@Kältezeit Warum argumentierst Du jetzt, dass eine Farbvorliebe nicht genetisch sein kann, wenn ich genau das schon ausführlich beschrieben habe?
Siehst Du, das macht eine Diskussion mitunter so mühselig.
Was nun genau genetisch bedingt ist, und was durch Prägung verändert und anerzogen ist, das zu erforschen ist unter anderem Inhalt der Gender-Forschung.
Das Farbbeispiel dient nur als ein
Beispiel für die ganz alltägliche, ganz unbeabsichtigt ablaufende Prägung. Und da Rosa als "niedlich" empfunden wird, hängt damit auch ein Bild zusammen, wie ein Mädchen sein sollte, wenn man ihr Zimmer in Rosa ("niedlich") und weiß ("unschuldig/sauber/ordentlich") einrichtet, und das Jungszimmer in Blau, Grün und Braun, noch bevor das Kind überhaupt irgend eine Charaktereigenschaft gezeigt hat.
Farben drücken Empfindungen aus, beeinflussen sie aber auch.
Und meinst Du nicht, man kann auch das Sozialverhalten durch Erziehung beeinflussen?
Was genetisch veranlagt ist, muss ja auch nicht ein leben lang festgemeißelt sein.
Welche Eigenschaften veränderlich sind und welche beibehalten werden ... auch das wird immer noch erforscht.
Und warum wird immer noch steif und fest behauptet, dass der Mann der Ernährer war und die Frau sich um Haus und Kinder kümmerte - obwohl in allen bäuerlichen Kulturen die Frauen genauso auf dem Feld schuften, sich auch um das Viehzeug kümmern, genauso zum Lebensunterhalt beitragen und die Erziehung der Kinder meist der Oma und den Geschwistern überlassen bleiben? Genauso war es in Deutschland vor der Industrialisierung: Die Frau musste zum Lebensunterhalt genauso beitragen wie der Mann. Es mussten auch alle Kinder mitarbeiten.
Es gab nur eine Phase, in der es auch für Nicht-Adelige zum Ideal wurde, dass die Frau "nicht arbeiten muss" und sich ausschließlich um Haushalt und Kinder kümmert (und die Erziehung selbst übernimmt).
Seitdem wird es als "natürlich" propagiert, und die natürlichen körperlichen Unterschiede werden ausgerechnet in unserer hoch technisierten und mechanisierten Gesellschaft zur Begründung, dass Frauen beruflich nicht so viel leisten können.
Ich kenne eine Steinbildhauerin, die immer angestaunt wird: "Wie schaffen sie das bloß mit den schweren Brocken?" - "Die kann auch kein Mann heben. Wir benutzen Maschinen."
Zum "Nestflüchten": Wir sind auf dem Dorf den ganzen Tag mit den anderen Kindern unterwegs gewesen und waren auch gewohnt, alleine loszulaufen oder wieder nach Hause zu gehen. Meine Schwestern sind beide mit dem Roller/Dreirad ausgebüchst, und ich bin mit Sechs nach der Schule in der dann neuen Großstadt in völlig fremder Umgebung oft noch mit dem Klapprad weite Umwege nach Hause gefahren, habe ganze Nachmittage lang die Umgebung erkundet u.s.w..
Das war auch für Mädchen vollkommen normal. Wenn man sich mal verlaufen hat, hat man halt jemanden nach dem Weg gefragt. Man wusste aber auch, wie man sich den Weg und die Richtung merkt, in die man nach Hause kommt.
"Ihr seid aber zum Abendbrot zu Hause!" war die einzige Einschränkung für alle Kinder.
Heute werden Kinder überhaupt nicht mehr alleine gelassen, ihre Furchtsamkeit wird bestärkt. Umso mehr die von Mädchen, die man noch mehr als Jungs als potentielle Opfer von Gewalt sieht.
Mütter reagieren anders, wenn Fremde das Kind ansprechen, wenn es hinfällt, mal ein paar Minuten verschwunden ist. Das hat zwar auch gute Gründe, aber es verändert eben auch das Verhalten der Kinder. Und dann kommt ein Wissenschaftler, misst das verhalten von Kleinkindern, die längst der Prägung ausgesetzt sind, und stellt fest, dass Jungs öfter ausbüchsen als Mädchen, und sich besser orientieren können ... hm.
Babys reagieren von Beginn an auf kleinste Signale. In einer neuen Situation guckt das Baby kurz zur Mutter, checkt deren Gesichtsausdruck und passt sein Verhalten an. Bei Kleinkindern kann man das oft sehr gut beobachten, auch als Laie.
Wissenschaftler können nur beobachten, was sie auch lesen können. Wieviel ein Kind aufnimmt, ohne schon "lesbar" darauf zu reagieren, weiß man nicht, weil es nicht messbar ist. Darum kann man keine genaue Aussage treffen, ab wann ein Kind welche Signale aufnimmt, wenn es sich um solche Mini-Signale wie einen Blick, eine Sekunde ängstlicher Mimik handelt.
Das Thema, was anerzogen ist, lässt sich jedenfalls nicht mit ein, zwei Studien abhaken.