@ice_motherice_mother schrieb:- ich sehe in der chinesischen Wirtschaft kein Millionengrab. Der Staat ist viel zu stark und kann die Unternehmen stützen. Welche makroökonomischen Anzeichen siehst du, dass die chinesische Wirtschaft "implodieren" könnte?
Und genau das tut er auch massiv mit Krediten. Und entsprechend verbreiteter Auffassung wohl relativ unabhängig von Effizienz oder Innovationskraft der entsprechenden Unternehmen. Und genau da fängt die Geldverbrennung meiner Meinung nach an. Kredite werden vergeben an Unternehmen, die eigentlich nicht kreditwürdig sind und auch volkswirtschaftlich keinen wirklichen Beitrag in Form von Effizienzsteigerung oder Innovation leisten. Welche Dimensionen diese Praxis angenommen hat kann man allerdings aktuell nur erahnen.
ice_mother schrieb:- inwiefern besteht der Druck einer "globalen Rezession"? Das Wachstum der Weltwirtschaft war 2019 auf einem relativ moderaten Niveau und wird für 2020 ähnlich prognostiziert
Sobald die US-Wirtschaft in eine Rezession kommt, kann man im Grunde von einer "globalen Rezession" sprechen, da China unmittelbar von den Folgen schrumpfender US-Importe betroffen wäre. Dasselbe gilt auch für die meisten anderen Entwicklungsländer, deren Wirtschaftswachstum i.d.R. von Export getragen wird. Sobald der größte globale Player (USA) in die Rezession rutscht und dementsprechend weniger Bedarf für Importe hat, folgen automatisch auch alle Exporteure nach. Und genau das steht uns eigentlich in absehbarer Zeit bevor.
ice_mother schrieb:- wir haben es mit einer Sondersituation zu tun: die Zinsniveaus in Europa und Amerika werden auf absehbare Zeit niedrig bleiben. In Europa sogar verbunden mit Strafzinsen auf hohe Einlagen. Wohin soll das Kapital sonst fließen, wenn nicht in die Kapitalmärkte und Immobilien?
Diese Sondersituation macht die Lage in meinen Augen sogar noch viel kritischer weil:
1. Durch die expansive Geldpolitik der Zentralbanken das gesamte Bankensystem stark unter Druck gesetzt und mittelfristig destablisiert wird.
2. Eine Kapitalflucht in Anlageformen wie Aktien, Anleihen, Immobilien usw und damit auch eine vollkommene Überhitzung der entsprechenden Märkte provoziert wird, die nur noch in Teilen an die rationale Wirtschaftskraft / realen inneren Wert der Unternehmen gekoppelt ist.
3. Für den Fall einer Rezession keine fiskalpolitischen Instrumente (etwa die Senkung des Zinsniveaus) mehr zur Verfügung stehen, um die Konjunktur anzukurbeln, was die Ausmaße eines Einbruchs vermutlich noch umfassender werden lässt.
frivol schrieb:Es gibt doch an den Aktienbörsen auch Experten. Wenn ich mir Aktien kaufe, dann hat ein Anderer sie mir verkauft. Wenn die Aktie eine gute Investition ist mit Gewinnerwartung, dann frage ich mich warum der andere sie mir verkaufen sollte? bzw. wie ich schlauer sein kann als die Experten? Ist es nur raten und ein Glücksspiel?
Die möglichen Gewinnerwartungen sind immer in den Preis einer Aktie mit eingerechnet. Das heißt entsprechend, dass derjenige von dem Du eine Aktie erwirbst von Dir dafür denjenigen Kaufpreis fordert, den er unter Berücksichtigung der Gewinn- bzw. Wertsteigerungs-Erwartungen für angemessen erachtet. Diese Rolle des sogenannten Market-Makers übernehmen an den Börsen i.d.R. Groß- bzw. Investmentbanken. Umgekehrt definieren diese entsprechend auch einen Kurs zu dem sie eine Aktie selbst zu kaufen bereit sind. Das ist das Modell wie Börsenhändler bzw. (Investment-)Banken an der Börse ihr Geld verdienen: Sie kaufen Aktien zu einem bestimmten Preis und verkaufen sie zu einem höheren Preis.
frivol schrieb:z.B. eine Bank empfiehlt einen Aktienfonds mit geschätzter 5% Rendite. Wenn das klappen würde, dann könnte die Bank doch selber einen 0% Kredit aufnehmen und das Kaufen. Warum sollte sie mir die 5% Rendite überlassen?
Die Geschäftsbanken bekommen von der Zentralbank ja kein Geld um es in Aktien zu investieren, sondern nur um damit den Zahlungsverkehr zu finanzieren. Insofern ist die Aufnahme eines Kredites durch eine Geschäftsbank bei der Zentralbank keine Alternative zu Spareinlagen.
Ganz davon abgesehen hat die Bank Dein Geld ja schon wenn Du dort ein Konto mit Guthaben darauf besitzt, was im Grunde prinzipiell auch nichts anderes als ein 0% Kredit von Dir an die Bank ist. Mit diesem Geld könnte die Bank nun zum Beispiel Kredite finanzieren, was im Grunde auch ihre Hauptaufgabe ist. Da das Zinsniveau allerdings aktuell recht niedrig ist, ist mit dieser Methode verhältnismäßig wenig Rendite zu erzielen.
Unter den gegenwärtigen Bedingungen, die durch die Zinspolitik der EZB erzeugt wurden, ist es sowohl für die Bank als auch für Dich als Sparer allerdings sehr ungünstig das Geld als Bankguthaben auf einem Girokonto zu verwahren. Einerseits wegen der niedrigen Rediten aus Kreditvergaben. Andererseits aber auch deswegen weil Deine Bank verpflichtet ist 1% deines Bankguthabens als Mindestreserve bei der EZB anzulegen. Nun hat die EZB allerdings einen negativen Einlagenzins (-0,5%) für dieses Geld, welches die Banken bei ihr "anlegen". Zusätzlich kommt obendrein auch noch der Wertverlust des Geldes durch Inflation hinzu.
Deswegen ist es sowohl für Dich als Sparer als auch für Deine Bank unter diesen Bedingungen aktuell nicht so gut viel Geld auf dem Konto zu haben. Deshalb bieten viele Banken ihren Anlegern nun die Möglichkeit an beispielsweise in Aktienfonds zu investieren. Das bedeutet, dass die Bank von dem mit dir vereinbarten Betrag Wertpapiere (Aktien) erwirbt. Und von der damit erwirtschafteten Rendite (die übrigens mit großer Wahrscheinlichkeit weit mehr als 5% pro Jahr beträgt) erhältst Du dann einen Anteil von 5% während der restliche Gewinn Deiner Bank zugute kommt.
Damit kann die Bank Gewinne erwirtschaften und zudem benötigt sie ja die Wertpapiere als Sicherheit um zum Hauptfinanzierungszinssatz von 0% Geld von der Zentralbank zu erhalten. 🙂