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Früher war Alles besser?

182 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Generationen ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 08:52
Meine Tochter ist 99 geboren und hatte beides. Sie hatte in der Nähe einen Wald mit Bach, bei schönem Wetter waren sie den ganzen Tag mit dem Fahrrad unterwegs und haben sich durchs Dorf verteilt versorgt. Da gab es dann bei dem einen was zu trinken, beim nächsten gab es Eis, dann wieder nen Apfel oder so.

Im Winter kam sie manches Mal patsch nass ausm Schnee nach Hause. Dann ging es in die warme Wanne und danach gab es einen heißen Kakao.

Dann gab es aber auch die Zeiten wo sie sich durch Youtube geklickt hat und irgendwelche Spiele gespielt hat.
Später kamen dann die ganzen Influencer dazu.

Ich habe auch viel mit ihr zusammen geschaut, nicht weil ich Bibi und Co so toll fand, sondern einfach nur, weil ich Interesse an ihren Interessen gezeigt habe.


Ich hatte keine so tolle Kindheit und Jugend. Meine Zeit bringe ich meist mit Arbeit in Verbindung. Meine Eltern hatten eine Reinigungsfirma und ich hatte meine erste Putzstelle mit 12. Es kamen dann immer mehr dazu.

Deshalb wollte ich, dass meine Tochter eher eine unbeschwerte Zeit verbringt.

Sie musste im Haushalt nicht viel helfen, hatte sehr viele Freiheiten. Eine Bedingung hatte ich aber. Sie sollte sich in der Schule Mühe geben.

Ich selbst genieße die heutige Zeit total. Ich mag mein Smartphone, ich bin furchtbar gerne im Netz unterwegs, liebe meine Hörbücher und durch meine Tochter hatte ich auch immer mal wieder Einblick in die heutige Musik.
Mittlerweile höre ich kaum noch Musik von heute. Also hat mich in der Musik das Nostalgievirus erwischt.

Wenn ich mir überlege wie sehr es auch mein Hobby beeinflusst hat. Ich stricke gerne Socken. Am Anfang meines Hobbys war es so, dass ich mir Bücher und Hefte mit Anleitungen holen musste.
Heute hab ich sie im Internet, spart viel Platz und Papier. Wenn ich ein Muster entdecke, was mir gefällt, dann speicher ich mir die PDF auf meinem Smartphone. Total praktisch.

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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 09:51
Heute könnten die Kinder und auch mitunter wir Erwachsene auch beides haben. Smartphone, Internet und Co sind ja per se nicht schlecht. Nur sollten Eltern ihren Kindern oft einen gewissenhafteren Umgang mit diesen Dingen beibringen. Wir haben auch Atari und Co gezockt, heimlich Horrorfilme geguckt... UND haben viel draußen gespielt, konnten Waldfrüchte und Bäume unterscheiden, haben mittags Fußball gespielt usw... wenn allerdings die Eltern schon pausenlos am Smartphone hängen oder zocken, wird es für Kinder natürlich schwer.


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17.06.2019 um 10:15
@abberline
die kinder erziehen sich ja nicht selber.
die eltern sind da in der pflicht. hat man faule eltern, ist ja klar, dass die kinder auch der faulheit verfallen.
man muss sich als eltern der pflicht und verantwortung bewusst sein und mit den kindern raus gehen.


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17.06.2019 um 10:36
@BluesBreaker
Ich seh derzeit aber leider vielerorts die Tendenz dazu. Es wäre doch mal interessant zu sehen, was passieren würde, wenn Facebook, whats App und die Konsole und Co mal eine Woche nicht funktionieren würden. Dann wüssten doch viele nichts mit sich anzufangen


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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 10:50
Zitat von HyperboreaHyperborea schrieb:Mehr Solidarität gibt es, wenn alle nix haben und aufeinander angewiesen sind. Oder bei Katastrophen.
Na, es ist doch noch jeder von anderen abhängig. Davor verschließen nur viele die Augen. Man stelle sich vor, man müsste sein Brot/die Brötchen selber backen, dazu erst mal das Getreide ernten und ganz am Schluß kümmert man sich selber um seinen Müll. Mit Geld kann man sich nur kaufen, was andere hergeben. Von daher sollte man schon jedem anderen Respekt entgegenbringen. Wenn die nämlich keinen Bock mehr haben, dann steht man ganz doof da. :-)


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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 10:50
@abberline
ja, aber so würden sie es lernen.
am anfang kommt natürlich der entzug, aber die erholung und die entschleunigung kommt aber dann schneller als man denkt ;).


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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 10:52
@BluesBreaker
Quasi ein virtual reality survival game mit Wahnsinnsgrafik und in Echtzeit😉


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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 10:56
@abberline
es sind halt zwei paar schuhe.
das eine ist digitale bessesenheit, immer und überall seinen geltungsdrang und ansehen zu dokumentieren und bewerten zu lassen (einseitig durch daumen nach oben).

und das andere ist geniessen der natur (passive lebewesen wie bäume, aber auch aktive wie vögel, etc.), welche dich nehmen so wie du bist und dich nicht gleich bewerten und von dir auch nichts erwarten (ausser das du diese respektiert, etc.).

ich entscheide mich gerne für das zweite, aber ich bin mit meiner generation auch noch so aufgewachsen.
mein erste smartphone hatte ich erst mit 20 ;).


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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 11:06
Die neue Technik ist ja grundsätzlich nicht verkehrt. Ich finde es nur traurig, dass man immer mehr Eltern sieht, die mehr mit ihren Smartphones beschäftigt sind, als mit ihren Kindern. Selbst beim Kinderpsychologen im Wartezimmer, habe ich erzählt bekommen, das finde ich wirklich schon 'krank'.


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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 11:09
@oBARBIEoCUEo
das zeigt ja, viele menschen leben in einer digitalen parallelwelt und geniessen die richtige welt nicht mehr bewusst.
alles ist auf ansehen und angesehen werden getrimmt (siehe influencer).

es gibt ein gutes bild dazu:

Smartphone-Zombies-1280x720Original anzeigen (0,2 MB)


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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 11:12
Zitat von BluesBreakerBluesBreaker schrieb:das zeigt ja, viele menschen leben in einer digitalen parallelwelt und geniessen die richtige welt nicht mehr bewusst.
alles ist auf ansehen und angesehen werden getrimmt (siehe influencer).
Auf dem Bild fehlen noch die Kinder, die fragend zu den Erwachsenen aufschauen. :-D
So am Bein hängend, nach oben guckend, mit ängstlich, fast resigniertem Gesichtsausdruck, hahaha...


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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 11:57
Sicherlich war es früher nicht besser - die 90er z. B. waren nicht besser oder schlechter als die 80er oder 00er-Jahre, aber jeder hat nun mal ein ihm besonders im Gedächnis eingebranntes Jahrzehnt, "seine Zeit" - bei mir sind das die 90er: Rollerblades, Ü-Ei Happy Hippos, Britpop, Dr. Alban, Rave, Guildo Horn beim ESC, und die Serie "Beverly Hills 90210" sowie rückblickend betrachtet zweifelhafte Mode-Diamanten wie Buffalos und diese Jogginghosen mit den seitlichen Druckknöpfen, herrje, damals schien's cool. :lolcry: Tatsächlich kein schöner Anblick! Manche versuchen bis heute, die Bilder aus dem Kopf zu bekommen.
Und auch da musste man als Kind der Neunziger durch, das Wolle-Petry-Syndrom: Armbänder aus Plastikperlen in jeder Farbe, und zwar viele, sehr viele.
In Erinnerung bleiben mir auch verkrampfte Daumen nach mal wieder langem Gameboy-Gedaddel (Super Mario oder Tetris ) und der Verdruss über die Kosten der Batterien.
Und dann natürlich Songs aus dem Radio auf Kassette aufgenommen (meistens abprupt unterbrochen, weil der Moderator zum Songende hin wieder mal reingequatscht hat :grr: )

Also, na klar, die 90er waren das beste Jahrzent! ;)


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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 12:26
Ich bin ein Kind der 70er. Mit Glamrock und Plateauschuhen. Kassettenrekorder und LPs.
Es war sicher besser gewesen, aber auch mühsamer, wenn man die heutigen Technik vergleicht.
Wir sassen dann an den Boxen vom dem Fernseher um mit dem Kassettenrekorder das Lied aufzunehmen inklusive Nebengeräusche. Heute geht es einfach mit You Tube und Co.

Die ersten Atari Spiele, bekannt das Pong! Später kamen immer mehr verschiedene Spiele da kam das halbe Dorf (Schulkinder) um bei uns zu spielen.

Sonst war man im Wald, Baumhütten bauen und kamen erst Abends wieder nach Hause.


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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 13:48
@Myon-Neutrino

Ja, ja. Früher war alles besser, grösser und toller. Die Brötchen haben fünf Pfennige gekostet, die Frauen hatten silikonfreie Titten und der Kaiser war ein guter Mann.

Wie mich diese Rückwärtsgewandtheit mancher Zeitgenossen ankotzt! Dergleichen kennt man eigentlich nur von senilen Labersäcken auf der Gartenbank vor der Tagespflege, wo sie sich die Hose vollpissen und angebunden werden, damit sie nicht weglaufen. Hoffentlich sterbe ich, bevor ich so werde!

Ich bin in einem "ziemlich viel früher" aufgewachsen, Jahrgang 1954 - und ich fand absolut nichts irgendwie besser. Ich lebe im Heute und, mit Glück, noch im Morgen. Die Hölle hab' ich schon hinter mir.


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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 14:12
Jede Zeit"epoche" hat Vor- und Nachteile und es kommt auch darauf an, woran man sich dann erinnert "selektives Gedächtnis".

Ich bin ein Kind der 70er. Ich fand meine Kindheit ziemlich "eng" und begrenzt - die ganze (dörfliche) Welt war hier so. Es gab eine superklar getrennte Erwachsenen- und Kinderwelt. Meine Eltern hatten z.B. auch Freunde, die jahrzehntelang unglücklich verheiratet waren, aber sich lieber ihrem Unglück ergaben, als sich Scheiden zu lassen (aus verschiedenen Gründen, gesellschaftlicher Druck war einr davon). Arbeitslosigkeit war ein großes Schreckgespenst im ländlichen Raum.

Ich hatte irgendwie Angst vor der Zukunft, da ich nicht wusste, wie die Erwachsenenwelt funktioniert - sie schien nach Regeln zu funktionieren, die ich nicht verstand. Ich startete auch ziemlich naiv ins Erwachsenenleben. Opfer von sexuellen Übergriffen in meiner Kindheit war ich auch - nicht aufgeklärt, ich habe nur verstanden, dass das, was passiert, in die "Erwachsenenwelt" gehört und konnte es überhaupt nicht einordnen oder wusste auch nicht, wie mich mich verhalten soll und sagte jahrelang nichts, weil mir gar nicht klar war, dass ich ein Opfer war. Und ja, diese klare Struktur auch Sicherheit. Man war wie in einem Theaterstück und hatte eine klare Rolle. Einmal bekam ich von meinem Vater eine Backpfeife, weil sich die Nachbarin beschwerte, dass ich nicht gegrüßt hätte (ich hatte sie schlicht übersehen).

Auch Geld war so ein Ding - meine Mutter (die viel lieber gearbeitet hätte), war als Hausfrau daheim, weil sie uns versorgen musste und weil jeder daheim war und sich ein zweites Auto nie gerechnet hätte. Das frustierte sie ziemlich (da nicht ausgelastet). Weil es keine Plätze im Altersheim gab, zogen nacheinander dann der Reihe nach eine Gruppe Großtanten bei uns ein, die unser Familienleben ziemlich durcheinander brachten und eine ziemliche Anspruchshaltung an den Tag legten - meine Mutter wurde auch in ein Leben gepresst und machte das, was alle machten - Kirche, Garten, Kinder, alte Verwandte, Handarbeiten. Da man mit Geld sparsam umgehen musste, wurde eingekocht und eingeweckt, Kleider geflickt, Dinge repariert, gespart und geknausert. Ging es den Tanten schlecht, blieben wir den Sommer daheim und Mama konnte nicht mal mit uns ins Freibad gehen oder so. Das galt auch, wenn die Tante einfach rumzickte - man lernte, dass das Alter zu respektieren sei. Für uns Kinder wurde selten Geld ausgegeben - wir waren mittags sehr frei und spielten in Wäldern (heißt heute Waldpädagogik), fuhren mit den Rädern zu einem Teich und schwammen da (niemand ertrank, würde heute niemand erlauben), besuchten uns gegenseitig, bauten Hütten und spielten "Erwachsen", besuchten ein "Gruselhaus" (die Besitzer waren tödlich verunglückt"). Das waren unsere Highlights und wir spielten gerne draußen und konnten wirklich im Spiel aufgehen - etwas, was Kindern heute fehlt.

Meine Eltern bauten ein Haus - für 12% Zinsen, d.h. es musste eisern gespart werden, damit man das Ding gut abzahlen konnte. Die Nachbarschaft war spießig und zu 100% Einbruchssicher, weil jeder immer den anderen beobachtete. Ohne Witz stellten meine Eltern am Sonntagmorgen den Wecker auf 7, zogen die Rollläden hoch und schliefen weiter, damit niemand dachte, sie seien faul. Kehrwoche wurde pünktlich gemacht und der Garten musste immer tiptop aussehen. Wieder Einschränkungen. Reisen z.B. waren sehr teuer. Wir fuhren z.B. mal zu Verwandten nach Stuttgart, da ging es aber nie darum, uns Kinder mal was zu zeigen, man aß zu Mittag, spazierte durch Weinberge, sah von weitem den Fernsehturm, trank Kaffee und ging. Die Wilhelma (Zoo) habe ich z.B. erst als Erwachsene besucht. Irgendwo da draußen war das Meer, das geteilte Berlin, Paris und London ... und war sahen 2x im Jahr die Kaffeetafel bei Tante Erna im Stuttgarter Außenbezirk. Sonst war die Welt so groß, wie man sie mit dem ganglosen Kinderfahrrad erreichen konnte, denn Benzin war teuer. Am Sonntag durften wir uns nicht gegenseitig besuchen, da war "Familienzeit", ne Stunde länger schlafen, Kirche, dann wurde was Aufwändigeres gekocht, man lief immer die gleiche Runde über die Felder und traf immer die gleichen Leute, dann schlief mein Vater auf dem Sofa ein, weil er die ganze Woche hart arbeitete und wir lernten für die Schule - nicht aus Motivation, es gab sonst nichts zu tun.

Mit der Tochter des besagten Ärztepaares war ich mal kurz befreundet, die ging aufs Gymnasium, sprach Englisch, Französisch und Latein, hatte Ballett- und Klavierunterricht - sie hatten eine französische Haushaltshilfe und sprachen abends beim Abendessen immer französisch (ausschließlich). Wenn ich dort mitaß, dann verstand ich kein Wort - und kam mir wirklich doof und vorgeführt vor, so, als ob ich zur Unterschicht gehörte und sie zu einer anderen Zivilisationsstufe, v.a., weil die auch Dinge aßen, die ich nicht kannte - wir futterten nämlich regional und lokal (und viel "Bio" aus unserem eigenen Garten) und z.B. bis auf Forelle niemals Fisch. Daher schien es mir so, als ob mein Platz in der Gesellschaft fest betoniert wäre und ich irgendwie weniger wert sei. Das wurde auch mal bei ihnen besprochen und die Mutter argumentierte (war nicht für meine Ohren bestimmt), dass es für das Mädel gut sei, auch mal Kontakt zu "solchen Kindern" zu haben. Ich kam mir total abgewertet vor. Diese Familie fuhr mitunter nach Berlin und nach Frankreich und es schien so, als ob wir eine unendliche Distanz zwischen uns hatten, sie sahen die Welt, während ich festsaß. Wir sietzten die Eltern unserer Freunde und wenn ein Freund "schlechter Einfluss" war, dann verboten uns unsere Eltern, mit "denen" zu spielen.

Wir waren sehr genügsam ... man ging nicht in Vereine (zu teuer) bzw. man ging als Mädchen nicht in Vereine - die Jungs waren alle im Fußballverein oder bei den Ministranten oder bei der freiwlligen Feuerwehr und hatten auch mehr Freiheit. Wir Mädchen lasen (und unsere örtliche Bilbliothek war super bestückt), spielten Puppen und hatten ein oder zwei Gesellschaftsspiele. Wir waren oft im Freibad, das war nämlich billig und nur ein Becken, wir fanden es trotzdem toll, hatte eine Familie mehr als zwei Kinder, kamen die damals kostenlos rein. Heute gibt es das Bad nicht mehr (und andere Bäder auch nicht). Wir konnten alle schwimmen, weil unser Schwimmverein tolle Kurse anbot - für jeden erschwinglich.

Klamotten bekamen wir von unseren Cousinen, da fragte niemand, ob sie uns gefielen. Waren sie kaputt, wurden sie wieder repariert. Dann wurden sie weitergegeben. Oft war ich #5, die die Klamotten anhatte. Wir gingen auch nie essen - Familienfeiern wurden zu Hause begangen - meine Mutter hatte ja Zeit :-), wir Mädchen mussten mithelfen. Man freute sich wirklich, wenn man was geschenkt bekam. Aufgeklärt wurden wir durch den großen Bruder einer Freundin und die Bravo, die die Freundin heimlich kaufte.

Ich fand Schule toll, schon in der Grundschule, weil man da neue Dinge lernte und wir lernten auch mehr - und weniger verspielt als heute, es gab viele Bildungsinhalte- und erlebte, wie die Grundschulempfehlung fürs Gymnasium an die Jungs meiner Klasse ging (und ein Über-Überfliegermädchen) - und das, obwohl sie schlechtere Noten hatten als ich. Die absurde Begründung war, dass ich so fleißig war und man gar nicht wüsste, ob ich schlau genug wäre, für den Fall, dass ich mal nicht so fleißig bin :-). Mein Kinderarzt hatte seine Frau im Medizinstudium kennengelernt, sie praktizierte aber nicht (oder fast nicht) als Ärztin, sondern arbeitete als Sprechstundenhilfe, damit sie seine Position nicht gefährdete. Nur wenn die Praxis überlief, durfte sie an eindeutige Fälle wie Windpocken ran, fragte den Mann aber häufig "um Rat", damit er sich nicht übergangen fühlte.

Ich "verstand", dass ich die Welt nur sehen würde, wenn ich es schaffte, nach "oben" zu heiraten. Als es mit 15 soweit war und sich der erste junge Mann in mich verliebte (und ich war so erleichtert ...., denn ich hatte insgeheim Angst gehabt, eine Schachtel zu werden) war ich völlig überfordert. Erst nahm ich die Einladungen an. Dann fühlte ich mich noch eingeschränkter. Dann ging ich auf Distanz - um von meinen alten Tanten erzählt zu bekommen, dass er ein ordentlicher Mann sei und ich ein verwöhntes Gör und dass mir das Leben vermutlich nicht viele dieser Gelegenheiten bieten würde. Als er dann noch drohte, Selbstmord zu begehen, hätte ich ihn fast geheiratet - einfach, weil ich so ahnungslos und verwirrt war, was die Zukunft angeht ... viele meiner Freundinnen haben nach solchen Motiven gehandelt .. sitzen heute hier fest und ärgern sich darüber, wie damals die Weichen gestellt wurden.

Das waren die 70er und 80er für mich ...


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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 14:18
Wie ich bereits schrieb, heute ist die gute alte Zeit von morgen, sagte bereits Karl Valentin. Jede Zeit hat schöne und weniger schöne Seiten. Allerdings sollten wir darauf achten, dass auch die nächste Generation schöne Zeiten haben kann


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Früher war Alles besser?

17.06.2019 um 14:45
Einfach noch mal eine proletarische Grossstadt-Kindheit und Jugend aus der "guten alten Zeit" ausgebuddelt:

Ich wurde 1954 in Hamburg-St.Pauli geboren. Mein Vater war Werftarbeiter, meine Mutter ging putzen, arbeitete in einer Fischkonservenfabrik, als Näherin, als Verkäuferin.

Mein Vater hatte, wie viele Kriegsteilnehmer, den Traum vom Häuschen im Grünen. Daraus ist nie etwas geworden: Krieg, Gefangenschaft, Wiederaufbau, Werftensterben, Arbeitslosigkeit, Alkohol, Krebs. Zu viele Gründe, warum ein Lebenstraum nicht Wirklichkeit werden konnte.

Ich hatte drei Geschwister: Knut, Jahrgang 1948, Heidemarie, 1950, Sonja, 1959.

Wir lebten in „kleinen Verhältnissen“ wie man damals sagte: Etagenwohnung, Ofenheizung, Eineinhalb Zimmer, Küche, Klo auf halber Treppe, Bad blieb ein Traum.

Abends wurde der Esstisch mit einem Flaschenzug unter die Küchendecke gehievt und wir vier teilten uns anfangs zwei durchgelegene Matratzen auf dem Boden. Erst später bekamen wir eine größere Wohnung, die beiden Mädchen und die beiden Jungs jeweils gemeinsam eine kleine Kammer, groß genug für die Betten und einen Kleiderschrank. Gebadet wurde Samstags in der Zinkwanne. Erst die Mädchen, dann die Jungs.

Es gab keinen Fernseher, kein Telefon, kein Auto. Ein Radio war meine Verbindung zur Welt, Quell von Inspiration und Sehnsüchten.

An meinen großen Bruder erinnere ich mich mit einer Mischung aus Bewunderung, Angst und Abscheu. Er war groß, stark und unberechenbar. Er schlug uns, belästigte uns sexuell – aber er war auch jemand, mit dem wir anderen drohen konnten.

Heide war ein Mutterersatz für mich und Sonja. Sie las uns Kleinen vor, sang für uns, wir durften uns an sie kuscheln, sie tröstete uns, wenn Vater und Mutter auf Schicht waren oder uns geschlagen hatten. Dafür bekam sie von Sonja und mir Zuckerwürfel, Kekse, Brausepulver, Dauerlutscher, die wir uns von unseren kärglichen Rationen absparten. Sie wurde fett und bekam schlechte Zähne.

Sonja war die kleinste, die ich zu beschützen hatte. Sie war so schön, so neugierig, so klug und flink, liebenswürdig zu jedem.

Wir vier waren die Hafenratten, wie uns unser Vater nannte. Wir waren gierig, bissig, ausgehungert, mutig, listig und gemein. Wenn wir etwas zum Haushalt beitragen konnten, haben wir es genommen. Auf dem Fischmarkt fiel Gemüse und Wurst vom Tisch, in der Speicherstadt waren Türen oder LKW-Planen nicht fest genug zu. Wir versuchten, den Nutten morgens die Handtaschen zu klauen, wir räumten Besoffene aus oder gingen hinterm Bismarck 175er ticken. Wir waren dreckig. Innen wie außen. Zerrissene Klamotten, zerrissene Seelen. Wir haben gestohlen, gelogen, geprügelt – und wurden geprügelt, mit der Hand, dem Gürtel, dem Kochlöffel, dem Teppichklopfer.

Knut war der Hauer, die dicke Heide die Vernünftige, ich der Träumer und Sonja die Plietsche, wie der Hamburger kluge Mitmenschen nennt.

Was ist aus uns geworden?

Knut hat eine Maurerlehre gemacht. In seiner Freizeit trieb er sich mit Leuten herum, die man damals als „Rocker“ bezeichnete. Leder, Bier, Fahrradketten. Dann kam ein Dezembertag 1970. Weihnachtsfeier, Glatteis, zuviel Alkohol und zuviel Tempo. Sein NSU, auf den er so stolz war, rutschte mit ihm unter einen querstehenden Sattelauflieger. Es gab damals keinen Unterfahrschutz. Nur mein relativ abgebrühter Vater hat ihn noch einmal sehen dürfen, bevor sie den Deckel zuschraubten. Mutter hätte das nicht überstanden.

Danach war absolut nichts mehr wie vorher. Es war unerträglich und führte dazu, dass ich von zu Hause abhaute, die Schule hinschmiss. Der Kronprinz, der eigentlich ein Tyrann war, war tot. Die elterlichen Hoffnungen auf den „einzigen, der es von dieser Bande noch zu etwas bringen wird“ waren unter einem LKW zerquetscht worden. Wir Geschwister, Opfer seiner Tyrannei, atmeten befreit auf, so hart es klingen mag.

Heidemarie, schon vorher eine tragische Gestalt, wurde nun die neue Hoffnungsträgerin. Eine Rolle, die sie völlig überforderte. Ich erinnere mich, wie sie, Friseurlehrling, sich Samstag abends in der Küche mit Hilfe von Freundinnen und geklauter Kosmetika aufbrezelte, bevor sie loszog, um in „Beatschuppen“ den Mann ihrer Träume zu finden. 80 Kilogramm Frustration im knappen Pulli und kurzem Mini. Entschlossen: „Heute wird es klappen!“ Wenn sie zurückkam, konnte ich sie heulen hören. Wieder kein Märchenprinz mit weißem Pferd – oder wenigstens VW-Porsche. Sie wollte raus und suchte verzweifelt jemanden, der sie von ihren Fesseln befreite, statt es selbst zu probieren. Sie passte sich an, fraß den Frust in sich hinein und der Frust fraß sie von innen auf.

Heute tuscheln meine Kinder „Moby Dick“, wenn sie von Tante Heide sprechen: Fett, bleich, haarlos und krank: Diabetes, offene Beine, Bluthochdruck, Atemnot. Keine Chance mehr zum weglaufen. Sie lebt in einer süddeutschen Kleinstadt mit einem Ekelpaket von Mann, der sie nicht liebt und züchtet Hunde.

Sonja war unsere kleine Prinzessin, so zart, so klug, so schön. Sie hat als einzige von uns Abitur gemacht, wollte studieren. Sie wäre so gern etwas geworden und ich hätte es ihr so gegönnt. Die falschen Cliquen, die falschen Männer, die falschen Drogen. Zu viele Schläge, zu viele Freier, zu viele Rasierklingen für meine kleine Schwester. Therapieabbrüche, Depressionen, Anschaffen in Kaschemmen in St. Georg und zwischendurch immer wieder Ochsenzoll. Die klassische Drehtürpatientin. Viele Versprechungen, viele Katastrophen, jedes Treffen mit ihr wird zum Desaster.

Ich ging fort, wollte raus aus der Enge, zur See, die Welt sehen und verändern. Den Kopf voll von Conrad, Traven und Guevara. Nun ja, ich schaffte es nur bis zum Job im Hafen, in dubiose Politzirkel, in nutzlose Kriege und wirkungslose Zeitungen. Ich ging fort und ließ meine Schwestern im familiären und privaten Elend und Scheitern allein. Sie hatte Angst um mich, wenn ich auf Demos war, wenn ich aus Bürgerkriegen schrieb. Ich hätte eher Angst um sie haben sollen. Vor allem um meine kleine Sonny. Ich hätte sie beschützen sollen und habe es doch nicht getan. Dieses Versagen quält mich heute noch.

Zu spät! Mein Weg führte, wie so oft, ohne Rücksicht über die Leichen anderer.

Heute bin ich scheinbar der Einzige, der die Familienhölle halbwegs unbeschadet überlebt hat.


Und die bösen "neuen" Medien, über die auch gern wortreich gejammert wird?

Ich stamme noch aus einer Zeit, in der man sich Infos aus Büchern anlesen musste, sich durch Papierberge in Zeitungsarchiven wühlen musste, tage- oder wochenlang auf Briefe warten musste, Fotos zwei Wochen brauchten, bis man sie entwickelt zurück bekam, man dicke Kataloge wälzen musste, um Dinge zu bestellen und Sonntags das Land geschlossen war.

Ich bin froh, dass diese Zeit vorüber ist und verfluche zumindestens was das www angeht, die Ungnade der späten Geburt.


Und die vollkommen verkommene Jugend?

Wir unterhielten uns als Zwölfjährige über Super-Acht-Fickfilme, trafen uns zum Mädchenbefingern im Kohlenkeller und soffen den Alten das Bier weg. Und was ist aus uns geworden?
Wissenschaftsjournalisten, Manager, Unternehmer, Gastronomen und Kulturschaffende.

Abgesehen davon, dass nicht ALLE Kinder und Jugendlichen so sind, müssen sie auch nicht so bleiben.


Sex, Drugs & Rock'n'Roll?

Jo, hatten wir auch - und von allem ausreichend. Das langt für zwei Leben. Details kann ich gern schildern, falls gewünscht.


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17.06.2019 um 14:50
Zitat von Dr.AllmyLogoDr.AllmyLogo schrieb:Sonst war man im Wald, Baumhütten bauen und kamen erst Abends wieder nach Hause.
ohja, war ne tolle Zeit :)


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17.06.2019 um 14:54
@Doors
toll geschrieben
bf1ec7472003c65e06bd53d79052718f--tweety


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17.06.2019 um 15:46
Zitat von silberhauchsilberhauch schrieb:Der Mensch verdrängt ja auch gerne die unangenehmen Seiten des Lebens, so dass man sich meist nur an die angenehmen Sachen erinnert.
Wenn man nur die angenehmen Momente zusammenfasst, dann ist die Vergangenheit immer besser.
Das sehe ich eben so!


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