Warum denken depressive Menschen sie wären schlechter als andere?

@Truenes
Man erkennt am Schreibstil tatsächlich ganz gut wer selbst betroffen ist und wer Depressionen nur aus Analysen irgendwelcher Ärzte kennt.

Ich denke, ich habe in meinen Beiträgen oft genug erwähnt, dass ich über mein persönliches Empfinden als Depressiver berichte. Möchtest du jetzt ernsthaft für mich bestimmen, dass eine Gesprächstherapie mir hilft?
Und ich habe die Depression nicht als Wehwehchen abgetan. Ich wollte damit verdeutlichen, dass nicht jeder Depressive Medikamente braucht, aber man nicht pauschal die Pillen verteufeln sollte, wie es hier oft zu lesen ist. Die Teile sind eine große Erleichterung. Ich versuche mich aber für dich in Zukunft einfacher auszudrücken um Missverständnisse zu vermeiden.

@abschied

genau so sieht es aus.

@MVirus

kannst du mir bitte mal erklären wie du das am Schreibstil erkennen möchtest?

Genauso frage ich mich, warum du denkst ich möchte bestimmen, ob für dich eine Gesprächstherapie passt. Wie käme ich dazu, kenn ich dich doch gar nicht.

Wenn du sehr starke Depressionen hast schaffst du es ohne Mekikamente nicht!
Möchte auch gerne noch mal extra erwähnen, dass du dich nicht einfacher ausdrücken muss, sonder vielleicht vielmehr meine Post anders lesen bzw. nicht irgendetwas unterstellen.. Das würde schon helfen.

Depressionen haben viele Gesichter.
Ich habe selber erfahren müssen, dass eigentlich kaum ein Außenstehender wirklich nachempfinden kann, wie es in einem Depressiven aussieht und wie es sich anfühlt.

Und jeder Depressive empfindet diese Erkrankung anders. Ja, Depressionen sind eine Erkrankung wie alle anderen auch, nur dass man sie nicht sehen oder messen kann. Einen Beinbruch sieht man sofort, eine Erkältung auch, aber Depressionen erscheinen auf keinem Röntgenbild und keinem Ultraschall.


Es ist eine Art Leere, man ist nicht mehr in der Lage, Freude zu empfinden, egal wie fröhlich alles um einen herum ist. Und solche Tipps wie "Lach doch mal!" oder "Sei mal nicht so traurig!" helfen das absolut nicht.
Ein Depressiver ist wie in eine enge schwarze Decke gehüllt. Alle Empfindungen sind gelähmt und wenn er etwas empfindet, dann sind es negative Gefühle, die meist auch noch verstärkt werden.
Gefühle kann man nicht steuern, das vergessen leider Außenstehende nur zu oft. Sie entstehen als Reaktion auf die Umgebung oder als Reaktion auf eigene Gedanken. Als Beispiel: Ein gesunder Mensch empfindet bei einem Geschenk Freude, ein Depressiver kann dabei aber plötzlich so beschämt reagieren, dass er in Tränen ausbricht.
Depressionen werden oft mit Ängsten begleitet. In depressiven Phasen spinnt die ganze Gefühlslage. Man hat plötzlich vor Dingen Angst, die man vorher nicht fürchtete. Und da kann man noch soviel mit dem Verstand dagegen anreden. Glaubt mir, ich habe es selbst versucht. Ich gehe bei Ängsten immer sehr ojektiv heran und versuche mir alles wissenschaftlich zu erklären, denn Angst entsteht ja meist durch Unwissen. Aber auch wenn der Verstand sagt: "Es ist alles in Ordnung!", schreit das Gefühlszentrum "Nein, ist es nicht! Alarm!!"
Dagegen ist man praktisch hilflos.

Ich kann daher auch die Leute verstehen, die in ihrer Verzweiflung den Schritt in den Suizid wagen. Weil sie es nicht länger ertragen, diese Hölle in einem selbst. Diese Hölle zwingt sie, Dinge zu denken und zu sehen, die ein gesunder Mensch nicht verstehen kann. Es geht hier nicht um Aufmerksamkeit oder "Mode-Erkrankungen". Es geht hier um eine ernste und viel zu lange verschwiegende Erkrankung, mit der die Betroffenen doppelt bestraft werden: zum einen durch ihre eigene Gefühlswelt, die ohne sichtbaren Grund zusammenbricht, und zum anderen durch das Unverständnis der Mitmenschen.

Ich denke aber trotzdem, dass kein Depressiver sich umbringen muss.
Depressionen sind eine sehr komplexe Erkrankung und kann Hunderte von Ursachen haben.
Dem einen hilft eine Ernährungsumstellung, dem anderen Gespräche, dem dritten Medikamente oder eine Kombination aus allem. Depressionen sind individuell und genauso individuell muss auch die Behandlung sein. Aber das macht nicht jeder.
Depressiven kann ich nur empfehlen, auch selbst dagegen vorzugehen. Denn sie kennen sich am besten und sie können auch viel selbst dazu beitragen, sich aus dieser "inneren Hölle" zu befreien. Aber sie brauchen Hilfe und Verständnis von ihrer Umwelt. Und hier hapert es noch ab und zu.

@Truenes

Bipolare z.B., es gibt eben wirklich Stoffwechselstörungen die ohne entsprechende medikamentöse Therapie nie symptomefrei sind, da hilft die Gesprächstherapie schon eher ausgleichend, irgendwo sollte man seinen Frust und seine Sorgen im Alltag lassen können, wenn man nicht Alles und Jeden um sich herum unter den eigenen Stimmungsschwankungen leiden lassen will, weil das Wissen um die Sorgen der Betroffenen auch Familienangehörige und nahestehenden Personen negativ belasten können!

Leider gibt es aus Scham und Angst häufig erhebliche Kollateralschäden für die Familien von Betroffenen. Es wird zu wenig, wirklich offen miteinander geredet...

Depressionen sind leider nicht nur auf die Person die sie betreffen eine schwere emotionale Last, auch die Angehörigen, stehen immer unter einer nervlichen Zerreißprobe...gerade deswegen ist ihre Behandlung auch nur dann erfolgreich, wenn die ganze Familie Unterstützung erfährt. Schämen braucht sich weder Betroffener für seine Erkrankung, noch die Familie, es ist nichts stigmatisierendes, wenn man damit offensiv umgeht!

DieSache schrieb:Bipolare z.B., es gibt eben wirklich Stoffwechselstörungen die ohne entsprechende medikamentöse Therapie nie symptomefrei sind

Symptomfrei wird man durch medikamentöse Behandlung aber auch nie.

@vincent

wenn man gut eingestellt ist aber höchstwahrscheinlich doch deutlich reduzierter!

@DieSache
Das schon, klar. Man liest das aber häufig und ich denke es weckt oft eine falsche Hoffnung.

@vincent

ich vergleiche es immer mit Diabetes und Insulinpflichtigkeit. Würde der Diabetiker sein Insulin nicht zuführen, dann käme er schnell in eine Überzuckerung und würde viel früher schon an den Folgeerkrankungen leiden!

Bei gewissen stoffwechselbeteiligten Erkrankungen ist es eben wichtig ein Gleichgewicht wieder herzustellen, aber heilen in dem Sinn, lassen sich heute noch viele Erkrankungen und Störungen noch nicht, nicht in Allem sind Medizin und Forschung schon so weit...

@DieSache
Ja, trifft schon zu...
Man kann vielleicht auch (trockene) Alkoholiker vergleichen. Selbst wenn man nicht mehr trinkt ist die Gefahr einfach höher, dass es zu einem Rückfall kommt.
Aber dein Schwerpunkt auf den Stoffwechsel verstehe ich trotzdem nicht ganz. Wird der Sache nicht gerecht, denke ich.

@vincent

es liegt an einem Ungleichgewicht des Gehirnstoffwechsels, welches die Depression auslöst (Trauma, ob nun physisch, oder psychisch kann solch ein Ungleichgewicht entstehen lassen!).

@DieSache
Da lassen sich doch sogar neben den affektiven auch alle Persönlichkeitsstörungen hinzuzählen. Dass der Stoffwechsel im Gehirn nicht "optimal" funktioniert ist klar.

@vincent

auf nichts anderes wollte ich hinweisen!

Kenne eben aus eigener Erfahrung die Reaktionen vom Umfeld, viele verstehen nicht, dass man gegen die eigene Biologie nicht ankommt. Kenne Leute die glauben ernsthaft man könne sich einer Depression völlig entziehen, wenn man nur keine Schwäche zeigt und aufkommen lässt!

Wenn ich tagelang im Bett lag, war was ich zu hören bekam "Mensch, reiß dich doch Mal zusammen!", schlimmer waren dann aber die Manien, zumindest in ihren Auswirkungen ;)

@DieSache
Kenne ich aus der anderen Perspektive..

@Truenes
Man erkennt es unter anderem an der Art wie über das Selbstwertgefühl geredet wird. Selbstwert spielt keine primäre Rolle. Das ist eine typische Argumentation von Leuten die eine Erklärung suchen für etwas was man nicht erklären kann.

Nun, du hast mich doch schließlich gefragt ob ich ernsthaft Depressionen als Wehwehchen bezeichne. Wie sollte ich die Frage anders interpretieren? Ich bin kein Gegner von unterstützende Arznei. Wenn es doch hilft.
Bringt zumindest mehr als das Gespräch

@abschied

Genau so war es bei mir auch. Wie traurig das klingt. Ich kann ohne Anti-Depressiva nicht klar kommen. Neuroleptika nehme ich seeeehr selten. Depressionen sind wirklich sehr hinterhältig wie du beschrieben hast. Vor allem bei den Manischen-Depressionen. In einem Moment denkt man du hast alles unter Kontrolle, in anderem Moment willst du einfach nur sterben. Ich weiß nicht wie es bei dir ist, aber ich WILL nicht sterben. Ich wollte nie sterben, aber 'irgendwas' will das ich sterben will. Das ist so schwer zu beschreiben wie diese 'Leere' von der du schriebst. Ich weiß nicht wie es bei dir ist.

@Truenes @MVirus

Ich denke nicht das man hier sich gegenseitig als 'nicht' depressiv bezeichnen sollte. Ich meine man kann anhand des Schreibstil oder Erfahrung nicht einfach sagen: er ist nicht depressiv.

Wie ich schon bei Abschied gelesen habe, er konnte nicht durch Medikamente. Vielleicht geht es bei ihm und bei mir nicht. Vielleicht ist MVirus einfach 'stärker' oder sonst was. Deswegen braucht er keine Tabletten.

@MVirus
Ich weiß nicht ob du Lust hast, aber kannst du mir vielleicht eine PM schicken oder hier schreiben wie du es geschafft hast. Was sind deine Tricks? Ich bin noch sehr Jung und will alles tun damit ich nicht Zybrexa bekomme. Ich will alles probieren was geht damit ich nicht dieses 'todesurteil' schlucken muss ...

Es gibt keinen Königsweg der Behandlung!

Jeder Betroffene, dessen Vita/Anamnese und Ausprägung der Beschwerden sind individuell, auch wenn es Parallelen gibt (Emotionslage z.B.)...

Man muss sich eben selbst auch mit der Diagnose auseinandersetzen und oft ist es ersmal ein Versuch macht Kluch Ding, jeder von uns hat eine eigene Vorgeschichte und einen eigenen Methabolismus, was bei Einen wirkt kann beim Anderen schon wieder kontraproduktiv sein (Medikamente z.B. auch Wechselwirkungen, oder zu unangenehme Nebenwirkungen).

Gespräche helfen aber hier und da, sich einfach Mal geordneter zu bekommen, der Psychotherapeut hilft einem nur dabei selbst Lösungswege zu finden ;)

KoiKarpfen schrieb:Genau so war es bei mir auch. Wie traurig das klingt. Ich kann ohne Anti-Depressiva nicht klar kommen. Neuroleptika nehme ich seeeehr selten. Depressionen sind wirklich sehr hinterhältig wie du beschrieben hast. Vor allem bei den Manischen-Depressionen. In einem Moment denkt man du hast alles unter Kontrolle, in anderem Moment willst du einfach nur sterben. Ich weiß nicht wie es bei dir ist, aber ich WILL nicht sterben. Ich wollte nie sterben, aber 'irgendwas' will das ich sterben will. Das ist so schwer zu beschreiben wie diese 'Leere' von der du schriebst. Ich weiß nicht wie es bei dir ist.

Ich bin vom Grundsatz immer ein lebensfroher Mensch gewesen oder bin es zum Glück wieder. Vor meiner Depression hab ich suizidgefährdete Menschen belächelt und verspottet. Das lag einfach daran, weil ich überhaupt keine Ahnung hatte, warum jemand kein Bock haben könnte zu leben. Ich war in dieser Hinsicht also einfach ziemlich dumm gewesen, wie die meisten Menschen auf der Welt, die meinen man könnte das aus einer gesunden Psyche heraus beurteilen.

Tja, und dann hat mich in meiner Blümchenwelt selber der Schlag getroffen. :D

Und es gab somit auch tatsächlich etwas Positives an der Krankheit. Und zwar hat sie mich ein bischen schlauer gemacht hat und mir meine Grenzen und die meiner Mitmenschen gezeigt. Mein Cipralex hab ich seit längerem vorsichtig abgesetzt und mir geht es weiterhin gut. Ich leiste meinen Beitrag mein Leben so zu gestalten, dass sich die Depression nicht wiederholt. Voraussagen kann man nichts, aber seit rund 3 Jahren ist bislang alles gut gegangen.

@abschied

drück dir für Beständigkeit mal alles an Daumen was ich hab ;)

Ja ein positives hat es, man lernt nicht nur oberflächlich auf Mitmenschen zu schaun ;)

@DieSache

Danke. :)