Philbrick-Freak

Soviel ich weiß, ist das der einzige Kinderroman (zum Teil ein Thriller) von Rodman Philbrick aus dem Jahr 1993, und er wurde mit Sharon Stone verfilmt. Im Zentrum stehen zwei 12-jährige Außenseiter, ein hochintelligenter Junge namens Kevin (damals ging der Name noch) mit der Stoffwechelstörung Morbus Morquio (er ist kleinwüchsig, seine Organe wachsen jedoch normal, woran er an seinem dreizehnten Geburtstag stirbt) und ein großgewachsener dicklicher Junge namens Maxwell Kane, der seit der Kindergartenzeit unkontrollierbare Aggressionsanfälle hat, an die er sich zeitweise nicht erinnern kann, ungelenk ist, Lese- und Schreibschwierigkeiten hat.

Maxwell lebt bei seinen mütterlichen Großeltern, sein Vater sitzt im Gefängnis, da er seine Mutter ermordet hat. Im Haus seiner Großeltern lebt er zurückgezogen im Keller, und als Kevin, den er vom Kindergarten her kennt, in ein Nachbarhaus einzieht, befreunden sie sich. Kevin reitet auf Maxwells Schultern und dirigiert ihn in Abenteuer, die er aus den Artusromanen hat. Episodenhaft wird erzählt, so auch eine Konfrontation mit einer Bande von 17-Jährigen, die darauf aus sind, Kleinere zu verprügeln. Sie können sich gerade noch retten. Kevin lebt in einer Fantasiewelt, träumt von einem bionischen Körper, der ihm ein längeres Leben ermöglicht, liest sehr viel und schafft es, dass Maxwell in der Schule aus der Fördergruppe in die Normalklasse versetzt werden kann. Schließlich wird Maxwell sein Jahr mit Kevin niederschreiben (er ist der Erzähler des Buchs).

Der zweite Teil des Romans ist beinahe ein Thriller. Maxwells Vater wird auf Bewährung freigelassen, entführt Maxwell aus der Wohnung der Großeltern, schleppt ihn in ein Sozialbauwohnviertel, wo ihm ein ehemals befreundetes Rockerpaar helfen soll, das jedoch Maxwell und Kevin schon kennt, da sie der Frau in einer Episode eine gestohlene Handtasche zurückgebracht haben. Der Vater fesselt und knebelt Maxwell, und die Leugnung des Mordes an Maxwells Mutter kann er nicht lange aufrechterhalten. Das Rockerpaar ruft die Polizei und Kevin befreit Maxwell, indem er in das abgebrannte Gebäude, wo sich die beiden aufhalten, eindringt und dem Vater ("Killer Kane") mit einer Wasserpistole eine Art selbstgebrauten Pfefferspray in die Augen sprüht. Das ist Kevins großer Moment vor seinem Tod.

Haupt- und Identifikationsfigur ist eindeutig Maxwell, der alle Voraussetzungen hat, in ein kaputtes Leben abzudriften: traumatisiert (er kann sich an die Ermordung seiner Mutter erinnern, als er vier Jahre alt war), jähzornig, aggressiv, plump, lernschwach. Kevin ist das Vehikel, das ihn aus diesem Sumpf herausholen kann, und als er es geschafft hat, muss er sterben. Für eine Identifikationsfigur ist er viel zu intelligent, vielwisserisch und hat noch dazu eine sehr seltene Krankheit.