. Juli 2011
(Hervorhebungen von mir)
Im nächsten Urteil wirds jetzt interessant, denn dasselbe Unternehmen wurde später wieder vor den Kadi gezerrt, diesmal aber mit anderem Ausgang, auch in zweiter Instanz. Offenbar hatte man dazu die Geschäftspraxis überdacht (genau nachvollziehen kann ich es anhand der Urteile nicht, gehe aber schwer davon aus):
https://www.autoservicepraxis.de/nachrichten/autobranche/nachziehen-von-radschrauben-hinweispraxis-von-euromaster-haelt-vor-gericht-stand-2502580
Ein Privatkunde hatte geklagt, da er sich nach einem Reifenwechsel nicht ausreichend darüber informiert fühlte, dass die Radschrauben nach 50 bis 100 Kilometern Fahrstrecke nachgezogen werden müssen. Der Kläger unterließ dies und es kam aufgrund von gelockerten Rädern zu einem Unfall. Nun verlangte er 3.050 Euro Schadenersatz.Zurück zum Thema.
Diesem Begehren stellte sich in einem ersten Urteil zunächst das Amtsgericht Karlsruhe entgegen – und nun auch die nächsthöhere Instanz. Der Grund: Der Dienstleister ließ sich vom Kunden nach dem Radwechsel auf der Rechnung einen Hinweis auf das Nachziehen der Schrauben unterschreiben. Diesen Hinweis sah das Gericht als ausreichend an