Von der Selbstfindung - Teil 3 von 3

Spoiler


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"Was will ich mal werden", so lautet die Frage der Lehrkraft. Kinder heben ihre Hände. Was sie nicht alles werden wollen! "Was will ich mal werden?" bedeutet, dass die Eltern es auch nicht besser wussten, daher überlassen sie ihre Frage dem Nachwuchs; in der Hoffnung jenen Tag noch mit zu erleben, an dem Erkenntnis aus der Frage gezogen wird. "Werde bloß nicht das, was Mama und Papa schon sind!" ansonsten hieße es eher "Willst du glücklich werden? Dann mach, was Mama und Papa schon glücklich macht.". Irgendwann, da kommt dann diese Antwort, dieses "Ich werde glücklich!" und schlagartig wird einem klar, wo doch dieses Wort ein Fremdwort sein muss, hier in unseren Breiten und Höhengraden, dass man sich mit fragenden, schier ungläubigen Blicken konfrontieren muss.

Oder es heißt dann schlichtweg
"Aufgabenstellung verfehlt".
Werde glücklich. Das ist es, was John Lennons Mutter ihrem Sohn beigebracht hatte. Man erschoss den guten Mann. Aber seine Worte gebe ich weiter. Diese Welt kann einer Hölle gleichen, machen wir uns nichts vor. Jeder Mensch hat seine Leiden. Zufriedenheit ist eine unschätzbare Rarität. Sitzen die Haare? Was denken die anderen über mich? Bin ich mir selber gut genug? Was wird morgen sein? Dieser verdammte Wecker... Klar, das Leben kann einem Paradies gleichen. Bis zu einem gewissen Kindesalter ist das gar nicht mal so abwegig. Vielleicht ist es momentan auch gut so zu denken, wie man es bisher schon tat. Vielleicht führt man ein unbeschwertes Leben, wo weiteres Abmühen nicht in die persönliche Relevanz hineinpasst. Doch gerade darum sollte nicht vergessen werden, dass Wahrheit und Wahrhaftigkeit zu eines der höchsten Ziele des Menschen gehört.

Aus den entlegendsten Winkeln des Universums und den innersten Tiefen des Seins schöpfe ich eine Wahrheit. Nämlich funkelt und glitzert Wahrheit in ihrer wahrhaftigsten Pracht ausgerechnet zwischen diesen beiden Extremen - direkt vor der eigenen Nase. Es ist die ganze Zeit da. Es sind Momente des vollkommenen Seins und des Friedens mit sich und der Welt in dem Wissen wo man herkommt und wohin man geht. Sich den Träumen hingeben und rückwärts Achterbahn fahren.

Ist es an der Zeit weiterzudenken?

Vielleicht führt manch einer ein sehr beschissenes Leben, und verständlicherweise würden dann noch mehr Mühen umso weniger in das Konzept passen. Wo das Bedürfnis wächst jenes loszulassen, das danach schreit losgelassen zu werden, bin ich froh über einen solchen Denkansatz für mich gefunden zu haben, auch wenn es schwerfällt diesen Mindfuck zu akzeptieren. Es ist simpel "Der, der schreit, wird nie seine Ruhe finden" und doch verlangt es ALLES ab. Sich seines nervigen Egos zu entledigen, gleicht einem "kleinen", persönlichen Tod - und das schon zu Lebzeiten! Gleichzeitig wohl bedeutet es, dass mit dem Tod jeglichen Leidens ein stabiler Zustand des Friedens folgen würde, also insofern ein Unterfangen, das sich wiederum lohnen würde.

Alter, Krankheit, Schmerz, Tod. Jeder Mensch erlebt eine wahrhaftige Hölle, in der die Suche nach dem Glück zum Scheitern verurteilt ist. Denn nicht gefunden kann werden, was nicht weg ist. Es klingt schon ziemlich hart, vor allem das Wort Hölle. Doch so stellt die Realität lediglich das Mögliche dar. Um das Glück zu erreichen, muss das Streben nach Glück ein für alle Mal für beendet erklärt werden, es leuchtet doch ein - nicht wahr?

Das Streben nach Glück setzt einen weniger glücklichen Weg voraus. Deswegen verursacht Glück - also auch das Streben nach Glück -> Unglück. Unglück, indes, setzt Glück voraus. Denn du wusstest nicht was Glück ist, ehe dir Unglück widerfuhr. Auch darfst du das Glück weder wahren, noch behalten, noch schützen, denn genau in diesem Moment erschaffst du schon das Gegenteil und es zerfällt durch deine eigene Hand. Glück sei aber auch nicht die Abwesenheit von Unglück. Keinesfalls - im Gegenteil! Unglück ist essenziell und ganz und gar Notwendigkeit für die Existenz von Glück. Unglück ist per se nichts schlimmes, denn auch das Unglück verhilft dem Glück zu seiner Existenzberechtigung. Du kannst nie Glück erfahren, wenn dir nie Unglück widerfahren ist - dass dir allerdings Unglück widerfährt, beweist dass es irgendwo Glück geben muss.

Das Streben nach Glück ende demnach an dem Punkt, an dem man es ganz und gar - wie den goldenen Vogel im Käfig - loszulassen gelernt hat.

Das Glück findest du nicht. Du kannst nicht finden, was nicht weg ist. Es war - ist - die ganze Zeit da. Am Ende unserer Leben werden wir wissen und verstehen lernen. Wir sind ganz und gar glücklich. Vollendet. Denn wenn wir erst einmal alles hinter uns gelassen haben, streben wir nicht mehr.

Oh, und noch was!
Das Behalten von Glück ist ein Akt der Teilung.
Das Teilen von Glück verbindet.


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