Innerhalb der letzten drei Jahre ist Deutschland in der Rangliste des europäischen Gesundheitskonsumenten-Index (EHCI) vom sechsten auf den vierzehnten Platz abgestürzt. Damit gehört Deutschland, obwohl es eines der reichsten Länder Europas ist, nicht mehr zur führenden Spitze in der Gesundheitsversorgung – eine neue Gesundheitspolitik könnte dies ändern.

Es ist etwas faul im deutschen Gesundheitswesen: Innerhalb der vergangenen drei Jahre ist Deutschland in der Rangliste des Euro Health Consumer Index (EHCI – europäischer Gesundheitskonsumenten-Index) vom sechsten auf den vierzehnten Platz abgestürzt. An der Spitze liegen die Niederlande, Dänemark, Island, Luxemburg und Belgien. Deutschland erhielt von 1.000 möglichen Punkten 704 Punkte und ist damit nicht mehr im europäischen Spitzenfeld zu finden. Deutschland liegt somit zum ersten Mal hinter Großbritannien und befindet sich nun auf dem gleichen Niveau wie Tschechien und Irland. Der Leiter der Studie, Arne Björnberg, schätzt diese Entwicklung grundsätzlich als bedenklich ein und glaubt, dass sich die „deutsche Gesundheitsreform in die falsche Richtung bewegt“.

Erstaunlich schlecht steht Deutschland da, wenn es um das Kernstück des Gesundheitswesens geht: die Diagnose. Hier stößt man im Bereich der Herzversorgung und der Krankenhausinfektionen auf alarmierende Zahlen. Das System scheint seine Großzügigkeit zu verlieren. Die Inanspruchnahme von E-Health erfolgt nur langsam und kann die Patientensicherheit und Transparenz gefährden.

Die dänischen Forscher, die die Studie im Auftrag der EU erstellt haben, schlagen drastische Maßnahmen vor: Deutschland sollte, zusammen mit Österreich, Ungarn und Italien, auf die Überwachungsliste der EU gesetzt werden. Der Leistungseinbruch im Gesundheitssystem sei alarmierend und Brüssel sollte sich, in Anbetracht der Tatsache, dass sich die EU die Reduzierung der Lücken im Gesundheitssystem zum Ziel gesetzt hat, mit der Entwicklung kritisch beschäftigen.

Der Abfall der deutschen Leistungswerte ist besonders bedenklich, weil der EHCI eigentlich eine stetige Verbesserung im europäischen Gesundheitssystem ausgemacht hat. Alarmierende Warnsignale, die im Zusammenhang mit den Auswirkungen des ökonomischen Abstiegs stehen, scheinen übertrieben. Seit Jahrzehnten wurde im Gesundheitswesen über Kürzungen und Qualitätsverluste geredet, wenn es sich jedoch tatsächlich um eine gegenläufige Entwicklung zu handeln scheint. Jedoch deutet der Index auf drei bestimmte Bereiche im Zusammenhang mit der Krise hin: Die Tendenz, dass man in den Ländern, auf die sich die Wirtschaftskrise am meisten ausgewirkt hat, länger auf teure Operationen warten muss; eine gesteigerte Selbstbeteiligungsrate für zahlreiche Behandlungen und einen Mangel an Verbesserungen und sogar einen sich verschlechternder Zugang zu neuen Medikamenten.

Trotz der entwickelten Wirtschaftssysteme bleibt Europa ein Gebiet mit Krankenhausinfektionen. Der EHCI verzeichnet in jedem zweiten der 34 bewerteten Länder alarmierende Infektionsrisiken. Eine EU-Initiative, die den Verkauf von Antibiotika ohne Rezept verbieten würde, würde diese Zahlen senken, behauptet Johan Hjertqvist, der Gründer und Präsident von HCP. Dies würde mehr Einfluss auf die Patientensicherheit haben, als die meisten anderen Schritte, die von der EU ergriffen würden.

Für Deutschland muss die neue Studie ein Weckruf sein: Es gibt eigentlich keine rationalen Gründe, dass eines der reichsten Länder Europas aufgrund politischer Fehlentscheidungen nicht mehr zu den führenden Nationen im Gesundheitswesen zählt. Eine offenkundig im Kern gescheiterte Gesundheits-Politik bedarf einer Neubewertung, um den Abwärtstrend, der auch erhebliche volkswirtschaftliche Auswirkungen hat, umgehend zu stoppen.

quelle http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/redaktion/aktuelle-weltnachrichten-im-august-2-12.html (Archiv-Version vom 04.08.2012)