500 Jahre Reinheitsgebot sind kein Grund zu feiern!
Pestizidrückstände und diverse Hilfsstoffe

"Das deutsche Reinheitsgebot ist ein Scheinheitsgebot, denn es macht weder Vorgaben zur Qualität der Rohstoffe noch zu dem Herstellungsverfahren", sagte Lena Blanken, Sprecherin der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch, anlässlich des Jubiläums-Rummels.

Laut der Kritik von Foodwatch würden den Verbrauchern Pestizidrückstände bei Hopfen und Malz untergejubelt, und von verschiedenen technischen Hilfsstoffen während des Brauprozesses und der Produktion der Rohstoffe würden sie auch nichts erfahren.

Bereits das 1993 verabschiedete Biersteuergesetz etwa gestattet unter anderem die Verwendung des Lebensmittelzusatzstoffes Polyvinylpolypyrrolidon zur "Schönung" des Bieres. Ein Kunststoffpulver, das im Bier unerwünschte Gerbstoffe und Polyphenole bindet und mit diesen abgefiltert wird. Das gleiche gilt für Kieselgur oder Kieselsol, die ebenfalls im Brauprozess zugegeben und später abgefiltert werden, um Eiweißstoffe zu binden und trübes Bier klar zu machen.

Im Endprodukt sind diese Stoffe "bis auf gesundheitlich, geruchlich und geschmacklich unbedenkliche, technisch unvermeidbare Anteile" (Paragraph 9 Absatz 6 des "Vorläufigen Biergesetzes") nicht mehr vorhanden.


Das vorläufige Biergesetz widerlegt das Reinheitsgebot

Der Blick in das "Vorläufige Biergesetz", das 1993 verabschiedet wurde und aktuell in der Fassung von 2011 gilt, lohnt sich. Denn dort werden Abweichungen vom deutschen Reinheitsgebot zugelassen und geregelt. Beispielsweise in Paragraph 9 Absatz 2. Dort steht zu lesen: "Die Bereitung von obergärigem Bier unterliegt derselben Vorschrift; es ist hierbei jedoch auch die Verwendung von anderem Malz und die Verwendung von technisch reinem Rohr-, Rüben- oder Invertzucker sowie von Stärkezucker und aus Zucker der bezeichneten Art hergestellten Farbmitteln zulässig."

Brauereien dürfen also unter anderem Zucker und Farbstoffe zusetzen und damit durchaus mehr als "nur" Gerstenmalz, Hopfen und Wasser in ihr Bier kippen. Hopfen wird in der Regel nicht mehr "wie geerntet" zugesetzt, sondern in Form von industriell produzierten Hopfen-Pellets oder Essenzen. Das regelt Absatz 5 des gleichen Paragraphen: "An Stelle von Hopfen dürfen bei der Bierbereitung auch Hopfenpulver oder Hopfen in anderweit zerkleinerter Form oder Hopfenauszüge verwendet werden."

Weizenbier wäre ein Verstoß gegen das Reinheitsgebot

Schon die Sorte Weizenbier stellt einen Verstoß gegen das bejubelte Reinheitsgebot dar: Wie der Name sagt, wird hier mindestens 50 Prozent Weizenmalz verwendet. Damals vor 500 Jahren musste ein Brauer ein teures Sonderrecht namens "Weißbier-Privileg" kaufen, um von der im Reinheitsgebot vorgeschriebenen Gerste abweichen zu dürfen.

Mit anderen Worten: Damals wie heute entspricht kein Weizenbier dem ursprünglichen Reinheitsgebot. Das hindert Weißbierbrauereien jedoch nicht daran, sich das Reinheitsgebot als Marketing-Argument zunutze zu machen.
http://www.t-online.de/lifestyle/essen-und-trinken/id_77625666/das-gepriesene-deutsche-reinheitsgebot-ist-ein-witz.html