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Charles Nodier - Der Bibliomane

2 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Rezension, Frankreich, Romantik ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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Charles Nodier - Der Bibliomane

21.07.2020 um 23:15
Buecherwahn

Der Buchverlag Der Morgen aus der DDR hat 1976 ein Büchlein mit dem Titel "Bücherwahn" herausgegeben, das drei Erzählungen französischer Autoren (Nodier, Flaubert, Assenlieau) zum Thema Bibliophilie beinhaltet. Mir liegt eine digitalisierte Version vor, die ich irgendwann mal irgendwo entdeckt hatte (90er oder Nullerjahre).

Die erste Erzählung von Nodier aus dem Jahr 1831 handelt von einem Büchersammler namens Theophile, den nicht der Inhalt, sondern die Ausgabe interessiert, am besten noch im Originalzustand, wenn die Bögen noch nicht aufgeschnitten sind. Diese Novelle begleitet ihn zu seinem Tod.

Theophile wird von einem Revolutionär mit einem Stock ein Bein gebrochen, und während seines Siechtums wird vom betreuenden Arzt auch seine Sammelwut als Krankheit erkannt, die mit der Cholera gleichgestellt wird. Sie befällt Psyche und Körper. Theophile hat keinerlei Interesse, mit dem Wissen seiner Bücher irgendwas anzufangen, auch will er selbst nichts schreiben, da sowieso das "Buch der Bücher" schon geschrieben sei: der Gargantuel von Rabelais, und da besonders das dreizehnte Kapitel (das hat den Titel Wie Grandgousier anhand der Erfindung eines Arschwischs die außergewöhnliche Intelligenz Gargantuas erkannte - was für ein Seitenhieb gegen die Bibel!)

Bei seinem ersten Spaziergang an den Kais von Paris mit den Antiquariaten erfährt er, dass eine Vergilausgabe versteigert worden ist, die größer ist als diejenige, die er besitzt, was ihn so zerrüttet, dass er wieder ins Krankenbett muss und schließlich zerrüttet stirbt, als ein Freund von ihm bei einem Besuch erzählt, dass er bei einer Versteigerung eine ungelesene und unaufgeschnittene Ausgabe des Bocciaccio aus dem 16. Jahrhundert verpasst hat.

Nodier arbeitete selbst als Bibliothekar (im von Napoleon besetzten Ljubljana und in Paris) und war ein Büchersammler. Eine Leidenschaft, die ihn in finanzielle Schwierigkeiten brachte. Als Schriftsteller schrieb er hauptsächlich Geister- und Gruselgeschichten, aber in dieser Novelle greift er seine eigene Sammlerwut auf und baut einige Seitenhiebe auf diese Art des Kunstsammelns ein (Schuhleder sei vergeudet, da damit Bucheinbände hätten gestaltet werden können).

Aber auch gegen die Literaturproduktion seiner Zeit geht er los. Es werden so viele minderwertige Texte veröffentlicht, die nicht mal das Lumpenpapier wert seien, auf denen sie gedruckt werden, während hochwertige Bücher nicht mehr geschrieben werden. Die modernen Bücher hätten im Vergleich zu den alten einen Nachteil: sie würden nie alt werden.

Insgesamt ist es eine kurze und kurzweilig zu lesende Novelle, deren Seitenhiebe auf die Kunstsammelei wie auch auf eine Kunstsammelwut, die Menschen in Nöte (gesundheitliche in der Novelle, finanzielle im Leben Nodiers) bringen kann, durchaus modern anmuten.

Auch interessant ist, dass ein der Französischen Revolution abgeneigter Schriftsteller (Nodier war in seiner Jugend aus politischen Gründen sogar inhaftiert, weil er sich öffentlich gegen Napoleon ausgesprochen hat), der in dieser Novelle mit dem Angriff eines Revolutionärs auf Theophile politisch motivierte Brutalität auch thematisiert, es in eine DDR-Ausgabe geschafft hat.

Zur Bibliomanie wie zu Nodiers Novelle auch ein (fast vollständiger) wissenschaftlicher Artikel der Stuttgarter Literaturwissenschafterin Kirsten Dickhaut.


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Charles Nodier - Der Bibliomane

22.07.2020 um 10:16
Danke mal sehen, ob ich die Novelle irgendwo finden kann.


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