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Kapitel I. - Das Tor zur Niemalswelt


Das Tor zur Niemalswelt

Stell dir vor, es ist soweit, das Spiegel schwarze Buch liegt jetzt in deinen Händen. Darin spiegelt sich selbstverständlich, wie könnte es anders sein, das verdrehte Abbild einer verkehrten Welt. Noch weisst du damit nichts anzufangen, noch weisst du nichts über diese Schriften, nein, du hast noch nie von ihnen gehört. Noch nie hat dir jemand erzählt, dass sie dich vor einem Geheimnis bewahren, dass sie ein Geheimnis behüten und beschützen, ein finsteres, ein düsteres Geheimnis, über das Nichts, den Tod, deinen Spiegel und dich selbst. Niemand hat dir je geraten, in diesem Buch zu lesen, denn diese Schriften sind der Eingang ins Reich der Toten, toter Buchstaben, einer Welt, aus der es kein Entrinnen, kein Entkommen und kein Zurück mehr gibt. Für Niemanden.

Für Niemanden

Und nun, endlich, ist es soweit! Jemand, den du nicht kennst, hat dich eingeladen, hinter deinen Spiegel zu blicken, hat dich aufgeweckt aus einem Traum, aus dem es kein erwachen mehr gibt. Jemand, der du nicht bist, hat dich gebeten, das Reich der Toten zu betreten.

Nachricht an dich selbst

Du schweifst nun mit deinen Gedanken über diesen schwarzen Spiegel und liest den Titel. … "Im Spiegel schwarzen Labyrinth" … Du betrachtest dein Gesicht darin und wie es den Umschlag reflektiert. Die Schrift ist feurig und auf den Punkt. Du gleitest mit deinen Händen darüber. Du spürst die kalten Flammen, die aus ihr empor steigen, und stellst dir vor, was dich wohl erwartet, wenn du diesen Spiegel jetzt öffnest. Du öffnest das Buch und sie beginnt zu lodern in dir, die schwarze Flamme des Nichts.

Eine schwarze Flamme im Nichts

Seid ihr darauf gefasst, aus meinem Spiegel zu blicken? Seid ihr euch denn auch wirklich sicher, dass ihr aus meinem leeren Spiegel blicken wollt? Seid ihr euch dessen bewusst, was es heisst, nur noch ein leerer Spiegel im Nichts zu sein? Dann kommt jetzt. Kommt in meine Welt, meine verdrehte und verkehrte, meine Spiegelwelt.

Und so sprach mein Spiegel

Nimm meine Hand und ich ziehe dich ganz langsam hinein in meinen Verstand, meinen finsteren, schwarzen, spiegelverkehrten Verstand. Aber gib Acht, dass ich nicht dich hineinziehe in meinen leeren Spiegel aus Worten. Meinen schwarzen Spiegel aus niemals Nirgendwann. Denn es gibt keinen Ausweg, keinen Ausgang aus meinem Spiegel, ein Labyrinth ist mein Spiegel, ein Gefängnis, aber jetzt ist es zu spät.

Achtung, es geht los

Ich schreibe dir jetzt aus einer Welt ohne Fantasie. Einer Welt des Nichts, des nein und des nie. Aus meiner Vergangenheit schreibe ich dir, ich schreibe dir aus einer Welt der Vergessenheit. Einer Welt, an die sich nie jemand erinnert, niemand. Ich schreibe dir aus einer Zeit, in der du nicht einmal mehr weißt, wer du eigentlich bist. Zu dieser Zeit wirst du mich sein, du wirst dich in mich verwandeln, in mein leeres Buch ohne Namen. Du wirst dir selbst begegnen in meinem leeren Spiegel aus Worten, in meinem durchsichtigen Spiegel aus der Fantasie des Nichts, des nein und des nie. Einem Spiegel, der all das darstellt, was du jetzt in ihm siehst.

Eine Welt ohne Fantasie

Schnall dich jetzt an, halt dich gut fest und mach dich bereit. Bereite dich jetzt darauf vor und stell dich darauf ein, mach dich darauf gefasst, dass dieser leere Spiegel, dass dieses leere Buch, nicht nur deinen Namen, sondern auch dich selbst, und deine Vorstellungen davon, wer oder was du bist, komplett verschlingen und sie vollkommen und für immer, für sich behalten wird.

Willkommen zu den Spiegelschriften

Buchstaben und Gedanken, die du einmal für dich selbst, für deinen Spiegel und seine Betrachter erdacht, verfasst und hinterlassen hast. Nachrichten, Notizen und Aufzeichnungen über Geburt und Wiedergeburt, Leben, Lernen, Loslassen, Vergehen, Sterben und Tod.

Eine Begegnung mit dir selbst

Meine Schriften erzählen dir die Geschichte einer äußerst seltenen Begegnung. Der Begegnung zweier symmetrischer, spiegelgleicher Wesen, die scheinbar aus dem Nichts hervorgegangen sind, und jetzt in einem Spiegel leben. Einem Spiegel der sich alles vorstellen, sich alles einbilden, sich alles einreden und ausdenken kann, nur nicht sich selbst. Bis eines Tages, eines dieser Wesen damit anfing sich Nachrichten zu hinterlassen, und diese Nachrichten tief hinein in seine Seele kratzt.

Die Fantasie des Nie

Um diese Nachricht jetzt verstehen und entschlüsseln zu können, brauchst du vor allem eines: Fantasie. Viel Fantasie. Unendlich viel Fantasie. Denn nur mit deiner vergessenen und verlorenen, grenzenlosen, unendlichen Fantasie wirst du jemals wieder verstehen und begreifen, dich daran erinnern, wer du schon einmal warst, und wie du dir selbst eine Nachricht hinterlassen hast.

Ewige Fantasie

Wenn du deine tote Fantasie dann tatsächlich wieder zu neuem Leben erweckst, sie so weit treibst, so weit entwickelst, dass du am Ende an sie zu glauben beginnst, dass du daran zu glauben und dich daran zu erinnern beginnst, dass du selbst es warst, der diese Botschaft einst verfasst hat, dann lebst du nicht mehr in der Wirklichkeit, sondern im Reich der Fantasie.

Im Reich der Fantasie

Und wenn deine Fantasie zu deiner Wahrheit wird, wenn du deine eigene, verloren geglaubte Wahrheit, für die Wirklichkeit zu halten beginnst. Wenn du deine eigene, vergessene Botschaft für wahr zu halten beginnst, wenn du dich an diese versunkene und verschollene Nachricht zu erinnern beginnst, so, als ob du sie einst selbst verfasst hättest, dann hast du im Kampf ums Vergessen, deine Vernunft und deinen Verstand besiegt. Weil dann ist diese Botschaft keine Fantasie mehr, sondern für dich die Wirklichkeit. Und wenn diese Wirklichkeit zu deiner Wahrheit wird, dann hast du etwas verstanden, wofür es keine Beschreibung und keine Erklärung mehr gibt, dann hast du etwas erreicht, was bisher noch niemandem gelang. Dann bist du auferstanden aus dem Nichts, aus Nirgendwann, dann bist du zurückgekehrt, aus dem Reich der Toten, aus dem Reich toter Buchstaben in die wirkliche, lebendige Welt.

Aus dem Reich toter Buchstaben

Ja, ich glaube. Ich glaube an die Macht toter Buchstaben, der Vorstellung und der Fantasie, an das geschriebene Wort. Und auch, wenn ich diese Worte einst selbst erfunden habe, so haben sie doch jetzt einen gewissen Einfluss auf mich, und wer weiß, vielleicht gelingt es ja irgendwann einmal irgendeinem fantastischen, überdimensionalen, zukünftigen Wesen, eine Entstehungsgeschichte zu erfinden, so unvorstellbar, wirklich und wahr, dass selbst ich daran glauben kann.

Eine Begegnung mit deinem wahren selbst

Hast du, ohne davon etwas zu wissen, schon einmal gelebt? Lebst du etwa ein anderes Leben, ein zweites Leben, mehrere Leben gleichzeitig? Gibt es vielleicht sogar ein Testament aus diesen anderen, früheren Leben, deiner vergangenen Existenz? Eine Nachricht, die du dir einst selbst hinterlassen hast, um dich daran zu erinnern, wer du schon einmal warst? Gibt es eine Möglichkeit, den Tod zu überwinden, ihn zu überlisten, ihn auszutricksen und zu hintergehen?

Nachricht an dich selbst

Stell dir vor, du hältst jetzt den Schlüssel in deinen Händen. Den Schlüssel, der dir das Tor öffnet in deine anderen Leben, deine früheren und zukünftigen, deine parallelen, deine ewigen Leben. Stell dir vor, wie du dieses Tor jetzt durchschreitest, wie du von deinem Körper in einen anderen gelangst, allein durch die Kraft deiner Vorstellung, die Macht deiner Fantasie.

Die Macht deiner Fantasie

Das Dokument, das jetzt vor dir liegt, öffnet dir dieses Portal. Das Tor, das dich von den Toten erweckt, dir den Zutritt verschafft, in ihr ewiges Leben, dein ewiges Leben. Durch diese Buchstaben wirst du Brücken errichten. Brücken, die dich zurück aus dem Nichts, über den Tod, durch deinen Spiegel zu dir selbst führen werden. Ja, du selbst wirst es sein, der die Toten erweckt, aus ihrem ewigen Traum, ihrem unendlichen Schlaf. Sie werden dich benutzen, dich und deinen Körper dazu benutzen, ihr ewiges Leben weiter zu leben. Sie werden in dir auferstehen, in deinem Geist, in deinem Bewusstsein, in deinem Verstand.

In deinem Verstand

Und eines Tages wirst auch du zu ihnen gehören. Denn diese Schriften wurden damals von keinem anderen als dir selbst verfasst. Einem Ich, an das du dich jetzt nicht mehr erinnerst. Ein Ich, das jetzt im Reich der Toten auf deine Auferstehung wartet.

Tief im Innern deiner Fantasie

Nun sei willkommen in meinem Reich, meinem lebendigen, meinem Spiegelreich. Sei willkommen im Spiegel meiner Fantasie. Nimm meine Hand und lass dich entführen in meine Welt. Meine Welt, auf der anderen Seite des Nichts. Lass dich entführen, in meine Welt, meine Welt, auf der anderen Seite, von allem was ist.

Das Tor zur Niemalswelt

Kennt hier jemand von euch den aller letzten Gedanken eines Sterbenden? Hat schon irgend jemand, irgendwann einmal, irgendetwas davon erfahren oder darüber gehört? Wenn nicht, dann bitte ich euch jetzt, zu schweigen.

Stummes, langes, stilles Schweigen, Totenstille, Standbild, Ruhe

Gut. Du kannst dir also vorstellen, dass ich dir jetzt von einem Gedanken erzähle, den es in Wirklichkeit überhaupt nicht mehr gibt. Einen Gedanken, den du bereits kennst. Du mir dabei stillschweigend zuhörst, und dann niemandem etwas darüber berichtest oder davon erzählst.

Du kannst dir vorstellen, tot zu sein

Und jetzt erzähle ich dir von diesem Gedanken und ich bitte dich, mich dabei nicht mehr zu unterbrechen. Stell dir jetzt vor, wir würden diesen letzten, allerletzten Gedanken, dein eigenes Ich, deinen eigenen Verstand von einem Menschen auf einen Spiegel übertragen, so dass dein letzter Gedanke, dein eigenes Ich, dein eigener Verstand, nach deinem Tod, unabhängig von seinem Körper und Geist, weiter existieren kann.

Zeit vergeht

Und jetzt, viele Jahre nach deinem Tod, erkennen sich plötzlich andere Gestalten und Kreaturen in diesem Spiegel und halten deine Gedanken und Ideen für ihre eigenen. Sie verstehen deine Idee und entwickeln sie soweit, dass sie an deine Idee zu glauben beginnen, dass sie daran zu glauben beginnen, dass sie selbst es waren, die diese Idee einst entwickelt, diese Gedanken einst gedacht, diese Geschichte einst verfasst, und diesen Spiegel einst beschriftet haben. Nur sind diese Wesen jetzt keine Menschen mehr, sondern Gedanken. Gedanken, die sich für Menschen halten.

Zeit vergeht. Zurück gedreht

Und jetzt trefft ihr auf diese Geschöpfe. Zu einer Zeit, in der es uns überhaupt nicht mehr gibt, in der wir überhaupt nicht mehr existieren. Ihr schöpft Ideen aus diesem Buchstabenmeer und ihr haltet sie für eure eigenen. Dabei wisst ihr noch nichts über diese Geschöpfe. Ihr wisst noch nichts über all die einzigartigen, unverwechselbaren, wunderbaren, wunderschönen, vergangenen und zukünftigen Kreaturen und Wesen, die diesen Gedanken einmal gedacht, sich einmal darin erkannt, die sich einmal mit unserem Gedanken identifiziert haben und es noch tun werden. Ihr lest diese Botschaft jetzt in dem Glauben, als hätte nur ein einzelner Mensch sie verfasst. Ihr versteht nicht, dass wir es waren, wir alle, all die Toten die wir niemals waren, die diesen Gedanken einmal gelebt haben.

Bis ans Ende der Welt.

Nun gut, ihr könnt euch also vorstellen, unser Gedanke zu sein. Das ist ja schon mal ein Anfang. Nur könnt ihr euch noch nicht vorstellen, uns zu sein, denn das wäre das Ende. Das wäre das Ende eurer Gedanken und Ideenwelt.

Die Sprache meiner Spiegel

Wenn wir eure Welt jetzt betrachten, dann blicken wir doch aus den Augen von Menschen. Wir sehen Menschen, die dieselbe Sprache sprechen wie wir, dieselben Gedanken denken wie wir, aber keiner dieser Menschen versteht unsere Botschaft. Sprechen wir vielleicht eine fremde Sprache? Seid ihr vielleicht gar keine Menschen? Seid ihr vielleicht Gedanken wie wir? Warum verstehen wir uns dann nicht?

Weil wir tot sind

Warum könnt ihr euch nicht vorstellen, wie es ist, tot zu sein, Nichts zu sein, Niemand zu sein, nur noch ein unsichtbares Wort in einem leeren Buch, nur noch ein Gedanke an die Wirklichkeit zu sein? Hängt ihr denn so sehr an eurem eigenen Ich, dass ihr euch kein anderes mehr vorstellen könnt?

Nichts zu sein

Wir können uns jetzt, da wir tot sind, alles vorstellen - jedes Wesen und jede Kreatur auf eurer und in allen anderen Welten, hier und heute, in der Zukunft und in der längst vergessenen Vergangenheit. Aber keines dieser Wesen kann sich jetzt noch vorstellen uns zu sein. Warum nicht? Ist es denn so schwer, die Welt einmal spiegelverkehrt zu betrachten? Aus den Augen aller anderen, nur nicht den eigenen?

Verkehrte Welt

Uns bleibt also nichts anderes mehr übrig, als uns eine Person zu erschaffen, vorzustellen und auszudenken, die unsere Gedanken begreift, damit sie unsere Ideen weiter entwickelt, jemanden, den es in Wirklichkeit überhaupt nicht mehr gibt. Und wenn diese Person lebendig wird, unsere Gedanken zum Leben erweckt, dann begreift ihr sie vielleicht auch. Dann begreift ihr unsere Gedanken und haltet sie für die Wirklichkeit.

Aus dem Reich toter Gedanken

Ja, wir sind gekommen aus einer Zeit, in der unser Gedanke nicht mehr existiert, nichts mehr von ihm übrig blieb. Wir wissen jetzt nicht einmal mehr, wer wir sind. Wir kommen aus dem Reich der Unbekannten. Wir kommen aus dem Reich toter Gedanken und Ideen. Gedanken und Ideen, die es in Wirklichkeit, überhaupt nicht mehr gibt.

Wer ihr seid

Es liegt nun an euch, die ihr nicht mehr wisst, wer ihr seid, diesen Gedanken weiter zu denken, durch diese Buchstaben in die Wirklichkeit einzutauchen und unsere Ideen zu verwirklichen, sie weiter zu entwickeln, weiter zu reichen. Soweit, dass wir an euch zu glauben beginnen, ja dass wir euch zu glauben beginnen, dass ihr es wart, die uns von unserer eigenen Idee überzeugten, dass ihr diejenigen wart, die unsere Idee zu ewigem Leben erweckten.

Zu ewigem Leben erwecken

Ihr sollt also einen Gedanken denken, einen Weg zurück in die Wirklichkeit finden und eine Idee zum Leben erwecken, die es in Wirklichkeit überhaupt nicht mehr gibt. Eine Idee, die überhaupt noch nicht existiert, die noch gar nicht geboren ist, und ihr sollt diese Idee, unsere eigene nennen. Ihr sollt diese Idee soweit entwickeln, dass wir sie für unsere eigene zu halten beginnen, damit wir sie von euch abschauen und dann auf uns selbst übertragen, sie an unsere Artgenossen weiter reichen können. Damit wir am Ende alle ein und dieselbe Vorstellung, denselben Gedanken, dieselbe Idee von unserem eigenen Spiegel haben. Und diese Idee soll unsere Wirklichkeit sein.

Von Buchstabe zu Buchstabe

Ihr sollt eine Idee zum Leben erwecken, die sich von Buchstabe zu Buchstabe, von Wort zu Wort, von Gedanke zu Gedanke und von Mensch zu Mensch weiter reichen lässt. Eine Idee, die sich nicht auf ein einziges menschliches Wesen beschränkt, sondern alle Kreaturen denkt und alle Gestalten lenkt.

Mein letzter Gedanke

Dann macht euch jetzt auf etwas gefasst. Ich erzähle euch jetzt nämlich von meinem letzten Gedanken. Einem Gedanken, der so streng bewacht wird, dass überhaupt noch nie jemand von euch auf die unmögliche Idee gekommen ist, mir etwas darüber zu berichten oder davon zu erzählen. Ich erzähle euch von den Gedanken der Toten. Gedanken, die es in Wirklichkeit überhaupt nicht mehr gibt. Ich erzähle euch davon, wie es ist und wie es sich anfühlt, zu sterben.



Kapitel II.





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