Zukunftsvision: Kein EU-Beitritt der Türkei
07.05.2010 um 23:21Mit und ohne EU wird die Türkei im grossen Zyklus der asiatischen Zukunft und Ordnung ihren Platz und Weg finden.
Das ganze Pack vom Kulturchauvinismus und Anti-Türkei Virus befallenen werden noch ganz grosse Augen machen ob der Entwicklungen.
Lektionen für Europa:
Lernen vom ungeliebten Nachbarn
Von Boris Kálnoky 7. Mai 2010, 04:00 Uhr
Die Griechen sollten sich ein Vorbild nehmen, fordert man in Ankara - mit leichter Häme
Istanbul - Seit Jahren muss man sich in der Türkei Belehrendes aus Brüssel und aus europäischen Ländern anhören: Das Land müsse ganz viel lernen, bevor es EU-Mitglied werden könne, es sei kulturell und wirtschaftlich nicht reif genug, um zur Europäischen Familie zu gehören. Nun aber blicken die Türken auf Griechenland, Portugal, Spanien, auf den einbrechenden Euro, und können sich ein Lächeln nicht verkneifen: Mag sein, dass man selbst Mängel hat, aber bestimmt nicht so viele Mängel wie EU-Mitglied Griechenland. Wäre es nicht besser, die EU würde von der Türkei lernen, statt umgekehrt?
Mit dieser Empfehlung des in Istanbul geborenen Star-Ökonomen Nouriel Roubini entzückte die Zeitung "Hürriyet" ihre Leser. Roubini wurde mit den Worten zitiert, dass die jetzige Krise nicht entstanden wäre, hätte Europa von den Erfahrungen der Türkei gelernt - denn im Jahr 2001 war es hier zu einem Zusammenbruch des Bankensektors gekommen, und die Regierung hatte die Krise rasch gemeistert. Ursprung der türkischen Krise waren politische Führungslosigkeit und Korruption gewesen, wie in Griechenland. Die darauf durchgepeitschten radikalen Reformen haben die Wirtschaft auf eine tragfähigere Grundlage gestellt.
Im Licht der Krise empfinden manche Türken Erleichterung, dass Brüssel ihnen den Beitritt so schwer macht. Vielleicht passt man ja wirklich nicht in die EU. Allein schon die Wachstumsrate: sechs Prozent erwartet man in Ankara für 2010. Davon ist die EU weit entfernt. Und so nährt die Krise des Nachbarn in der Türkei ein selbstzufriedenes Bild vom eigenen Land: Die Türkei produziert Dinge, die die Märkte brauchen, der ganze Balkan und Russland sind voll mit türkischer Haushaltselektronik und türkischen Textilien. Anders als in Griechenland, so sehen es die Türken, ist man arbeitswillig, ehrt den Pfennig, um den Taler zu verdienen; Privathaushalte geben nicht mehr Geld aus, als sie haben. Und anders als die überalterten Gesellschaften Griechenlands oder Deutschlands ist die Türkei keine Rentnernation. Anders als EU-Mitglied Ungarn kam die Türkei ohne Hilfe des Internationalen Währungsfonds durch die letzte Krise, und anders als die großen EU-Wirtschaften schaffte die Türkei es auch ohne Milliardenhilfen für die Banken und Großunternehmen.
Oft nennen türkische Politiker als bestes Beitrittsargument ihres Landes, dass Europa die Türken mehr braucht als umgekehrt. Zum Beispiel sieht man hier klarer. In Ankara hat man den Statistiken nie geglaubt, mit denen sich Griechenland in die Euro-Zone mogelte.
Mehr denn je empfinden sich die Türken dynamischer als Europa; Ökonomen rechnen dem Land vor, dass man bis zum Jahr 2050 auch die reichsten Länder der EU wirtschaftlich überholen kann. Insofern nimmt man den Beitrittsprozess mittlerweile gelassen. Mahfi Egilmez von der Zeitung "Milliyet" ist der Meinung, dass sich die EU "zu schnell erweitert" hat. Mit anderen Worten, in der Türkei empfiehlt man der EU, auf die Erweiterungsbremse zu treten - sonst könnte die Türkei am Ende plötzlich Mitglied sein, bevor sie richtig weiß, ob das wirklich eine so gute Idee ist.
http://www.welt.de/die-welt/wirtschaft/article7512225/Lernen-vom-ungeliebten-Nachbarn.html (Archiv-Version vom 08.05.2010)
Das ganze Pack vom Kulturchauvinismus und Anti-Türkei Virus befallenen werden noch ganz grosse Augen machen ob der Entwicklungen.
Lektionen für Europa:
Lernen vom ungeliebten Nachbarn
Von Boris Kálnoky 7. Mai 2010, 04:00 Uhr
Die Griechen sollten sich ein Vorbild nehmen, fordert man in Ankara - mit leichter Häme
Istanbul - Seit Jahren muss man sich in der Türkei Belehrendes aus Brüssel und aus europäischen Ländern anhören: Das Land müsse ganz viel lernen, bevor es EU-Mitglied werden könne, es sei kulturell und wirtschaftlich nicht reif genug, um zur Europäischen Familie zu gehören. Nun aber blicken die Türken auf Griechenland, Portugal, Spanien, auf den einbrechenden Euro, und können sich ein Lächeln nicht verkneifen: Mag sein, dass man selbst Mängel hat, aber bestimmt nicht so viele Mängel wie EU-Mitglied Griechenland. Wäre es nicht besser, die EU würde von der Türkei lernen, statt umgekehrt?
Mit dieser Empfehlung des in Istanbul geborenen Star-Ökonomen Nouriel Roubini entzückte die Zeitung "Hürriyet" ihre Leser. Roubini wurde mit den Worten zitiert, dass die jetzige Krise nicht entstanden wäre, hätte Europa von den Erfahrungen der Türkei gelernt - denn im Jahr 2001 war es hier zu einem Zusammenbruch des Bankensektors gekommen, und die Regierung hatte die Krise rasch gemeistert. Ursprung der türkischen Krise waren politische Führungslosigkeit und Korruption gewesen, wie in Griechenland. Die darauf durchgepeitschten radikalen Reformen haben die Wirtschaft auf eine tragfähigere Grundlage gestellt.
Im Licht der Krise empfinden manche Türken Erleichterung, dass Brüssel ihnen den Beitritt so schwer macht. Vielleicht passt man ja wirklich nicht in die EU. Allein schon die Wachstumsrate: sechs Prozent erwartet man in Ankara für 2010. Davon ist die EU weit entfernt. Und so nährt die Krise des Nachbarn in der Türkei ein selbstzufriedenes Bild vom eigenen Land: Die Türkei produziert Dinge, die die Märkte brauchen, der ganze Balkan und Russland sind voll mit türkischer Haushaltselektronik und türkischen Textilien. Anders als in Griechenland, so sehen es die Türken, ist man arbeitswillig, ehrt den Pfennig, um den Taler zu verdienen; Privathaushalte geben nicht mehr Geld aus, als sie haben. Und anders als die überalterten Gesellschaften Griechenlands oder Deutschlands ist die Türkei keine Rentnernation. Anders als EU-Mitglied Ungarn kam die Türkei ohne Hilfe des Internationalen Währungsfonds durch die letzte Krise, und anders als die großen EU-Wirtschaften schaffte die Türkei es auch ohne Milliardenhilfen für die Banken und Großunternehmen.
Oft nennen türkische Politiker als bestes Beitrittsargument ihres Landes, dass Europa die Türken mehr braucht als umgekehrt. Zum Beispiel sieht man hier klarer. In Ankara hat man den Statistiken nie geglaubt, mit denen sich Griechenland in die Euro-Zone mogelte.
Mehr denn je empfinden sich die Türken dynamischer als Europa; Ökonomen rechnen dem Land vor, dass man bis zum Jahr 2050 auch die reichsten Länder der EU wirtschaftlich überholen kann. Insofern nimmt man den Beitrittsprozess mittlerweile gelassen. Mahfi Egilmez von der Zeitung "Milliyet" ist der Meinung, dass sich die EU "zu schnell erweitert" hat. Mit anderen Worten, in der Türkei empfiehlt man der EU, auf die Erweiterungsbremse zu treten - sonst könnte die Türkei am Ende plötzlich Mitglied sein, bevor sie richtig weiß, ob das wirklich eine so gute Idee ist.
http://www.welt.de/die-welt/wirtschaft/article7512225/Lernen-vom-ungeliebten-Nachbarn.html (Archiv-Version vom 08.05.2010)