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Deutschland - Österreich - Italien. Die Islamophobie-Achse Europas. So zumindest suggeriert es dieser von dem AKP-nahen türkischen Think-Tank SETA herausgegebene und der EU mitfinanzierte Report. Beide Herausgeber haben an der Universität Wien promoviert und sind im europäischen Hochschulwesen etabliert.

SETA selbst ist bekannt dafür, nicht zimperlich zu sein, und hat 2019 eine schwarze Liste von in der Türkei arbeitenden ausländischen Journalisten mit dem Titel "Der verlängerte Arm internationaler Medienorganisationen in der Türkei" erstellt:
https://web.archive.org/web/20190708204553/https://www.tagesschau.de/ausland/tuerkei-thinktank-101.html

Aber zurück zum Report. Nach einer zum Teil in boulevardesker Aufmache gestalteten Einleitung wird beinahe jedes europäische Land bezüglich Islamophobie abgeklopft. Schweiz, Schweden und Litauen fehlen. Aber was ist Islamophobie?

Mal die Kernpunkte und Kernthesen:

- Vom rechten Rand wurden islamophobe Ansichten in den Mainstream getragen (bis in linke, „multikulturelle“ Kreise, Susanne Wiesinger aus Österreich als Beispiel), und dies befeuere islamophobe Straftaten (Hetze sowie Gewalt gegen Personen und Sachen)

- Kritiker am Islam werden grundsätzlich als islamophob bezeichnet, darunter Samuel Schirmbeck, Susanne Schröter, Ahmad Mansur u.a.

- Die Grauen Wölfe werden als legale türkische Partei gesehen, daher sei ein Verbot des Wolfsgrußes nicht angebracht. Selbiges gelte für den Gruß der Muslimbrüder. Akzeptiert werden nur Verbote von Symbolen des DAESH und des IS

- Islamophobie ist Rassismus

So ist die Checkliste dann auch gebildet:

- Hijab-Verbot
- Schächtungsverbot
- Minarett-Verbot
- Beschneidungsverbot
- Burka-Verbot
- Gebetseinschränkungen

So richtig fündig wird man fast nirgendwo, daher beißt man sich in der Einleitung an Österreich fest (2018 war das Kopftuchverbot im Kindergarten grade en vogue).

Anders sieht es schon in den meisten Ländern aus, wenn Politik, Medien, soziale Medien, Bevölkerungsmeinung abgeklopft wird. Da reicht es schon, wenn ein IS-Terrorist als Muslime bezeichnet wird, um rassistisch-islamophob alle Muslime zu diskreditieren. Und wie es sich für einen Think-Tank gehört, werden am Ende eines jeden Länderreports gleich Empfehlungen für das weitere Handeln bzw. an die Politik gegeben.

Worum es aber dem Report letztlich geht, wird anhand des Landes, dem die harscheste islamophobe Politik nachgesagt wird, deutlich. Es ist nämlich ... der mehrheitlich muslimische Kosovo. Das Tragen von Bärten und Hijabs seien Zeichen eines radikalen Nachkriegs-Islam, während die politische Elite an einen friedlichen Vorkriegs-Islam anknüpfen wolle. Dies sei nur ein Mittel, um sich an „euro-atlantische Kreise“ anzubiedern.

Fotos von Wandschmierereien, die als islamophob gesehen werden, zeigen jedoch die Ablehnung einer türkischen Moschee und die Ablehung eines erhöhten türkischen Einflusses im Kosovo.

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Insgesamt also ein Report, der vom radikalen pro-türkischen Rand geschrieben wird, dem es nicht - zumindest nicht im Kosovo - um das Wohl aller Muslime geht, sondern um die Positionierung des politischen Islam als Machtelement. Maßnahmen gegen die Grauen Wölfe und die Muslimbrüder sind ebenso islamophob wie ein gemäßigter oder gar liberaler Islam. "Multikulturalismus", der öfter betont wird, bedeutet hier das Recht, kulturelle und politische Parallelwelten zu errichten, durchaus mit hegemonialen Zielen (siehe Kosovo).

Der 850 Seiten lange Bericht ist hier erhältlich:
https://www.setav.org/en/european-islamophobia-report-2018-eir2018/
https://setav.org/en/assets/uploads/2019/09/EIR_2018.pdf


Und wie ich sehe, waren die Herausgeber fleißig, es gibt auch schon den 2019er Bericht. Diesmal mit Peter Handke am Cover. Schweden ist wieder nicht drinnen. Bin schon gespannt, ob der Kosovo seine Spitzenstellung bezüglich Islamophobie hat verteidigen können.

https://www.islamophobiaeurope.com
https://www.islamophobiaeurope.com/wp-content/uploads/2020/06/EIR_2019.pdf (Archiv-Version vom 25.06.2020)