Leise trat ich hinter Liam hervor. Liam sah mich an. Man musste nicht hellsehen können um zu wissen dass Liam gerade wütend war – nur warum!? Als er mich sah, wollte er etwas sagen, doch den Jungen schnitt ihm das Wort ab.
„Ah… Hallo Lucy!“ gab er mit einem, für mich, undefinierbaren Ton von sich.
„Wer bist du!? Was willst du von uns?! Warum hat sich Liam eben so aufgeregt?!“
„Du stellst ganz schön viele Fragen…“
„Dann würde ich an deiner Stelle langsam mit Antworten rausrücken! Es werden nur noch mehr Fragen!“
„Ach? Soll das jetzt einen Drohung sein? Süß!“ Er sah Liam an und lachte provokant.
„Man, reiß dich zusammen!“ meinte Liam aufbrausend.
„Liam … beruhig dich mal, er will doch dass du dich aufregst…“
„Oh … Wie niedlich, lässt du dir etwa Befehle geben? Von einem Mädchen?“ man konnte es förmlich spüren dass er es herausforderte dass Liam ausrastete. Dann wandte er sich wieder mir zu. „Aber so betrachtet … Von der hier würd’ ich mir auch Befehle geben lassen… Obwohl – ne, ich geb’ lieber Befehle!“ Er sah mich herablassend an.
„Halt endlich deine Klappe du arroganter Vollidiot!“ brüllte Liam. Ich sah Liam an. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Er war schon öfters ausgeflippt, aber so aufgebracht wie jetzt – so noch nie.
„Bitte Liam, beruhig dich... Du siehst doch dass er das will…“ murmelte ich.
„Och wie niedlich sie pfeift dich zurück wie ein kleines Hündchen!“ man sah dem fremden an dass er Spaß daran hatte Liam bis zum Äußersten zu reizen. Der Junge lachte hämisch und kam plötzlich einen Schritt auf mich zu.
„Du kannst dich also nicht an mich erinnern? Das ist aber Schade, denn dann kannst du dich ja auch nicht an das im Haus erinnern“ flüsterte er mir mit gedämpfter Stimme zu. Liam trat zwischen den Jungen und mich.
„Lass sie in Ruhe du kranker Perversling!“ meinte er in einem scharfen Ton. Angst stieg in mir hoch. Verängstigt flüsterte ich Liam zu, wer der fremde denn nun eigentlich sei. Liam schien es überhört zu haben, aber der andere hatte es gehört.
„Genau Liam, erklär ihr wer ich bin! Na los!?“ – er grinste wieder. Liam drehte sich zu mir um. Sah mich an. Es fühlte sich an als würde er mich mit seinem Blick durchbohren.
„Die Zettel von heute, weißt du noch?“ fragte er. Ich nickte stumm. Da leuchtete es mir ein. Der fremde war der „Freund“, der Grund warum ich mich weder an ihn noch an den Tag erinnern konnte war meine eigene kleine Erfindung. Wegen ihm war ich also im Krankenhaus gelandet.
„Na, fällt es dir wieder ein?“ lachte der Junge boshaft.
„Du… Was…?“ in meinem Kopf drehte sich alles „Dann warst du das!?“
„Was für ein kleines, schlaues Mädchen du doch bist.“ Er grinste nur. Meine Angst wandelte sich in Wut um.
„Wie konntest du nur!?“ schrie ich.
„Ach komm schon, dir hat es doch sicher gefallen – auch wenn du dich nicht erinnern kannst, streit es nicht ab!“
Mir stiegen Tränen in die Augen. Ich wollte nicht glauben was ich da hörte.
„Na? Sprache verloren?“ meinte er mit neckischen Unterton.
> Fall tot um! Stirb! Der Blitz soll dich treffen! Egal was – aber verschwinde einfach – und das für immer! <
Liam stieß mich sachte in die Seite und flüsterte mir zu, ich solle mich beruhigen denn das hätte ich auch eben zu ihm gesagt. Ich sah ihn mit Tränen in den Augen an und schluchzte.
„Er soll einfach verschwinden…“ murmelte ich.
„Hat das kleine Mädchen etwa Angst?“ lachte der fremde.
„Halt jetzt mal die Luft an!“ fauchte Liam ihn an.
„Gut, nachdem ich so unerwünscht bin, verschwinde ich wieder! Ciao ihr beiden!“ meinte der Junge, drehte sich um und ging. Liam wollte ihm noch irgendwas hinterher rufen, ließ es aber doch bleiben.
„Liam…?“ fragte ich vorsichtig.
„Mhm?“ brummte er.
„Wer war das jetzt genau?“ fragte ich verunsichert. Denn einerseits wusste ich nun wo ich den Typen einordnen sollte – aber wusste noch immer seinen Namen nicht. Liam sah mich nur an. Wortlos.
> Vermutlich gehen ihm gerade die Worte des Jungen durch den Kopf... <
„Liam?“ – ich machte mir ziemliche Sorgen, denn er sagte kein Wort. Sein Blick war leer. Die Farbe war aus seinem Gesicht gewichen.
„Was habt ihr an dem Tag da drinnen gemacht?“ fragte er kalt. Ich starrte ihn an.
„Was?“ fragte ich ihn verdutzt.
„Du hast genau verstanden was ich gesagt habe!“
Ich wusste nicht was ich hätte sagen sollen. Starrte ihn weiter an.
„Jetzt antworte mal!“ rief er. Packte mich am Arm und fing an mich unsanft zu schütteln.
„Liam… Lass mich los… bitte!“ murmelte ich eingeschüchtert. Er ließ nicht los.
„Bitte Liam!“ schrie ich ihn an. Schlagartig ließ er mich los.
„Tut … Tut mir leid Lucy…“ murmelte er bedrückt. Ich schaute ihn verängstigt an.
„Tut mir ehrlich Leid… Kommt nicht wieder vor…“ – er umarmte mich. Meine Knie zitterten vor Angst. Ich konnte seine Reaktion eigentlich ziemlich gute verstehen, aber dass so eine Aktion nichts brachte sollte er eigentlich auch wissen. Er ließ mich los. Sah mich an.
> Soll ich es ihm sagen? Wie wird er reagieren? – Ich kann das nicht…! <
Sein Blick durchbohrte mich.
„Ich weiß nicht so ganz was da passiert ist …“ stotterte ich. > Verdammt!? Warum lüge ich ihn an!? <
„Dann erzähl mir bitte das, was du noch weißt…“
„Zu Hause, okay…?“ murmelte ich. Liam nickte. Mittlerweile war es schon dunkel geworden. Trotz des über tags warmen Wetters war es jetzt nun doch wieder ziemlich frisch geworden. Schweigend gingen Liam und ich nebeneinander in Richtung Wohnung. An der Hauptstraße schien es so, als wolle Liam etwas sagen, er ließ es dann jedoch bleiben. Wir kamen wieder an der Eisdiele vorbei, an der wir vor ein paar Stunden unbeschwert eine Weile verbracht hatten, ehe wir in den Park gegangen waren. Als wir an der Haustür standen, hielt Liam kurz inne.