Ist Intelligenz genetisch bedingt?

Subway schrieb:Im Übrigen bin ich nämlich auch der Meinung, dass Intelligenz angeboren ist.
Und woher sollte Intelligenz dann sonst kommen als von den Genen her? Allein durch seine Umgebung wird man wohl nicht intelligent, da bleiben am Ende nur noch die Gene.

Mit dieser Behauptung macht man es sich doch ein bisschen zu leicht. Es gibt genug intelligente Kinder, deren einfach strukturierte Eltern nicht erkennen oder erkennen wollen, wie intelligent ihr Kind ist. Sie tun diesen Umstand unter Umständen damit ab, ihr Kind als schwierig darzustellen, zu kompliziert oder was weiss ich auch immer.

Anderes Beispiel: Wenn eine werdende Mutter trotz ihrer, sagen wir mal Hochbegabung Alkohol oder Medikamente in der Schwangerschaft zu sich nimmt, wird sie wahrscheinlich kein intelligentes Kind zur Welt bringen.

Jetzt stellt sich nur die Frage: Wird Intelligenz ausschliesslich über den IQ gemessen und ab welcher Punktzahl gibt man als intelligent?

Dieser unten eingestellte Film wurde von Arte gesendet. Ich fand ihn sehr interessant.  

http://www.sendungverpasst.de/content/umwelthormone-verlieren-wir-den-verstand (Archiv-Version vom 17.11.2017)

Bauli schrieb:Sie tun diesen Umstand unter Umständen damit ab, ihr Kind als schwierig darzustellen, zu kompliziert oder was weiss ich auch immer.

Nicht jedes intelligente Kind ist automatisch kompliziert. Abgesehen davon kann man doch nicht selten über die schulischen Leistungen (damit meine ich nicht unbedingt Noten, eher dessen Herangehensweise bei komplizierten Aufgaben) eines Kindes Auskunft erhalten, wie es um dessen Auffassungsgabe bestellt ist.

Bauli schrieb:Anderes Beispiel: Wenn eine werdende Mutter trotz ihrer, sagen wir mal Hochbegabung Alkohol oder Medikamente in der Schwangerschaft zu sich nimmt, wird sie wahrscheinlich kein intelligentes Kind zur Welt bringen.

Das ist aber auch kein Argument dagegen, dass Intelligenz nicht genetisch bedingt ist.

Bauli schrieb:Jetzt stellt sich nur die Frage: Wird Intelligenz ausschliesslich über den IQ gemessen und ab welcher Punktzahl gibt man als intelligent?

Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Allerdings finde ich Intelligenztests nicht immer aussagekräftig. Viel aussagekräftiger finde ich es, zu beobachten, wie schnell jemand komplexe Zusammenhänge versteht. Vor allem im logisch-abstrakten Denken wie es in Mathe erforderlich ist, äußert sich mMn Intelligenz.

@Subway

Mathe hat nicht viel mit Intelligenz zu tun, eher mit Neugier und Wissbegier, die dazu führt die logischen Wege zu finden, an jene der ERFOLG anknüpft bzw. die Lösung.
Intelligenz ist ein Konstrukt, welches geschaffen wurde ,um Menschen zu kategorisieren, aber nicht um tatsächlich festzustellen wer sie reell besitzt. Neugier ist die eigentliche Intelligenz, je mehr Neugier und Ehrgeiz ein Mensch hat , je mehr Wissen. Und das hat jeder mit in die Wiege gelegt bekommen. Also keine Frage der Veranlagung sondern eine Frage der Förderung.

@AlbertE
Trotzdem kann man nicht abstreiten, dass einige eher befähigt sind, bestimmte Wege nachzuvollziehen oder gar selbst zu entdecken als andere. Diese Fähigkeit kann man nicht durch reines Lernen wett machen, eher durch ein großes Vorwissen kompensieren.
Gerade bei neuen Sachverhalten zeigen sich aber Unterschiede in den Fähigkeiten, die man einfach nicht abstreiten kann.

Nicht jeder ist dazu befähigt, ein bestimmtes Level im abstrakten Denken zu erlangen. IdR zeigt sich Intelligenz ja ohnehin erst zunehmend bei steigender Komplexität der Aufgaben.

„Intelligenz ist das, was man mit Hilfe von Intelligenztests misst“, lautet die bescheidene, aber unangreifbare Definition der Intelligenzforscherin Professor Elsbeth Stern am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung....

Und ihr Kollege Professor Jürgen Guthke von der Universität Leipzig hebt hervor, dass Intelligenztests unter den vielen überprüften Vorhersagemethoden für den späteren beruflichen Erfolg „noch die zuverlässigsten Prognosen erlauben“.

(https://www.welt.de/print-welt/article402368/Intelligenz-ist-das-was-man-mit-IQ-Tests-misst.html)
schon was älter, aber immer noch lesenswert.

AlbertE schrieb: Neugier ist die eigentliche Intelligenz, je mehr Neugier und Ehrgeiz ein Mensch hat , je mehr Wissen.

Steile These.

AlbertE schrieb:Intelligenz ist ein Konstrukt, welches geschaffen wurde ,um Menschen zu kategorisieren,...

Kann ich so unterschreiben.

@Subway

Also nehme ich an, dass Neugeborene bereits unterschiedliche Intelligenz Level haben? Oder starten wir alle bei Null?

@tonnenfieber

:-)

@AlbertE
Klar haben sie das.
Veräußern tut sich dies aber natürlich erst mit zunehmendem Alter.

AlbertE schrieb:Mathe hat nicht viel mit Intelligenz

Doch.
Ist ein sehr guter Indikator so viel ich weiß.

Durchfall schrieb:Doch.
Ist ein sehr guter Indikator so viel ich weiß.

ganz genau ..wenn du es in 'matte' schreibst ^^

Hochbegabung und Intelligenz sind doch was tolles...für Leute die sie nicht haben und darüber schwafeln.
Alle Potentiale virtuos wie Lang Lang spielen zu können,oder zu schreiben wie Hafez,Thomas Bernhardt oder Georg Büchner sind nutzlos wenn man in der Sahelzone,in einem jemenitischen Dreckloch oder auf einer Schutthalde am Fusse des Kailash zu hausen gezwungen ist

Subway schrieb:Im Übrigen bin ich nämlich auch der Meinung, dass Intelligenz angeboren ist.

Ich habe auch keinen Zweifel, dass Veranlagungen und Potentiale angeboren sind!

Subway schrieb:Und woher sollte Intelligenz dann sonst kommen als von den Genen her?

Die Frage ist:
Was hat die Gene verändert (in diesem Falle zur Intelligenz hin)?

Darum folge ich lieber:

Bei jedem Kind würfelt die Natur die Gen-Kombinationen neu zusammen. Intelligenz lässt sich nicht dominant vererben wie etwa die Augenfarbe, das kann die Wissenschaft heute definitiv sagen. Thilo Sarrazins Verdummungsthese lässt sich durch die Populationsgenetik jedenfalls nicht belegen.

(Aus meinem Link)und ganz wichtig: Epigenetische Einflüsse

Epigenetik lehrt, dass im Leben körperliche und geistige Erfahrungen, Veranlagungen und Potentiale von Eltern und Großeltern zum Einen an Kinder weitergegeben werden und diese zum Anderen durch An- oder Ausschalten von Genen auch noch zusätzlich in ihr Gegenteil verkehrt werden können. Daraus entstehen unendliche Möglichkeiten ("würfeln").

Wenn also zB. Großeltern Naturkatastrophen, Hungernöte oder Krieg erlebt haben, kann das durch An- oder Ausschaltung von Genen für die Enkel verheerende angeborene Folgen auf deren geistige und/oder körperliche Entwicklung haben.

Die Vielfalt der Möglichkeiten und die Zufälligkeit des Umschlagens in ihr Gegenteil ist schier unüberschaubar!
Deshalb ist schon einmal Welt-Frieden so wichtig!

edit: wegen der Intelligenz zB.

Wer jemals in Spielkreisen, Krabbelgruppen etc. herum gesessen hat (ich hab's), der wird feststellen, dass ALLE Eltern hochbegabte Kinder haben - weil geniale Eltern ja nur geniale Kinder haben können. Eltern neigen da generell zur (Selbst)überschätzung. Ich will mich da nicht ausnehmen.
Natürlich wollen die meisten Eltern, dass aus ihren Kindern später mal "was wird". Kinder sind aber nun mal eine höchst spekulative Kapitalanlage. Selbst das Eliteinternat garantiert nicht, dass der Nachwuchs hinterher Rendite abwirft, wenn das blöde Kackbratz hinterher doch nur Facility Manager im Wohnblock der Deutschen Annington wird.

Das Kind ist hochbegabt? Ach, das kriegen wir hier schon weg. (O-Ton einer Kita-Erzieherin meiner Ältesten).

Und natürlich darf da mein Lieblings-Hochbegabter nicht fehlen:

Subway schrieb:Nicht jedes intelligente Kind ist automatisch kompliziert.

Habe ich auch nicht so formuliert, sondern so:

Bauli schrieb:Sie tun diesen Umstand unter Umständen damit ab, ihr Kind als schwierig darzustellen, zu kompliziert oder was weiss ich auch immer.

In Zusammenhang mit diesem Satz an erster Stelle.

Bauli schrieb: Es gibt genug intelligente Kinder, deren einfach strukturierte Eltern nicht erkennen oder erkennen wollen, wie intelligent ihr Kind ist.

@Warhead

Japp, da muss man doch kräftig Beifall klatschen.

Geschickt eingeschädelt

eckhart schrieb am 28.11.2017:Warum sollte überhaupt irgend jemand diese Behauptung zur Kenntnis nehmen?
Aus wissenschaftlichen Gründen sicher nicht!

Bei jedem Kind würfelt die Natur die Gen-Kombinationen neu zusammen.
Intelligenz lässt sich nicht dominant vererben wie etwa die Augenfarbe, das kann die Wissenschaft heute definitiv sagen.

Zeitungsartikel sind keine Wissenschaftlichen Quellen, zumal die Artikel wiederum keine Quellen angeben.
Das Zitat ist auch ziemlich nichtssagend, ohne auf die Korrelationen oder Wahrscheinlichkeiten einzugehen.

We find that individuals’ cognitive skills are positively related to their parents’ abilities, despite controlling for educational attainment and family background.

Aus
“Do smart parents raise smart children? The intergenerational transmission of cognitive abilities “
Silke Anger, Guido Heineck

In folgendem Artikel wird meiner Meinung ganz gut gezeigt wo das Problem in der Diskussion liegt und warum das Thema im Prinzip Tabu ist.

https://news.nationalgeographic.com/2015/12/151211-genetics-intelligence-racism-science/

"Von der Wissenschaft einmal abgesehen, meine ich, man sollte nicht ohne ausreichenden Grund im überfüllten Theater ‚Feuer‘ rufen."

Steve G.Van Den Berg (Prof.für Verhaltensgenetik Uni Colorado, 1915-1992)

http://www.zeit.de/1969/18/sind-neger-wirklich-duemmer/komplettansicht, zit. nach New York Times, leider ohne originale Quelle.

Weil im Rassismus-Thread nach meinem Gefühl wieder mal zuviel über Genetik diskutiert wird,
stelle ich hier mal den Grund hierfür zur Diskussion:

Carl Zimmer sorgt sich darum, was passiert, wenn die Details untergehen oder die Forschungsergebnisse vielleicht sogar mutwillig falsch ausgelegt werden. Er erinnert daran, dass die amerikanische Gesellschaft schon vor hundert Jahren ignoriert hat, wie Vererbung funktioniert. Damals wurden sogenannte Geistesschwache/Schwachsinnige in Heime gesperrt und sterilisiert. Von Politikern beschlossen und von Wissenschaftlern gestützt.

„Sie lagen falsch, fundamental falsch“, sag Carl Zimmer. „Aber es gab auch damals schon Genetiker, die gesagt haben, diese Argumentation macht keinen Sinn, diese Praktiken sind grausam und auch nicht wissenschaftlich fundiert. Aber die Gesellschaft wollte glauben, dass alles vererbt wird und man nichts ändern oder verbessern könne. Das war eine sehr mächtige und verführerische Idee. Und die Menschen haben sie angenommen und wollten von den Einwänden nichts wissen. Und die Konsequenzen waren tragisch.“

Das Gedankengut der amerikanischen Eugeniker wurde in Deutschland von den Nationalsozialisten übernommen. Heute, wo wieder viel über vererbbare Intelligenz gesprochen wird, steigt auch das Missbrauchspotenzial wieder.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/neue-studie-gibt-eugenikern-futter-schlaue-eltern-schlaue.976.de.html?dram:article_id=424465

https://www.deutschlandfunkkultur.de/debatte-in-den-usa-wissenschaftler-streiten-ueber-den.976.de.html?dram:article_id=415443

@eckhart

Ich fürchte auch, dass die mörderischen Gespenster Eugenik und Rassismus heute im modernen Gewand der Genetik und Biologie daher kommen - mit allen möglichen bekannten Konsequenzen für die Bildungs- und Sozialpolitik, für Integration und soziale Teilhabe von Benachteiligten.

In diesem Forum gab es in den vergangenen ja auch schon so einige Statements. Und wo nicht die biologistische Ideologie als Widergänger umgeht, kommt der Rassismus 2.0 mit anderen Formulierungen daher: Früher hiess es: Der Nigger ist blöde. Heute heisst es: Der Afrikaner hat eine andere Kultur (nicht ausgesprochen: ... und passt daher nicht hierher!)

Doors schrieb:Ich fürchte auch, dass die mörderischen Gespenster Eugenik und Rassismus heute im modernen Gewand der Genetik und Biologie daher kommen - mit allen möglichen bekannten Konsequenzen für die Bildungs- und Sozialpolitik, für Integration und soziale Teilhabe von Benachteiligten.

da sollten wir doch am Besten auch Kernphysik und die Diskussion über Kernphysik verhindern
überhaupt sollte man keine Forschung mehr zulassen, Forschungsergebnisse sollten nicht veröffentlicht und den Menschen zugänglich gemacht werden. Denn die Gefahr des Missbrauchs von Wissen zum Nachteil von Menschen besteht immer.


oder man deckt auf, wo Forschungsergebnisse missbräuchlich gedeutet oder genutzt werden, BEVOR es direkten Schaden verursacht - behält aber die Möglichkeit zur Forschung und Veröffentlichung der Ergebnisse samt Diskussion darüber.