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Schnelllesen zu lernen ist ja kein unerheblicher Markt. Ob dieser Tom Bramfeld (soll aus Hannover stammen, Schwimmen als Leistungssport betrieben haben und jetzt als Beratungscoach arbeiten, auffindbar ist er nicht unter diesem Namen im Internet) nun mitschneiden möchte oder nicht, weiß ich nicht. Auf jeden Fall habe ich diese 80 Seiten sehr schnell gelesen ;)

Es ist kein Lehrbuch, sondern Bramfeld stellt die verschiedensten Schnelllesemethoden vor, die derzeit am Markt sind. Aber verstreut im Text finden sich auch die Grenzen all dieser Methoden, die letztlich aufs Überfliegen von Texten hinauslaufen und dem Erhalt eines globalen Überblicks über das Kernthema oder dem Suchen einer benötigten Information dienen (globales bzw. suchendes Lesen). Selbst wenn man Teile des schnell gelesenen Textes verstehe, würde doch die Gefahr bestehen, dass Nichtverstandenes durch falsche Erinnerungen (Konfabulationen) ergänzt würden. Außerdem seien Schnelllesemethoden nicht geeignet für zu lernende Inhalte, fiktive Literatur (Romane, Theaterstücke, Gedichte), analytische Lektüre. Denn ohne Reflexion oder Wiederholung könne keine Information ins Langzeitgedächtnis übertragen werden.

Wozu also die oft seltsam anmutenden Methoden des Schnellleselernens? Kerninformationen finden, Schlüsselbegriffe finden und relevante Textstellen normal lesen. Dies ginge schneller, als wenn man den ganzen Text liest. Eigentlich was Selbstverständliches, aber auch im Management dürfte sich diese Lesegeübtheit noch nicht durchgesetzt haben, sonst wären Speed Reading-Kurse nicht gut gebucht, bei denen letztlich nur das Querlesen trainiert wird. Und selbstverständlich versteht man vom Überflogenen wenig bis gar nichts.

Was ist eigentlich eine normale Lesegeschwindigkeit bei lesegeübten Erwachsenen?

  • 100-200 Wörter pro Minute (wpm) beim lernenden Lesen oder bei schwierigen Fachtexten
  • 200-300 wpm bei normalen Texten
  • 300-400 wpm bei leichten Texten


Bei überfliegendem Lesen soll die normale Lesegeschwindigkeit verdoppelt werden können, mehr als 1000 wmp geht schwer auf Kosten des Inhaltsverständnisses, aber wenn nicht alle Informationen benötigt werden, passt das schon. Oder hier bei diesem Buch: Die Namen der neun vorgestellten Methoden des Erlernens schnelleren Lesens kann man sich merken oder auch nicht, auch muss die Funktionsweise dieser Methoden nicht gemerkt werden, wenn man sie nicht anwenden will oder für eine Prüfung lernen muss.

Am Ende bleibt nach Lektüre die Information, dass globales und suchendes Lesen zur Informationssammlung, wenn man nicht ins Detail gehen will, die schnellste Art des Lesens ist, und benötigte tiefergehende Information sollte in einem wiederholenden Lesevorgang (oder mehreren) erfasst werden. Dies wird SQ3R-Methode genannt: survey, question, read, recite und review (Überblick verschaffen - Fragen stellen, was der Text beantworten soll - Lesen - eigenständiges Widerholen - Reflektieren). Damit sind wir aber bei einem konservativen Lesetrainingszugang.

Den Klimbim, dass jemand 10.000 wpm wird lesen können (das sind mehr als 30 Seiten!), wie manche Speed Reading-Kurse anpreisen, kann wohl kaum jemand glauben.