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Wer hat die Totenmasken verbannt ?

6 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Totenmaske ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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derpate Diskussionsleiter
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Wer hat die Totenmasken verbannt ?

17.05.2005 um 18:15
http://www.stern.de/wissenschaft/mensch/537665.html?nv=cp_L1_as

Die Unbekannte nähert sich einem Glück. So wie dieses Gesicht aussieht und wie das Bild es wiedergibt, steckt eine unheimliche Verführung und Versuchung darin. Und wenn schon jedem Todesgedanken auch eine gewisse Beruhigung innewohnt, so strömt dieses Gesicht direkt etwas wie eine Betörung und Lockung aus.

Die junge Frau, der der Schriftsteller Alfred Döblin diese schwärmerischen Worte widmet, war zum damaligen Zeitpunkt bereits seit über 100 Jahren tot. Erhalten geblieben ist von der "Unbekannten aus der Seine" nur ein Gipsabdruck des Gesichts, die Totenmaske. Diese übte gerade im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine mysteriöse Anziehungskraft auf das Bürgertum aus, hing in dessen Wohnzimmern neben den Masken Beethovens oder Schillers und demonstrierte so eindrücklich die Macht eines ästhetisierten Todes. Das Gesicht faszinierte, "weil es schön war, weil es lächelte, weil es so täuschend lächelte, als wüsste es", wie Rainer Maria Rilke meinte.

Was die Ursprünge und Gründe für die Anfertigung einer Totenmaske anbelangt, ist die "Unbekannte aus der Seine" sicherlich eine Ausnahme: Da die Identität des ertrunkenen Mädchens nicht geklärt werden konnte, hatte man auf diese Weise ein Porträt angefertigt, um auch nach der Beisetzung weiter ermitteln zu können.

Im christlichen Europa wurden Totenmasken in der Grabmalkunst ab dem 13. Jahrhundert verwendet. Wobei der Maske selbst nur untergeordnete Funktion zukam: Sie war ein Hilfsobjekt des Künstlers bei der Anfertigung der Grabplastik. Danach wurde sie achtlos beiseite gelegt und ging folglich in den meisten Fällen verloren. Was die Totenmaske vor dem Vergessen bewahren sollte, war das Gesicht des Lebenden. Die Masken wurden allerdings in vielen Fällen nicht nachbearbeitet, sodass exakt das Gegenteil eintrat.

Ein Beispiel ist das Denkmal der Königin Isabella von Aragon im Dom von Cosenza: Die Königin wird in kniender Stellung gezeigt, wie sie zur Madonna betet. Ihre Augen sind geschlossen, wegen eines Sturzes vom Pferd, der ihr letztlich das Leben gekostet hat, ist ihre Wange geschwollen, eine große, verkrustete Wunde ist zu erkennen, der Mund schief durch eine Unterkiefer-Fraktur: Was hier dargeboten wird, ist eine Leiche in der Stellung des Lebens. "Wo Unvergängliches dargestellt sein sollte, wird Zerfall festgehalten", so Michael Hertl in seinem bei Thorbecke erschienenen Textbild-Band "Totenmasken. Was vom Leben und Sterben bleibt". Hertl nennt in seinem von gedankenvollen wie auch kulturhistorisch interessanten Aufsätzen begleiteten Werk ein Kriterium, wie eine unverfälschte Totenmasken von einer künstlich nachbearbeiteten zu unterscheiden sei: Während ein Künstler die Linie zwischen Lippenrot und Haut durch eine Kante oder reliefartige Erhebung deutlich macht, ist diese Trennlinie in der Natur nicht vorhanden.

Es lebe der tote König

Wie die Grabmalkunst bereits nahelegt, liegen die Ursprünge im abendländischen Brauch des Anfertigens von Totenmasken wohl vor allem in einem repräsentativen Element. Angefertigt wurden diese meist von Personen, die hohen Standes waren oder öffentliche Ämter bekleideten. So war es am französischen Hof ab dem Tod Karls VI. Brauch, die Präsenz des toten Königs in effigie, also in einem Scheinleib, so lange zu wahren, bis der Nachfolger die Regierungsgeschäfte übernommen hatte - getreu dem Spruch: "Der König ist tot: Es lebe der König!", der die nahtlose Herrschaftsfolge ausdrückt. Dabei wurde eine Puppe mit den königlichen Gewändern bekleidet, durch die Verwendung von Wachsabdrücken der Hände und des Gesichts sollte größtmögliche Übereinstimmung erzielt werden: nicht mit dem Toten, sondern mit dem Lebenden. Zu diesem Zweck wurden Augen eingesetzt oder angemalt und originale Haare für Haupt, Bart und Augenbrauen verwendet. Der König wurde hergerichtet wie eine Wachsfigur aus Madame Tussauds Kabinett.

Ohne Gepränge, ohne Pomp

Von den Effigies der französischen Könige, die nach dieser Zeremonie in der Sakristei von St. Denis untergebracht wurden, ist heute nichts mehr erhalten. Der Französischen Revolution fielen nicht nur die lebenden Repräsentanten der Monarchie zum Opfer, sondern auch deren symbolische Darstellungen: Die Effigies wurden zerstört, die sterblichen Überreste der Könige lagen - aus ihren Gräbern gezerrt - auf den Straßen herum, wie wir aus den Berichten von Augenzeugen wissen.

Der Zwang zur posthumen Repräsentation war stärker als der Wunsch des Individuums, wie das Beispiel Friedrichs des Großen zeigt. In seinem Testament aus dem Jahre 1769 heißt es: "Ich habe als Philosoph gelebt und will als solcher begraben werden, ohne Gepränge, ohne feierlichen Pomp. Ich will weder geöffnet noch einbalsamiert werden. Man bestatte mich in Sanssouci auf der Höhe der Terrassen." Der Wunsch des preußischen Königes wurde freilich nicht erfüllt: Friedrichs Leichnam wurde nach kurzer Parade im Potsdamer Stadtschloss in der Gruft der Garnisonskirche begraben, wie es die Tradition verlangte.

Ironischerweise war es gerade das revolutionäre Frankreich, das die alte Effigies-Kultur bei der Leichenfeier des ermordeten Jean Paul Marat wiederbelebte. Der berüchtigte Revolutionär, der im Nationalkonvent für den Tod des Königs gestimmt hatte und jede Art monarchistischer Restauration bekämpfte, wurde in der Kirche der Cordeliers mit Objekten aus seinem Alltag und seiner Tätigkeit zur Schau gestellt: Er lag - mit Tüchern drapiert - auf einem Bett, daneben die Badewanne, in der ihn Charlotte Corday erstochen hatte, ein Holzklotz, Schreibzeug und sein blutdurchtränktes Hemd. Einige Monate nach seinem Begräbnis im Garten der Cordeliers wurde sein Leichnam in einem feierlichen Zug in das Pantheon überführt. Präsentiert wurde dabei ein wächsernes Abbild Marats mit dem Gesichtsausdruck der Totenmaske.

Abgenommen wurde die Totenmaske Marats angeblich von einer gewissen Marie Grassholz, die später als Madame Tussaud zu einiger Bekanntheit gelangen sollte. Ihre Spezialität war die Abnahme der Totenmasken jener, die unter der Guillotine gestorben waren: Ludwig XVI., Marie Antoinette, Georges Danton und Maximilien Robespierre. Ausgestellt wurden sie als Wachspräparate im Figurenkabinett ihres Onkels. Auch hier diente das Konterfei des Toten in erster Linie dazu, den Lebenden darzustellen.

Praktisch zeitgleich kündigte sich jedoch ein Paradigmenwechsel an: Mit dem Freundschaftskult der Empfindsamkeit und dem aufkommenden Genie-Begriff in den Künsten erwachte ein sentimental oder wissenschaftlich begründetes Interesse am Konterfei des Toten. Ein Zusammenhang zwischen den Gesichtszügen und der Persönlichkeit bzw. den besonderen Talenten des Verstorbenen wurde hergestellt. Befördert vor allem durch die Physiognomik Johann Casper Lavaters, der die Meinung vertrat, dass sich das Individuelle des Menschen in seinen Gesichtszügen abbilde. "Eine Totenmaske anzufertigen, um das ,letzte Gesicht' eines Menschen festzuhalten, begründet sich nun nicht nur im Gedanken, dass sonst nichts mehr bleibt, sondern auch im Gefühl, die Summe eines Lebens unter dem Schlussstrich, den der Tod in diesem Gesicht gezogen hat, versammelt zu sehen", kommentiert Michael Hertl das geänderte Verhältnis zur Totenmaske.

Vermutlich der Erste, bei dem die Totenmaske aus reiner Pietät abgenommen wurde, war der 1781 verstorbene Dichter Gotthold Ephraim Lessing. Seine Freunde wollten solcherart sein Gesicht und die Erinnerung an ihn erhalten wissen. Die Einbindung der Maske oder des dargestellten Gesichts in eine Grabplastik scheint nicht mehr notwendig, da der Tod seinen Schrecken verloren hat. Das ist ganz im Sinne Lessings, der den Tod in seiner Abhandlung "Wie die Alten den Tod gebildet" als einen tröstlichen "Zustand der Ruhe und Unempfindlichkeit" sieht. Seiner Ansicht nach hat "tot sein . . . nichts Schreckliches; und insofern Sterben nicht mehr als Schritt zum Totsein ist, kann auch das Sterben nichts Schreckliches haben."

Wir nähern uns einer Epoche, die der französische Historiker Philippe Ariès in seiner "Geschichte des Todes", die eigentlich eine Geschichte der Einstellungen zum Tode ist, als die "Zeit der schönen Tode" bezeichnet hat. Der Tod wird mit einem Mal als schön empfunden, das Hinscheiden zum schönen Sterben ästhetisiert, der bleiche Körper des Toten zum Kunstwerk verklärt. Die Krise wird nicht mehr durch den drohenden eigenen Tod, sondern von der Trennung vom geliebten Wesen ausgelöst. Rituale, die früher Schranken für die Exzesse des Gefühls darstellen sollten, werden dazu genutzt, diese auszuleben. Dazu zählen auch die Totenmasken und der Kult, der um sie betrieben wird.

Für Ariès ist dies schon die Bewegung hin zu einem zunehmend unerträglich werdenden Tod: "Der Tod hat begonnen, sich zu verbergen, trotz der scheinbaren Publizität, die ihn in der Trauer, auf dem Friedhof, im Leben wie in der Kunst oder der Literatur umgibt: er verbirgt sich unter der Schönheit."

Goethe verbat sich Totenmaske

Lessing ist der Erste in einer langen Reihe von Künstlern, deren Totenmasken abgenommen wurden, welche sich dann oft - ebenso wie die "Unbekannte aus der Seine" - in den Wohnzimmern und Salons der Bürgerschaft wiederfanden. Die Zahl der auf uns gekommenen männlichen Totenmasken ist groß und reicht von Beethoven, Bruckner, Haydn und Mozart bis zu Benn, Brecht, Heine und Wedekind. Weibliche Totenmasken sind beispielsweise von Else von Lasker-Schüler und Ricarda Huch erhalten.

Der Brauch wurde mit solcher Regelmäßigkeit durchgeführt, dass sich Goethe veranlasst sah, sich eine derartige Behandlung seiner Leiche ausdrücklich zu verbitten: "Der Tod ist ein sehr mittelmäßiger Porträtmaler. Ich meinerseits will ein seelenvolleres Bild, als seine Masken, von meinen sämtlichen Freunden im Gedächtnis aufbewahren. Also bitte ich es Euch, auch einmal mit mir zu halten." Er hatte nicht ganz Unrecht mit seiner Einschätzung der Fertigkeiten des Todes als Porträtisten: Auf vielen Masken sind Spuren der einsetzenden Totenstarre zu bemerken. Auf anderen wiederum zeigt sich ein gelöstes, fast verklärt wirkendes Lächeln, das weniger tatsächlichem Empfinden als der sich wieder lösenden Totenstarre zu danken ist.

Noch in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ist plötzlich Schluss damit, die Totenmasken verschwinden nicht nur aus den Häusern, sondern ihre Anfertigung wird auch immer seltener gewünscht. Wie fragwürdig die Ästhetisierung des Todes heute geworden ist, demonstrieren die Bilder Arnulf Rainers. Mit seinen Übermalungen der Abbildungen von Totenmasken wird der Tod wieder als Zerstörer inthronisiert, wird deutlich gemacht, dass es den solchermaßen verewigten Menschen längst nicht mehr gibt. Es spielt aber sicher auch ein anderer Aspekt mit: Der Tod wird aus der heutigen Gesellschaft verbannt, ebenso wie der Sterbende ins Krankenhaus und der Tote auf den Friedhof - oft außerhalb der Stadt - verbannt wird.


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Wer hat die Totenmasken verbannt ?

18.05.2005 um 15:47
mal so ne frage und was willst du jetzt dazu wissen? du musst doch dazu diskutiren wollen oder fragen haben ich versteh nicht ganz was du jetzt damit sagen willst. wäre nett wen du dazu noch was schreiben könntest und nicht einfach nur den text hier reinkopierst.

danke

lola

Nicht das Leben sonder Ihr seid euer schwerster Gegner


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Wer hat die Totenmasken verbannt ?

18.05.2005 um 16:19
@lola:

Das macht er doch schon seit ein paar Wochen. Es wäre ja schon schlimm genug wenn er jeden Tag einfach nur seine 20 neuen Threads eröffnet, aber durch diese ganze Kopiererei macht er alles noch 1000 mal schlimmer...

Fighting for peace is like fucking for virginity.

Chiby ist ab heute mein Allmy-Schatzi, und Cosi auch!!! :o)Oxa wollte hier ja auch rein, jetzt biste drin...



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derpate Diskussionsleiter
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Wer hat die Totenmasken verbannt ?

19.05.2005 um 01:11
jeden Tag einfach nur seine 20 neuen Threads eröffnet @lola6666 ... er kann einfach nichts dafür ... und zählen hat er scheinbar auch nicht drauf... DerHamburger !


Ich würde mir eine Totenmaske Anfertigen lassen !
meine Eltern haben eine Totenmaske von meinem Großvater, und die in Bronze gießen lassen...
aber wer weiß wenn ich mal tot bin, ob es dann überhaupt noch jemanden gibt, der die Kunst überhaupt noch beherscht, oder?


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Wer hat die Totenmasken verbannt ?

19.05.2005 um 01:17
moin

viel interessanter finde ich die frage, wen denn so eine maske noch juckt
wenn du tot bist.
hast du was gerissen, daß man deiner gedenken müsste ?

buddel


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Wer hat die Totenmasken verbannt ?

19.05.2005 um 01:19
moin

knochen gehören auf den acker,
da kann man wenigstens ein bisschen zurückgeben

buddel


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