Freimaurer
21.11.2007 um 10:45
Ist die Freimaurerei nicht eine Sekte?
Ich möchte nicht, daß wir uns hier verstricken in eine langatmige Ausführung über das, was gemeinhin unter der Bezeichnung “Sekten” verstanden wird, dieselben sind oder was sie nicht sind. Das ist es auch nicht, wo nach der Leser sucht.
Was wir heutzutage als Sekte bezeichnen, weist eine beträchtliche Anzahl der folgenden Charakteristiken auf. Vergleichen wir diese nun mit dem, was in fast allen französischen Obedenzien geschieht.
- Ein “Guru” und “Anhänger”.
In der Freimaurerei gibt es keinen “Guru”. Die Großmeister werden alljährlich gewählt, ihre Amtszeit ist auf maximal drei aufeinander folgende Jahre begrenzt, nach Ablauf dieser Zeit müssen sie ihr Amt abtreten, wie verdient sie sich auch immer gemacht haben. Desweiteren hat es noch nie einen “Chef”, nicht einmal eine “Weltweite Direktion” der gesammten Freimaurerei gegeben: Ein Großmeister steht allein seiner Obedienz vor und in jedem Land gibt es mehrere Obedenzien. Es kann jedoch vorkommen, daß die Stellungen der ältesten oder wichtigsten von ihnen auf andere Einfluß haben können, alle sind jedoch unabhängig.
- Ein Buch oder Schriftstück das die allerletzte Wahrheit offenbaren soll.
Die Freimaurer sind der Überzeugung, daß die vollständige allerletzte Wahrheit dem Menschen verschlossen bleibt. Die Mehrzahl der Logen auf der Welt benutzen die Bibel als Symbol, den Maurern steht es jedoch frei, in diesem Symbol zu sehen, was ihnen beliebt. In einigen Obedienzien benützt man übrigens überhaupt kein Buch mehr, gerade weil man der Ansicht ist, daß dieses traditionelle Symbol von einigen dazu mißbraucht werden könnte, die Meinung anderer zu beeinflussen.
- Eine Lehre als vermeintliche Antwort auf die großen Fragen der Existenz.
Solch eine Lehre gibt es bei den Freimaurern nicht. Die Maurer haben Arbeitstechniken und Symbole, die ihnen einen Austausch ihrer Ansichten zu den großen Fragen der Existenz, sowohl als auch zu anderen Themen ermöglichen. Sie können so brüderlich ihre eigenen Überzeugungen oder die “Lehren”, die ihnen wo anders zu Teil wurden (in ihrer Religion, an der Universität oder gemeinhin in ihrem Leben) gegeneinander halten, die Maurerei jedoch ist keine Stätte der Verbreitung irgend einer besonderen Lehre.
- Ein “Credo” oder die Gesammtheit verschiedener Dinge, an welche die Mitglieder zu glauben haben.
Das gibt es nicht in der Freimaurerei. Besuchen Sie doch einmal die Websites der Obedienzien, Sie werden dort keines “Credos” fündig werden.
Um genau zu sein, verlangt die anspruchsvollste französische Obedienz von ihren Mitgliedern nur den “Glauben an Gott”, während die anderen französischen Obedienzen ihren Mitgliedern völlige Glaubensfreiheit lassen. Einige arbeiten “Zum Ruhme des allmächtigen Baumeisters der Welt”, dem Schöpferprinzip, überlassen es jedoch jedem einzelnen in diesem Symbol zu sehen, was ihm beliebt. Wieder andere sind von dieser Formulierung teilweise oder ganz abgekommen.
-Vorschriften oder Verbote in Bereichen des täglichen Lebens.
Die einzige Vorschrift, die die Freimaurerei ihren Mitgliedern macht, ist sich als freie Personen von gutem Rufe zu verhalten.
-Reden, die im Widerspruch zu Glauben und Praktiken der Mehrheit der Gesellschaft stehen.
So etwas gibt es in der Freimaurerei nicht.
-Gehorsam der Anhänger/ Entmündigung der Mitglieder.
Auch so etwas gibt es in der Freimaurerei nicht. Wer schon einmal einem “Konvent” (Generalversammlung) einer Obedienz beigewohnt hat, weiß wie schwer Freimaurer sich tun, irgendeine Anweisung einstimmig anzunehmen. Was die Vorstellung betrifft, sie hätten gefälligst den Anweisungen ihrer Leiter Folge zu leisten, so haben eben diese Leiter dafür höchstens ein müdes Lächeln übrig ! ;- )
-Der Zwiespalt der Welt in “gut/gerettet” und “böse/verdammt”
So etwas gibt es in der Freimaurerei nicht. Hier liegt auch der Hauptgrund für die Verurteilung der Freimaurer durch die totalitären Regime, deren Propaganda sich auf eben diese Art Zwiespalt stützt.
- Das Gefühl der Mitglieder in der Gruppe mehr geliebt und geborgen und besser verstanden zu sein, als außerhalb.
Das gibt es in gewissem Maße in der Freimaurerei. Jedoch läßt sich der Toleranz- und Bruderschaftsgeist nicht ins Unendliche dehnen. Die jenigen, die eine andere “Familie” suchen, oder sich nach “Geborgenheit” in der Gruppe sehnen, sollten sich besser anderweitig umsehen, um nicht bitter enttäuscht zu werden.
In der Freimaurerei wird man ihnen brüderlich Gehör schenken, aber mit Sicherheit werden sie dort nicht bemuttert ! Um es deutlich auszudrücken: Es ist ratsam, etwas Lebenserfahrung mitzubringen und nicht zu zart besaitet zu sein, wenn man der Freimaurerei beitreten will. Es kommt schon vor, daß man einiges wegstecken muß.
-Ein bestimmtes Ritual.
Wahrscheinlich ist hier die einzige Gemeinsamkeit zwischen Sekten und Freimaurerei. Die Freimaurer haben ein, oder um genauer zu sein, mehrere besondere Rituale. Es sei jedoch drauf hingewiesen, daß die Maurer-Rituale sehr viel älter sind, als die allermeisten Sekten-Rituale. Dieser gemeinsame Punkt, den die Freimaurer-Gegner in ihren Äußerungen gerne zum Vorwurf machen, ist jedoch unzureichend, um aus ihr eine Sekte zu machen. Gerichtshöfe, Armeen, Religionen, Kampfsportarten und zivile Eheschließungen, um nur einige Beispiele aufzuzeigen, unterliegen alle besonderen Ritualen. Das macht aus ihnen noch lange keine Sekten.
-Maßlose finanzielle Anforderungen.
In Frankreich beläuft sich der durchschnittliche Jahresbeitrag auf knapp FF 2000.- Die muß man in der Tat schon aufbringen. Jedoch ist das weitaus weniger, als die Forderungen der meisten Sekten (obwohl diese von sich behaupten unentgeldlich zu sein....zumindest am Anfang !) Auch werden jedes Jahr die detaillierten Konten der Obedienzien veröffentlicht. Was bei Sekten wohl äußerst selten der Fall ist !
-Die Eingliederung von Kindern.
In diesem Punkt sind die Freimaurer äußerst vorsichtig, besonders in Frankreich ( bekenntnisfreies Land ! ). Es gibt in einigen Ländern, auch in Frankreich, wo es eine Randgruppe ist, Verbingungen von Kindern von Freimaurern. Sie betreffen vornehmlich Jugendliche und ähneln in gewisser Weise den Pfadfinderbewegungen (Baden-Powel war Freimaurer). Jedenfalls gibt es weder besondere Schulen, noch wöchentlichen Unterricht für die Kinder, wie bei einigen Religionen oder Sekten.
- Anwerbung
Genau das Gegenteil ist der Fall in der Freimaurerei. Es ist verhältnismäßig schwierig einzutreten (obwohl man auch hier auf dem Teppich bleiben muß, denn so fürchterlich, wie einige ihrer Mitglieder die Auswahl manchmal gerne hinstellen, ist sie auch wieder nicht ;- )
Es kommt auch schon mal vor, daß ein Nicht-Maurer mehrere Jahre darauf wartet, von Maurern auf seine Aufnahme hin angesprochen zu werden. Da kann er allerdings lange warten, denn traditionell ist genau das Gegenteil die Regel:
Er muß auf die Freimaurer zukommen und um seine Aufnahme gesuchen.
(kleiner Augenwink: Ein, in der englischen Sprache recht bekanntes “Erkennungszeichen” ist “2B1ask1”, das ist auch der Name einer freimaurerischen website).
- Es wird Druck ausgeübt, wenn man aus der Sekte austreten will.
So etwas gibt es in der Freimaurerei nicht:
Die Freimaurerei ist keine Religion. Da die freimaurerische Einweihnung kein Sakrament ist, das “die Seele, dessen, der sie empfängt rettet, können diejenigen, die die Freimaurerei verlassen, die ihre auch nicht verlieren ! “
Es ist möglich (und sogar wünschenswert), daß wenn ein Maurer seine Mitgliedschaft kündigt, ihn die Mitglieder seiner Loge fragen, warum er das tut, ob er durch etwas enttäuscht wurde und vorallem, ob er nicht vielleicht aus einem finanziellen Engpaß heraus kündigt... Aber damit hat es sich dann auch.
Wenn jemand die Freimaurerei verlassen will, dann ist das sehr einfach: Er kommt nicht mehr zu den Versammlungen, schickt einen Einschreibebrief und stellt die Zahlung seines Mitgliedsbeitrags ein ! (Und unter uns gesagt, wenn man einfach unentschuldigt den Versammlungen fern bleibt, oder obwohl man keine finanziellen Schwierigkeiten hat, den Mitgliedsbeitrag einfach nicht mehr zahlt, dann langt das auch, nur wird man in diesen Fällen statt der Kündigung gestrichen. Das ist keine besonders gute Idee und es könnte einem leid tun, wenn man dann eines Tages doch wieder eintreten möchte !)
- Der Bruch mit dem ursprünglichen Umfeld.
So etwas gibt es in der Freimaurerei nicht. Auf gar keinen Fall wird ein Maurer dazu angehalten mit seiner Familie brechen, genauso wenig mit seiner Religion, sofern er eine hat. Im Gegenteil, es passiert häufig, daß ein Maurer zu seinem, ihm etwas fremd gewordenen ethnischen und religiösen Kulturkreis wieder engeren Kontakt aufnimmt, um unter anderem deren Reichtum jenen seiner Brüder besser darlegen zu können, die aus anderen Gefilden stammen.
- Das Leben in der Gemeinschaft.
In Frankreich hat ein Maurer durchschnittlich zwei Versammlungen pro Monat. Um genau zu sein, muß man in den meisten Logen noch eine oder zwei monatliche Symbolik-Schulungsversammlungen in den ersten Jahren dazu rechnen.
Jedenfalls nichts, was auch nur annährend an ein Leben in Gemeinschaft käme.