Warum glaubt der Mensch eher einer Lüge, als der Wahrheit?

Was glaubt ihr, warum Menschen eher dazu neigen, einer Lüge zu glauben, als die Wahrheit zu erkennen ?

Es gibt dafür folgende Beispiele:

1. Beispiel:
Als Hitler an die Macht kam, fanden ihn viele toll und sind ihm gefolgt...viel später haben sie erst gemerkt, das es ein Fehler war. Viele haben es erst gemerkt als es zu spät war. Und viele können sich trotzdem heute nicht vorstellen, das es wieder passieren kann.
Meine Oma hat gesagt, sie war damals jung und interessierte sich nicht für Politik und die meisten sind der Masse gefolgt...und erkannten es erst als es zu spät war, das es nicht richtig war.

2. Beispiel:
Viele Menschen glauben heute an Verschwörungen, obwohl die Faktenlage eine deutliche Sprache spricht ? Warum neigen einige Menschen dazu, trotzdem das Unwahrscheinliche zu glauben ?

3. Beispiel:
Ein Straftäter wird verurteilt. Trotzdem glauben Angehörige und Freunde fest an seine Unschuld, obwohl die Straftat bewiesen wurde. Warum glaubt man trotzdem an die Unschuld des Verurteilten ?

Gibt es dafür psychologische Erklärungen ?
Oder anders gefragt:
Ab wann kommen Zweifel darüber ob eine Geschichte wahr und eine Lüge ist ?

"Das einzige, was niemand glauben will, ist die Wahrheit."
G.B.Shaw, schreibender Lieblingsire

Glauben ist immer bequemer als selbst überprüfen.

BiHBS schrieb:Als Hitler an die Macht kam, fanden ihn viele toll und sind ihm gefolgt...viel später haben sie erst gemerkt, das es ein Fehler war. Viele haben es erst gemerkt als es zu spät war. Und viele können sich trotzdem heute nicht vorstellen, das es wieder passieren kann.
Meine Oma hat gesagt, sie war damals jung und interessierte sich nicht für Politik und die meisten sind der Masse gefolgt...und erkannten es erst als es zu spät war, das es nicht richtig war.

Der Mensch ist halt ein Herdentier. Und wie @Doors schon schrieb:

Doors schrieb:Glauben ist immer bequemer als selbst überprüfen.

BiHBS schrieb:Viele Menschen glauben heute an Verschwörungen, obwohl die Faktenlage eine deutliche Sprache spricht ? Warum neigen einige Menschen dazu, trotzdem das Unwahrscheinliche zu glauben ?

Hier verhält es sich meiner Meinung nach ganz ähnlich.
In einer immer komplexer werdenden Gesellschaft gibt es halt Menschen, die entweder nicht in der Lage oder zu faul sind, sich mit entsprechenden Zusammenhängen zu beschäftigen.
Verschwörungstheorien haben es an sich, einfache Erklärungen für komplizierte Sachverhalte anzubieten.
Da greift doch der durchschnittliche "Verschwörungs-Dulli" gern zu. Hat auch noch den Vorteil, dass man sich als Zugehöriger zum Kreis der "Eingeweihten" hervorragend über die tumbe Masse erheben kann ("Ich durchblicke ALLES und ihr blöden, satt gefressenen Schlafschafe seid der Regierung/Bill Gates/den Repitiloiden treudoof ergeben").
Wenn man sonst nur wenig im Leben gebacken kriegt, kann das ein ziemlicher Ego-Push sein.

BiHBS schrieb:Ein Straftäter wird verurteilt. Trotzdem glauben Angehörige und Freunde fest an seine Unschuld, obwohl die Straftat bewiesen wurde. Warum glaubt man trotzdem an die Unschuld des Verurteilten ?

Kognitive Dissonanz.
Wir halten Widersprüche nur schwer aus, ganz besonders, wenn wir emotional betroffen sind.
Liebt man einen Menschen, traut man ihm in aller Regel keine schwere Straftat zu.
Begeht er dann doch eine, ist das ein solcher schwer aushaltbarer Widerspruch.
Ergo: Man versucht, diesen irgendwie aufzulösen.
Die Person muss also unschuldig sein und wurde hereingelegt. Ist nicht unbedingt faktenorientiert, aber emotional leichter zu ertragen. Und letzteres hat bei den meisten Menschen Vorrang.

@RachelCreed

Es ist immer bequemer, einfach irgendwas zu glauben, und dem dann nachzurennen, als seinen Kopf selbst zum Denken zu gebrauchen. Obendrein gibt man Verantwortung ab und ist dann fein raus, weil nicht selbst verantwortlich, wenn etwas schief geht.

@Doors
Jupp. Verschwörungstheorien sind für Menschen erfunden worden, die lieber die Schuld bei anderen suchen als bei sich selbst. Erklärt auch, warum diese Personen sich nur in seltenen Fällen weiterentwickeln. Wie soll man auch an Fehlern wachsen, wenn man sich diese nicht einmal eingestehen kann?

RachelCreed schrieb:Wie soll man auch an Fehlern wachsen, wenn man sich diese nicht einmal eingestehen kann?

Dazu gehört natürlich auch eine Menge Mut, dass man sich selbst gegenüber eingestehen muss, sich geirrt zu haben. Mir sind im Laufe meines Lebens schon so viele Fehleinschätzungen von Menschen und/oder Situationen unterlaufen, und nicht immer war es dann leicht für mich, mir selbst einzugestehen: Was bin/war ich doch für ein Idiot!

Sah auf YT eine Doku, da ging es darum, den Opfern sexualisierter Gewalt zu glauben. U. a. auch Gil Ofarim, der angeblich von einem Mitarbeiter des Hotels antisemitisch beleidigt wurde.

Sobald ich aber Filmmaterial in der Hand habe - auch wenn ich die Leute nicht kenne, kann ich mir eine Meinung bilden. Und Ofarim war unglaubwürdig, z.B.

Ich will Opfern glauben, aber wenn ich unglaubwürdige Aussagen sehe, dann versuche ich die Realität zu sehen.

josie321 schrieb:Ich will Opfern glauben, aber wenn ich unglaubwürdige Aussagen sehe, dann versuche ich die Realität zu sehen

Das setzt voraus, dass du die Geschichte überprüfst, dass du dir die Mühe machst, die Dinge zu hinterfragen. Leider tun das viele Menschen nicht. Sie schnappen Dinge auf und schlucken es einfach.

Die Wahrheit ist oft unbequem, vielleicht farblos und langweilig. Und hin und wieder schürt eine Lüge auch Hoffnung.
Es gibt also viele Gründe, wieso Menschen lieber der Lüge glauben. Manche erkennen ihre Dummheit irgendwann. Doch die meisten wollen das gar nicht.

@EnyaVanBran

Klar versuche ich mir ein eigenes Bild zu machen und etwas zu überprüfen, wenn möglich. Was allerdings schwer ist, wenn ich die Leute persönlich nicht kenne.
Das war seit Jahren bei der #metoo-Kampagne der Fall. Die Anschuldigungen wurden nur zu viele, bis ich nur noch mit Fragezeichen zurückblieb. Und einige Aussagen waren verjährt und manche mehr wie unglaubwürdig.

Heißt nicht, dass ich Opfern nicht glauben will.

@josie321
Natürlich ist es schwer, sich bei solchen Dingen wie #metoo ein Bild zu machen. Wie du sagst, vieles ist sehr lange her und man hat auch nicht den nötigen Einblick. Hinzu kommt, dass man auf das angewiesen ist, was einem die Medien liefern. Da tu ich mir oft schwer, denn da wird viel aufgehübscht.
Bestes Beispiel: eine Freundin meiner Mutter hatte eine recht spektakulären Unfall in welchen ein Mähdrescher involviert war. Sie hatte eine leichte Gehirnerschütterung und ein Cut an der Stirn. In der Zeitung stand, dass die Lenkerin mit einem Schädelbasusbruch in Lebensgefahr schwebt.
Objektiv zu urteilen wird einem oft nicht leicht gemacht.

EnyaVanBran schrieb:Objektiv zu urteilen wird einem oft nicht leicht gemacht.

So ist es!

Ich war aber auch 2012/2013 in einen Justiz-Skandal verwickelt und da wurde soviel gelogen. Ich war damals sprachlos, wie man solchen Aussagen nur glauben soll. Besser gesagt, die Richterin hatte nichts mit Gerechtigkeit zu tun und es schien allen egal zu sein, was wirklich die Wahrheit ist.....

@josie321
Tja, die Wahrheit kennen eben nur die Menschen, die unmittelbar betroffen sind.
Natürlich, wenn das Gericht die Augen vor der Wahrheit verliert, verliert man schon mal den Glauben an die Gerechtigkeit.

@EnyaVanBran

An die Gerechtigkeit glaube ich nicht mehr. Viele wollen einfach den Lügnern glauben oder sie ignorieren die andere Seite vollkommen. Da bin ich als Einzelperson hilflos.

@josie321
Das ist natürlich sehr bitter. Aber dann verstehe ich, dass du alles 2 Mal hinterfragst, ehe du es glaubst. Wenn man selber betroffen ist/war, sieht man vieles mit anderen Augen.
Wärst du auch so kritisch, wenn du kein Opfer von Lügen geworden wärst?

EnyaVanBran schrieb:Wärst du auch so kritisch, wenn du kein Opfer von Lügen geworden wärst?

Ich denke ja. 2018 war ein neuer Mitarbeiter da, kam aus einen anderen Bundesland. Er wäre von den Drogen weg, hat eine Umschulung abgeschlossen, tischte uns eine unglaubwürdige Geschichte auf, warum er sein Bundesland verließ. Ich wurde da bald misstrauisch. Ich wollte meine Kollegen vor den Typen warnen, er verleitete uns zu Alkohol etc, manipulierte sogar meinen Freund, den ich zu den Zeitpunkt nicht mehr erkannte. Dann legte er nach der Reihe die Leute rein, die bei uns arbeiteten. Das habe ich bald bemerkt, dass er ein Blender war und etwas zu verbergen hatte.
Sprachlos bin ich bis heute, dass man seinen Manipulationen monatelang glaubte, obwohl er offensichtlich ein Blender war.....

@josie321
Manche Menschen sind sehr charismatisch und haben eine enorme Ausstrahlung. Hab ich sogar hier schon erlebt. Hinzu kommt, dass sich Leute eben gerne einfach der allgemeinen Meinung anschließen und sich da mitreißen lassen. Und solche Menschen, die andere gut manipulieren können, wissen genau, wo sie mit ihrer Masche ankommen.

@EnyaVanBran

Leider ist es so. Ich sah aber auch in dem Fall 2018 wie schnell sich die Leute mitreißen lassen, ohne zu hinterfragen. Und das mein Freund zu mir persönlich gemein wurde.....da bin ich heute noch immer sprachlos....
Ist einfach passiert!

@josie321
Wenn man einen Menschen durchschaut und weiß, wo man ansetzen muss, kann man ihn schon mit gezielten Lügen manipulieren. Es muss echt traurig sein, wenn sich deshalb dann die Menschen, denen man eigentlich am meisten vertraut, gegen einen wenden.

Tja! Eine ungeliebte Wahrheit steht diametral einer genehmen geglaubten Wahrheit gegenüber. Der Glaube gewinnt fast immer!

"Faktizitäten" in der Geschichte sind ja im Nachhinein Erzählung. Sonst wären sie ja aktuell.
Und "Wahrheit" bedeutet ja sehr oft "Interpretation" von "Fakten". Wahrheit/Lüge von politischen Entscheidungen, zeigen sich erst zukünftig. Wenn ich also jetzt eine Entscheidung annehme, weiss ich erst später, ob es richtig war. Der Bürger, der an eindeutige Wahrheiten im Politischen glaubt, ist m.E. schon immer einer Täuschung aufgesessen.