Warum reden wir nicht darüber?

@nurdasein

nurdasein schrieb:Im Grunde muss man es auch trennen.. Gedanken und Handlungen

ja, stimmt schon. die gedanken sind ja schliesslich frei, und unterliegen keiner gesellschaftlichen ordnung ^^

Was leider nicht so toll daran ist, dass psychischen Erkrankungen mehr Offenheit entgegengebracht wird, sind Begleiterscheinungen wie beispielsweise, dass häufig viel zu schnell und unsauber diagnostiziert wird. Zudem werden Tabletten manchmal so verschrieben, als handele es sich dabei um Bonbons. Und leider werden Charaktereigenschaften, die nicht ganz in's Raster passen, des Öfteren als Störungen erfasst, vor allem bei Kindern.

Ich halte es auf jeden Fall für bedenklich, dass mittlerweile so eine Art Mode entsteht, was das Thema angeht. Wenn der Kleine zu hibbelig ist, muss es ADHS sein, dann gibt's Tabletten und gut ist. Wer überarbeitet ist und zusammenbricht, hat natürlich burn out, obwohl das nicht mal ein eigenes Krankheitsbild ist. Scheint aber akzeptiert zu werden, weil sich das Wort im Volksmund etabliert hat. Es gibt noch weitere Themen, die man ansprechen könnte. Sagen will ich nur, dass das Reden erst einmal etwas gutes hat - definitiv! Aber leider erwachsen dadurch im großen Kontext Schwierigkeiten.

Und last but not least: Die Öffnung der Gesellschaft für psychische Leiden bringt auch denen Vorteile, die Profit daraus schlagen, beispielsweise und vor allem der Pharma-Industrie, die zumindest im betriebswirtschaftlichen Sinne ein Interesse daran hat, dass mehr Menschen als krank gelten, damit der eigene Absatz steigt.

@Bleistift
Aha.
Gut zu wissen, werde sie gleich mal an meine Mutter weiterleiten, sie liest glaub ich sowas ;-D

Die Statistiken, was ADHS betreffen steigen leider kontinuierlich, ohne dass es wirklich Gründe gibt, warum die Krankheit deutlich zuwachs haben sollte. Sehr interessant ist daran auch, dass ganz offensichtlich große Unterschiede, nicht bloß zwischen Deutschland und anderen Ländern (In China existiert die Krankheit scheinbar nicht), sondern schon zwischen unseren Bundesländern gibt. In manchen wird die Diagnose deutlich schneller gestellt, als in anderen. Wiederum ist es sehr unterschiedlich, wie schnell zu Medikamenten gegriffen wird. ADHS ist für mich auf jeden Fall ein Fall, bei dem Aufklärung inzwischen zu einem Trend geführt hat. Wenn ich mir die Symptome so anschaue, ist es nicht sehr unwahrscheinlich, dass ich als Kind heute auch damit diagnositziert werden würde. Damals geschah nichts und mir geht es heute sehr gut (was dies betrifft).

Bei Schizophrenie (Archiv-Version vom 19.06.2013) verstehe ich durchaus, warum darüber nicht gesprochen wird. Das Stigma Schizophrenie ist durchaus stark und Betroffene, die offen darüber sprechen, werden in jedem Fall anders behandelt werden. Teilweise sicher besser und verständnisvoller, teilweise sicher schlechter.
Ein Beispiel: Selbst wenn der Babysitter deiner Kinder großartig ist, wenn er dir mitteilt, dass er Schizophrenie hat, wirst du es dir zweimal überlegen, ob du ihn mit deinen Kindern allein lässt. Da hilft dann auch nicht, dass du offen bist, und darüber geredet hast. Je nach schwere des Falls wären die eigenen Ängste sogar berechtigt. In leichten, medikamentös gut eingestellten Fällen wäre aber bloß das Stigma da...

Zaramnor schrieb:Selbst wenn der Babysitter deiner Kinder großartig ist, wenn er dir mitteilt, dass er Schizophrenie hat, wirst du es dir zweimal überlegen, ob du ihn mit deinen Kindern allein lässt. Da hilft dann auch nicht, dass du offen bist, und darüber geredet hast.

Aber wenn sich der Babysitter vorher auch schon so gut um die Kinder gekümmert hat, kann es den Eltern doch eigentlich egal sein. Die Krankheit war ja schon da, bevor er ihnen von seiner Schizophrenie erzählt hat. Wenn er ein guter Babysitter war, ist es also doch nicht wirklich wichtig, ob er nun eine psychische Krankheit hat oder nicht. Oder sehe ich das falsch?

IvoryTower schrieb:Oder sehe ich das falsch?

Nein, du siehst das definitiv nicht falsch. Aber einige Leute meinen dass es total schlimm wäre dass der Babysitter Schizophrenie hat obwohl er sich immer gut um die Kinder gekümmert hat. Ich kann das selber nicht nachvollziehen..

@Mockingjay
Danke für Deine Zustimmung! :)

Ja so ist das mit der Schizophrenie @IvoryTower, Leute sind zu wenig informiert, aber das schrieb ich ja schon mal.

@Agnodike
Genau. Was mich (insbesondere, als bei mir Schizophrenie diagnostiziert wurde, was sich jedoch als Fehldiagnose herausstellte) besonders gestört hat, war, dass so viele (sogar hier auf Allmy)
denken, Schizophrenie sei eine Multiple Persöhnlichkeitstörung. (...)

Ein gut medikamentös eingestellter Schizophrener ist genauso wenig eine Gefahr wie ein Normalo.

IvoryTower schrieb:Genau. Was mich (insbesondere, als bei mir Schizophrenie diagnostiziert wurde, was sich jedoch als Fehldiagnose herausstellte) besonders gestört hat, war, dass so viele (sogar hier auf Allmy)
denken, Schizophrenie sei eine Multiple Persöhnlichkeitstörung. (...)

Hast du versucht aufklärend zu wirken? Schizophrenie hat viele "Gesichter" nur das wissen die wenigsten. Man hört diese Diagnose und die schlimmsten Gedankenspiele gehen los. Sehr traurig, vor allem für den Betroffenen.

Agnodike schrieb:Ein gut medikamentös eingestellter Schizophrener ist genauso wenig eine Gefahr wie ein Normalo.

Word. :)

Agnodike schrieb:Hast du versucht aufklärend zu wirken? Schizophrenie hat viele "Gesichter" nur das wissen die wenigsten. Man hört diese Diagnose und die schlimmsten Gedankenspiele gehen los. Sehr traurig, vor allem für den Betroffenen.

Ja - ich versuche immer andere über das Thema aufzuklären, unter anderem weil ich die Krankheit angeblich hatte, und vor allem weil ich mich sehr für sowas interessiere. (hatte sogar ein Buch über Psychosen mit in der Klinik - was meinst Du, was die für Augen gemacht haben :D )
Wenn ich das Wort "Schizophrenie" höre, denke ich an überhaupt nichts Schlimmes, eher im Gegenteil. Es interessiert mich einfach total, weil ich auch die oft die Denkweisen eines Schizophrenen verstehen kann. Ich wohne in einer Einrichtung, in der es sehr viele Jugendliche mit Psychosen gibt, also wird das Thema hier relativ "normal" behandelt.

@Mockingjay
@IvoryTower


Ich denk mal es geht darum dass etwas passieren könnte...und wenn dann bekommen die Eltern Vorwürfe weil sie ja jemand psychisch kranken als Babysitter hatten.....

Aber mal im Ernst...wer lässt sich denn ärztliche Bescheinigungen und Führungszeugnisse usw. vorlegen, nur weil man vielleicht mal ein paar Abend abschalten möchte?

Ist halt schwierig....

@IvoryTower
Ich hoff dir geht's besser

@IvoryTower
Deine Einstellung finde ich super und so handhabe ich das auch. :)
Man hat doch nur angst, da Mangel an Informationen. ;)
Ich glaube auch dass, das Interesse an Aufklärung sehr gering ist.

Zaramanda schrieb:Ich hoff dir geht's besser

Im Moment geht es so - in meiner neuen Gruppe fühle ich mich eigentlich ganz wohl, obwohl ich meine alte Gruppe und meine Freunde von dort sehr vermisse. Außerdem werde ich bald beurlaubt, sodass ich nach Hause darf. Ich weiß noch nicht, für wie lange und wann, aber ich freue mich schon sehr darauf. Nur muss mein Psychologe mit meinen Eltern noch ein Gespräch führen, darüber, dass ich im Bad zuhause auch nur eine halbe Stunde brauchen darf. Da ich aber mit meinen Zwängen zuhause alles "aufhole", bin ich der Meinung, dass das so nicht möglich sein wird und ich demnach vielleicht nicht nach Hause darf. (...)

Agnodike schrieb:Deine Einstellung finde ich super und so handhabe ich das auch. :)

Danke :)

Agnodike schrieb:Man hat doch nur angst, da Mangel an Informationen.

Das stimmt. Das ist einfach das Ungewisse, was die Leute ängstigt.

Agnodike schrieb:Ich glaube auch dass, das Interesse an Aufklärung sehr gering ist.

Ja das ist leider so - und das ist sehr schade. Aber wie gesagt, ich interessiere mich sehr für psychische Krankheiten und kann gar nicht genug darüber lernen. :D

@IvoryTower
Entschuldige dass ich in das Gespräch so reinplatze aber

IvoryTower schrieb:darüber, dass ich im Bad zuhause auch nur eine halbe Stunde brauchen darf

warum denn diese "Auflage"?

(Hab nicht alle Seiten gelesen)

Wenn jeder an sich denkt ist schon mal an jeden gedacht!!

@deja-vu.
Ich habe verschiedene Zwänge, wenn ich im Bad bin (Wasch- und Zählzwänge). Bevor ich ein zweites Mal in die Klinik eingewiesen wurde, habe ich in meiner Gruppe Stunden im Bad verbracht. Zuhause sind die Zwänge aber am "Schlimmsten". In der Psychiatrie habe ich sie wieder einigermaßen unter Kontrolle gebracht - und hier kann ich meine Badzeiten auch gut einhalten. Nur weiß ich, dass ich, wenn ich zuhause bin, alles, was ich nicht machen konnte, dort aufholen werde. Aber mittlerweile will ich das sogar - ich will lange im Bad brauchen und richtig sauber werden. Weil es nicht nur ein Zwang ist...aber das scheint keiner zu verstehen.

@IvoryTower
Ich hab Ähnliches wenn auch nur in leichter Form. Käme aber auch generell nicht drauf klar, mir "Badzeiten" vorschreiben zu lassen.

In fremden Umgebungen kann ich es komischerweise auch besser kontrollieren als daheim.

@deja-vu.
Schön, hier Gleichgesinnte zu treffen. =)

Wie äußern sich denn Deine Zwänge?