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Mordfall Hinterkaifeck

51.770 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Bauernhof, Hinterkaifeck ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Hinterkaifeck

Mordfall Hinterkaifeck

17.11.2012 um 15:10
@Heike75 hat geschrieben:
"Ich darf was ergänzen?
- Keine Zeugenvernehmung im familiären Umfeld:
Gabriel, Asam, Gruber und Sanhieter.
- Auch wenn Reingruber im Bericht die Erben in den Kreis der Verdächtigen zieht, werden sie, bis auf C. Starringer, nicht vernommen.
- Spurensuche "um den" Hof erst nachdem man auf Spuren aufmerksam gemacht wurde."


Da hast Du absolut recht. Von Frau St. wird mitten in der Inflation Geld verliehen. Das ist ein Darlehen - unter Verwandten zwar - aber bei der Vernehmung wird nicht einmal nachgefragt, wie man sich eigentlich die Rückzahlung bei der grassierenden Geldentwertung vorstellte.

A. Gr. versucht tatzeitnah bei dem Bürgermeister einer Nachbargemeinde 10000.- Mark zu leihen [warum geht er nicht zu einer Bank und gerade zu einer Obrigkeitsperson, wenn er doch noch nicht mal einen Gendarmen im Haus sehen will]. Das kam glaube ich über Bürgermeister Gr. ins Protokoll. Aber wenn man jetzt denkt, der wird wenigstens nach Jahren mal zu Protokoll als Zeuge vernommen, warum und wie der A.Gr. da im Rathaus aufgetaucht ist - Fehlanzeige, wenn ich nicht etwas übersehen habe.

Diese Fragen erschienen nicht wichtig genug, wie man überhaupt in vielen Protokollen sieht, dass zwar brav protokolliert wurde was an sie herangetragen wurde, aber bei Unklarheiten und Widersprüchen nicht oder nicht genügend nachgefragt wurde.

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17.11.2012 um 17:13
@Vercingetorix

Noch einmal ganz kurz zu der Aussage: Cilli war letztlich tödlich verletzt. Das ist ein wenig missverständlich, daher meine ich, man sollte sagen, sie war schwer verletzt, sicher, letzten Endes ist sie auch daran gestorben, dieser tödliche Ausgang einer schweren Unterkiefer-/Halsverletzung hätte aber nicht unbedingt tödlich sein müssen - wenn, ja wenn sie "rechtzeitig" entdeckt worden wäre, wann auch immer nach dem Schlag (ich gehe von nur einem Schlag aus) 30 Minuten, eine Stunde, wer weiß,das schon. Wenn man von einer Giftschlange gebissen wird und leider kein entsprechendes Serum zur Hand ist, mag man daran sterben, aber man ist deswegen nicht unbedingt tödlich verletzt.


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17.11.2012 um 17:19
@zilch

Mit "professionell, rasch, geplant" meine ich vor allem das eigentliche Massaker, nicht die wohl umfänglichen Vorbereitungen ("trial and error"). Immerhin, Wendelin Kaspar als Hausmetzger auf HK dürfte sich einigermaßen gut auf HK ausgekannt haben.


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17.11.2012 um 17:29
@Heike75
Ich schließe mich den Feststellungen von Dr. Aumüller an, sie hätte gerettet werden können, wenn ...
Das heißt für mich und Vercingetorix, das sie einen zerschlagenen Unterkiefer und eine dauernd blutende Halsverletzung unterhalb des Unterkiefers hatte. Sie starb am laufenden Blutverlust innerhalb von ca. drei Stunden, das war schon eine recht klaffende Wunde, die hätte aber in der Klinik, rechtzeitig behandelt, noch lebensrettend versorgt werden können, es gab auch Bluttransfusionen.


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17.11.2012 um 18:05
@wydmond:

Da bin ich anderer Meinung, man muss auch die Zeit berücksichtigen. Ob Cillie zu retten gewesen wäre zur damaligen Zeit (denke alleine an die Zeit, bis sie überhaupt irgendwo mit den entsprechenden Einrichtungen gewesen wäre und ob sie diesen Transport überhaupt überstanden hätte usw.), ist aus meiner Sicht reine Spekulation und im übrigen nicht relevant.


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17.11.2012 um 18:10
@wydmond
@Vercingetorix
Zitat von wydmondwydmond schrieb:Ich schließe mich den Feststellungen von Dr. Aumüller an, sie hätte gerettet werden können, wenn ...
Das heißt für mich und Vercingetorix, das sie einen zerschlagenen Unterkiefer und eine dauernd blutende Halsverletzung unterhalb des Unterkiefers hatte. Sie starb am laufenden Blutverlust innerhalb von ca. drei Stunden
Keine Frage, da sehe ich auch so. Der Blutverlust war wohl ihr Todesurteil und damit passt der angegebene Zeitaum (3-4 Stunden) gut ins Bild.
Mir war es nur wichtig, den "zertrümmerten" Schädel nicht als Verwechselung zu sehen, sondern als Teil ihrer Verletzung, an dem sie aber nicht gestorben ist.
Das wird m.M. nach dann wichtig, wenn es darum geht, wie ihr die Verletzungen (auch die Wunde) beigebracht wurde.

@Micawber
zu dem vorangegangenen Beitrag:
Da hast Du sicher recht, ich interpretiere die Aussage ("Cilli hätte gerettet werden können") so, dass sie nicht gestorben wäre, wenn man sie rechtzeitig gefunden hätte UND ihr die Behandlung zu kommen gelassen hätte, die unbedingt notwendig war (also ein Arzt mit entsprechenden Kenntnissen und eine Praxis/Krankenhaus, in der/in dem eine solche Behandlung durchführbar gewesen wäre)...


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17.11.2012 um 18:16
@Micawber
OFF TOPIC
...wegen purer Neugierde (kanns nicht lassen):

Hab grad mal in Deinem Profil gekuckt... sehe es aber nicht richtig...
Hast Du eine Les Paul auf dem Bild?


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Mordfall Hinterkaifeck

17.11.2012 um 18:27
Zitat von MicawberMicawber schrieb: Da bin ich anderer Meinung, man muss auch die Zeit berücksichtigen. Ob Cillie zu retten gewesen wäre zur damaligen Zeit (denke alleine an die Zeit, bis sie überhaupt irgendwo mit den entsprechenden Einrichtungen gewesen wäre und ob sie diesen Transport überhaupt überstanden hätte usw.), ist aus meiner Sicht reine Spekulation und im übrigen nicht relevant.
Ich muss da @Micawber größtenteils zustimmen, wäre ein Arzt zufällig eine Stunde nach der Tat in den Stadel gekommen hätte er zwar eventl. die Wunde am Hals versorgen und umstechen können und den Blutverlust aufhalten, aber die Schädelfrakturen und die daraus wahrscheinlich folgenden Hirnblutung (en) hätten m. M. n. ebenfalls zum Tode geführt.


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17.11.2012 um 18:34
Also eingedroschen wurde auch auf das Mädchen. Heißt für mich sie wollten sie töten. Die Täter haben sie für tod gehalten, als sie da weg sind.

Wenn ich umstechen jetzt richtig deute heißt das in meinem Laienverständnis Luftröhrenschnitt. Das währe aber doch auch nur noch nach ein paar Minuten sinnvoll gewesen?


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17.11.2012 um 18:39
@Vercingetorix
Zitat von VercingetorixVercingetorix schrieb:Also eingedroschen wurde auch auf das Mädchen. Heißt für mich sie wollten sie töten. Die Täter haben sie für tod gehalten, als sie da weg sind
Das sehe ich auch so. Das würde dann aber bedeuten, dass sie nicht mehr bei Bewusstsein war. Kerner sagte, dass an den Fingerspitzen Blut war und es so aussah, als sei sie mit den Fingerchen über die Wunde gefahren...
Es bestätigt das, was ich vermute (hoffe trifft es wohl eher)... sie war nicht mehr lange bei Bewusstsein.


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Mordfall Hinterkaifeck

17.11.2012 um 19:09
Ganz einfach, wie beim Auto... vom Oper aus gesehen! Ich bin Linkshänder und würde bei einem Schlag die (vom Opfer aus gesehen) die linke Seite treffen. Von mir aus gesehen somit die Rechte!


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Mordfall Hinterkaifeck

17.11.2012 um 19:51
Zitat von VercingetorixVercingetorix schrieb:Wenn ich umstechen jetzt richtig deute heißt das in meinem Laienverständnis Luftröhrenschnitt.
Ne, Nadel und Faden nehmen und die Gefäße versorgen (abbinden, nicht zusammennähen, das dürfte damals nicht so einfach machbar gewesen zu sein).

Für mich steht außer Frage, daß auf Cilli genau wie auf die anderen in Tötungsabsicht eingedroschen wurde. Daß dies im Ergebnis etwas anders aussah als bei den Erwachsenen, mag damit zusammenhängen, daß sie kleiner und wendiger war oder evtl. der Täter mit dem Kind gar nicht gerechnet hätte. Sie hatte ja schon ihr Nachthemd an.

Spekulatius.


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Mordfall Hinterkaifeck

17.11.2012 um 19:55
Einige Gedanken zur Vernehmung des L.S. durch Kriminalinspektor R. am 30. März 1931 in München.
(Zit. nach der Verschriftung HinterkaifeckWiki - von mir anonymisiert.)

Zunächst die Vernehmung zur Person –mehr als die reinen Personalien- weil eine breit angelegte Vernehmung konzipiert war. Sehr breit. Der Vater ist mit der Mutter zeitweilig aus dem Austrag ausgezogen, weil es Streit um Geld gab, das der Vater gerne vertrunken hat. [Ja aber der Austrag war doch deren Altersversorgung, wurde dann Unterhalt von L.S. bezahlt ?]

Die erste Ehe. Die Schwiegereltern sind mit der ersten Frau bei ihm eingezogen. Seine Schwiegermutter (jetzt 84) lebt noch und wird von L. S. versorgt, obwohl „sie ihn nichts angeht.“

Tod der ersten Frau 1918.

Die zweite Ehe.

1921 zweite Heirat nach etwa 3 Wochen näherer Bekanntschaft. „Weil ich in meinem Haushalte eine Frau benötigte.“
Zur finanziellen Situation 1921 : das Anwesen ist schuldenfrei, obwohl in den Jahren zuvor nahezu vollständig neu gebaut . „…Ich selbst habe damals kein Geld gebraucht und habe deshalb die 8.000 Mk., die meine Frau als Heiratsgut mitbrachte, auf meine 4 Kinder verteilt.“
[Ein deutlicher Hinweis des Zeugen darauf, dass er vor dem Mord in HK keine Geldsorgen hatte, ja sogar Geld ohne Rechtsverpflichtung an die Kinder verteilt werden konnte, was in der Inflation sicher sinnvoll war.
Wie das alles erwirtschaftet werden konnte wird nicht gefragt, dürfte nach so langer Zeit schwer rekonstruierbar gewesen sein aber ansprechen hätte man es ja mal können.]

Weiter:
„Die Eheleute Gr. hatten mehrere Kinder, von denen aber nur 1 Tochter, die V. am Leben geblieben ist...Die Kinder sind wohl alle gestorben, weil sie keine Pflege hatten und auch nicht genügend ernährt wurden. Ich selbst und auch mein Vater hatten öfters erlebt, daß die kleinen Kinder tagelang im Keller bleiben mußten und wenn man vorbeiging, hörte man die Kinder im Keller weinen.“
[ Da hätte R. jetzt schon mal nachhaken dürfen, wo am Hof man sich denn aufhalten mußte, um die Kinder überhaupt im Keller weinen hören zu können. Der Zeuge muß merken, dass er nicht unhinterfragt bleibt.
Aber vielleicht, war es gut, dass er den Zeugen nach dessen eigener Dramaturgie hat einfach reden lassen, denn jetzt kommt es nahtlos und überraschend früh:]

„Ich sag’s ganz offen, die Leute waren nicht gut, da hat der Herrgott schon die rechte Hand am rechten Platz gehabt.“

[Also das wird jetzt sogar zu einem Zeitpunkt eingeführt, als in der Vernehmung von Blutschande noch gar nicht die Rede war. Das ist m. E. eine typische Situation, in der in einer Aussage vom Vernommenen versucht wird, das Heft des Handelns auf seiner Seite zu behalten, indem der Zeuge von sich aus einen wunden Punkt anspricht, der ihm früher oder später ohnehin vorgehalten worden wäre.

R. hatte das auf seiner Liste (vgl. sein Bericht vom Februar 1931). Und L.S. ahnte das. Er stand auch inhaltlich zu seinem Wirtshausspruch. Deshalb wartet er auch gar nicht ab, bis das Wort Blutschande überhaupt mal ausgesprochen ist. Er zieht sein Verdikt vorsichtshalber gewissermassen vor die Klammer, das mußte jetzt schon raus. Er hat nichts zu verbergen - das ist das Signal.

Egal ob bloß bayrisches Lokalkolorit oder etwas anderes dahintersteckt - fragen muß man da schon mal. Und ich mags kaum glauben: R. lässt jetzt seine Chance ungenutzt durchgehen, mit L.S. eine Fragerunde zu beginnen. Ihn zur Abwechslung mal beim Wort zu nehmen - wie er denn dazu komme und überhaupt, warum er sich das zutraue so zu urteilen. Wie das denn mit seinem christlichen Glauben zu vereinbaren sei, die christliche Religion sei doch eigentlich auf Nächstenliebe und Vergebung aufgebaut.

Und wie sich das insbesondere mit den zwei Kindern und der Magd verhält, die ja doch völlig unschuldig waren, ob die ihm nicht wenigstens leid tun und warum die seiner Ansicht nach um Gottes Willen halt auch sterben mußten und Cilly auch noch so qualvoll. Und überhaupt warum die seiner Ansicht nach sterben mußten. Ob der Täter damals nicht vielmehr eine Riesenschuld vor Gott und den Menschen auf sich geladen habe.

Alles was man schon in der Wirtschaft in Gr. bei diesem Spruch ihm hätte entgegenhalten müssen – einfach ihn mal beim gesprochenen Wort nehmen - und R. tut nichts dazu. Das war damals schon eine zynische selbstgerechte Äußerung von L.S., so wie auch heut noch, egal ob auch noch andere so gedacht haben mögen.

Bei der geplanten Erstreckung der Vernehmung auf zwei Tage, hätte mindestens 1 Stunde auf dieses Thema entfallen müssen, um L.S wenigstens mal zu einer geäußerten Anteilnahme zu bringen. Wer weiß, was dann passiert wäre.

Stattdessen darf L.S. jetzt übergangslos zu V.G. übergehen. Seit wann er sie kennt und wie und wann er in geschlechtsvertrauliche Beziehungen mit ihr eingetreten ist.]

“Die V. G. war überhaupt für den Geschlechtsverkehr leicht zu haben.“

[Das mag ja nach seinen eigenen unwiderleglichen Angaben bei ihm so gewesen sein. Hier hätte gefragt werden müssen, meinen Sie das nur auf ihre Person bezogen oder wissen Sie auch von anderen Fällen mit anderen Männern, ggf. Namen, bei denen man diesen Eindruck gewinnen konnte ? Die Magd Rieger hatte in ihrem Protokoll solches für den Zeitraum, zu dem sie in HK war jedenfalls nicht bestätigt.
R. läßt nahezu jede Situation ungenutzt, L.S. endlich mal aus einer m. E recht selbstgerecht anmutetenden Attitüde herauszuholen.]

Weiter:
"Frage: Sie haben früher angegeben, daß Sie 5000 Mk. Von Gruber bekommen haben?
Antwort: Halt, Halt, jetzt fällts mir ein, ich habe 2000 Mk. in Bargeld bekommen und außer-dem 3000 Mk. Bayerische Hypotheken- und Wechselbankpfandbriefe, damit ich Geld habe, wenn Auslagen kämen. Diese 3 Pfandbriefe habe ich der Gabriel auch nach einigen Monaten wieder retour gegeben.“

[Jetzt hätte ihm vorgehalten werden müssen, wieso denn der Anteil „damit ich Geld habe, wenn Auslagen kämen“ nach dem Kurswert so hoch war und was damit gemeint war. Gerichtskosten wären doch, wenn überhaupt dann ganz geringfügig gewesen. Unterhaltsabfindung 1800.- - / Auslagen mehr als das doppelte 3000.- wie kommt das ? Da liegt doch der Verdacht nahe, dass L.S. sich die Vaterschaftsanerkennung hat bezahlen lassen. Ein solches mögliches pekuniäres Motiv hatte R. doch selbst in seinem Bericht vom Februar 1931 noch dargestellt.]

"Frage: Haben Sie nun eigentlich selbst das Empfinden, daß sie der Vater des Kindes der V. G. sind?
Antwort: Das weiß ich nicht, das kann ich nicht sagen."

[Das wars dazu. Wars das ? In seinem Bericht vom Februar 1931 hatte R. doch noch geschrieben: "Eines scheint mir jedenfalls festzustehen: S. hielt sich selbst nicht für den Vater des Kindes."
Hier hätte doch jetzt –nach Hinweis auf ein mögliches Auskunftsverweigerungsrecht – zwingend die Frage kommen müssen, ob er bevor er die Vaterschaft anerkannt habe, denn wenigstens mal die gesetzlichen Empfängniszeiten der V.G. bzgl. Josef nachgerechnet habe, ob er denn von daher überhaupt der Vater hätte sein können, oder ob er die Zahlvaterschaft einfach übernommen habe, weil er auf spätere Heirat hoffte. Der Hanserl oder Buberl Vorhalt ist dagegen doch nachrangig und war leicht zu entkräften. Wahrscheinlich stimmte das auch was L.S. dazu sagte.]

Jetzt zur Kehre des L.S.:

„Frage:
Herr S., sind Sie vernünftig und sagen sie die Wahrheit, sie haben sich doch wegen der Vaterschaftssache furchtbar geärgert?

Antwort:
Freilich hab ich mich grün und blau geärgert über die Vaterschaftssache, mein Bub hat mir Vorwürfe gemacht...

(S. besinnt sich; dann erklärt er:

Es ist nicht richtig, dass ich mich geärgert habe, ich hab mich mein Lebtag noch nicht geärgert, dass ich auf jemand einen Hass gehabt hätte. Die ganze Gemeinde bezeichnet mich als guten Mann.“

[Hier zeigt sich bei L.S. erstmals, dass auch er nicht stressresistent ist. Er bekommt den ersten strengen Vorhalt von R. und kriegt nach meiner Einschätzung prompt die Kurve nicht. Er hätte nur sagen brauchen: Freilich hab ich mich grün und blau geärgert über die Vaterschaftssache -aus - warten ob R. nachfasst. Das ist doch normal, wer würde sich da nicht grün und blau ärgern. L.S tut jetzt zur (m. E. unnötigen) Korrektur zu viel und übersteuert damit in den roten Bereich der Unglaubwürdigkeit.

Hier muß R. nachfassen, diese Kehre darf er doch nicht ungenutzt lassen, wenn er mehr hören will von L.S., als er ohnehin schon weiß. Nach Hass war doch gar nicht gefragt worden. Was für Vorwürfe wurden ihm gemacht, warum, die Unterhaltsabfindung war doch beglichen. Seit wann darf in Liebesdingen ein versorgter Minderjähriger bei schuldenfreiem Hof seinem Vater reinreden. Erbberechtigt war der kleine J. doch nicht.

R. muß L.S. jetzt langsam auch mal an die Erkenntnis heranführen, dass die Eigenwahrnehmung nicht so ganz der behaupteten Fremdwahrnehmung in der Gemeinde entspricht. Worunter hatte er denn in den letzten Jahren zu leiden gehabt, waren das alle Gemeindefremde, die ihn verdächtigt haben ? Beim Wort nehmen !].

Weiter:
„L.S. erzählt nun Einzelheiten über die seinerzeitige Auffindung der Leichen u.s.w.. Seine Angaben decken sich vollkommen mit seinen seinerzeitigen Angaben, weshalb von der nochmaligen Niederschrift abgesehen wurde.“
[Was heißt „seinerzeitigen Angaben“ ? Wer in einem amtlichen Protokoll Bezug nimmt, muß auch tüpfelgenau angeben, auf was er Bezug nimmt. Und wenn es dem Vernehmer nicht gerade geläufig ist, muß er halt nachschlagen. Wie oft wurde er überhaupt vernommen? Es sind neun Jahre her. Wir sind im Jahr 9 nach der Tat mit all dem angefallenen Material.]

„Frage: Sie haben erklärt, sie hätten die vordere Haustür dann von innen geöffnet und zwar mit dem Schlüssel, der innen gesteckt habe. Wie erklären sie sich das, nachdem der alte Gruber erzählt hatte, daß ihm der Hausschlüssel weggekommen sei und daß er nun nur noch mit dem Riegel absperren könne?
Antwort: Das ist mir selbst ein Rätsel, denn ich weiß bestimmt, daß nur ein Schlüssel da war.“
[Das klingt sehr ehrlich, denn er hätte leicht erklären können - sicher hat Gr. halt den Schlüssel wieder gefunden gehabt, oder es gab doch einen weiteren. ]

„Frage: Es ist auch erzählt worden, dass Sie zur Tatzeit nachts nicht zu Hause waren, sondern angeblich im Heu geschlafen haben?
Antwort: Wie nur die Leute so etwas sagen mögen, davon mag ich gar nichts hören. Es ist ja nicht wahr, ich bin bei meiner Frau gewesen. „

[Ich mag nicht glauben, dass das Alibi vor der Vernehmung nicht auch über seine Frau geprüft worden war – dafür war jahrelang Zeit. Sie mag ja von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben, aber gefragt worden mußte sie doch sein. Wenn doch nein, und L.S. kannte ihr mutmassliches Aussageverhalten nicht, dann war es riskant seine Frau überhaupt zu erwähnen. Dann hätte er sich besser neutraler ausgedrückt. Vielleicht stand dazu was in der Sonderakte.]

Es folgen Fragen u.a. nach den Spuren im Schnee, nach den Verdächtigungen durch Siegl, Dersch, zu Yblagger usw. , zu denen ich nichts hinsichtlich des Vernehmungsablaufs anzumerken habe .

Dann für mich überraschend schnell:
„Anschließend an die Einvernahme wurde S. noch auf die an einzelnen Punkten zu Tage getretenen Unklarheiten seiner Aussagen hingewiesen. Er brachte jedoch seine Antworten in einer Weise vor, daß berechtigte Zweifel an seiner Täterschaft entstehen mußten. Wiederholt beteuerte er unter Tränen seine Unschuld, erklärte, daß er sehr wohl wisse, daß er in der dortigen Gegend als Täter angesehen werde und betonte, daß dies in erster Linie auf sein tatkräftiges Eingreifen als Ortsführer und auf seine Hilfsbereitschaft zurückzuführen sei. Er habe sich eben aus menschlichen Gründen um alles angenommen, habe sich aber nun nach den gemachten Erfahrungen zum Vorsatz gemacht, nie mehr in so selbstloser Weise einzugreifen.“

[Mit dieser Verfahrensweise kann ich gar nichts anfangen. Wieso wird jetzt nicht zu Protokoll erörtert, auf welche „Unklarheiten in seinen Aussagen“ hinzuweisen war und wie diese ggf. beseitigt werden konnten. Stattdessen „anschließend an die Einvernahme“ und ausserhalb des Protokolls ?

Weinen und Beteuerungen, Art und Weise des Vorbringens sind nur ganz weiche Indizien dafür, dass Zeugen die volle Wahrheit gesagt haben, sie können Inhalte nicht ersetzen.

Was nützen für die Fallaufklärung „berechtigte Zweifel an seiner Täterschaft“ - die ich dem R. ja ohne weiteres abnehme - wenn die vorangegangenen Tatsachenermittlungen erheblich defizitär waren.
Für mich ist unklar, warum war eigentlich OStA K. als Herr des Verfahrens nicht selbst bei der Vernehmung dabei ? Die Bedeutung des Falles hatte sich doch auch angesichts der Unruhe in der Bevölkerung längst abgezeichnet.

Gut, man mag mich jetzt auf die nicht mehr vorhandene Sonderakte S. zur Lückenfüllung hinweisen. Aber gerade deshalb habe ich im wesentlichen Themenkomplexe erörtert, die ich auch für 1931 noch offen halte, auch weil sie keinen Niederschlag in der Hauptakte gefunden haben und die noch im Februar 1931 für den Kriminalinspektor R. selbst im Memorandum offen und erwähnenswert waren. Und der kannte schließlich alle Akten.


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Mordfall Hinterkaifeck

17.11.2012 um 20:05
/dateien/31345,1353179156,linkshaender@Broken
Linkshänder.


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Mordfall Hinterkaifeck

17.11.2012 um 20:07
@spekulatius
Danke.

So sehe ich es auch.


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Mordfall Hinterkaifeck

17.11.2012 um 20:58
@pensionär

Offen geblieben ist leider vieles und die Schuldigen an Hk sind nie überführt worden, obwohl das sicher möglich war.

Soweit ich das überblicke gab es zum Vernehmungszeitpunkt einen Hauptakt und ein extra Aktenheft "in welchem Material gegen Schlittenbauer zusammengelegt ist, das später anfiel".

Entweder hat der Kriminalinspektor kein Interesse gehabt, oder es hat sich einfach erledigt, weil er den LS für unschuldig hielt. Der Kriminalinspektor dürfte dem LS intellektuell weit überlegen gewesen sein und hätte den am zweiten Tag kugelrund machen können, wenn er gewollt hätte. Mit den Nerven fertig war der LS schon am ersten Tag.

Ich halte den LS eher für einfach gestrickt und gutmütig. Freilich, auch so ein Mensch hat eine Grenze.


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Mordfall Hinterkaifeck

17.11.2012 um 21:31
@ Uhlenspiegel

Die Feststellung, der Hinterkaifeck-Fall sei ein Raubmord ist aus meiner Sicht auch fragwürdig:

a) wozu alle Bewohner des Anwesens töten, insbesondere das Kind, das keinen Zeugen abgibt.

b) wenn Leute einen Raub planen

(und das ganze Geschehen war vorab ausgespät und geplant),

dann hätte man sich auch einen Zeitpunkt aussuchen können,
oder Umstände schaffen können, bei denen sowenig Kolateralschaden entsteht wie möglich;

man wartet nicht extra genau solange, bis alle Personen auf dem Hof eingetroffen sind,
sondern umgekehrt.

die Tat ist viel zu "mordlastig" als es mit einem Raubmotiv erklären zu können.
Auch hätten die Räuber sich vermummen können, um unidentifiziert zu entkommen.

Der Raub ist hier nur Beiwerk - nur ein unterschobenes Motiv - eine falsche Fährte für die
öffentliche Akte, weil etwas anderes dahintersteckt, etwas das mit kollektiver Sühne zu tun hat.

c) das Abdecken der Opfer nur als technische Notwendigkeit anzusehen, damit keine Raben
einfliegen und die Lage früher als gewollt zu verraten, würde eine psychologische Deutung
des Täterischen Handelns ausgrenzen; das ist wenig professionell, denn jedem menschlichen
Handeln liegt angelerntes Verhalten zugrunde und das läßt immer auf irgendetwas
schließen.

----

Besonders aufgefallen ist mir der Zeitpunkt der Tat, mit der Lage März/April 1922;

das erste Jahr nach dem 1.Weltkrieg in welchem bayerische Kommunen langsam wieder aufatmen konnten; erst im Laufe dieses Jahres begann das "normale Leben" nach dem Krieg wieder langsam anzulaufen. Kommunale Gruppen haben begonnen sich wieder zu reorganisieren. Kriegsheimkehrer suchten sich zu resozialisieren;

Und genau in dieser Startphase geschieht ein derartiges Massaker.

Die weit verbreitete Verrohung des menschlichen Verhaltens, insbesondere nach Kriegerischen Konflikten, sollte näher unter die Lupe genommen werden; es ließe sich kriminalstatistisch sicher
belegen, dass Morde unmittelbar in der frühen Nachkriegszeit signigikante Häufigkeit besitzen.

Ist ja auch klar, weil auf jedem Hof die jungen Leute zum sog. Kriegsdienst eingezogen wurden.
Und wer es überlebt hat, musste dafür "hart arbeiten"; d.h. alle jungen Überlebenden haben im Krieg getötet - vielfach;

Nur welche Personen wurden vom Gruberhof in den 1.Weltkrieg eingezogen,
oder gab es dort Personen die sich des Kriegsdienstes enzogen haben ?

Der Krieg war verloren, und da sucht man Schuldige, und bringt eine ganze Familie um ?


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Mordfall Hinterkaifeck

17.11.2012 um 22:27
Motivsuche: kollektive Sühne in Nachkriegszeit des 1.Weltkrieges
die Bewohner eines Hofes werden alle gleichermaßen ermordet und abgedeckt,
ohne Unterscheidung von Alter, Stand und Geschlecht;

Frage: War die Motivlage der Täter nach dem verlorenen Krieg durch
religiöse Fehlleitung ausgelöst ? wurde eine religiöse Sühne an den Grubers vollzogen ?


mögliche Teststellen aus der Bibel:

----
German: Luther (1912)
Isaiah 14
20. Du wirst nicht wie jene begraben werden, denn du hast dein Land verderbt und dein Volk erschlagen; denn man wird des Samens der Boshaften nimmermehr gedenken.
----

German: Luther (1912)
Deuteronomy 7

22. Er, der HERR, dein Gott, wird diese Leute ausrotten vor dir, einzeln nacheinander.
Du kannst sie nicht eilend vertilgen, auf daß sich nicht wider dich mehren die Tiere auf dem Felde.

23. Der HERR, dein Gott, wird sie vor dir dahingeben und wird sie mit großer Schlacht erschlagen, bis er sie vertilge.

----

Ezekiel 32
28. So mußt du freilich auch unter den Unbeschnittenen zerschmettert werden und unter denen, die mit dem Schwert erschlagen sind, liegen.

----

Religiöser Fanatismus war und ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr.


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Mordfall Hinterkaifeck

17.11.2012 um 22:37
@pensionär,
ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Dokumente von Riedmayer (inkl. dem Verhör) die wichtigsten sind, die wir haben.
Aus den Berichten geht klar hervor, dass Riedmayer die Situation "um den Lenz und Josef" richtig erfasst hatte und darin (wie Andere) das Motiv sah.

Deine Fragen zu den einzelnen Punkten in Deinem Beitrag von heute, 19:55 Uhr sind mehr als gerechtfertigt. Dennoch bin ich der Meinung, dass man den Lenz zu den einzelen Punkten (die noch offen im Raum standen und nicht zur genüge beantwortet wurden) befragt hat.

Riedmayer im Protokoll zum Verhör, Hervorhebungen von mir:
I. Anschließend an die Einvernahme wurde Schlittenbauer noch auf die an einzelnen Punkten zu Tage getretenen Unklarheiten seiner Aussagen hingewiesen. Er brachte je-doch seine Antworten in einer Weise vor, daß berechtigte Zweifel an seiner Täterschaft entstehen mußten. Wiederholt beteuerte er unter Tränen seine Unschuld, erklärte, daß er sehr wohl wisse, daß er in der dortigen Gegend als Täter angesehen werde und betonte, daß dies in erster Linie auf sein tatkräftiges Eingreifen als Ortsführer und auf seine Hilfsbereitschaft zurückzuführen sei. Er habe sich eben aus menschlichen Gründen um alles angenommen, habe sich aber nun nach den gemachten Erfahrungen zum Vorsatz gemacht, nie mehr in so selbstloser Weise einzugreifen.

http://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Aussagen:_1931-03-30_Schlittenbauer_Lorenz

Leider hat Riedmayer nicht im Einzelnen aufgeführt, was er ihm nach seiner Einvernahme noch gefragt (oder vorhgehalten) hat. Aufgrund der fehlenden Passagen können wir auch nicht sagen, ob Riedmayer ihn "lasch" befragt hat oder in die "Mangel" genommen hat.
Aufgrund seiner Laufbahn bei der Kriminalpolizei bin ich mir schon ziemlich sicher, dass er etwas aus einer Person raus holen konnte, was diese offenbar verschweigen wollte.
Er war dem Lorenz haushoch überlegen.

Wir lesen das alles "nur", wie sich der Lenz verhalten hat und wie er die Aussagen gemacht hat, kann keiner von uns nachvollziehen.
Wir wissen nur, dass Riedmayer sich gewissenhaft über Monate auf das Verhör vorbereitet hat, er war voll im Bilde und kannte die Punkte, die nicht so richtig passen wollten... Wenn er eine Chance gesehen hätte, hätte er sie ergriffen... nach solch einer Vorbereitung den Mörder von Hinterkaifeck fassen, dass wäre wohl schon sowas wie eine Sensation gewesen und ein Erfolg auf der ganzen Linie für Riedmayer.
Das er von ihm abliess, rückt doch damit in ein ganz anderes Licht.

Du weisst ja, dass ich Anhänger der "Olt-Theorie" bin. Wenn der Lenz was von solchen "Dingen" mitbekommen hat, wusste, was auf HK tatsächlich los war und dem Riedmayer das Ein oder Andere hinter der geschlossenen Tür "" hat, wäre das Verhör auch ziemlich schnell vorbei gewesen ;-)


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Mordfall Hinterkaifeck

17.11.2012 um 22:41
@Vercingetorix

Danke für Dein Interesse. Du hast sicher gemerkt, dass es mir bei dem Beitrag weniger um L.S., als um das Vernehmungskonzept des Kriminalinspektors R. ging.

Intelligent war der, das merkst Du auch an seinem Bericht vom Februar 1931. Man kann auch in den Akten erkennen, dass der Oberstaatsanwalt eine gute Meinung von ihm hatte und ihn an einer Stelle als den bezeichnete, der in München am besten über den Fall Bescheid wisse. Ich hege keinerlei Zweifel an seiner Integrität.

Ich glaube aus Hinterkaifeck Wiki habe ich den Hinweis auf "DER SPIEGEL 43/1954" wenn Personenidentität besteht.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-28957706.html

Danach wäre er geboren 1895, (bei der Vernehmung also 36 Jahre alt gewesen) nach dem 1. Weltkrieg aus dem mittleren Polizeidienst aufgestiegen. 1954 zum Leiter des bayerischen Verfassungsschutzamtes ernannt. Zählte nach der Quelle zu den engsten Beratern des bayerischen Königshauses.


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