Etwas provokant zum Heiligabend, aber es kam eben dazu, dass diese Geschichte dran kam ;)

Youtube: Pfarrer Konrad und der Skandal
Pfarrer Konrad und der Skandal
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Ein herrlicher Sonnenaufgang streichelte mit seiner zarten Wärme Pfarrer Konrad behutsam aus seinem erholsamen Schlaf. Etwas verschlafen lugte er auf seinen Wecker. Wie fast immer hatte ihm der Herr den Weckruf seines lärmenden Weckers gut 5 Minuten vor der eingestellten Zeit erspart. Lächelnd schaltete der Pfarrer den Wecker ab, sodass er nicht mehr erklingen musste für den heutigen Tag. Anschließend machte er sich für den noch jungen Tag bereit und gönnte seinem Körper eine wohltuende und erweckende Pflege im Bad. Als er – nun frisch und bereit für die Führung seiner Schäfchen – endlich in seiner gewaschenen und angenehm duftenden Tracht das Haus verließ, fragte er sich schon, was die Menschen ihm dieses Mal für Beichten vorlegen würden.

In seinen 17 Jahren Auslebung seines Amtes hatte er bisher noch keine sonderlich erschreckenden Beichten abnehmen müssen. Alle bisher grenzwertigen Fälle waren lediglich heimlich ausgelebte Spielsüchte und Trunkenheit am Steuer. Sicherlich, auch solche Taten durften für des Menschen Wohl nicht ignoriert werden. Allerdings war es ihm ganz recht dabei keine schwerwiegenden Delikte, wie Morde oder Ähnliches zu Gehör zu bekommen. Das war aber auch durch die doch eher kleine Gemeinde nachzuvollziehen. Ein größeres Verbrechen würde sicherlich trotz Beichtgeheimnis schnell die Runde machen – und die Bewahrung des Rufes war gerade in einem Ort, in dem jeder jeden kannte wichtig.

So betrat Pfarrer Konrad mit einem Liedchen auf den Lippen, pfeifend seine Kabine um die Beichten zu erhören. Kaum war der Beichtstuhl freigegeben, hörte er auch schon den ersten Sünder hustend die Kabine betreten. Er erkannte diesen keuchenden Husten sofort – das war der allseits bekannte Streuner Willfried mit seiner üblichen Sünde. „Vergebe mir Vater, denn ich habe gesündigt“, krächzte es unverkennbar von ihm. Mit einem mitfühlendem Lächeln, fragte der Pfarrer sanft nach: „Was hast du verbrochen, mein Sohn?“ Die Antwort kam nach einem kurzen Hustenanfall: „Hab mal wieder das erbettelte Geld für Schnaps statt für meine Medizin ausgegeben…“ Pfarrer Konrad wartete noch einen Moment ab, ob Willfried weitersprach, dann gab er seine Standard-Antwort zu dem Thema: „Nun, dann bete 3 Mal das Ave Maria und lass dir den Husten eine Lehre sein, nächstes Mal weniger dem Alkohol, als deiner Gesundheit zu frönen.“ Er hörte noch ein genuscheltes: „Jawohl, Vater“, dann raschelte es und der arme Alkohol-Teufel war fort. Der Pfarrer seufzte leise auf, es gab leider auch solch traurige Fälle wie Willfried bei denen er sich bewusst war, mit seinen Apellen nicht weiterzukommen.

Doch er hatte keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn der Beichtstuhl wurde geräuschvoll neu besetzt. Verwundert horchte Pfarrer Konrad auf, diese Geräuschkulisse war für seine üblichen Verdächtigen ungewöhnlich. Schwer keuchend brachte sein Gegenüber das: „Vergebe mir Vater, denn ich habe gesündigt…“ heraus. Er merkte sofort, dass etwas nicht stimmte: „Von welchem Übel möchtest du befreit werden?“ Erst hörte er nur tiefe Atemzüge und nervöse Schluckgeräusche. „Ganz ruhig, wir sind hier unter uns und ich werde dich nicht verurteilen. Die Wege des Herrn halten für jeden von uns Stolperfallen bereit und einen Fehler zu machen ist nur halb so schlimm, wenn man ihn eingesteht und seine gerechte Strafe entgegen nimmt“, versuchte er sein Gegenüber zu beschwichtigen.

Nach einem Augenblick, in dem sich die Person zu beruhigen schien, erklang eine männliche Stimme: „Ich habe mich meiner Lust hingegeben und mit einer jungen Dame Unzucht getrieben.“ Schon war die Lage für den Pfarrer entspannter, ein Mann dessen Moral ihn wohl peinigte. Wer war es wohl? – er versuchte, die Stimme zu erkennen. „Wieso siehst du die Liebe zu der Dame denn als unzüchtig an? Ist sie so viel jünger als du?“, harkte er nach. Ein unterdrücktes Schluchzen drang hervor. Der Pfarrer wurde allmählich stutzig – die Reaktion des Mannes war heftig. Schließlich erklärte die Stimme: „Vater, sie ist noch ein Kind und hat keine Ahnung von der Liebe zwischen Erwachsenen! Sie ist aber so süß und zierlich, mein Verlangen nahm Überhand und als wir dann alleine im Klassenraum waren…“

Bei diesen Worten, fuhr es den Pfarrer wie vom Blitz getroffen durch alle Knochen. War das der Lehrer Müller, von der ortsansässigen Grundschule? Er zwang sich, so behutsam wie möglich an weitere Details zu kommen: „War es denn im Einvernehmen mit dem Mädchen, begehrte sie dich auch? Wer ist sie?“ Kurz nach der Frage, biss sich Pfarrer Konrad schmerzvoll auf die Zunge – die Frage nach der Person ging etwas zu weit. „Nun, ich weiß nicht recht. Ich ließ sie wegen ihrer schlechten Note in Biologie nach der regulären Schulzeit bei mir bleiben um mit ihr darüber zu reden – also über die Note. Sie war natürlich nicht gerade zufrieden mit ihrer Benotung und so machte ich ihr das Angebot, die Note mit einem Praxistest zu verbessern. Sie war zwar schon immer etwas schüchtern, unsere kleine Sarah, aber da hat sie mal gezeigt – was für ein dreckiges Luder in ihr steckt. oh, verzeiht meine Wortwahl, Vater!“, der letzte Satz hatte einen für den Pfarrer schockierenden Unterton besessen. Nie zuvor, war er mit so etwas konfrontiert worden. Sarah, das war doch die kleine Nichte vom Müller? Meine Güte, dachte der Pfarrer sich. Nicht nur Kinderschändung, nein auch noch Inzest!

„Ist es bei einem Zwischenfall geblieben?“, fragte er seinen Würgereiz unterdrückend. „Nein, Vater. Sie hat die Sache so „befriedigend“ durchgeführt, dass ich ihr weitere Noten für diese Gefälligkeit verbessern lassen wollte – das hatte sie wegen ihres ruhigen Wesens auch nötig“, erzählte der Lehrer als sei es das normalste der Welt. Mit großer Überwindungskraft verkündete der Pfarrer: „Lass in Zukunft deine Finger von dieser verbotenen Frucht und bete 30 Rosenkränze, dann kannst du deine sündige Seele eventuell noch retten.“ Ohne ein weiteres Wort, verschwand der Sünder aus der Kabine. Pfarrer Konrad wartete noch ab, bis er die Tore der Kirchentür zuknallen hörte, dann stürmte er ebenfalls heraus und erbrach sich in den nächsten Eimer.

Ab diesem Zeitpunkt sah der Pfarrer seine Gemeinde mit anderen Augen. Die Erstkommunion stand vor der Tür und auch Sarah war unter den Kommunionskindern. Wann immer er die Zeit fand, besuchte er die Gruppe rund um sie bei den Vorbereitungen zur Kommunion und tauschte immer mal wieder freundliche Worte mit ihr. So, dachte er, könne er ihr erlittenes Martyrium etwas lindern, trotz seiner Schweigepflicht.

Zwei Wochen nach ihrer Erstkommunion war es wieder einmal Zeit zum Beichten abnehmen. Seit dem Tag dieses furchtbaren Geständnisses, war Pfarrer Konrad dabei gar nicht wohl. Ständig hatte er die Befürchtung, Lehrer Müller könnte erneut zu ihm kommen und weitere Taten an dem Mädchen beichten. Doch diese Angst war unbegründet. Müller ließ sich nach seiner großen Beichte nicht mehr in der Kirche sehen, es gab schon erste Gerüchte er könne eine Glaubenskrise haben. Der Pfarrer glaubte eher, er hatte Angst dem Mann in die Augen zu schauen, der sein dunkles Geheimnis kannte.

Statt ihm kam Jemand anderes in die Kabine, ein Paar Lederschuhe quietschten auf dem steinernen Boden bei jedem Schritt. Dann hörte er den Sünder scheinbar einen Zug von einer Zigarette nehmen. „Rauchen ist hier drin untersagt!“, rief er hinaus. Die Kippe wurde den nächsten Geräuschen zu urteilen auf den Boden geschmissen und dort ausgetreten. Empört nahm der Pfarrer sich vor, der Person dafür mindestens 10 Ave Maria aufzudrücken!

Die Person setzte sich nun offenbar und fing an zu sprechen: „Vergebe mir Vater, denn ich werde sündigen!“ War das nicht die Stimme von Sarahs Vater Michael? Verwirrt über diesen Satz fragte er nach: „Wie meinen? Mein Sohn, du kannst nicht einfach für eine noch nicht begangene Sünde Buße tun – dadurch zeigst du keine Reue, die Beichte ist keine Freikarte zur Sünde!“ Der Mann aber sprach: „Tut mir ja leid, aber nach der Vollstreckung der Sünde, werden sie mir diese nicht mehr abnehmen können – denn sie werden Niemandes Sünden mehr mit ihrem Lügenmaul entschuldigen!“ Pfarrer Konrad traute seinen Ohren nicht, was war hier los?

Da sah er auch schon den Lauf eines Revolvers aus der Trennwand der Kabinen hervor lugen und ein verräterisches Einrasten. Es blieb ihm gerade noch genug Zeit, aus der Kabine hervor zu springen, als der erste Schuss die Wand der Kabine durchlöcherte. Stolpernd duckte er sich hinter eine Bank, außer ihnen beiden schien Niemand da zu sein. „Da hattest du wohl einmal Glück, du Scheinheiliger!“, wütend trat Michael aus der Kabine hervor. Er war ganz in Schwarz gekleidet, mit Handschuhen, Hut, Anzug und Mantel. „Sieh her, ich bin schon passend zu deiner Beerdigung angezogen! Denkst du dreckiges Schwein mir sei entgangen, wie du dich an meine unschuldige Tochter während des Kommunionsunterrichtes angeschmiegt hast? Die Kleine ist für ihr Leben verstört und du hast das zu verantworten!“, sagte Michael und richtete seine Waffe auf die Bank hinter der sich der Pfarrer notdürftig versteckte. Er dachte also, Pfarrer Konrad habe sich an Sarah vergriffen. Das erklärte seine Wut auf ihn. „Warte Michael, du machst einen Fehler!“, versuchte der Pfarrer ihn aufzuhalten. Der aber meinte nur verächtlich: „Der einzige Fehler war es, meine Tochter in deine Obhut zu geben.“ Der zweite Schuss löste sich und das Holz der Bank splitterte.

Voller Todesangst schaute der Pfarrer hastig um, gab es keine sichere Stelle um sich vor den Schüssen zu sichern? Währenddessen kam Michael näher und näher. Absolut davon überzeugt den Schänder seiner Tochter richten zu wollen. Pfarrer Konrad rang innerlich mit sich. Er konnte sein Leben retten, musste dazu aber das Beichtgeheimnis brechen. Das würde ihm der Herr nur schwerlich verzeihen können. „Bitte, höre mich doch an – ich bin deiner Tochter nicht zu nahe getreten, aber ich kann dir auch nicht sagen wer“, versuchte er zu klären. Ein weiterer Schuss löste sich und verfehlte nur knapp sein linkes Ohr. „Ausreden, alles ausreden für einen typischen Pfarrer unserer heutigen Zeit. Es ist ein Wunder, dass es sowas überhaupt noch geben darf – ihr seid doch ohnehin alles nur perverse Kinderficker“, redete Michael vor sich hin.

Hastig versuchte der Pfarrer bis zum Altar zu laufen, das war besser als ihm direkt vor der Nase herumzukriechen und vielleicht konnte er etwas zur Gegenwehr finden. Doch als er lossprintete flog eine weitere Kugel los und ein brennender Schmerz in seinem rechten Knie ließ ihn zu Boden fallen. Ein grauenhaftes, hasserfülltes Lachen ertönte und wurde vom Hall der Kirchenwände gruselig verstärkt. „Das war es mit dir, Pfarrerchen“, frohlockte Michael.

Den Revolver vor der Stirn, sprach Pfarrer Konrad stillschweigend sein letztes Gebet. Er würde gleich seinem Schöpfer gegenüberstehen und der würde nichts unrechtes an ihm finden, damit musste er nun zufrieden sein. Der Revolver wurde betätigt und es klickte.

Nichts geschah. Wieder und wieder drückte Michael ab, aber der Revolver war aufgebraucht! Plötzlich hörte man eine Tür aufgehen und mehrere Männer und Frauen zogen erschrocken die Luft ein. Das waren weitere Beichtbesucher. Sofort stürmten zwei Männer vor und packten Michael, entwaffneten ihn und drückten ihn zu Boden. Der Pfarrer war gerettet. Michael wurde wegen versuchten Mordes verhaftet.

Wenige Wochen später fand man den Lehrer Müller erhängt in seiner Wohnung, im Abschiedsbrief gestand er das Vergehen an Sarah und bat den Pfarrer um ein Gebet zur Vergebung seiner letzten Sünde.