Link: www.nzz.ch (extern) (Archiv-Version vom 19.05.2006)Iran speit wieder FeuerErneut mit Ausstieg aus Atomwaffensperrvertraggedroht
Der Iran hat am Sonntag mit dem Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertraggedroht, falls der Westen seinen Konfrontationskurs im Streit über das Atomprogrammfortsetzt. Die USA wollen im Uno-Sicherheitsrat bis Ende der Woche über eine Resolutionabstimmen lassen, die Teheran mit Sanktionen droht.
Das iranische Parlamentdrohte in einem Brief an Uno-Generalsekretär Kofi Annan, es werde die Regierung zwingen,ein Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag zu kündigen, das unangekündigteInspektionen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Nuklearanlagen ermöglicht.Auch Präsident Mahmud Ahmadinejad sagte nach einer Meldung der amtlichenNachrichtenagentur IRNA, seine Regierung könnte sich bei anhaltendem Druck veranlasstsehen, den Atomwaffensperrvertrag zu kündigen.
«Eine Intervention desSicherheitsrates der Vereinten Nationen wäre ein Schritt von der Kooperation zurKonfrontation», sagte am Sonntag der Sprecher des iranischen Aussenministeriums, HamidResa Asefi, und fügte hinzu: «Wir empfehlen, dies nicht zu tun.» Die geforderteEinstellung der Urananreicherung stehe «nicht auf unserer Tagesordnung». Iran habe dasRecht auf die Nutzung der Kernenergie zur Stromgewinnung, so dass eine Sanktionsandrohungillegal wäre.
Frankreich und Grossbritannien haben im Sicherheitsrat den Entwurffür eine Resolution eingebracht, der dem Iran für den Fall einer fortgesetztenUrananreicherung mit Sanktionen droht. Während die USA und andere westliche Staaten wieDeutschland dies unterstützen, lehnen Russland und China eine Drohung mit Strafmassnahmennach Kapitel 7 der Uno-Charta ab. Dieses Kapitel ermöglicht notfalls auch einmilitärisches Vorgehen.
Der amerikanische Uno Botschafter John Bolton wies dieiranischen Drohungen zurück. Damit solle nur verschleiert werden, dass es um Atomwaffengehe. Er sei zuversichtlich, dass die Resolution zur Abstimmung kommen werde - mit oderohne Zustimmung aus Moskau und Peking.
Der amerikanische Präsident George W.Bush sprach sich noch einmal für eine diplomatische Lösung aus. «Ich glaube, diediplomatische Lösung ist möglich, und die will ich auch», sagte Bush in der ARD-Sendung«Sabine Christiansen». Der Iran müsse aber ganz deutlich zur Kenntnis nehmen, dass diefreie Welt dagegen sei, dass er sich Nuklearwaffen verschaffe.
Derstellvertretende russische Aussenminister Sergej Kisljak erklärte, es sei noch zu früh zusagen, welche Änderungen am Entwurf der Resolution notwendig seien, um die UnterstützungRussland zu gewinnen. Die chinesische Regierung nahm nicht Stellung zu ihrer Haltung.Aussenminister Li Zhaoxing teilte am Sonntag lediglich mit, er werde an dem Treffen inNew York teilnehmen.
Die Staats- und Regierungschef von sechs Golfstaatenforderten die iranische Führung zur Offenheit in ihrem Atomprogramm auf. Nach informellenBeratungen in der saudischen Hauptstadt Riad erklärte der Golfkooperationsrat (GCC) amSamstag, die Staaten der Region wünschten sich mehr Transparenz in dieser Frage und auchGarantien für den Fall möglicher Gefahren für die Umwelt.
In New York kommenam Montag die Aussenminister der USA, Russlands, Chinas, Frankreichs, Grossbritanniensund Deutschlands zusammen, um Meinungsunterschiede zu überbrücken.