Menschen
Menschen Wissenschaft Politik Mystery Kriminalfälle Spiritualität Verschwörungen Technologie Ufologie Natur Umfragen Unterhaltung
weitere Rubriken
PhilosophieTräumeOrteEsoterikLiteraturAstronomieHelpdeskGruppenGamingFilmeMusikClashVerbesserungenAllmysteryEnglish
Diskussions-Übersichten
BesuchtTeilgenommenAlleNeueGeschlossenLesenswertSchlüsselwörter
Schiebe oft benutzte Tabs in die Navigationsleiste (zurücksetzen).

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

79 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Ddr Mauerfall ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

13.11.2019 um 15:55
@Fraukie
Ich find das Ostsabdmännchen mit seinem Ulbricht Gedächtnisbärtchen eher blöd und fand das Westsandmännchen besser😉 Dafür mochte ich den musikalischen DDR Untergrund sehr gerne.

Anzeige
melden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

13.11.2019 um 17:08
Zitat von knopperknopper schrieb:hm ok. Und wie war das ganze eigentlich mit der "Hauptstadtfrage"?
Heißt war auch da Bonn sozusagen fest in Stein gemeißelt, also dass es quasi sehr, sehr lange die Hauptstadt bleiben wird oder lernte man schon in der schule dass es quasi nur ein Provisorium ist und die eigentlich deutsche Hauptstadt ja Berlin ist?
Für uns war immer klar das Berlin die Eigentlich Hauptstadt ist! Stand schließlich in der Präambel vom Grundgesetz und haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auch in Jeder Sitzung aufsagen müssen. Das wurde im Sozialkunde-Unterricht auch Thematisiert. Entsprechend verärgert war man in Berlin auch, als nach all den Jahren, in denen gesagt wurde" eigentlich Seid Ihr die Hauptstadt" plötzlich darüber abgestimmt werden sollte.


1x zitiertmelden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

13.11.2019 um 17:17
Zitat von DoorsDoors schrieb:Ich habe damals im Grentzgebiet in der Nähe von Lauenburg gewohnt, als sich die dort Lebenden darüber beschwerten, dass die DDRler alles wegkaufen und klauten wie die Raben.
Dabei muss ich daran denken das bei uns Aldi in Poldi umgetauft wurde und es dort keinen Zucker mehr zu kaufen gab. Alles andre wurde bei uns damals schon den Polen nachgesagt :D


melden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

13.11.2019 um 20:49
Ich war am 9. November 89 fast vierzehn Jahre alt und habe erst am nächsten Tag davon mitbekommen. Groß geworden bin ich in Ostberlin, direkt an der Mauer (Wollankstraße). Am Morgen des 10. Novembers bin ich wach geworden, weil überall das Radio und der Fernseher und eine ganz aufgeregte Stimmung zwischen meinen Eltern herrschte. Mein Vater drückte mir direkt die BRAVO in die Hand und meinte er wäre heute Nacht auf dem Ku'damm gewesen. Das konnte ich erstmal alles gar nicht realisieren, ich war nur überwältigt und erstaunt. In der Schule fehlte etwa die Hälfte der Klasse, ich am nächsten Tag dann auch.

Als ich am Wochenende das erste Mal nach Westberlin ging, habe ich tatsächlich nach all den Arbeitslosen und Prostituierten geschaut, von denen bei uns immer geredet wurde. Hab aber nix gesehen ;-)

Schon kurz nach der ganzen Freude und Euphorie wurde es leider schnell ungemütlich. Auf der Straße wurde ich, wenn ich als Ostler erkannt wurde (was damals noch ziemlich einfach war) manchmal beschimpft und einmal auch fast verprügelt. Nachdem in unserer Schule alles zusammen brach und keiner mehr wusste wie, was, wo...schickten mich meine Eltern nach Westberlin auf die Schule. Dort war ich der einzige Ossi und Zielscheibe für alle. Ich wurde in den Schrank gesperrt, ausgelacht (wegen meinem Ostberliner Dialekt und meinen Klamotten), meine Schultasche wurde regelmäßig ausgekippt/versteckt etc..Ich habe mich damals so für meine Herkunft geschämt, dass ich anfing hochdeutsch zu sprechen und meine Eltern anzuflehen, mir endlich eine Levis (160 DM) zu kaufen. Wir waren damals sehr arm, aber dennoch haben sie mir diese Hose gekauft. Damit wurde es tatsächlich besser. Am Ende Schule meinten einige Mitschüler, dass ich für einen Ossi ja eigentlich doch ganz ok bin.Na dann.

Heute berlinere ich wieder hart, habe Freunde aus West und Ost. Meine Partnerin kommt aus Heidelberg und ich lebe im (damaligen) Westberlin. Ich bin froh, dass ich heute reisen kann und soviele Menschen aus der ganzen Welt treffe.

In jedem Gewinn liegt jedoch meistens auch ein Verlust. Letztes Jahr habe ich das erste Mal um meine Heimat getrauert. Natürlich war es eine Diktatur und dieser ganze Pioniergehorsamskram hat mich auch sehr genervt, aber das hat ja nicht 24/7 meinen Tag bestimmt. Die meiste Zeit war ich einfach Kind und hab ganz normale Dinge getan. Und in dieses Land (meine Heimat) kann ich nicht mehr zurückkehren, da hier in Berlin nichts mehr so aussieht wie früher, nichts mehr so riecht, nichts mehr so schmeckt und auch die Musik eine andere ist. Es war sehr befreiend, darum bewusst zu trauern.



Ich hoffe, dass die Mauern im Kopf zwischen Osten und Westen nicht noch größer werden und wir verzeihen können, was auch immer uns verletzt hat. In diesem Sinne euch allen noch einen schönen Abend!


1x zitiertmelden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

13.11.2019 um 22:28
@Pinkas
Danke für den Bericht. Ja, ich denke einfach, dass keine Zeit perfekt ist, es für jeden Menschen aber in jeder Zeit auch tolle Erlebnisse und später Erinnerungen gibt. Ich denke auch, dass die Mauer in den meisten Köpfen kleiner ist als gedacht. Es gibt überall Idioten, aber auch prima Menschen. Und ein bisschen Lokalpatriotismus mit Augenzwinkern schadet auch niemandem. Da kann man dann auch prima Ost gegen Westsandmännchen, Hertha, Dynamo oder Union Berlin diskutieren. Und ihr hattet mit Formel 1 und Macbeth sogar Heavy Metal Bands, die Deutsch sangen😊. Dafür hatten wir Sodom und Kreator. In diesem Sinne, schönen Abend.


1x zitiertmelden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

13.11.2019 um 23:15
Zitat von MissesfeeMissesfee schrieb:Für uns war immer klar das Berlin die Eigentlich Hauptstadt ist! Stand schließlich in der Präambel vom Grundgesetz und haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auch in Jeder Sitzung aufsagen müssen. Das wurde im Sozialkunde-Unterricht auch Thematisiert.
äh ok :D ja meine ich nämlich auch dass es so drin stand. Aber interessant das mal zu erfahren.
Ich nehme an das Bildung damals im Westen auch schon "Ländersache" war, und so das von Bundesland zu Bundesland evt. unterschiedlich behandelt wurde.
Zitat von PinkasPinkas schrieb:Dort war ich der einzige Ossi und Zielscheibe für alle. Ich wurde in den Schrank gesperrt, ausgelacht (wegen meinem Ostberliner Dialekt und meinen Klamotten), meine Schultasche wurde regelmäßig ausgekippt/versteckt etc.
na toll.
Sowas höre ich nun zum 1. mal. Natürlich sehr unschön, aber da sieht man mal WIE präsent die Teilung zuvor war...wohlgemerkt in der selben Stadt! Es war ja immer Berlin, also insgesamt betrachtet.
Zitat von PinkasPinkas schrieb:da hier in Berlin nichts mehr so aussieht wie früher, nichts mehr so riecht, nichts mehr so schmeckt und auch die Musik eine andere ist.
ja stimmt allerdings.... Ostberlin sieht mittlerweile hipper und moderner aus als Westberlin...war jedenfalls so mein Eindruck letztes Jahr.
In Westberlin erkennt man noch irgendwie die alte "Bonner Republik" :D aber wie gesagt nur mein Eindruck.
Es hat sich alles schon sehr verändert...und ja immer wenn ich mit nem Kumpel da bin denkt man halt immer noch dran, wenn man mit der S-Bahn hin und her fährt... "jetzt fahren wir wieder nach Ostberlin" :D

Das wird bei mir auch immer so präsent bleiben, da ich halt noch in dieser Generation liege.

....und meine Geburtsurkunde ändert sich ja nicht, spätestens da sieht man bei jedem Deutschen, der vor 1990 geboren ist, in welchem Deutschland er zur Welt kam. :D
Zitat von PinkasPinkas schrieb:Ich hoffe, dass die Mauern im Kopf zwischen Osten und Westen nicht noch größer werden und wir verzeihen können, was auch immer uns verletzt hat. In diesem Sinne euch allen noch einen schönen Abend!
ja da shoffe ich natürlich auch, denn es ist und war immer 1 Deutschland! Also insgesamt betrachtet.
Die Teilung kam eben nur durch einen Verrückten der unbedingt einen Krieg anzetteln musste, und man mag es Schicksal nennen, aber wäre dieser Krieg evt. schon zuvor beedent worden, durch das ein oder andere Attentat, wäre es vermutlich nie zu einer Teilung gekommen, es hätte dann seit 1949 ()oder schon eher)= nur ein Deutschland gegeben. Keine Lohnunterschiede, keine Ossis und Wessis, keine Klischees.
Gut alles nur Spekulation….

Aber so ging es eben bis zum bitteren Ende und wir mussten dafür "bezahlen", in Form einer Teilung. Von daher kann man nur hoffen das es irgendwann mal gut ist :D
Zitat von abberlineabberline schrieb:Und ihr hattet mit Formel 1
...da kenn ich nur die Musikshow die so hieß ...aber gut vermutlich meinst du jetzt was anderes :D


melden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 03:27
Zitat von knopperknopper schrieb:oder sah man das im Westen anders? Wie war da das Gefühl?
Ich kenne niemanden in meiner Generation und jünger, der Berlin oder Berlin (West), wie es ja offiziell hiess (Westberlin hiess es nur im DDR-Jargon) als Haupstadt der Bundesrepublik oder eines wie auch immer definierten Deutschlands gesehen hätte. Unsere politische Hauptstadt war das verschlafene kleine Bonn. Da stand der Bundestag, da wurden grosse Reden gehalten, und das war's. Sonst gab es ja nichts, was an Bonn irgendwie interessant gewesen ist, vielleicht von der Uni abgesehen, die einen recht guten Ruf hatte.

Als "Stadt" und Zentrum von "action" und "coolness" hat freilich kein Mensch Bonn gesehen. Da waren Hamburg, Köln und München immer die ersten, vielleicht noch Frankfurt am Main. Und dann eben der Westteil Berlins. Der war aber wieder etwas Besonderes:

Die Insellage machte die Stadt schon zu etwas Interessantem. Dann die Tatsache, dass es dort, anders als z.B. in München, keine Sperrstunde gab. In Berlin sammelten sich alle, die keinen Bock auf Bundeswehr hatten, und die auch sonst alternativ sein wollten. Wem dann Frankfurt am Main noch nicht alternativ genug war, der ging nach Berlin. Dort gab es Hausbesetzer und Untergrundmusik, und es war die einzige Stadt mit Doppelstockbussen, die man sonst nur aus London kannte.

Berliner galten als schrecklich unfreudlich, aber irgendwie "cooler" als Westdeutsche. Selbst die Jugendlichen aus Berlin schienen selbstbewusster.

Es gab freilich viele dunkle Seiten in Berlin, jeder kannte damals das Buch der "Kinder vom Bahnhof Zoo." Wenn ich hätte Drogen kaufen wollen, hätte ich keine Ahnung gehabt, wo ich die in München bekommen konnte (vielleicht im P1?), ich hätte mich zum Bahnhof Zoo aufgemacht. Wenn ich ein Haus hätte besetzen wollen, dann nur in Kreuzberg. Und so weiter. Ach ja, einmal im Jahr gab's dann auch richtig Randale, am 1. Mai in Kreuzberg, da fuhren die "Bullen" dann in "Wannen" durch die Gegend und machten mal richtig Terz. In München gab es so was nicht, da benahm man sich ordentlich und ging einmal im Jahr zum Oktoberfest.

Die einzige Stadt, von der wir annahmen, dass sie ein wenig an Berlin reichen konnte, war Hamburg. Nur die Frankfurter dachten, sie seien auch so cool, aber Frankfurt ist und bleibt ein Provinzkaff.

Berlin war schon etwas Besonderes. Hauptstadt also in allem, aber eben gerade nicht politisch.


2x zitiertmelden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 06:29
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ich kenne niemanden in meiner Generation und jünger, der Berlin oder Berlin (West), wie es ja offiziell hiess (Westberlin hiess es nur im DDR-Jargon) als Haupstadt der Bundesrepublik oder eines wie auch immer definierten Deutschlands gesehen hätte. Unsere politische Hauptstadt war das verschlafene kleine Bonn.
in Westberlin war es schon immer Westberlin, Berlin-West war nur ein offizieller Sprachgebrauch. Das Bundesnest (BN) wurde nicht wirklich als Hauptstadt ernst genommen. So unterschiedlich können die Sichtweisen sein. Aber den Insulanern war auch immer klar das der Rest der Bundesrepublik keinen Pfifferling auf sie gibt, es sei denn es ging darum sich vor der Bundeswehr zu drücken.


melden
Doors ehemaliges Mitglied

Link kopieren
Lesezeichen setzen

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 09:32
Mein Reden seit 1989: Das grösste Verbrechen der DDR war, dass sie 1989/90 Mauer und Zaun weggemacht haben, um die Westberliner frei zu lassen.


melden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 09:43
@Missesfee
Den Sprachgebrauch Berlin (West) kenne ich auch nur aus der Tagesschau oder sonstigen öffentlichen Angaben. Ich habe mich immer als West Betlinerin bezeichnet und kam aus West Berlin.
Mir ist noch eingefallen, was mir an Ost Berlin aufgefallen ist. Meine S Bahnstrecke nach Hause oder Richtung Innenstadt führte direkt an der Mauer entlang. Selbst im Sommer bei scheinender Sonne waren die Höuser und Straßen grau. Eines Tages sah ich ein kleines Mädchen die Straße lang hüpfen. Ich fand, dieses ausgelassene Hüpfen passte so gar nicht zu der grauen Umgebung.


2x zitiertmelden
Doors ehemaliges Mitglied

Link kopieren
Lesezeichen setzen

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 09:49
Graue Häuser und Strassen mit trotzdem hüpfenden Kindern hatten wir im Westen allerdings auch. Das war kein Alleinstellungsmerkmal Ost.


2x zitiertmelden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 09:58
@Doors
Das ist ganz sicher so. Da wo ich gewohnt habe, war es anders. Der Unterschied war eben krass und so habe ich das auch wahrgenommen.


1x zitiertmelden
Doors ehemaliges Mitglied

Link kopieren
Lesezeichen setzen

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 10:02
@Mrs.Rollins

Ende der 1950er war ich ein hüpfendes Kind auf grauen Strassen zwischen grauen Häusern - in Hamburg.


melden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 10:06
@Doors
Das war dann doch vor meiner Zeit.


melden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 10:08
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ich kenne niemanden in meiner Generation und jünger, der Berlin oder Berlin (West), wie es ja offiziell hiess (Westberlin hiess es nur im DDR-Jargon)
hm kenne es auch nur als Westberlin, also halt den Begriff so kennengelernt von meinen Eltern.
Zitat von Mrs.RollinsMrs.Rollins schrieb:Meine S Bahnstrecke nach Hause oder Richtung Innenstadt führte direkt an der Mauer entlang.
ja das gabs auf beiden Seiten, also diese S-Bahn Strecke.
Erzählt man Vater immer noch oft von, als er in Ostberlin bei der NVA zum Grundwehrdienst war.
Er hat da sogar noch ne Karte, also n Stadtplan, wo der Bereich von Westberlin quasi nicht existiert. Also es sieht auf der Karte so aus als wäre da einfach freies Feld und keine Straßen und Häuser. :D Sehr interessant
Zitat von Mrs.RollinsMrs.Rollins schrieb:Selbst im Sommer bei scheinender Sonne waren die Höuser und Straßen grau.
ja das hört man ja immer wieder, also dass die Innenstädte größtenteils so aussahen.
Da meine Heimatstadt gern als "die Bunte Stadt am Harz" bezeichnet wird kann ich das aber gar nicht so nachvollziehen...denn in meienr Erinnerung war die Innenstadt eigentlich schon immer Bunt. Also sicherlich von der Stadt abhängig.

Im Gegenteil...man hat bspw. einen schönen Brunnen aus DDR Zeiten, mit Blumen drum herum platt gemacht und was neues "hippes" hingesetzt, was nun tatsächlich mehr grau aussieht.
Hier der Unterschied

DDR-Zeiten:
Spoiler
up cee7ed98fdd8 Nicolaiplatz alt


heute:
Spoiler

up 826c2fe0a23d nicolaiplatz neu


wähh grauenhaft :D und eigentlich ne Schande. Hätte man doch einfach so lassen können :palm:
Meine Kindheitserinnerungen sind halt fest mit dem DDR-Bild verbunden...denn der Stand ja noch bis 2003.
Zitat von DoorsDoors schrieb:Graue Häuser und Strassen mit trotzdem hüpfenden Kindern hatten wir im Westen allerdings auch. Das war kein Alleinstellungsmerkmal Ost.
jo meine ich auch.


melden
Doors ehemaliges Mitglied

Link kopieren
Lesezeichen setzen

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 10:10
Leerstand und Verfall, nicht nur im Einzelhandel, kennen wir hier im Westen auch an vielen Orten. Allein in meinem Heimatkreis fallen mir Namen wie - nach Garding, Tönning, Friedrichstadt, Niebüll oder Bredstedt spontan ein. Dorthin kommen inzwischen fast ausschliesslich Touristen aus Neufünfland, um ihren Enkeln mal zu zeigen, wie es in der Ostzone ausgesehen hätte, wenn Honecker noch zehn Jahre weiter regiert hätte.


melden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 15:26
Zitat von knopperknopper schrieb:wenn du es nicht machst, dann machen wir das mit dir bzw. dann bist du selber dran.
Wie gesagt, das mag auf manche KZ-Aufseher zugetroffen haben, aber eben bis auf absolute Einzelfälle nicht auf Stasi-Spitzel.
Das solche Leute das gerne behaupten ist normal, wie erzählt man der Mutter seines Kindes denn sonst, warum sie nach der Wende Papiere in die Hand bekommt aus denen sie ersehen kann, dass es eine "Liebe" die zu Ehe und Kind führte nie gegeben hat, sondern sie in den Berichten ihres Ehemanns als "Subjekt" auftaucht, dass "betreut" wird und dass es über jedes noch so intime Detail der Ehe und ihres Lebens ganz trockene, ausführliche Berichte über ihr Tun, Denken und Reden gibt, alle unterschrieben von ihrem "Ehemann".
Da zu behaupten "sonst hätten die mich eingesperrt" ist da das Letzte was man noch versuchen kann ehe man ne Hand im Gesicht hat (oder ne Axt im Kopf).
Zitat von knopperknopper schrieb:ja richtig. Aber eben genau das zeigt doch wieder dass diese Flüchtlinge sofort als Deutsche angesehen wurden, weil sie halt aus dem anderen Deutschland kamen...und nicht etwa aus dem Ausland.
Nicht wirklich.
Für viele Westdeutsche waren DDR-Bürger gewissermaßen "Geiseln", "Kriegsgefangene", wenn Du so willst und das erklärt auch ganz gut, warum die DDR für uns sogar weit fremder war als "Ausland".
Für uns wart ihr "Gefangene" von denen sich einige eben mit den Bedingungen arrangiert haben und die dann auch alles Recht der Welt hatten damit glücklich zu sein (auch wir wussten, dass es nicht jedem schlecht ging), dann gabs eben welche, die damit nicht leben konnten und die "rüber" wollten, bei denen war es dann selbstverständlich, dass sie "zu uns" gehören, wenn sie es schaffen und dass es jemandem schon recht ernst sein muss, wenn er mit dem was er am Leib hat flieht, dabei riskiert zu Tode zu kommen und die, die er zurück lassen muss ggf nie wieder sieht.
Zitat von abberlineabberline schrieb:Wobei man bei manchen Spitzeln auch sagen muss, dass sie quasi gezwungen wurden. Zumindest hab ich das so gelesen.
Wo hast Du das denn gelesen?
Wir haben einen unserer Lehrer dazu gekriegt ne intensive Unterrichtseinheit zu dem Thema zu machen und was die Stasi-Spitzel, explizit die IMs, dann spielte Zwang in ganz wenigen Einzelfällen eine Rolle.
Z.B. wenn man jemanden der irgendwas plante bzw wusste erwischte und dem dann "Strafmilderung" versprach, wenn er dabei behilflich sei an mehr "Verräter" ran zukommen.
Das blieb aber bei diesen ganz wenigen Ausnahmen, einfach weil auch die DDR "Obrigkeit" nicht so dumm war nicht ganz schnell zu begreifen, dass Menschen so einfach nicht funktionieren.
Folter wurde in unserem Kulturkreis nicht nur abgeschafft, weil wir zu furchtbar zivilisiert sind, sondern weil man nie weiß wieviel Verlass auf Infos ist, die man unter Folter und Zwang bekommt.

Bedrohte man jemanden, dass er "ins tiefe Verlies" wandert, wenn er seine "Komplizen" nicht ans Messer liefert, dann konnte man die Uhr danach stellen, dass:
- diese Person in der Minute auf ewig abtaucht sobald sie die Chance dazu hat
- sich liebend gern ins finsterste Verlies werfen lässt ehe Vertraute ans Messer geliefert werden, allerdings nicht ohne, dass es ein Umschlang mit schönen Details der ganzen Geschichte in den Westen bzw zu den Medien des Westens gelangt (das gab dann für die, die denjenigen ja praktisch "vorgewarnt" haben statt ihn einfach einzubuchten sehr viel mehr Ärger)
- derjenige umgehend jeden Umgang zu seinen "Komplizen" abbricht und die genau wissen, dass das bedeutet, dass er erwischt wurde und sich nun erst recht so schnell als irgend davon machen, zumeist auch nicht ohne den Westmedien dann mitzuteilen, dass es einer aus ihrer Gruppe nicht geschafft hat
- die Person, die man da so clever unter Druck zu setzen meint einem eine falsche Hinhaltestory nach dem anderen auftischt und genau damit dafür sorgt, dass Zeit und Gelegenheit genug da sind um seine Komplizen und ggf ihn selbst außer Landes zu schaffen

Die Liste kann man lange fortführen, aber das Wesentliche wird klar:
all diese, für die Stasi eher ärgerlichen Ausgänge sind um ein vielfaches Wahrscheinlicher, als das jemand, der nicht für 10 Pfennig an all das was die DDR verkörpert hat glaubt mal eben sagt "Ok, ich liefere Euch jeden, der mir vertraut ans Messer und dafür sperrt ihr mich nur die Hälfte der Zeit ein und lasst ab und an ne Lampe brennen."
Wie gesagt: So funktionieren Menschen einfach nicht.
Nicht mit dem "Druckmittel" das die DDR hatte, das eben "nur" hieß "Du landest im Loch." aber eben nicht "Wir knallen Dich und Deine Familie ab."
Und die DDR Obersten auch schon sehr früh gemerkt hat, dass der Westen solche Berichte unglaublich gern und ohne jede Rücksicht fett in den Medien veröffentlicht und das gehörte zu den Dingen, die absolut nicht gewünscht waren.

Also Leute zum "Spitzeln" zu zwingen hatte stets sehr viel mehr Risiken und Nachteile als es Vorteile gab, während man von den IMs, die es einfach super fanden eine derartige Macht über alles was jemandem lieb ist zu haben und sich ganz doll über jedes "Och das hast Du fein gemacht" gefreut hat und all das so tief im nicht vorhandenen Rückgrat hatte, dass die alles und jeden verraten hätten, einfach weil sie es konnte...
Davon gab es genug, man ging kein Risiko ein, dass derjenige Interna an die Westpresse ausspuckt und wurde der Spitzel nicht erkannt und an der Nase herumgeführt, dann konnte man sich auch auf das was er an Infos liefert verlassen.

All diese Quellen, die diese Spitzel als einfach mal ehrloses Pack ausweisen ergeben einfach mal sehr viel mehr Sinn.
Das nach der Wende jeder ehemalige Spitzel behauptet hat man habe ihn gezwungen und damit gedroht ihn bis ins siebte Glied der Familie zu verfluchen wenn er nicht spurrt ist absolut nicht überraschen, aber in all den Berichten, dieser armen, armen Spitzel, die angeblich gar keine Wahl hatten und jede Nacht wach lagen, weil ihr Gewissen sie nicht schlafen ließ gibt es stets massenweise Ungereimtheiten.
Wenn die Schuld so schwer wog, warum machte man dann noch Jahrelang weiter und nahm von sich selbst immer wieder Kontakt zur Stasi auf?
Zitat von DoorsDoors schrieb:Graue Häuser und Strassen mit trotzdem hüpfenden Kindern hatten wir im Westen allerdings auch.
Das ist wohl weniger ne "Ost-Sache" und auch keine "Nachkriegs-Sache", sondern so funktionieren Kinder einfach und genauso sollten sie auch funktionieren.
Ob im Schlamm der Gosse oder zwischen den Gräbern der Pesttoten.. wenn Kinder aufhören zu hüpfen, ganz gleich wie die Kulisse ist, dann hat die Menschheit mal ein echtes Problem.

Meinem Vater diente die DDR übrigens auch als Beispiel dafür, dass er mir seit ich sehr klein bin erklärt hat, dass man sehr vorsichtig sein muss, wenn jemand etwas "überbetont".

Wer einen Satz mit "Die Wahrheit ist..." anfängt, bei dem sollte man damit rechnen, dass er es mit der Wahrheit meist nicht so genau nimmt, oft ohne das zu merken und wenn etwas zu heftig betont wird, dann stimmt was nicht.
Da war ihm die "Deutsche Demokratische Republik" ein gutes Beispiel, dass mich auch recht früh erkennen ließ, was ich von der "Volksrepublik China" zu halten habe :)


melden
Doors ehemaliges Mitglied

Link kopieren
Lesezeichen setzen

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 16:22
Aus einem ollen DDR-Thread exhumiert:

Wenn ich die Tatsache, dass jeder Arbeit hat, über die Frage nach dem gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Sinn der Arbeit stelle, dann bin ich natürlich zufrieden, wenn jeder irgendwie so tut, als täte er etwas. Freitag ab eins macht jeder seins, wie sich die älteren DDR-Bürger noch erinnern.

Die Frage, wer welche Ausbildung bekam, richtete sich, wie in der BRD, nach ökonomischen Notwendigkeiten, nur sehr selten nach den individuellen Interessen des Ausbildungsplatzsuchenden. Die Tatsache, dass jemand einen Ausbildungsplatz hat, sagt nichts über die Qualität dieses Platzes aus. He, hallo Stift, hol mir mal ne Flasche Bier- galt dort wie hier.

Die "Gemeinschaftlichkeit", mal als Volksgemeinschaft, mal als Solidarität deklariert, wird rückblickend gern als das grosse Plus der DDR gefeiert. Als ich damals mit Genossen aus der DDR sprach, redeten sie anders (nach dem 3. Bier): der Konkurrenzdruck und der Neid, die Intrige gehörten zum Handwerkszeug in Partei und Kombinat. Wurde irgendwo ein guter Posten frei, begann das Rattenrennen. Mobbing war, wie in vergleichbaren Institutionen im Westen, an der Tagesordnung. Nicht wenige Genossen trugen die Säge für den Stuhl des Genossen in der Tasche. Dass man sich gelegentlich in der Datsche kollektiv die Birne zuzog, gehörte zur Schmierung des Systems, ähnlich wie im Westen. Die gearschten waren, wie anderswo auch, die Frauen. Für die DDR-Mutti galt Karriere, politische zumal, als so anrüchig wie im Westen. Davor sei die markige Faust des sozialistischen Ehemannes.

Armut ist natürlich relativ. Sicherlich würde ein ALDI-Filialleiter seinen Vetrag kündigen, würde man ihm Honeckers Villa in Wandlitz als Betriebswohnung zuweisen, um mal die Relativität von "Reichtum" darzustellen. Aber die Lebenssituation vieler Bürger der DDR war am unteren Rande des Existenzminimums angesiedelt. Niedriglohngruppen gab es dort wie hier, vor allem für Frauen. Viele Rentner konnten nur dank ihres Reiseprivilegs über die Runden kommen. Versorgungsengpässe taten ein Übriges. Okay, verhungert ist keiner, aber das ist auch heute nicht der Fall.

"Keine Nazis" zählt zu den grossen Lebenslügen der DDR. Sowohl in Wirtschaft, Politik, Kultur und Militär sassen gewendete Faschisten. Wie im Westen griff man beim Wiederaufbau auf "bewährte" Leute zurück. Dazu empfehle ich jedem das "Braunbuch DDR" aus den späten Siebzigern. Vielleicht gibt's das noch antiquarisch. Unabhängig davon gab es eine, wenn auch verdeckte, faschistische Opposition, zumindest in den Achtzigern, als es unter einigen Jugendlichen als chic galt, "rechts" zu sein. Auf diese Strukturen konnten die West-Faschisten nach 1989/90 zurückgreifen.

Ordentliche Jugenderziehung ist so ein abgelatschter Gummibegriff. Was ist "ordentlich"? Wer ist besoffen und stinkt wie ein Tier? Der Junge Pionier!

Warum eigentlich sind alle Weltverbesserer oder die, die sich dafür halten, für eine kollektive Zwangserziehung der Jugend. Freiheit scheint ihnen Angst zu machen.

Wohin das Leitbild geführt hat, sehen wir 1989/90: Rein in den Trabbi und raus, Begrüssungsgeld auf den Kopf hauen, Kredite aufnehmen bis zum Anschlag und konsumiert wie geschmiert. Dann gerne herumjammern, dass einem keiner gesagt hat, wie böse der Kapitalismus sein. Da haben Mandy und Maik offenbar bei Marxismus-Leninismus-Schulung komplett auf Durchzug gestellt. Sie hätten es besser wissen müssen, die kleinen Dösis. Nach dem Jammern Sündenbocksuche und Pogromstimmung wie in Rostock-Lichtenhagen oder Hoyerswerda und anderswo. Die ausgleichende Gerechtigkeit mit dem Baseball-Schläger und Springerstiefel gesucht. Wie sagte mir vor 15 Jahren ein alter PDS-Genosse aus Rostock: Der Kapitalismus ist scheisse, er hat uns die ganzen Ausländer hergebracht. Wenn das die Konsequenz des Leitbildes ist, dann dürften diejenigen, die für ein sozialistisches Deutschland und internationale Solidarität gestorben sind, in ihren Gräbern rotieren. Und ich schäme mich, mit solchen Menschen die Partei zu teilen.

(von 2007)


melden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 16:23
@Fraukie
Das kam mal in einem Bericht über Untergrundszenen in der DDR, in die die Stasi auf üblichem Weg manchmal keinen wirklichen Zugang fand, weil die Szenen an sich nicht nur nicht verstanden wurden, sondern auch recht abgeschlossen untereinander agierten. Da wurde dann auch schon mal mit fiesen Tricks gearbeitet. So konnte zb garantiert werden, dass das Tape der Punkband xy garantiert nicht beim Studio im Westen landet und solche Sachen. Systemkritische Sachen wie "Bakschischrepublik" von "Herbst in Peking" durften ja erst ganz am Ende des DDR Staates laufen. Vorher wär sowas ja wahrscheinlich mit Knast geahndet worden... siehe Schleimkeim und Co., um mal bei den Punks zu bleiben.


melden

Mauerfall vor 30 Jahren (DDR)

14.11.2019 um 17:59
Zitat von Mrs.RollinsMrs.Rollins schrieb:Selbst im Sommer bei scheinender Sonne waren die Höuser und Straßen grau.
Zitat von Mrs.RollinsMrs.Rollins schrieb:Das ist ganz sicher so. Da wo ich gewohnt habe, war es anders. Der Unterschied war eben krass und so habe ich das auch wahrgenommen.
So ging es mir auch, mit der Wahrnehmung. In meiner Erinnerung war nach dem Mauerfall das ganze Umland irgendwie graubraun und trist. Es gab eigentlich keine weiß oder farbig gestrichenen Häuser.

Was ich auch krass fand, noch einige Jahre nach der Wende bin ich während meiner Ausbildung öfters an einem Haus in Potsdam vorbeigekommen an dem man immer noch die Kriegsschäden an der Fassade gesehen hat. Kannte ich aus dem Westen so auch nicht, hat aber irgendwie in das ganze Bild gepasst.


Anzeige

1x zitiertmelden