@Hathora Du hast bei Deinen Nachforschungen zu Adolf Gu. ja sicher bemerkt, daß man da - was harte Fakten anbetrifft - sich auf ziemlich dünnem Eis bewegt. Aber das ist ja nichts Neues in der HK Forschung.
Hier wurde schon im Forum recht viel geschrieben, so daß jeder seine Kenntnisse zu dem wichtigen Komplex über die Suchfunktion schwerpunktmäßig bequem vertiefen kann. Ich will deshalb Deinen zusammenfassenden Beitrag nicht im Einzelnen kommentieren.
1. Kontrovers, wie Du auch dargestellt hast, sind hier insbesondere die Fragen behandelt worden, ob von Gruber überhaupt die Äußerung mit dem „Körbelzäuner“ gemacht wurde und wenn ja, ob mit dem „Körbelzäuner“ Adolf Gu. gemeint war.
2. Insoweit Du den Mordverdacht, auf den sich das Landgericht Oppeln bezog, als „Fememord“ bezeichnest, kann ich Dir nicht folgen. Als „Fememorde“ der damaligen Zeit werden solche Morde einzustufen sein, die sich gegen als „Verräter“ eingestufte Personen richtete.
3. Leuschner (in : Der Mordfall Hinterkaifeck – Spuren eines mysteriösen Verbrechens. 1. Auflage 1997 apus Verlag) schreibt aber : „Dann aber notiert er [Reingruber] die Namen von vier Männern, mit denen seine Kollegen…im Mordfall Gareis konfrontiert waren. Mittlerweile ging nach diesen vier auch ein Fahndungsersuchen [den Begriff Haftbefehl verwendet Leuschner hier nicht] aus Oppeln ein. Denn sie sollen nach den Aufständen in Oberschlesien im Sommer 1921 neun Bauern ermordet und beraubt haben. Unter dem Aktenzeichen 4. J. 1425/21 ist deshalb beim Oppelner Landgericht gegen sie ein Strafverfahren anhängig.“ (AaO S. 67). [Ich vermute mittlerweile, das Aktenzeichen könnte richtig gelautet haben : 4 Js 1425/21]
4. Ich weiß zwar nicht, woher Leuschner die Erkenntnis herleitet, daß der Tatverdacht sich darauf bezog : „Denn sie sollen nach den Aufständen in Oberschlesien im Sommer 1921 neun Bauern ermordet und beraubt haben.“ Aber geht man davon aus, daß das zutrifft, sieht das zunächst nicht nach Fememord, sondern einfach nach Raubmord aus.
5. Man muß sich auch davor hüten, etwa in den kriminalistischen Kurzschluß zu geraten, aha - wer dringend verdächtig ist 9 Bauern in Oberschlesien ermordet zu haben, dem ist auch das Massaker an den 6 in Hinterkaifeck zuzutrauen. Wir wissen nämlich nicht sicher, ob die Tat in Oberschlesien eine einzige gleichzeitige Tat an 9 Opfern war (an Deutschen oder Polen ?) oder Einzelmorde in 9 in Tatmehrheit stehenden Fällen, die zu völlig verschiedenen Zeitpunkten und Orten in möglicherweise sogar unterschiedlicher Weise begangen wurden. Schlimm wäre beides –aber doch kriminologisch / kriminalistisch betrachtet verschieden.
6. @ hathora : Es gab, soweit für mich ersichtlich, nie einen Haftbefehl gegen Adolf Gu. wegen der Morde in Hinterkaifeck. Die diesbezügliche Stelle bei Leuschner aaO lautet: „Da Reingruber nicht ausschließen will, daß Gump an dem Raubmord in Hinterkaifeck beteiligt war , schreibt er die Gendarmeriestationen Schrobenhausen und Karlskron an. Bei einer Festnahme sollen die Beamten gleich überprüfen, wo Gump am 30. und 31. März sowie am 1. April gewesen ist. Das Ergebnis bittet er direkt an den Staatsanwalt nach Neuburg zu übersenden.“
7. Das ist aber kein „Haftbefehl“ wg. Hinterkaifeck sondern die dienstliche Bitte um eine Alibiüberprüfung betr. der Mordzeit in HK, falls Adolf Gu. im Zuge der Fahndung wegen der Oppelner Sache angetroffen wird. Diese Thematik wurde auch schon ausführlichst und kontrovers im Forum erörtert.
8. Liest man das Protokoll Schindler kritisch durch, kann man m. E. zu dem Eindruck kommen, daß die Konfrontation mit zwei Befragern damals suboptimal war und die Frau eher noch verwirrt wurde, als daß man sie beruhigt hätte. Mehr Zeit und noch mehr Geduld und Zuwendung und kein Durcheinanderfragen wären m. E. notwendig gewesen.
9. Für mich auffällig und durchaus bedenkenswert sind die Stellen, an denen Frau Schindler davon berichtet, daß sie zusammen mit Adolf Gu. den Tatort des Verbrechens sowie das Grab auf dem Friedhof in Waidhofen besucht habe. Das Haus HK sei schon abgerissen gewesen. Und noch interessanter ist, daß Gu. sogar Einheimischen vor Ort über den Fall HK Fragen gestellt habe. Ich habe kein Verständnis dafür, daß jedenfalls ausweislich des Protolls hier nicht noch viel genauer nachgehakt wurde, was Adolf Gu. im Einzelnen gefragt hat, ob und was er wissen wollte auch bezüglich möglicher Tatverdächtiger. Welche Antworten von den Einheimischen gekommen sind. Natürlich kann das bloß simple Neugier von Adolf Gu. gewesen sein. Aber wenn schon die Vernehmer abklopfen wollten, ob die Brüder Gu. beteiligt gewesen sein könnten – hätte man m. E. noch mehr Aufwand betreiben müssen, als jedenfalls das Protokoll hergibt.