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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

678 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Celle, Strafrecht ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

08.04.2023 um 19:43
Nachtrag: Und dass Vater Möhlmann die Öffentlichkeit für sein Anliegen einspannte, dafür waren auch nicht die Ermittler verantwortlich.

Sie waren es nicht, die die Ergebnisse der DNA-Analysen an die Öffentlichkeit gegeben haben. Jedenfalls kann ich mich an keine entsprechenden Pressemitteilungen erinnern (Ironie off).


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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

08.04.2023 um 20:04
Zitat von KohlhaasKohlhaas schrieb:Sie waren es nicht, die die Ergebnisse der DNA-Analysen an die Öffentlichkeit gegeben haben. Jedenfalls kann ich mich an keine entsprechenden Pressemitteilungen erinnern
Wer denn dann?


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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

08.04.2023 um 20:16
Zitat von Sherlock_HSherlock_H schrieb:Und dass der Vater "im juristischen Sinne kein begründetes Interesse an der Information" hatte: nimmst du das an und behauptest es einfach mal oder hast du dafür einen Beleg?
Um das erstmal klar zu stellen, der Freigesprochene hat grundsätzlich auch Rechte. Dazu zählt, dass er juristisch als unschuldig erstmal zu gelten hat. Das ist sehr viel.

Dann muss man im nächsten Schritt untersuchen, ob es Rechte des Vaters des Opfers gibt, welche diese juristische "Tatsache" aushebeln könnte.

Siehst Du das irgendetwas? Einfach pauschal Rechte von dem Vater behaupten und nicht darlegen, welche das konkret sein sollen, hilft uns bei diesem Problem nicht weiter.


Diese Rechte dürfen auf jeden Fall nicht dazu führen, dass doch gegen den Freigesprochen ermittelt wird - sprich die DNA untersucht wird. Hier hat der Staat auch eine gewisse Schutzrolle dem Freigesprochenen gegenüber.


Daher kommt er aus meiner Sicht auch bei einer Ermittlung gegen unbekannt grundsätzlich nicht in Frage, denn "Unbekannt" muss eine unbestimmte Menge von Menschen sein, in die der Freigesprochene NICHT enthalten sein darf. Andernfalls würde automatisch gegen ihn ermittelt. Damit sehe ich aus jetziger Sicht kein rechtmäßigen Weg diese DNA zu analysieren. Denn wenn er in der "Unbekannt"-Menge nicht enthalten ist, bringt die DNA-Analyse für die Erforschung des Sachverhalts – „wer ist der Täter“ - keinen Erkenntnisgewinn.

Der ausschließliche Weg ist aus meiner Sicht ein Zufallsfund in der Datenbank, wenn die DNA-Spur rechtmäßig dort enthalten ist und auch für den vorliegenden Zweck verwendbar ist. Aber den bBekannten Quellen nach war es das Ergebnis einer Haaranalyse und damit eien Untersuchzng der Asservate.

Das ist meine aktuelle Sicht, ich lasse mich natürlich gern eines Besseren belehren, aber ich sehe hier kein einziges Argument, was gegen meine Sichtweise spricht.


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08.04.2023 um 21:14
Herr von Möhlmann war durch das Verbrechen an seiner Tochter psychisch sehr belastet. Er wollte wissen, wer seiner Tochter das angetan hat und er wollte, dass der Täter bestraft wird. Er konnte zeitlebens keine Ruhe geben und hat viel in Bewegung gesetzt. Er hatte in Herrn Schädler einen überaus engagierten und kompetenten Anwalt, der seine Interessen bestens vertreten hat. Es sind eben nicht immer nur die Täter, die über eine hervorragende Öffentlichkeitsarbeit mit einem Appell an die menschliche und emotionale Seite alles rausholen, was irgend möglich und vielleicht rechtlich grenzwertig ist. Hier war es mal die andere Seite, die Erfolg hatte. Meine Empörung hält sich in Grenzen.
Zitat von LentoLento schrieb:dass der Staat vor die Hunde geht.
Nun übertreib mal nicht - dass die Opferseite auch mal effektiv Rechte einfordert, hält der Rechtsstaat wohl aus. Opfer haben Rechte, Täter haben Rechte. Es muss aber eine gesunde Balance hergestellt werden, die - und damit sind wir beim in Verbindung mit der Nummer 5 diskutierten Begriff - "erträglich" ist. Bei der Beurteilung, was erträglich ist, muss man zwingend mal versuchen, die Empfindungen von (Angehörigen von) Opfern von Gewaltverbrechen zu verstehen.

Beim Vierfachmord in Idaho sagte ein Elternteil eines der Opfer sinngemäß, dass Gerechtigkeit vorliegt, wenn der Täter den Planeten verlassen hat. Man erkennt daran wohl gut, wie stark der Wunsch nach Rache ist. Dem Täter droht in Idaho die Todesstrafe. Nun wollen wir hier keine Todesstrafe und wir wollen auch verhindern, dass Opfer und Angehörige die Bestrafung selbst in die Hand nehmen, um das Gefühl von Gerechtigkeit zu bekommen. Dafür muss der Staat ihnen in einem angemessenen Rahmen Rechte, Gehör und Verständnis entgegenbringen. Opfer müssen das Gefühl haben, dass der Staat auf ihrer Seite ist. Ich finde es wichtig, dieses Anliegen nicht aus den Augen zu verlieren. Die Erweiterung des § 362 StPO würde in diesem Sinne immerhin ein Zeichen darstellen, das aber wahrscheinlich wegen der geringen Fallzahlen keine große praktische Bedeutung haben wird.


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08.04.2023 um 21:34
Zitat von PalioPalio schrieb:Nun übertreib mal nicht - dass die Opferseite auch mal effektiv Rechte einfordert, hält der Rechtsstaat wohl aus. Opfer haben Rechte, Täter haben Rechte. Es muss aber eine gesunde Balance hergestellt werden, die - und damit sind wir beim in Verbindung mit der Nummer 5 diskutierten Begriff - "erträglich" ist. Bei der Beurteilung, was erträglich ist, muss man zwingend mal versuchen, die Empfindungen von (Angehörigen von) Opfern von Gewaltverbrechen zu verstehen.
Das steht außer Frage, aber genauso sollte man sich auch einfach mal in einen unschuldig Verurteilten reindenken. Das kommt hier leider in der Regel zu kurz. Und ja, Du sprichst von "Balance". Dass nur so wenig Fälle gibt, wo dass Problem zu Tage getreten ist, zeigt eigentlich, dass die Balance durchaus vorhanden ist. Gerade diese geringe Zahl der Fälle deutet eher darauf hin, dass zu viele Unschuldige im Gefängnis sind, wenn man sich allein die Menge vorstellt, welche in der Zwischenzeit verurteilt wurden. Sprich möglicherweise ist gar keien Balance gegeben, wajhrscheinlich wird sie zu Lasten Unschuldieger sein. Und das ist auch ein nicht zu unterschätzender Punkt.


Und mir geht es erstmal darum, dass die Justiz erstmal einen Freigesprochenen so behandelt, als wäre er wirklich unschuldig. Dass ist schon ein sehr wichtiger Punkt, weil es etwas sehr grundsätzliches ist.

Ich seh, dass aus meiner Sicht hier nicht daran gehalten wurde.

Wenn das häufiger ist, vielleicht sollte man auch mal überlegen, ob die StA/Ermittler auch mal häufiger auch die Fälle von Verurteilten sich vornehmen und dort ähnlichen Eifer erbringen, aber offenbar ist Rechtssicherheit nur dann wichtig, wenn es um das Halten von Verurteilung geht.

Ich möchte eben, dass die StA den gleichen Eifer bei neuen Methoden zeigt, wenn es um Verurteilte geht. Aber selbst wenn es die gibt und sich einen Anwältin gefunden hat, die für denjenigen pro bono gearbeitet hat, werden so viel wie mögliche Knüppel zwischen die Beine geworfen, die dann eine zusätzlcihe Haftdauer von 4 Jahren bewirkt hat.

Ich denke, wenn wir von "Balance" sprechen, sollten wir doch mal auch das berücksichtigen.


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Palio ehemaliges Mitglied

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08.04.2023 um 22:19
Zitat von LentoLento schrieb:aber genauso sollte man sich auch einfach mal in einen unschuldig Verurteilten reindenken.
Nicht in diesem Thread, da geht es um die Rechte der Opfer und Angehörigen, die den Wunsch haben, dass der Staat Gerechtigkeit schafft. Dazu gehört es, den Täter bei besonders schweren Straftaten zu benennen und zu bestrafen, auch dann noch, wenn er zu Unrecht freigesprochen wurde.

Das Pendant dazu auf der anderen Seite gibt es bereits: § 359 Abs. 5 StPO.


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08.04.2023 um 22:29
Zitat von LentoLento schrieb:Ich seh, dass aus meiner Sicht hier nicht daran gehalten wurde.
Doch, das wurde es.

Ich habe schon einmal (ohne eine Antwort zu bekommen) die Frage gestellt, was passiert wäre, wenn man die vorhandenen DNA-Spuren mit den zur Verfügung stehenden Mitteln NICHT untersucht hätte. Und nein, hier ging es nicht um den Freigesprochenen und seine Belange, sondern darum, den weiterhin offenen Mordfall aufzuklären. Ich möchte nicht wissen, was die Öffentlichkeit gesagt hätte, wenn sie erfahren hätte, dass nicht jeder Spur nachgegangen worden ist. Erkläre das zum Beispiel auch mal dem Elternpaar Gehricke, das sich mehrfach über angeblich unzureichende Ermittlungen beschwert hat.

Der Freigesprochene war damals voll aus dem Schneider, da hätte egal was an weiteren Ermittlungen passieren können. Für ihn galt der Strafklageverbrauch. Insofern war auf ihn keine besondere Rücksicht zu nehmen.

Vater Möhlmann aber wollte immer noch wissen, was mit seiner Tochter geschehen wer und wer ihr das angetan hatte. Und er bzw. sein Anwalt hatten zu Recht Einsicht in die weitergeführten Ermittlungsakten und was nach dem Freispruch an weiteren Ermittlungen vorgenommen und dort vermerkt worden war.

Ich kann hier nichts an illegalem Vorgehen der Ermittlungsbehörden erkennen, und der Verteidiger von Ismet H. offenbar auch nicht, sonst hätte er das längst in die Debatte gebracht.


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08.04.2023 um 23:03
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Wer denn dann?
Na wer wohl? Der, der mit der bestehenden Rechtslage nicht einverstanden war und Unterstützung in der Öffentlichkeit für eine Rechtsänderung suchte. Und nein, das waren NICHT Polizisten oder Staatsanwälte, die akzeptierten die damalige Rechtslage, auf die sie auch hinwiesen. Aber der, von dem ich spreche, wollte darauf nicht hören.


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09.04.2023 um 00:17
Zitat von PalioPalio schrieb:Nicht in diesem Thread, da geht es um die Rechte der Opfer und Angehörigen, die den Wunsch haben, dass der Staat Gerechtigkeit schafft. Dazu gehört es, den Täter bei besonders schweren Straftaten zu benennen und zu bestrafen, auch dann noch, wenn er zu Unrecht freigesprochen wurde.
Du sprachst von Balance. Welche Balance meinst Du dann?
Zitat von PalioPalio schrieb:Das Pendant dazu auf der anderen Seite gibt es bereits: § 359 Abs. 5 StPO.
[Sarkasmus]Ja und die Justiz gibt ja auch dann ganz schnell klein bei, wenn es eine neuen Methode gibt und führt selbstständig sofort ohne mit der Wimper zu zucken Untersuchungen aus und keine einziger Anwalt muss Pro Bono arbeiten. Den Weg hat der Staat komplett geebnet.[/Sarkasmus]

In Wirklichkeit ist § 359 Abs. 5 StPO wegen der fehlenden Finanzierungsmöglichkeit, einer regiden Auslegung des BGH und keinem Interesse in Wirklichkeit so gut wie wirkungslos, das ist Dir auch sicher bekannt.


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09.04.2023 um 00:41
Zitat von KohlhaasKohlhaas schrieb:Ich habe schon einmal (ohne eine Antwort zu bekommen) die Frage gestellt, was passiert wäre, wenn man die vorhandenen DNA-Spuren mit den zur Verfügung stehenden Mitteln NICHT untersucht hätte. Und nein, hier ging es nicht um den Freigesprochenen und seine Belange, sondern darum, den weiterhin offenen Mordfall aufzuklären. Ich möchte nicht wissen, was die Öffentlichkeit gesagt hätte, wenn sie erfahren hätte, dass nicht jeder Spur nachgegangen worden ist. Erkläre das zum Beispiel auch mal dem Elternpaar Gehricke, das sich mehrfach über angeblich unzureichende Ermittlungen beschwert hat.
Natürlich kann man die Opferseite verstehen. Aber man kann eben nicht alles mögliche tun um den Wünschen der Opferseite zu entsprechen. Das sollte eigentlcihem jedem klar sein.

Dieses Problem hat man häufig. In bestimmten Fällen ist der Justiz einfach die Hände gebunden. Wenn die Hinweise nicht ausreichend sind, darf man z.B. auch keine Hausdurchsuchungen durchführen, auch wenn man glaubt, dass es einen weiter hilft. Allein, dass man einen Fall mit einer Methode aufklären könnte, erlaubt es nicht automatisch sie zu nutzen. Es gibt immer ein Spannungsfeld zwischen den Rechten der verschiedenen Personen. Und dafür gibt es nunmal Regeln, die einzuhalten sind. Es ist immer einen Abwägungssache der Rechte. Und die führen manchmal dazu, dass ein Mordfall eben nicht aufgeklärt wird. Das ist einfach so und es ist wichtig, dass es so ist. Und so schlecht ist die Aufklärungsrate von Mord nun wieder auch nicht, dass da ein echtes Ungleichgewicht sichtbar wird. Für die Betroffenen der nicht aufgeklärten sicher schwer, der Verlust des eigenen indes ist schwer zu ertragen

Und hier wäre es aus meiner Sicht nicht erlaubt gewesen, die DNA-Spur zu analysieren, weil das nichts anderes als eine Ermittlung gegen den Freigesprochene gewesen wäre. Der Freigesprochen konnte in der Menge "Unbekannt", gegen die ermittelt wurde, nicht mehr sein.

Und wichtig ist sich zu erinnern, weshalb das so ist. Ein Unschuldiger, der in dieser Horror reingekommen ist und sein ganzen Leben auf den Kopf gestellt wurde, muss einfach mal mit dieser Sache abschließen können.


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09.04.2023 um 01:00
Zitat von PalioPalio schrieb:Dazu gehört es, den Täter bei besonders schweren Straftaten zu benennen und zu bestrafen, auch dann noch, wenn er zu Unrecht freigesprochen wurde.
Der TV ist nicht zu Unrecht freigesprochen worden. In unserem Rechtsstaat muss der Staat, vertreten durch den Staatsanwalt, einem Angeklagten die Schuld beweisen muss, nicht der Angeklagte seine Unschuld.
Das ist den Ermittlern und der Staatsanwaltschaft zum damaligen Zeitpunkt nicht gelungen, weshalb er freigesprochen wurde und zwar zu Recht.
Es gilt immer noch der Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten".

Und auch jetzt, nachdem das Ergebnis der DNA-Analyse bekannt ist, gilt bis zu einem rechtskräftigen Urteil immer noch die Unschuldsvermutung. Nur weil die DNA des TV am Opfer gefunden ist, ist der TV nicht "der Mörder", als solcher kann er erst gelten, wenn er rechtskräftig verurteilt ist.
Zitat von KohlhaasKohlhaas schrieb:Insofern war auf ihn keine besondere Rücksicht zu nehmen.
Was soll dass denn heißen?! Gerade weil er freigesprochen wurde und damit eben juristisch gesehen unschuldig ist, ist auf ihn besondere Rücksicht zu nehmen.
Und das gilt eben nicht nur für eine mögliche Strafverfolgung, sonder auch für den Schutz seiner Privatsphäre und seines öffentlichen Rufs und Leumund.
Nach dem Freispruch hätte die Sache für ihn abgeschlossen sein müssen. Er hatte damit ein Recht auf ein Leben als freier und unbescholtener Mann. Das mag menschlich-moralisch schwer zu ertragen sein, v.a. eben in Kenntnis der Ergebnisse der DNA-Untersuchung.

Dieses Recht gründet auf das Grundgesetz, es damit steht in unserer Rechtsordnung also sehr weit oben. Natürlich haben auch die Angehörigen von Opfern Rechte. Dem Opfer und damit auch dessen Angehörigen ist Unrecht widerfahren, aber es geht in einen Strafprozess um eine gerechte Bestrafung der Täter und nicht darum, das den Opfern und seinen Angehörigen wieder gut zu machen.

Der Strafklageverbrauch hat in unserem Rechtssystem ja zwei Funktion: es soll einem freigesprochenen Angeklagten ein Vertrauen in den Richterspruch garantieren. Er muss sich auf den Freispruch verlassen können und der Staat muss dieses Recht schützen.
Dies ist in diesem Fall nicht gelungen. Der TV wurde nun seit 40 Jahren immer wieder mit den Vorwürfen konfrontiert, und das auch öffentlich.

Zum anderen soll der Strafklageverbrauch aber auch den Rechtsfrieden sichern. Auch wenn das im vorliegenden Fall schwer nachvollziehbar ist, aber irgendwann muss halt auch mal Schluss sein. Ein Urteil muss, wenn es rechtskräftig geworden ist, Bestand haben, sowohl für den Angeklagten, für den Staat und damit die Ermittler und Gerichte, aber am Ende auch für die Opfer, die Angehörigen und die gesamte Gesellschaft.
Zitat von KohlhaasKohlhaas schrieb:Ich habe schon einmal (ohne eine Antwort zu bekommen) die Frage gestellt, was passiert wäre, wenn man die vorhandenen DNA-Spuren mit den zur Verfügung stehenden Mitteln NICHT untersucht hätte.
Von wem erwartest Du denn auf so einen Frage hier eine Antwort?! Wer soll das wissen und wer soll auf so eine Frage etwas anderes als Spekulationen abgeben können.


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09.04.2023 um 01:14
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Der Strafklageverbrauch hat in unserem Rechtssystem ja zwei Funktion: es soll einem freigesprochenen Angeklagten ein Vertrauen in den Richterspruch garantieren. Er muss sich auf den Freispruch verlassen können und der Staat muss dieses Recht schützen.
Dies ist in diesem Fall nicht gelungen. Der TV wurde nun seit 40 Jahren immer wieder mit den Vorwürfen konfrontiert, und das auch öffentlich.
Soso. Ich sehe zwischen dem freisprechenden Urteil eines Gerichts, was zu keiner Haftstrafe führt, und irgendwas, was irgendwelche Medien von sich geben, einen gewissen Unterschied. Medien, die eben nicht von staatlicher Seite absichtlich gebrieft sind. Da muss man sich dann wenn man betroffen ist, einen Medienanwalt nehmen, wie zahllose Prominente es auch machen. Oder man handelt nach dem Spruch „Die Hunde bellen, aber die Karawane zieht weiter“ und macht gar nichts und genießt als Freigesprochener seine Freiheit weiter.
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Zum anderen soll der Strafklageverbrauch aber auch den Rechtsfrieden sichern.
Meine Güte, das war den Ermittlern im Fall Möhlmann ja klar, dass damals mit irgendwelchen Ermittlungen gegen den Freigesprochenen kein Blumentopf zu gewinnen war, das erkläre ich aber nun wirklich zum letzten Mal. Es galt damals bekanntlich der Rechtsfrieden zugunsten des Freigesprochenen, und deshalb hätten die Ermittlungsbehörden aus dem Treffer mit dem DNA-Abgleich, der sich im Zuge der weiteren Ermittlungen gegen Unbekannt ergab, auch nichts gemacht. Wer was draus gemacht hat, war allein Vater Möhlmann.

Und jetzt warte ich nur noch darauf, dass wer kommt und erzählt, dass ein Schadensersatzanspruch des Freigesprochenen gegen Vater Möhlmann besteht. Aber das dann bitte ohne mich, das wird mir zu absurd. Vulgo: zu blöd.


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09.04.2023 um 02:51
Zitat von LentoLento schrieb:Und mir geht es erstmal darum, dass die Justiz erstmal einen Freigesprochenen so behandelt, als wäre er wirklich unschuldig. Dass ist schon ein sehr wichtiger Punkt, weil es etwas sehr grundsätzliches ist.
@Lento
Ich will das, was du etwas wolkig formuliert hast "... als wäre er wirklich unschuldig" mal konkretisieren, es geht um den § 344 StGB Verfolgung Unschuldiger, dessen Abs. 1 ich hier teilweise zitiere:
(1) 1Wer als Amtsträger, der zur Mitwirkung an einem Strafverfahren, abgesehen von dem Verfahren zur Anordnung einer nicht freiheitsentziehenden Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), berufen ist, absichtlich oder wissentlich einen Unschuldigen oder jemanden, der sonst nach dem Gesetz nicht strafrechtlich verfolgt werden darf, strafrechtlich verfolgt oder auf eine solche Verfolgung hinwirkt, wird mit Freiheitsstrafe ...
Quelle: https://dejure.org/gesetze/StGB/344.html

§ 344 gewährt in den aufgeführten Fällen also einen Schutz vor Strafverfolgung, aber nicht mehr. Strafverfolgung schließt die Ermittlungen vor Prozessbeginn mit ein.

Ausgangpunkt der Ermittlungen im vorliegenden Fall war aber nicht der Freigesprochene, sondern die DNA-Spur. Dazu muss selbstverständlich ermittelt werden. Bisher durfte nur ein Ermittlungsansatz nicht weiter verfolgt werden, wenn er sich gegen einen Freigesprochenen richtete.


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09.04.2023 um 07:31
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Ein Urteil muss, wenn es rechtskräftig geworden ist, Bestand haben, sowohl für den Angeklagten, für den Staat und damit die Ermittler und Gerichte, aber am Ende auch für die Opfer, die Angehörigen und die gesamte Gesellschaft.
Nun fang doch nicht wieder ganz von vorn an mit der Erklärung des Sinns des Rechtsfriedens.
Darum, diesen in Ausnahmefällen zu durchbrechen, geht's doch sowohl bei 359 StPO wie auch bei der hier diskutierten Gesetzesänderung. Wann soll ein Urteil wieder aufgehoben werden können? Wenn es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um ein Fehlurteil handelt, worauf später gravierende Umstände deuten.
Hier geht's darum, den Grundsatz des Mehrfachverfolgungsverbots bei Mord, Völkermord und Kriegsverbrechen aufzuheben, wenn der Freigesprochene aller Wahrscheinlichkeit nach doch der Täter war, worauf neue Beweise eindrücklich hinweisen. Also weniger Schutz für Täter bei diesen Verbrechen, um den Opfern/Angehörigen mehr zur Seite zu stehen.

Oder mal anders ausgedrückt: Ein nicht verurteilter Mörder soll sein Leben lang Strafe befürchten müssen - ob er nun freigesprochen wurde oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wurde oder ob er noch gar nicht erwischt wurde. Alle werden gleichgestellt, aber nur bei diesen besonders schweren Verbrechen, die nicht verjähren.
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Nur weil die DNA des TV am Opfer gefunden ist, ist der TV nicht "der Mörder", als solcher kann er erst gelten, wenn er rechtskräftig verurteilt ist.
Ja klar. Genau darauf wollte der Vater des Opfers ja hinaus. Er wollte, dass alle Welt durch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil weiß, wer der Mörder seiner Tochter ist und dass dieser bestraft wird. Das wollen in der Regel alle Opfer und alle Angehörigen von Verbrechensopfern.

Was solche Privatkampagnen zur Überzeugung der Öffentlichkeit angeht: Dazu darf sich jeder selbst eine Meinung bilden, wenn es ihn interessiert. Mich hat zum Beispiel die Kampagne von Jens Söring, mit Hilfe von DNA-Gutachten der Welt seine Unschuld zu verkünden, nicht überzeugt. In diesem Fall denke ich schon wegen der gefundenen Fasermischung, dass es sich um ein Fehlurteil handelte (zuerst ist Ismet H. ja übrigens auch verurteilt worden). Das ist meine Meinung, die ich jenseits der offiziell geltenden Unschuldsvermutung haben darf und schon deshalb haben kann, weil eine Verhandlung vor Gericht mit Urteilsverkündung in Deutschland grundsätzlich öffentlich ist. Das Risiko, dass ein Freispruch nicht alle überzeugt, trifft also jeden Angeklagten.
Man darf diese Meinung sogar in einem Diskussionsforum wie diesem hier öffentlich äußern, ist vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Also: Ich halte den Mann für den Täter.


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Eine Wende des Strafrechts: Der Fall F. von Möhlmann

09.04.2023 um 09:02
Zitat von PalioPalio schrieb:Man darf diese Meinung sogar in einem Diskussionsforum wie diesem hier öffentlich äußern, ist vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Also: Ich halte den Mann für den Täter.
Das sind dann wieder solche kurzen, prägnanten Äußerungen wo ich ich mir hier einen "Daumen-Hoch-Button" wünsche.
Ich bin ebenfalls von der Täterschaft des Ismet H. überzeugt.


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09.04.2023 um 10:20
Zitat von PalioPalio schrieb:Man darf diese Meinung sogar in einem Diskussionsforum wie diesem hier öffentlich äußern, ist vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Also: Ich halte den Mann für den Täter.
Hinzu kommt ja die Angabe des Sachverständigen, der damals die Reifenspur nicht dem Auto des Angeklagten zuordnete und 2014 dann äußerte, dass er mit seinem jetzigen Wissen dasselbe nicht mehr sagen würde. Es gibt alles in allem also Gründe genug, den Betreffenden für den Täter zu halten


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09.04.2023 um 11:03
Ich habe noch mal zurückgeblättert. @Rick_Blaine hatte hier den Beschluss des OLG Celle zur Zulässigkeit der Wiederaufnahme verlinkt.

Beitrag von Rick_Blaine (Seite 3)

Aus diesem Beschluss ergibt sich, dass Ismet H. nicht bestreitet, jedenfalls zur Zeit nicht bestreitet, Frederike mitgenommen zu haben. Er leugnet auch nicht, mit ihr Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, behauptet aber, dieser sei einvernehmlich erfolgt, und die anschließende Tötung von Frederike - mittels gerichtsmedizinisch festgestellter 11 Messerstiche und Durchtrennung der Kehle - sei nicht aus einer Verdeckungsabsicht erfolgt, sondern affektiv aufgrund „wuterregender Vorhaltungen“ der Getöteten (Beschluss Seiten 26, 27, 28).

Also: Ismet H. selbet stellt die Tötung von Frederike gar nicht in Abrede, meint aber, es liege kein Mordmerkmal vor. Das darf man selbstverständlich bezweifeln, wie es das OLG Celle in dem Beschluss ja auch getan hat.


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09.04.2023 um 13:35
Zitat von AndanteAndante schrieb:Aus diesem Beschluss ergibt sich, dass Ismet H. nicht bestreitet, jedenfalls zur Zeit nicht bestreitet, Frederike mitgenommen zu haben.
Ismet H. hatte seine Anwesenheit am Tatort und jedwedes dortige Handeln in seinem Prozess bestritten. Aufgrund des fehlerhaften Gutachtens musste das Gericht davon ausgehen, dass er tatsächlich nicht zur Tatzeit am Tatort war. Das war meiner Meinung nach die Basis des Freispruchs.

Genau diese Basis hat sich jetzt durch das Geständnis von Ismet H. als falsch erwiesen. Mir ist allerdings nicht klar, warum er dieses Geständnis abgelegt hat. Natürlich ging er bzw. sein Rechtsbeistand davon aus, dass ihm dieses Geständnis im strafrechtlichen Sinne nicht schaden kann.

Hat jemand in diesem Zusammenhang Antworten auf folgende zwei Fragen, vielleicht @Rick_Blaine oder @emz:

1. Wenn Ismet H. damals nur wegen Totschlags angeklagt worden wäre, könnte er jetzt - ohne Bezug auf § 362 (5) StPO - wegen Mordes angeklagt werden, wäre in diesem Fall also kein Klageverbrauch gegeben?

2. Wenn im Fall Möhlmann der Totschlag usw. noch nicht verjährt wäre, könnte man jetzt Ismet H. wenigstens wegen Totschlags anklagen, oder gibt es eine Art "Abwärtswirkung" des Klageverbrauchs, sind also Anklagen wegen der gleichen Tat, aber als anderer Straftatbestand mit einer geringeren strafrechtlichen Wertigkeit, im Klageverbrauch eingeschlossen?


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09.04.2023 um 15:20
Zitat von AndanteAndante schrieb:Aus diesem Beschluss ergibt sich, dass Ismet H. nicht bestreitet, jedenfalls zur Zeit nicht bestreitet, Frederike mitgenommen zu haben. Er leugnet auch nicht, mit ihr Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, behauptet aber, dieser sei einvernehmlich erfolgt, und die anschließende Tötung von Frederike - mittels gerichtsmedizinisch festgestellter 11 Messerstiche und Durchtrennung der Kehle - sei nicht aus einer Verdeckungsabsicht erfolgt, sondern affektiv aufgrund „wuterregender Vorhaltungen“ der Getöteten (Beschluss Seiten 26, 27, 28).
Man sollte hier aufpassen so etwas aus dem Beschluss zu interpretieren. Hier scheint der Anwalt nur etwas vorgetragen zu haben. Das ergibt sich aus der Seite 6, dort steht ein wichtiger Einschub:
Ein Verdeckungsmord scheide auch deshalb aus, da es naheliege, dass der Beschwerdeführer – seine Täterschaft
unterstellt – allein auf wuterregende Vorhaltungen der eine große Abneigung gegen T.
hegenden F. v. M. reagiert und er ihr deswegen die tödlichen Messerstichverletzungen
zugefügt habe.
"seine Täterschaft unterstellt". Es ist ein Sinnieren über die theoretischen Möglcihkeiten, wahrscheinlich wird Ismet H. selber schweigen und damit liegt auch kein Geständnis vor. Das dürfte kein Problem in so einem Verfahren sein, denn es sind einfach die rein theoretischen Möglichkeiten, was natürlich ohne jeden Nachteil auch zulässig ist und diese vorzutragen prinzipiell auch Aufgabe des Verteidigers ist.

@Sherlock_H

Damit stellen sich die beiden Fragen erst gar nicht, es liegt schon höchstwahrscheinlich laut Beschluss kein Geständnis vor.


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09.04.2023 um 16:37
@Lento
Danke für diese Klarstellungen und die Wiedergabe der Quelle. Ich hatte diese tatsächlich nicht gelesen. Aber man sieht wieder: das Lesen der Originalquelle ist durch nichts zu ersetzen.
Zitat von LentoLento schrieb:Damit stellen sich die beiden Fragen erst gar nicht
Dieser Meinung bin ich nicht, meine beiden Fragen bezogen sich ohnehin auf eine hypothetische Konstellation und sind unabhängig von einem Geständnis. Ich bin nach wie vor an den Antworten interessiert.


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