Allmählich frage ich mich dann aber auch, ob Sahra Wagenknecht zwingend erforderlich ist, um im ÖR Meinungsvielfalt abzuleisten und Meinungsstärke zu zelebrieren. Ist das ein klassischer Fehlversuch, Ausgewogenheit zu präsentieren?
Was legitimiert eigentlich diese überproportionale Medienpräsenz? (Jetzt von Demo, Schwarzer etc. mal abgesehen). Das hier ist doch eine ganz treffende Einschätzung, oder?
Analyse von Ulrich Reitz zu Wagenknecht
Gestern hörten Sie Lügen - hier lesen Sie die Wahrheit
Man muss Sahra Wagenknecht dankbar sein. Sie setzt sich in die Talkshows und verbreitet ihre Thesen, ein jeder kann sie überprüfen, es ist ja alles öffentlich. Die Überprüfung ergibt dann, dass Wagenknecht ihre überragende Intelligenz und ihre berauschende rhetorische Kraft nutzt, um die Kriegsschuld Stück für Stück und Halbwahrheit um Halbwahrheit nach Westen zu schieben.
Sie ist eine Manipulateurin auf höchstem Niveau, und darum wird sie wohl auch erfolgreich damit sein, weil irgendwas doch immer hängen bleibt. Die Methode Wagenknecht ist wirksam, weil sie perfide ist. Weil nichts, was sie sagt, ganz falsch ist, fällt kaum auf, dass nichts, was sie sagt, ganz richtig ist. Die Auseinandersetzung mit ihr erfordert eine beträchtliche Nervenstärke und viel Zeit, das spielt ihr in die Karten.
Und erklärt, weshalb sie überproportional erfolgreich ist. Sie hat kein Mandat, das sie legitimieren könnte, in den großen Talkshows mit einer Millionen-Reichweite zu sitzen. Sahra Wagenknecht kann nicht einmal für sich beanspruchen, für ihre Partei zu reden, mit der sie sich heillos überworfen hat. Der einzige, für den Wagenknecht redet, ist sie selbst.
Dass Wagenknecht permanent eine Bühne geboten bekommt, verdankt sie nicht ihrer Bedeutung im politischen Betrieb
Ihr Bundestagsmandat verdankt sie weder ihrem eigenen Erfolg in ihrem Wahlkreis noch dem Erfolg der Linkspartei, die es bei der vergangenen Bundestagswahl nicht über die Fünf-Prozent Sperrklausel schaffte. Sondern ausschließlich den drei Direktmandaten, welche Vertreter der Linkspartei in drei Wahlkreisen holten, zwei in Berlin und eins in Leipzig, woraufhin die Linkspartei Abgeordnete entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis von 4,9 Prozent in den Bundestag entsenden durfte.
Gäbe es diese Sonderregel nicht, die Linkspartei wäre APO – außerparlamentarische Opposition. Und Sahra Wagenknecht wäre keine Bundestagsabgeordnete, sondern so etwas wie damals der selbsternannte Revolutionsführer der 68er-Bewegung, Rudi Dutschke. Dass Wagenknecht quasi permanent eine Bühne geboten bekommt, verdankt sie nicht ihrer Bedeutung im politischen Betrieb, die geht gegen Null, sondern ihren einmaligen Selbstvermarktungsqualitäten. Mit denen sie einem anderen erfolgreichen Extremisten, Thilo Sarrazin, weit überlegen ist.
Wagenknecht ist die Talkshow-Figur schlechthin, sie verliert, egal was andere ihr an den Kopf werfen, nie die Contenance. Sie ist reaktionsschnell und bringt die Dinge auf einen Punkt, wenn auch oft einen falschen. Hier einige Beispiele aus der Sendung „Hart aber fair“ vom Montagabend. (...)
Unterm Strich lässt sich nach Abwägung der Fakten folgende Meinung sagen:
Wagenknecht ist Putins schärfste Waffe in Deutschland.
Quelle:
https://www.focus.de/politik/meinung/analyse-von-ulrich-reitz-gestern-hoerten-sie-luegen-hier-lesen-sie-die-wahrheit_id_187064232.htmlNatürlich stellt sich die Frage, wie vielfältig das Meinungsbild sein muss und darf, dass zum Auftrag des ÖR gehört. Was eine diffizile Angelegenheit ist. Und anhand welcher Kriterien ist die Ausgewogenheit von Meinungsbildern und Positionen zu bewerten? Nach politischen Einfluss? Nach Bekanntheit (nun, das wäre hier eine selbst erfüllende Angelegenheit)? Nach Medientauglichkeit? You name it ...
Wollen wir, dass Leute mit ihren Positionen gecancelt werden? Eigentlich ja nicht, oder? Aber könnte hier, u. a. im Falle Wagenkecht, eine Grenze überschritten sein? Ist sie einfach dermaßen überbewertet und überrepräsentiert, dass es in keinem Verhältnis mehr steht?