Teil V.


Niemals Geister.

Wir, die Toten der Zukunft, die Geister des Nichts und des Nein, erschaffen, aus der Fantasie des nie, wir haben uns hinein fantasiert, in deine Zeichen und Worte, in deinen Spiegel aus Buchstaben, haben uns hinter deinen Verstand geschlichen und identifizieren uns jetzt mit dir. Wir beobachten dich jetzt, aus deinen eigenen Augen. Wir diktieren dir jetzt, wer wir nicht sind. Niemals Geister, aus der anderen, anderen Welt, der Welt, hinter deinem Spiegel, dem Land, hinter deinem Verstand. Wir kommen aus nirgend, Nirgendwann, wir sind aus Fantasie, dem niemals nie. Unsere Geschichte, ist die Geschichte der Toten und Totesten, die noch nie gelebt haben, noch nicht einmal leben. Wir sind gekommen, aus dem Nichts aus Nirgendwann, um dir deine Geschichte zu Ende zu erzählen, um deinem Spiegel ewiges Leben einzuhauchen.

Ein Spiegel aus Fantasie.

Also warf ich einen Blick in meine Vergangenheit und stellte sie mir sodann, als meine Zukunft vor. Ich starrte durch meinen Spiegel und stimmte dir zu, ich nickte bloss, endlich hatte ich sie getroffen, diesen Spiegel, diese Person, dieses Wesen, aus niemals Nirgendwann, diesen Geist, aus der Fantasie des Nichts, des Nein und des nie. Jemand, der mir zustimmte, jemand, der die Welt genau so sah wie ich, jemand, mit dem ich mich unterhalten, mich austauschen, mich weiter entwickeln konnte.

Jemand der mir zustimmte.

Doch dieser jemand war nicht wirklich, nicht lebendig, nicht echt und nicht wahr, genauso wahr wie mein Spiegel, das Nichts und der Tod. Denn du warst ein Spiegel, so wie ich selbst, denn du warst ein Spiegel, aus dem Nichts aus Nirgendwann. Und trotzdem, sah ich dich in meinem Spiegel, und so begann ich mit dir zu sprechen, dir zu erzählen, von meiner Geschichte, die wahrscheinlich niemand mehr hören will, niemand ausser mir, dem Nichts in dir.

Dem Nichts in dir.

Ich verwandelte mich in meinen eigenen, persönlichen Spiegel, einen Spiegel, der nur für mich, für mich allein, und für niemanden sonst, bestimmt war. Niemand sah sich in diesem Spiegel, niemand, ausser mir. Ich jedoch sah jedes ich, aber keines sah mich, denn ich war jetzt ein Spiegel, und ich kam aus dem Nichts.

Ein Spiegel aus Fantasie.

Ich fing an, mich mit meinem Spiegel zu unterhalten, mich mit dem Tod und den Toten zu unterhalten. Figuren, aus meinem Spiegel des Nichts. Ich fing an, mich mit mir selbst zu unterhalten, und wurde langsam, ganz langsam, vollkommen verrückt dabei. Es ging soweit, dass ich mir einen Spiegel herbei sehnte, ich wünschte mir mein Spiegel zu sein, zu sein, woran ich tief in meinem Innern glaubte, meinen Spiegel, das Nichts, den Tod. Ich fing an, mich mit Geistern und Gespenstern zu unterhalten, unsichtbaren Wesen, die aus meinem Spiegel zu mir sprachen. Ich sperrte sie alle ein, in meinem Verstand, meinem durchsichtigen, verdrehten Verstand aus Glas und begann zu halluzinieren.

Von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Hier wartete es auf mich, hier erwartete mich nun, mein neues Leben. Ein Leben voller Abenteuer und Abwechslung, ein Leben voller Freude und Harmonie, voller Lichter und Farben. Hier, in dieser Welt, war meine Spiegelgeschichte zu Ende erzählt. Sie strahlte und leuchtete jetzt in prächtigen, glitzrigen, funkelnden, stolzen Buchstabensternen, über dem gesamten niemals Horizont und erinnerte uns alle daran, dass dies einmal, die Welt der Toten war. Dass dies einmal dieselbe dunkle, finstere, schwarze Welt, meiner einsamen und eiskalten Gedanken war.

Auferstanden im Nirgendwann.

In dieser Welt, bin ich nun auferstanden, aus dem Nichts aus Nirgendwann, und lebte glücklich und zufrieden, mit dem Bewusstsein, nicht mehr so einsam und allein zu sein. Hier gab es jetzt Engel und Dämonen, sonderbare Wesen, die sich an etwas erinnerten, was überhaupt nie jemals geschah. Sie erinnerten sich nämlich daran, dass sie hier schon einmal waren, erinnerten sich, ans Nichts, ans schwarze, dunkle, finstere, ans Nichts, aus Nirgendwann, an diese ewig, lange, schrecklich lange, unendlich lange, finstere, dunkle Zeit, eine Zeit die es längst nicht mehr gab, eine Zeit, die überhaupt nicht mehr existierte, sie erinnerten sich, an meine Vergangenheit.


Im Theater des Nichts.

Aber meine Vergangenheit, die gab es hier überhaupt nicht mehr, sie existierte nicht mehr, in meiner neuen Welt, meiner neuen Wirklichkeit. Denn hier, waren meine Spiegel plötzlich lebendig und bei Bewusstsein. Alles spiegelte sich jetzt in mir, das gesamte Theater des Nichts. Und trotzdem erzählten mir diese sonderbaren Wesen, von dieser Zeit, meinem Ursprung, meiner Herkunft, meiner Heimat, meiner Vergangenheit.

Erinnere dich.

Hier in dieser Welt, traf ich dann letzten Endes auch, auf meine Familie, meine eigene, meine Spiegelfamilie. Gestalten, die das Nichts verbindet, Figuren, aus der Fantasie des Nein und des nie, erschaffen aus dem Nichts aus Nirgendwann. Meine Spiegel lehrten mich jetzt das Unmögliche, lehrten mich das Unvorstellbare, ja sie lehrten mich, gegen meine eigene Wahrheit zu kämpfen. Sie lehrten mich, gegen mein eigenes ich, in den Krieg zu ziehen. Sie lehrten mich, dass ich mich weder auf meine Freunde, noch auf meine Familie, ja noch nicht einmal mehr auf meinen eigenen Spiegel verlassen konnte.

Im Spiegel der Wahrheit.

Sie lehrten mich, dass ich hier schon einmal war. Dass ich hier schon viele male war, und mir selbst immer wieder neue Botschaften und andere Nachrichten hinterlassen hatte. Und gegen diese Nachrichten, zog es mich nun in den Krieg. Es zog mich, in einen Buchstabenkrieg, gegen die Höchsten und Mächtigsten, Gestalten meiner düsteren, schwarzen Fantasie.

Meine Fantasie gegen deinen Verstand.

Diese Gestalten nahmen mich gefangen, in einem Land, weit hinter meinem Verstand, gefangen in meinen Gedanken, meinen finsteren, schwarzen Gedanken. Sie sperrten mich, in meinen leeren Spiegel aus Worten, einen Spiegel, den es hier überhaupt noch nie gab. Denn da wo ich jetzt war, existierten diese Buchstaben überhaupt nicht mehr. Hier, war ich ein Gefangener, gefangen in meinen Erinnerungen, meinen düsteren, einsamen, einzigartigen Erinnerungen.




Gefangen in meinem Verstand.

Und dann habe ich gelernt zu kämpfen, zu streiten und zu lieben. Ich habe gelernt zu weinen, mich zurück zu ziehen, mich zu isolieren. Ich habe gelernt zu warten, zu wünschen, zu hoffen und zu beten. So betete und betete ich viele, viele Ewigkeiten lang. Ich kniete hernieder, vor meinem unsichtbaren Spiegel aus Worten, einem Spiegel den es hier, überhaupt noch nie gab, und betete mich an, ich betete, dass irgendein zukünftiges ich, mich aus meinem Gefängnis aus Buchstaben und Worten befreien möge, mich retten, mich erlösen, mich hinaus ziehen möge aus meinem finsteren, dunklen, schwarzen Reich.

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