@Brunche Ich sehe es als eine Sammlung von Texten, die zu einer bestimmten Zeit zu einem bestimmten Zweck von Menschen geschrieben wurden, die in den Zusammenhängen und Kategorien ihrer Zeit gedacht und geschrieben haben.
So konnte Gott nur wie ein König in einer Hierarchie von Engeln und Heiligen gedacht werden, als
mächtig über konkrete Situationen: Wetter, Krankheiten, Glück - die ein realer König nicht beherrschen kann. Was Gott noch mächtiger als den mächtigsten Menschen macht.
Dahinter stehen philosophische Konzepte, die man anders kaum hätte vermitteln können. Ausserdem ging es um eine Abgrenzung gegenüber anderen Religionen, eine Handlungsanweisung für den Alltag. Da hat aber keine Revolution gegen bestehende Verhältnisse stattgefunden ... Sklaverei, Leibeigenschaft, Eigentum über Frau und Kinder, Nebenfrauen, Herrschaft über Andersgläubige ... die bestehenden Traditionen werden wiedergespiegelt, Verhältnisse festgeschrieben, nicht in Frage gestellt.
"Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist".
Das neue Testament wagt immerhin in einem einen deutlichen Bruch. Da kommt die Sache mit der Liebe viel mehr ins Spiel, Gott zürnt, prüft und straft nicht mehr unentwegt.
Die Wiedersprüche sind innerhalb der Testamente und zwischen den beiden deutlich, je nach Autor und Thema.
Leider wurden danach keine weiteren Texte aufgenommen. Später hat man ja immer weiter nach anderen Möglichkeiten der Darstellung und Erklärung von Gott gesucht. Die Sprache an sich hat sich verändert und mag einem näher sein.
Der Versuch, Gott zu "neutralisieren" oder als weiblich darzustellen, geht allerdings in die falsche Richtung: wieder werden menschliche Eigenschaften einem Wesen zugewiesen, das diese und jene gesellschaftlich-psychologische Funktion zu erfüllen hat. Heute eben eher als nachsichtiges Richter-Wesen, das schon zufriedengestellt ist, wenn man sich nicht komplett antisozial verhält.
FF schrieb:Wenn nur existierte, was zum Existieren nötig ist, hätten wir vielleicht weniger Probleme, aber ganz bestimmt auch viel weniger Spass.
