@GrandOldParty Ich glaube, die Euro-Krise verstanden zu haben. Lasse mich aber auch gern eines Besseren belehren.
Hauptursache für die Krise ist, dass sich die Euroländer wirtschaftlich völlig unterschiedlich entwickelt haben. In Griechenland und Spanien (diese beiden Länder als Beispiel genommen) stiegen die Preise für Exportgüter nach der Währungsunion stark an. Dadurch konnten sie ihre Erzeugnisse in der Euro-Zone schlechter verkaufen.
Grund für den Anstieg der Preise sind die Lohnstückkosten. Während sich die Löhne in Deutschland in den letzten Jahren kaum erhöht bzw. real sogar gesunken sind, sind sie in Griechenland und Spanien gestiegen. An sich ist das nichts Schlechtes, solange die Produktivität mit den Löhnen mitwächst.
Die Folge war, dass sich die Lohnstückkosten in Griechenland und Spanien drastisch erhöhten, während sie in Deutschland nur moderat angestiegen sind. Somit waren unsere Produkte auf dem Markt viel wettbewerbsfähiger – die südeuropäischen hingegen zu teuer.
Das führte in Griechenland und Spanien zu Defiziten in der Handels- und Leistungsbilanz. Griechenland führte mehr Güter aus dem Ausland ein und konnte, auf Grund der hohen Preise, seine eigenen Güter nicht exportieren.
Leistungsbilanz Griechenland: Minus 16%
Leistungsbilanz Deutschland: Plus 7,6%
Der Importüberschuss ruht aber auch noch daher, dass die Produkte in den anderen Euro-Ländern in Südeuropa sehr gefragt sind. Der Euro bescherte Griechenland und Spanien anfangs einen Wirtschaftsaufschwung. Die Unternehmen kauften die benötigten Maschinen und Fahrzeuge im EU-Ausland ein. Die Menschen hatten Arbeit, konnten sich mehr leisten und kauften ihre Produkte nicht nur im eigenen Land ein.
Jetzt kommt der Leitzins und die EZB ins Spiel:
Der Boom, der durch die Einführung des Euro in Südeuropa entstanden ist, liegt im Leitzins begründet. Der Leitzins ist der Zinssatz, zu dem sich die Geschäftsbanken bei der EZB Geld leihen können.
Die einheitliche Währung führte zunächst zu relativ niedrigen Leitzinsen. Durch den Euro entfällt außerdem für die Länder das Risiko, die eigene nationale Währung abwerten zu müssen.
Sowohl die Staaten, als auch die Unternehmen konnten nun günstige Kredite bekommen, was zu einem Aufschwung der Wirtschaft geführt hat. In den boomenden Ländern stiegen nun die Preise, bei etwa gleichbleibenden Zinsen, schneller als in Resteuropa. Je höher die Inflation, desto günstiger werden die tatsächlichen Kreditzinsen (die Zins- und Tilgungsraten blieben gleich).
Durch diese Situation wurden Kreditnehmer und –geber unvorsichtig. Inlands- und Auslandsverschuldungen stiegen immer weiter. In Griechenland ging es dann damit los, dass potenzielle Käufer von Staatsanleihen befürchteten, das Land könne möglicherweise seine Schulden nicht mehr zurückzahlen und forderten für ihr Risiko hohe Zinsen.
Wenn ein Land auf Dauer mehr importiert als exportiert, führt das zwangsläufig zu einer Verschuldung im Ausland. Innerhalb einer gemeinsamen Währungsunion führt das zu großen Problemen.
1) Es gibt keinen Ausgleich über den Wechselkurs. Normalerweise würde die Währung eines Landes mit wirtschaftlichen Problemen und Exportschwäche gegenüber der Währung einer boomenden Exportnation abwerten – aus einem einfachen Grund: Das eine Zahlungsmittel ist international gefragt, das andere weniger. Dadurch aber würden die Produkte (und auch die Dienstleistungsangebote, zum Beispiel im Tourismus) für Kunden aus dem Ausland erschwinglicher, was den Export gewissermaßen von allein belebt. Zugleich würden die Importe teurer. Unter den Euro-Ländern gibt es jedoch keine Wechselkurse mehr – also auch keine Ab- und Aufwertung.
2) Es gibt keine eigenständige Geldpolitik. Eine nationale Zentralbank – wie früher die Deutsche Bundesbank – orientiert sich bei ihren geldpolitischen Entscheidungen im Regelfall auch an der jeweiligen konjunkturellen Situation im Land: Boomt die Wirtschaft, werden die Leitzinsen zumeist herauf gesetzt, um den Anstieg der Preise in Grenzen zu halten. Schwächelt die Wirtschaft, können die Zinsen gesenkt werden, was tendenziell die Investitionsbereitschaft der Unternehmen erhöht und die Konjunktur wieder ankurbelt.
In der Währungsunion gibt es aber leider nur eine einheitliche Geldpolitik. Der Leitzins ist für alle Euro-Länder gleich. Alles kein Problem, solange sich die Wirtschaft der einzelnen Länder ähnlich entwickelt. Das war aber nicht der Fall. Die Zinsen waren für die boomenden südeuropäischen Länder lange zu niedrig.
Weil Euro-Länder in der Krise weder die Möglichkeit haben, durch eine Währungsabwertung ihre Exporte und damit die Wirtschaft zu beleben, noch die Geldpolitik zum Aufschwung beiträgt, bleibt ihnen nur eins: Ihre Erzeugnisse müssen über günstigere Preise international konkurrenzfähiger werden. Um das zu erreichen, dürfen die Löhne nicht zu stark steigen oder müssen tendenziell sogar sinken. Das jedoch ist innenpolitisch oft nur sehr schwer durchzusetzen, wie die vehementen Proteste in Griechenland und anderen Ländern gezeigt haben.