Warum wird eine Pellkartoffel beim Schneiden immer heißer?

Beim dem Titel werden sich wahrscheinlich die Meisten denken, dass gerade Ferien sind und irgendein Troll aus Langeweile einen Quatschbeitrag abgesondert hat. Mir ist zwar zugegeben auch gerade ein bisschen langweilig, aber die Frage an sich ist wirklich ernst gemeint und kein Scherz!

Zur Erklärung, worum es mir genau geht, schildere ich vielleicht zunächst mal, was mir schon seit längerer Zeit bei der Zubereitung von Kartoffelsalat aus frisch gekochten Pellkartoffeln aufgefallen ist...

In der Regel mache ich Kartoffelsalat folgendermaßen:
Ich koche Kartoffeln bis sie gar sind und schrecke sie kurz mit kaltem Wasser ab, damit sich beim anschließenden Pellen die Schale besser löst und ich mir dabei nicht sofort die Pfoten verbrenne. Nach dem Abschrecken, leg ich sie auf einen Teller oder verwende ein Pellkartoffelgabel, so dass ich die heißen Kartoffeln beim Schälen immer nur kurz berühren muss.
Bis dahin verläuft noch alles ganz normal.

Nach dem Schälen sind die Kartoffeln zwar immer noch recht heiß aber inzwischen so weit abgekühlt, dass ich sie problemlos mit der linken Hand festhalten kann, während ich mit der anderen Hand in schneller Folge kleine Scheiben für den Kartoffelsalat herunterschneide.

Und genau dann passiert das, was ich mir physikalisch nicht so richtig erklären kann:
Die Kartoffel wird während des Schneidens immer heißer, je kleiner das Stück in meiner linken Hand wird, so dass ich es am Schluss kaum noch festhalten kann und meist lass ich es dann los.

Natürlich ist mir klar, dass das Schmerzempfinden ansteigt, je länger man ein heißes bzw. sehr warmes Objekt berührt. Je heißer und je länger, desto größer der Schmerz. Daran ist nichts ungewöhnliches.

Mir kommt es aber ganz deutlich so vor, als ob sich durch das rasche Entfernen kleiner Stücke am einen Ende der warmen Kartoffel, der verbliebene Teil in meiner linken Hand immer weiter aufheizen würde!

Ist das physikalisch irgendwie erklärbar oder bilde ich mir da Ganze doch nur irgendwie ein?

Die Kartoffel wird nicht durch das kleiner werden heißer sondern die Oberfläche wird wieder heißer.
Durch das abschrecken kühlst du ja nur die Oberfläche der Kartoffel ab. Die Kerntemperatur bleibt erstmal heiß. Dementsprechend wird natürlich nach einiger Zeit auch die Oberfläche wieder von innen angewärmt.

JohnDifool schrieb:Natürlich ist mir klar, dass das Schmerzempfinden ansteigt, je länger man ein heißes bzw. sehr warmes Objekt berührt. Je heißer und je länger, desto größer der Schmerz. Daran ist nichts ungewöhnliches.

Mir kommt es aber ganz deutlich so vor, als ob sich durch das rasche Entfernen kleiner Stücke am einen Ende der warmen Kartoffel, der verbliebene Teil in meiner linken Hand immer weiter aufheizen würde!

Ist schon eine kuriose Threaderöffnung :D

Hättest du nicht gesagt, dass du die Stücke rasch abschneidest, wäre das meine Frage gewesen, wie lang du die Kartoffel denn bitte in der Hand hältst.
Die rationale Erklärung, hier bin ich aber leider wieder mal kein Physiker, könnte in diese Richtung gehen: Die Kartoffel ist ein sehr guter Wärmespeicher. Du bist es also, der die Kartoffel aufheizt, und dein Wärmespeicher ist in Relation zu dieser kleinen Angelegenheit quasi unendlich. Aber heißer als deine Körpertemperatur kann es nicht werden. Da wäre dann noch die Wärme, die aus der Reibungsenergie des Schneidevorgangs freigesetzt wird (und über den Stahl des Messers, der ebenfalls ein guter Wärmespeicher ist, nicht verloren geht).

Dein individuelles Empfinden täuscht dich womöglich noch ein bisschen. Aber mal echt jetzt - Hitze?!?

Nemon schrieb:und über den Stahl des Messers, der ebenfalls ein guter Wärmespeicher ist

Da würde ich nochmal drüber nachdenken ... und über den Rest auch.

Bettman schrieb:Die Kartoffel wird nicht durch das kleiner werden heißer sondern die Oberfläche wird wieder heißer.
Durch das abschrecken kühlst du ja nur die Oberfläche der Kartoffel ab. Die Kerntemperatur bleibt erstmal heiß. Dementsprechend wird natürlich nach einiger Zeit auch die Oberfläche wieder von innen angewärmt.

Möglicherweise kommt noch hinzu, dass die Haut zukommende Hitze nicht mehr so gut wegleitet, wenn sich schon erhitzt ist.

Peter0167 schrieb:Da würde ich nochmal drüber nachdenken ... und über den Rest auch.

Du meinst, weil die guten Wärmespeicher die Hitze dann nicht so spürbar abgeben täten würden?
Aber wenn du eine bessere Version hast: Immer her damit.

@Nemon

Bettman schrieb:Die Kartoffel wird nicht durch das kleiner werden heißer sondern die Oberfläche wird wieder heißer.

Wenn man mal voraussetzt, dass ich mir das Phänomen nicht nur einbilde, habe ich auch schon daran gedacht, dass das irgendwas mit dem Verhältnis vom Volumen zur Oberfläche zu tun haben könnte.
Hilfreich wäre auch ein Kommentar von jemandem, der ebenfalls schon öfter heiße Kartoffeln klein geschnitten hat, und das Ganze irgendwie bestätigen kann. Ein gelernter Koch oder so.

JohnDifool schrieb:Hilfreich wäre auch ein Kommentar von jemandem, der ebenfalls schon öfter heiße Kartoffeln klein geschnitten hat, und das Ganze irgendwie bestätigen kann. Ein gelernter Koch oder so.

Ich lege sie auf ein Schneidebrett ;)

Nemon schrieb:Du meinst, weil die guten Wärmespeicher

Im Gegensatz zum Wasser ist Stahl ein ausgesprochen schlechter Wärmespeicher. Der Stahl des Messers nimmt die Wärme der Kartoffel schnell auf, gibt sie aber auch genauso schnell wieder ab.

Was John da als zunehmende Hitze empfindet, ist die Wärme die vom Kern der Kartoffel langsam nach außen wandert, das dauert halt ne Weile...

Ist doch logisch. Kartoffeln bestehen zu einem großen Teil aus Wasser und Wasser speichert die Wärme länger als die äußeren dünneren Schichten der Kartoffel. Beschleunigst du das Abkühlen der äußeren Schichten der Kartoffel durch kaltes Wasser zusätzlich, so ist die Differenz der Temperatur zwischen äußerer Schicht der Kartoffel und dem Inneren umso größer. Schneidest du jetzt die Kartoffel, so eröffnest du die innere Hitze und diese Hitze erwärmt gerade die Teile, die zuvor schneller abgekühlt sind, umso mehr - bis zu dem Punkt, dass sie sich nahezu gleich heiß anfühlen, wie der Kern der Kartoffel.

@JohnDifool
Stell dir mal deine Kartoffel vor, die 15 Minuten im kochenden Wasser lag. Die Kartoffel hat komplett eine Temperatur von 95 Grad.
Du nimmst sie jetzt aus dem Topf und schmeißt die Kartoffel für 30 Sekunden in kaltes Wasser (20 Grad).
Nach 30 Sekunden ist die Oberfläche der Kartoffel auf 25 Grad abgekühlt. Im Kern sind aber immer noch 70 Grad.
Jetzt hältst du die Kartoffel in der Hand und der Kern wärmt diese langsam wieder auf. Wenn du sie in die Hand nimmst fühlst du die 25 Grad warme Oberfläche. Diese wird jedoch relativ schnell wieder von innen auf 60 Grad aufgewärmt (gute Wärmeleitfäjigkeit in der Kartoffel, aber schlechte an der Grenzschicht Kartoffel zu Luft).

Wenn du jetzt sogar anfängst die Kartoffel in kleine Stücke zu schneiden, hältst du direkt den heißen Kern in der Hand.

@Peter0167
@Scott78
Nun geht der Kartoffel aber durch das Schneiden viel Speichersubtanz verloren. Und der wärmere Kern, verliert der über diese Prozedur nicht schneller Wärme, als er sie bis zu den Fingern leitet?
Es muss auf kurz oder lang mal einer vorrechnen.

Nemon schrieb:Nun geht der Kartoffel aber durch das Schneiden viel Speichersubtanz verloren.

Durch das Schneiden vergrößerst du nur die Oberfläche über die die Wärme abgestrahlt werden kann. die Substanz bleibt gleich. Damit kühlt sie zwar schneller ab, aber immer noch langsam genug, um Johns Finger zu verbrühen :D

Nemon schrieb:Es muss auf kurz oder lang mal einer vorrechnen.

Instationäre Wärmeleitung. Sowas rechnen nur Masochisten zum Sonntag Abend ;)
Von Biotzahl und Co. bekomme ich heute noch Alpträume :D

@Peter0167
Ja gut, am Ende läuft es wohl drauf hinaus, dass die Hitze nur aus dem Kartoffelkern kommen kann. :note:
So gesehen gebe ich mich zufrieden @Bettman und ziehe meine komplexere, interessantere aber letztlich unterlegene These zurück :D

Das ist bei abgeschreckten Eiern auch nicht anders, nimmt man sie zu früh aus dem kalten Wassen, ist das nicht gut für die Patschehändchen.

Ich würde im Falle von Kartoffelsalat eh warten, bis die Kartoffeln restlos abgekühlt sind, besser noch 1 Tag warten, dann schmeckts noch leggerer. :D

Oder einfach Nudeln nehmen, die kühlen schneller ab und schmecken als Salat auch besser.

Wäre das hier ein Ufo-Thread, hieße es, die Energie kommt aus einem quantenmäßigen, holografischen Paralleluniversum :D

@Bettman

Bettman schrieb:Durch das abschrecken kühlst du ja nur die Oberfläche der Kartoffel ab. Die Kerntemperatur bleibt erstmal heiß. Dementsprechend wird natürlich nach einiger Zeit auch die Oberfläche wieder von innen angewärmt.

@Scott78

Scott78 schrieb:Ist doch logisch. Kartoffeln bestehen zu einem großen Teil aus Wasser und Wasser speichert die Wärme länger als die äußeren dünneren Schichten der Kartoffel. Beschleunigst du das Abkühlen der äußeren Schichten der Kartoffel durch kaltes Wasser zusätzlich, so ist die Differenz der Temperatur zwischen äußerer Schicht der Kartoffel und dem Inneren umso größer. Schneidest du jetzt die Kartoffel, so eröffnest du die innere Hitze und diese Hitze erwärmt gerade die Teile, die zuvor schneller abgekühlt sind, umso mehr - bis zu dem Punkt, dass sie sich nahezu gleich heiß anfühlen, wie der Kern der Kartoffel.

Ja. Das Abschrecken der Kartoffel ermöglicht mir sie anzufassen, aber innen ist sie noch sehr heiß. Okay.
Ich halte sie aber beim Schneiden mit der linken Hand konstant an den bereits abgeschreckten Stellen, die sich beim Schneiden an der entgegengesetzten Seite doch nicht einfach so aufheizen dürften?

Okay. Höchstwahrscheinlich ist die Erklärung ganz banal, aber so richtig zufrieden bin ich immer noch nicht.

JohnDifool schrieb:Okay. Höchstwahrscheinlich ist die Erklärung ganz banal, aber so richtig zufrieden bin ich immer noch nicht.

Musst halt schon auch ein bisschen an dir selbst noch arbeiten. Gibt hier nix geschenkt ;)