Angeklagter Murray kämpft auch gegen die Jacko-Fans in der JuryIm Prozess gegen den Leibarzt von Michael Jackson wirft die Zusammensetzung der Geschworenen Fragen auf. Mindestens die Hälfte der Jury-Mitglieder äusserte sich positiv über den «King of Pop».
Im Prozess um den Tod von Michael Jackson müssen Conrad Murray und seine Verteidiger in den nächsten fünf Wochen die Geschworenen überzeugen. In der Jury des Kriminalgerichts von Los Angeles sitzen zwölf Personen, die einen repräsentativen Querschnitt der Gesellschaft bilden sollen. In dem seit Dienstag laufenden Murray-Prozess sorgte vorab die Tatsache für Unverständnis, dass von den sieben Männern und fünf Frauen in der Jury nur eine Person afroamerikanischer Abstammung ist. Die anderen Geschworenen sind sechs Weisse und fünf Amerikaner hispanischer Herkunft. Allein die Hautfarbe ist in den USA immer wieder ein Grund für harsche Kritik an Geschworenengerichten, so war dies auch beim Mordprozess gegen O.J. Simpson.
Im Prozess gegen Jacksons Leibarzt, der wegen fahrlässiger Tötung angeklagt ist, kommt noch andere Brisanz dazu: Gemäss amerikanischen Medienberichten ist oder war mindestens die Hälfte der Geschworenen Fan des «King of Pop» oder hat eine positive Meinung über Jackson, der in der Nacht auf den 25. Juni 2009 nach einer Überdosis des Narkosemittels Propofol starb. Bei der Auswahl der zwölf Geschworenen aus über 70 Kandidaten prüfte das Gericht auch die Frage, ob sie durch die bisherige Medienberichterstattung über den Tod Jackson voreingenommen sind.
Mehrere Geschworene bezeichnen sich als Jackson-Fans
Auf Grund des 32-seitigen Fragebogens, den die Geschworenen auszufüllen hatten, haben die «Los Angeles Times» sowie die «International Business Times» die Personen unter die Lupe genommen, die letztlich über das Schicksal des angeklagten Jackson-Leibarztes entscheiden werden.
Unter den Geschworenen gibt es mehrere Personen, die sich explizit als Jackson-Fan bezeichnen. Ein 39-jähriger Mann zum Beispiel sagt, dass er mehrere CDs von Michael Jackson, den Jackson Five und Janet Jackson habe. Ein anderer Geschworener lobt Jackson als begnadeten Performer und besitzt seit seiner Teenagerzeit Musik des «King of Pop». Ein 32-Jähriger, der zu den Geschworenen gehört, denkt, «dass Jackson wahrscheinlich ein guter Mensch war». Er kenne zwar die Geschichten, wonach Jackson Knaben sexuell missbraucht haben soll, könne sich aber kein abschliessendes Urteil darüber bilden. Auch andere Geschworene äussern sich positiv über Jackson. Ein Jury-Mitglied bezeichnet sich als Jackson-Fan, vertritt aber die Ansicht, dass neben Ordnungskräften und Feuerwehrleuten auch Ärzte «grundsätzlich glaubwürdig» sind. Betrachten die Jackson-Fans unter den Geschworenen den Angeklagten zum Vornherein als schuldig? Über diese Frage lässt sich nur spekulieren.
Die Geschworenen im Murray-Prozess sind zwischen 32 und 57 Jahren alt, und sie kommen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten. Entsprechend verschieden ist die Lebenserfahrung der Jury-Mitglieder. Unter den zwölf Geschworenen gibt es einen Busfahrer, einen Briefträger, eine Rechtsanwaltsgehilfin, eine Kommunikationsdirektorin, aber auch eine Arbeitslose. Neben Anfängern, die erstmals als Geschworene an einer Gerichtsverhandlung teilnehmen, gibt es auch Personen mit bis zu drei Prozesserfahrungen. Die juristischen Kenntnisse scheinen unterschiedlich verteilt zu sein.
Geschworene werden von der Öffentlichkeit abgeschirmt
Der Prozess gegen den Leibarzt von Jackson wird zwar live im amerikanischen Fernsehen und Internet übertragen. Allerdings sind die Geschworenen selbst nicht zu sehen. «Zu keiner Zeit werden Geschworene fotografiert, gefilmt und anderswie abgebildet», sagt Richter Michael Pastor. «Wir nehmen ihre Privatsphäre sehr ernst.» Vor allem sollen sich die Geschworenen möglichst ungestört und unbeeinflusst von aussen ein Urteil bilden. Dazu haben sie fünf Wochen Zeit – so lange dauern die Anhörungen am Kriminalgericht von Los Angeles. Wird Murray verurteilt, drohen ihm bis zu vier Jahre Haft.
Die Staatsanwaltschaft wirft Murray vor, Jackson eine Überdosis des Betäubungsmittels Propofol gegeben und ihn dann vernachlässigt zu haben. Murrays Anwälte argumentieren dagegen, der unter Schlafstörungen leidende Sänger habe sich selbst einen tödlichen Cocktail aus Propofol und dem Beruhigungsmittel Lorazepam verabreicht.
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