@ashvaria & Sirhc
Meine erste Ehefrau Salwa war Palästinenserin, Ärztin undPFLP-Mitglied.
Ich lernte sie im Rahmen meiner Berichterstattung aus demlibanesischen Bürgerkrieg im Jahre 1975 kennen. Ich war damals für eine politischeZeitschrift als freier Mitarbeiter tätig und berichtete aus dem Palästinenserlager Tel asSatar. Dieser Krieg der Christen gegen die Palästinenser wurde seinerzeit in Europa kaumwahrgenommen, entsprechend gering war die Resonanz in den Medien. Nun gab es damals nochso etwas wie "Internationale Solidarität", was dazu führte, dass linke oder "alternative"JournalistInnen sich aufmachten, um eine gewisse Gegenöffentlichkeit in Westeuropa zuschaffen.
Während meiner Tätigkeit während der Kämpfe dort wurde ich von Teilen einerHausfassade relativ heftig am Rücken verletzt. Die GenossInnen der PFLP kümmerten sich ummeine medizinische Versorgung, in deren Rahmen ich meine spätere Ehefrau kennenlernte. Umes kurz zu machen: Wir heirateten, damit sie die deutsche Staatsbürgerschaft bekam,ausreisen konnte und ihre politische Arbeit hier in der BRD fortsetzen konnte. 1978 wurdeunsere Tochter Leila geboren.
Als sich im Sommer 1982 die politische und militärischeLage im Libanon durch die Intervention Israels wieder zuspitzte, sah es Salwa als ihrevordringliche politische und humanitäre Aufgabe an, den Palästinensern in dieserSituation beizustehen und nicht im fernen Deutschland tatenlos zu zu sehen. Ich blieb mitunserer Tochter in Deutschland.
Am Abend des 16. Dezember drangen christliche Milizenin das Palästinenserlager Sabra ein, das zuvor von der israelischen Armee abgeriegeltworden war. Dort ermordeten sie zwischen 800 und 1000 palästinensische Männer, Frauen undKinder, darunter auch nahezu das gesamte medizinische Personal eines kleinen Lazaretts,in dem meine Frau zu diesem Zeitpunkt tätig war.
Am 23. Dezember erhielt ich einenAnruf eines deutschen PFLP-Vertreters, der mir die Mitteilung vom Tode meiner Fraumachte.
Was da in mir vorging, kann ich nicht so einfach in Worte fassen.
Anfang1983 flog ich noch einmal in den Libanon, um Nachforschungen anzustellen, Zeugen zubefragen, mit der deutschen Botschaft dort zu sprechen etc. Obwohl meine Frau deutscheStaatsbürgerin war, zeigten sich die Behörden nicht sehr kooperativ, ging es doch nur umeine "Terroristin".
Am schlimmsten fand ich es, unserer damals vierjährigen Tochterzu Weihnachten zu eröffnen, dass ihre Mutter niemals wiederkäme. Das wünsche ichniemandem.
Als Leila ihr erstes Jahr zur Schule ging, fragte die Religionslehrerindie Klasse in der Vorweihnachtszeit, was Christen so zu Weihnachten machen.
Leilaantwortete ihr: "Meine Mutter totschiessen!"
Manchmal vermisse ich Salwa heutenoch. Sie war eine Kerze, die an beiden Enden brannte. In erster Linie Ärztin,Kommunistin aus Überzeugung, Palästinenserin von Geburt und sie wurde letztlich auf Grunddieser Kombination ermordet.