Der Mordfall Weimar

AgathaChristo schrieb:Ich möchte hier nicht so persönlich werden wie du.
Kenne sie nicht, als nur die Indizien gegen sie, die zu ihrer Verurteilung geführt haben.

Dafür "kennst" du ihren Ex-Mann ziemlich "gut" ...

Cpt.Germanica schrieb:Ganz doof war sie aber trotzdem nicht: Sie hat von dem Geld einen Wagen gekauft, den sie aber über ihre Mutter zugelassen hat. Klingelt's?

Habe ich auch schon mal so praktiziert.
Aus finanziellen Gründen.
Als Tatmotiv bei Frau Böttcher ein schwaches Indiz, finde ich.

Cpt.Germanica schrieb:Dafür "kennst" du ihren Ex-Mann ziemlich "gut" ...

Diese Frage empfinde ich als provokant. Weder kenne ich Frau Böttcher, noch ihren verstorbenen Ex-Gatten persönlich.

AgathaChristo schrieb:Habe ich auch schon mal so praktiziert.
Aus finanziellen Gründen.
Als Tatmotiv bei Frau Böttcher ein schwaches Indiz, finde ich.

Lies nochmal die Indizienliste von @margaretha, denk darüber nach und pick hier nicht immer Einzelheiten aus dem Gesamtzusammenhang heraus um sie dann beherzt ins Lächerliche zu ziehen.

Und schreib hier nicht immer zig kurze Beitröge sondern einen größeren am Stück.

AgathaChristo schrieb:Diese Frage empfinde ich als provokant. Weder kenne ich Frau Böttcher, noch ihren verstorbenen Ex-Gatten persönlich.

Dafür hast Du über ihn aber schon ganz schön steile Thesen zur Täterschaft abgegeben ...

Auch wenn ich den Fall Weimar immer wieder verfolgt habe seit 1986, es kommt noch
für mich Neues zutage, das mich erschaudern lässt. Dieses eiskalte Agieren was die LV
angeht, dass ja das Geld auf ihrem Konto landete, dann der Autokauf... all das wäre
für mich in so einer Situation das Allerletzte gewesen, womit ich mich beschäftigt hätte.
Es sei denn der Tod meiner Kinder wäre mir nicht so nahe gegangen- und ich wäre darin invol-
viert gewesen; eine andere Erklärung erschließt sich mir nicht. Zum Glück war sie nicht so
intelligent, dass ihre Masche auf Dauer überzeugt hätte. Für so eine Person hätte ich auch als
nahe Verwandte keine "Märchen" erzählt, um sie vor Strafe zu schützen...

AnneOnedin schrieb:Für so eine Person hätte ich auch als
nahe Verwandte keine "Märchen" erzählt, um sie vor Strafe zu schützen...

Ich empfinde die komplette Konstellation und Re- bzw Aktionen innerhalb der Familie und nach außen als bemerkenswert. Es ist ja nicht nur eine Oma, die der Nachtversion widerspricht und erst später, vielleicht auf Druck, ihre Aussage widerruft.

Da leben mehrere Generationen einer Familie unter einem Dach, Lebenswege ähneln sich in vielen Teilen oder verlaufen nahezu identisch. Dann die Situation vor Ort, dörfliche Umgebung, „Arbeiter-Schließfächer“ als Wohnungen, Zonenrandgebiet. Für kleinste Besorgungen wird ein Auto benötigt. Ansonsten nichts spannendes in unmittelbarer Nähe. Das Highlight ist das MP. Heute betrachtet nicht viel mehr als ein Baggerschuppen für Möchtegern-Casanovas auf der Suche nach der schnellen Nummer.

Und ausgerechnet dort begegnen sich dann MW und KP.

Die Dynamik, die daraus entstand ist hinlänglich bekannt.

Als Buch sicher ein Bestseller, wenn auch Kritiker von „überzogen“ oder „ übertrieben“ schreiben würden. Allerdings real passiert.

Ist das der Spiegel der Gesellschaft in den 80‘ in dörflichen Umgebungen? Ist das Zufall?

Das frage ich mich oft.

Zitronella schrieb:Ist das der Spiegel der Gesellschaft in den 80‘ in dörflichen Umgebungen? Ist das Zufall?

ich glaube, im Grunde ist das auch heute in sehr vielen Regionen so der Fall...

Zitronella schrieb:Ist das der Spiegel der Gesellschaft in den 80‘ in dörflichen Umgebungen? Ist das Zufall?

Nein. Das ist aber wahrscheinlich das, was denn Fall über das - eigentlich erschreckend banale tatsächliche Geschehen hinaus - als Projektionsfläche für alles mögliche so attraktiv macht.

Es haben sich hier im Forum schon manche nicht entblödet, das ganze als Scheitern eines Feminismus zu konnotieren. Was natürlich kompletter Humbug ist. Genauso, wie es Humbug ist, sich darüber lustig zu machen, wenn MW sich mit Traumprinzen auf Abendgesellschaften sieht und dann ins Ehebett guckt und kotzt. Natürlich ist jeder Mensch für seine Taten verantwortlich. Und nicht jede unzufriedene Dorfschrapnelle bringt ihre Kinder um. Aber sich darüber, über gesellschaftliche Umstände und was sie mit Menschen anrichten, ohne dass die das jemals so reflektieren könnten, Gedanken zu machen, abseits von Häme und Fassungslosigkeit, ist das spannende an solchen Konstellationen.

@BoobSinclar
sehr gut beschrieben, danke!

Für mich ist dieser Fall so eine Art Kindheitstrauma. Bin aus Österreich und hab davon damals in der Neuen Post von Oma/Mama gelesen, war selber noch ein Kind und sehr erschüttert. Das Foto der beiden Mädchen, das hat sich fast eingebrannt. Die eigene Mutter schuldig gesprochen, die beiden ermordet zu haben. Meine heile Welt geriet ins Wanken, ich stamme aus einem sehr harmonischen Elternhaus und hatte eine schöne Kindheit, dass es sowas gibt war unverständlich für mich.

Heute sehe ich es natürlich differenzierter, die Welt ist nicht schwarz/weiß. Obwohl ich bei dem Fall überzeugt bin, dass die richtige Person verurteilt wurde.

otternase schrieb:ich glaube, im Grunde ist das auch heute in sehr vielen Regionen so der Fall...

Ich hoffe es nicht. Die Realität sieht wohl anders aus - auch wenn sie jetzt "versteckt" wird, da die öffentliche Wahrnehmung anders ist.

Auf einmal sehen wir unsere Kinder auch als Menschen, die unter unsere Gesetze fallen.

Vielleicht haben wir daher einen anderen Blick auf die Gewalttaten im Hause RW und MW.

Ich verurteile Gewalt gegen Menschen, insbesondere Kinder. Aber damals war es in der Gesellschaft gesellschaftsfähig.

@jada
Danke, das hat mich an etwas erinnert hier:

AnneOnedin schrieb am 29.12.2019:schwarzen Pädagogik

das klingt so, als wenn bei MW und RW dahinter irgendeine Erziehungsphilosophie gesteckt hätte, eine bewusste Entscheidung, die Kinder mit Gewalt zu erziehen. Das glaube ich nicht. Ich denke, beide, also RW wie auch MW hatten einfach viele eigene Probleme, zu großen Teilen selbstgemachte Probleme, die sie unter Druck setzten, der sich dann in Gewalt entlud. Und sie haben ihre Kinder vermutlich ebenso erzogen, wie sie als Kinder selbst erzogen wurden...
Das macht die Sache natürlich nicht besser, aber erklärt vermutlich die Zustände. Und erklärt vermutlich auch, wieso beispielsweise RW ein Mädchen so geschlagen haben soll, dass ein Zahn wackelte, aber ebenso ehrlich um die Mädchen getrauert hat.

Keineswegs möchte ich ja jetzt irgendwas verharmlosen, aber man darf da sicherlich nicht A) die Erziehungsmethoden der 80-iger (bis etwa Ende der 90-iger) mit den heutigen vergleichen und B) Ohrfeigen/eine Tracht Prügel/ den Griff zum Kochlöffel/etc. als Kindesmisshandlung anschauen.
Damals war das noch eine probate Erziehungsmaßnahme, i. S. v. wenn man lange genug bettelte (frech war) gab es ne Tracht Prügel, oder eben eine Ohrfeige. In der Regel war das aber nicht so heftig das man blaue Flecken davontrug oder gelockerte Zähne. Und meist hielt die Wirkung dieser Bestrafung dann auch für einige Zeit an.

@margaretha

Du redest aber schon von den neunzehnhundert 80ern und 90ern? ;)

Klar! Bin aber zu spät dran um zu editieren :(

BoobSinclar schrieb:Es haben sich hier im Forum schon manche nicht entblödet, das ganze als Scheitern eines Feminismus zu konnotieren

Zumindest Teile des Feminismus haben sich anlässlich der Weimar-Prozesse als arg projektiv, realitätsverweigernd und dysandrisch präsentiert.

@margaretha
Puh, da habe ich ja Schwein gehabt. ;) Ich hätte grundsätzlich in dieser Zeit eher Hausarrest und Fernsehverbot vermutet.
Aber ich glaube, allgemeingültige Annahmen gelten in der Familie Weimar nicht. Da tickten die Uhren irgendwie anders.

Jamegumb schrieb:Da tickten die Uhren irgendwie anders

Gutes Stichwort!


Hier ist eine Statistik zum durchschnittlichen Heiratsalter der Frauen in Deutschland:
https://www.bib.bund.de/DE/Fakten/Fakt/pdf/L122-Heiratsalter-Familienstand-ab-1971.pdf;jsessionid=FA584F6F92F6C0FC4788E7C8A5A1F03E.2_cid380?__blob=publicationFile&v=6

Böttcher und Weimar hatten sich 1977 kennengelernt und im Juni 1978 geheiratet. Er war bei der Hochzeit 26, sie gerade 20. Sie war eine relativ junge Braut und das auch in der Statistik!

Wieso heiratete sie ihn eigentlich, wenn sie ihn nicht liebte? Torschlusspanik mit 19 oder gerade mal 20 ist schon sehr absurd auch wenn man sich nicht hübsch findet. https://www.spiegel.de/panorama/weimar-prozess-monika-boettcher-sagt-unter-traenen-aus-a-39468.html

Und wie ist – ich meine das wirklich ernst!!- das Verhältnis zu Kindern die von einem Mann sind der mir eigentlich egal ist bzw. der mir tagtäglich immer mehr auf den Geist geht/ mich anwidert?

margaretha schrieb:Und wie ist – ich meine das wirklich ernst!!- das Verhältnis zu Kindern die von einem Mann sind der mir eigentlich egal ist bzw. der mir tagtäglich immer mehr auf den Geist geht/ mich anwidert?

Sowas kommt doch ständig vor. Aber diese "Anwiderung" überträgt sich üblicherweise nicht auf die Kinder und das ist auch gut so.
In der "Mordakte Weimar" wird auch der Verdacht thematisiert, dass eines der Mädchen (die mit den roten Haaren) nicht von RW sein könnte. Es bestünde eine starke Ähnlichkeit zu einem anderen männlichen Mitglied der Familie.
Das würde die Sichtweise der MW natürlich verändert haben.

Neja, aber da steht auch, daß der Bruder von MWs Mutter kastanienblond ist und der Uropa väterlicherseits einen roten Schnurrbart gehabt haben soll 😉

@margaretha

Ja und weiter wird das Argument damit ausgeräumt, dass RW stolz auf die Vaterschaft gewesen sein soll. Sehr belastend ist dieses Dementi der Mutter leider nicht.
Es wird aber ein ewiges Geheimnis bleiben.