@Keysibuna Das genaue Datum weiß ich nicht. Ort: Hundeauslaufgebiet Berlin Stößensee. Es war ein heißer Sommertag, Mitte Juni und eine Vollmondnacht. Mit Hunden ist man gut beraten, sie bei grosser Hitze tagsüber zu schonen und die Spaziergänge in die Stunden vor, oder nach Sonnenaufgang zu verlegen. Die Juninächte sind sehr kurz und hell in Berlin. Also, ich tappsle fröhlich und vergnügt über den Sandstrand. Links, am anderen Ufer, gibt es ein Restaurantschiff "Alte Liebe". Kannste googeln. Dieses Schiff ist abends immer hell erleuchtet. Also, der Mond schien, auch von der "Alten Liebe" schimmerte Licht hinüber, und außerdem war es eine helle Nacht. Plötzlich stellt sich, wie gesagt, die Hündin vor mich, und starrt hinaus aufs Wasser. Ich traue meinen Augen kaum: Da bewegt sich doch eine dunkle Gestalt, ca. 3 m gross, einen halben Meter überm Wasser wie Jesus in der Bibel! Die Erde nicht berührend, aber immer fleißig schreitend, überquert diese Gestalt nun ca. 20 m vor mir den Strand und geht zielstrebig die Treppe hoch. Die Gestalt war so gross, dass der Zylinderhut über den Baumwipfeln zu sehen war. Ich hielt die Luft an und blieb wie angewurzelt stehen.
Wäre ich wenigstens im Brieselanger Forst auf Geisterjagd gewesen, wäre ich viel besser auf so etwas gefasst gewesen. Jedenfalls kehrte ich auf schnellstem Wege zum Auto und nach Hause zurück. Meine Kinder meinten, ich würde spinnen und schauten mich sehr seltsam an.
Nicht lange danach, erschien im Tagesspiegel ein Bericht über den Selbstmörderfriedhof oberhalb der Halbinsel "Schildhorn". Die Stößenseebrücke ist nämlich bei Selbstmördern sehr beliebt. Durch die Wasserströmung werden die Leichen in der Bucht bei Schildhorn angeschwemmt. Früher durften Selbstmörder nicht auf den kirchlichen Friedhöfen beerdigt werden. Ein Förster hatte Mitleid und begrub die Leichen oben im Wald. Der Legende nach sollen die Selbstmörder einmal im Jahr ihr Grab verlassen und den Ort, wo sie aus dem Leben schieden, aufsuchen. So stand's hinterher in der Zeitung. Seitdem meide ich den Stößensee in Vollmondnächten.