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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

3.357 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Philosophie, Glauben, Realität ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

02.06.2008 um 22:57
@saraswati23; @rasco
geil,geil,geil, das nenn ich Synchronizität: flatterten mir von amazon doch heute Watzlawick , Foerster und Ernst von Glasersfeld ins Haus:-)
Ihr wart mit eurer Antwort an Jalla einfach schneller:)

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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

02.06.2008 um 22:59
jafrael und sarasvati,

Ja schon, doch eigentlich verhält es sich ja so, dass z.T. die Thread- Hypothese, welche hier diskutiert werden will, sich wiederum eigentlich auch auf den Konstruktivismus abstützen will und dieser wiederum verschiedene Strömungen aufweist und ebenso schon häufig wieder korrigiert werden musste…

Die Gleichsetzung von Leben und Kognition ist eine einprägsame Formel, aber logisch in zweifacher Hinsicht unzutreffend:

1. Wenn sich das kognitive System (energetisch) nicht selbst erhalten kann, aber gleichzeitig semantisch abgeschlossen ist, kann Kognition nicht gleichbedeutend mit Leben sein.

2. Gerade weil das Gehirn von sich aus Bedeutung zuweisen kann, geht es über die reine Selbst- und Lebenserhaltung hinaus.

An dieser Stelle können wir bedenken, dass sich die Plausibilität der radikalen Schlüsse zu einem guten Teil daraus speist, dass als Gegenposition ein Objektivismus und ein naiver Realismus aufgebaut wird…

…ferner, dass es der Radikale Konstruktivismus nicht vermeiden kann, metaphysische Thesen aufzustellen, deren Wahrheit absolut ist und nicht relativ auf eine bestimmte Instanz.

Weitere Widersprüche und Inkonsistenzen ergeben sich bei zwei zentralen Postulaten in der Begründung, dass das mehr oder weniger deutlich ausgesprochene Hauptanliegen weder in einer Theorie lebender Systeme (Autopoiese) noch einer naturalisierten Erkenntnistheorie liege, sondern in dem auf einer metaphysischen Wertentscheidung beruhenden Relativismus, der gegen die Anmaßungen einer universalistischen Vernunft die Einzigartigkeit menschlichen Lebens zu verteidigen in der Lage sei.

Abgesehen davon gesehen, dass die philosophierenden Naturwissenschaftler eigentlich nur alte Theorien und Argumente wiederholen, Argumente wiederholen, die in der Kulturwissenschaft längst weiter getrieben worden sind.

Sie reformulieren im Wesentlichen die Theorie Kants:

„Es sind zwar synthetische Urteile a priori (Informationen unabhängig von der Erfahrung) möglich, weil diese durch Synthesen (Verknüpfungen) unter a priorischen Bedingungen (semantisch abgeschlossen) entstanden sind, aber sie betreffen nur die vom transzendentalen Subjekt (selbstreferenziellen Gehirn) konstituierte (konstruierte) Wirklichkeit, nicht die Realität der Dinge an sich (die reale Welt). Was die “Erkenntnis” der Realität verhindert, ist die transzendentale Apriorität (die absolute Selbstreferenzialität).“



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jalla ehemaliges Mitglied

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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

02.06.2008 um 22:59
@ rasco

Was du hier meinst, ist der 'Radikale Konstruktivismus', der aber selber nur eine Strömung im Konstruktivismus darstellt.
Ja, und zwar die, die Heinz von Foerster vertritt. Lies dir doch bitte jafraels Beitrag noch mal durch, vielleicht verstehtst du es ja dann:

Immerhin gibts Wissenschaftler vom Schlage eines Heinz von Foerster, den Mit-Begründer des Konstruktivismus, die sehr wohl davon überzeugt sind das "wir" die Wirklichkeit "erschaffen" und das es eine objektive Realität gar nicht gibt.


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rasco ehemaliges Mitglied

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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

02.06.2008 um 23:44
@Apollonia77:

hahaha... es gibt keine Zufälle, wie man sieht :)


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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

02.06.2008 um 23:50
@jalla
Zitat von jallajalla schrieb:Die Existenz der Realität selbst stellt der Konstruktivismus nicht in Frage, im Gegenteil, er setzt sie voraus.
Ah ja? Und deshalb fragt Heinz von Foerster in dem von mir verlinkten Interview:

"Realität? Wo haben sie die?"

Na ja andere User haben Dich ja schon auf Deinen irrtum hingewiesen....


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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 00:01
In der Philosophie ist H.v.F. einer der Mitbegruender des radikalen Konstruktivismus, wonach die Realitaet (im Gegensatz zum Platonismus) nicht entdeckt, sondern von uns Menschen konstruiert wird....

http://www.univie.ac.at/
constructivism/HvF/schimanovich.html


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rasco ehemaliges Mitglied

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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 00:07
@jalla:

eine gegebene Realität, die nur nicht erkannt werden könne, vertrat Heinz von Foerster aber nicht. Er formulierte niemals den realen Bestand eines Agens, sondern stellte ihn ganz im Gegenteil stets in Frage, z. B. damit:

„‚Da draußen‘ gibt es nämlich in der Tat weder Licht noch Farben, sondern lediglich elektromagnetische Wellen; ‚da draußen‘ gibt es weder Klänge noch Musik, sondern lediglich periodische Druckwellen der Luft; ‚da draußen‘ gibt es keine Wärme und keine Kälte, sondern nur bewegte Moleküle mit größerer oder geringerer durchschnittlicher kinetischer Energie usw.“


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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 00:20
Interessante Theorie, muss mir diesen Heinz mal reinziehen, aber ist dies nicht auch erklärbar mit dass keine zwei Individuen die Umwelt gleich wahrnehmen? Weil wir sie aus verschiedenen Perspektiven anschauen,
also dass die Realität zwar nur Eine ist und der Hügel immer der Gleiche, aber wir sie verschieden wahrnehmen? Für mich ist es kalt und für dich warm, die Farben intensiv oder blass?
Also dass unsere Wahrnehmung verschieden ist,
die Temperatur (messbar), die Landschaft, die Farben (fotografierbar)aber sind eigentlich real und Fact.


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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 00:43
Eigentlich weiss vielleicht niemand, wie die "Realität" wirklich ist, wäre, und unsere Geräte schaukeln uns etwas vor?
Keine Ahnung.
Aber in meinem Dorf steht die Kirche immer auf dem gleichen Hügel,
die Grillen zirpen und das Gras wächst,
scheint mir alles sehr real,
die Kühe und Schafe fressen und fressen, bilde ich mir das nur ein?


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rasco ehemaliges Mitglied

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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 00:45
@lilit:

Erklärbar ist das schon, dass keine zwei Individuen die Umwelt gleich wahrnehmen, weil wir sie aus verschiedenen Perspektiven betrachten, aber es ist eine diametral andere Weltanschauung.

die Temperatur (messbar), die Landschaft, die Farben (fotografierbar)aber sind eigentlich real und Fact

wer sagt, dass dieser 'Fact' nicht genauso von uns konstruiert ist? Der Konstruktivismus besagt genau das.


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rasco ehemaliges Mitglied

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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 00:46
Aber in meinem Dorf steht die Kirche immer auf dem gleichen Hügel,
die Grillen zirpen und das Gras wächst,
scheint mir alles sehr real,


das hat 'Realität' nunmal so an sich, dass sie real erscheint ;)

die Kühe und Schafe fressen und fressen, bilde ich mir das nur ein?

Es geht nicht um 'Einbildung', nur darum, dass es deshalb längst nicht objektiv bzw. absolut gültige Realität ist, sondern erschaffen von dem, der sie so wahrnimmt.


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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 01:02
Denke,dass wir als Erwachsene mehr weg von der Kinderperspektive gehen können,

durch Erfahrung und Wissen können wir unsere Wahrnehmung objektiver schulen, können den Hügel aus Flugperspektive von allen Seiten beschauen.
Viele Menschen bleiben in der "Kinderperspektive", es ist so wie ich es sehe und basta.

Aber dieses Hinterfragen und alles in Frage stellen kann sowohl befreiend sein wie auch verunsichern.
Je mehr du die Füsse am Boden hast, kann es befreiend sein,
wenn du aber labil und verunsichert bist und verängstigt,
kann der Gedanke dass die Kirche noch im Dorf steht beruhigend wirken.

Ich liebe es alles ein bisschen in der Schwebe zu halten, das hält meinen Geist frei und beweglich.


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yoyo ehemaliges Mitglied

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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 08:01
"„‚Da draußen‘ gibt es nämlich in der Tat weder Licht noch Farben, sondern lediglich elektromagnetische Wellen; ‚da draußen‘ gibt es weder Klänge noch Musik, sondern lediglich periodische Druckwellen der Luft; ‚da draußen‘ gibt es keine Wärme und keine Kälte, sondern nur bewegte Moleküle mit größerer oder geringerer durchschnittlicher kinetischer Energie usw.“"

Das ist es ja, wovon Jalla spricht, es gibt die Photonen und die Moleküle bzw. deren kleinste Bestandteile, ob Energie oder Welle. Er hat nicht behauptet, dass es Farben oder Klänge gäbe, diese sind nur unsere Interpretation der Energie/Teilchen.


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kore ehemaliges Mitglied

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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 08:34
Förster ist die logische Konsequenz des menschlichen Denkens/ als output, (das geht an raso)!
Wenn aus dem Gesichtspunkt der Naturwissenschaft betrachtet der Mensch nichts andres ist als belebter Staub, so ist andrerseits, aus dem allein uns zugänglichen, unmittelbar gegebenen Gesichtspunkt betrachtet, die ganze im Raum und in der Zeit erscheinende Natur ein anthropozentrisches Phänomen. Trotzdem gerade diese Anschauung daß die Beobachtungswelt nur menschliche Vorstellung ist, sich selbst konsequenterweise auslöschen muß, wenn sie richtig betrieben verstanden wird, findet sie weiter Anhänger.
Der Geist müßte ja seine Kräfte anspannen, um von sich aus Vorkommnisse zu ordnen. Aber dann ist es ja er selbst, der diese Ordnung in die Natur hineinträgt! Wenn er etwas über das Wesen der Vorkommnisse sagt, dann hat er es nicht aus den Dingen sondern sich genommen. Er könnte das nur, wenn er sich zugestünde, daß in seinem eigenen Tun etwas Wesenhaftes sich abspielte, wenn er annehmen dürfte, daß es auch für die Dinge etwas bedeutet wenn er etwas sagt. Die Erben von Kants Lehren endeten in letzter Konsequenz mit dem Unglauben an jegliche Weltanschauung, ja Philosophie.


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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 13:19
" Die Wirklichkeit ist ein Konstrukt des Gehirns, das konstruierende Gehirn aber ist real"
Gerhard Roth


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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 14:17
„‚Da draußen‘ gibt es nämlich in der Tat weder Licht noch Farben, sondern lediglich elektromagnetische Wellen; ‚da draußen‘ gibt es weder Klänge noch Musik, sondern lediglich periodische Druckwellen der Luft; ‚da draußen‘ gibt es keine Wärme und keine Kälte, sondern nur bewegte Moleküle mit größerer oder geringerer durchschnittlicher kinetischer Energie usw.“

Das sind doch alles Sachen die etwas mit Wahrnehmung und dem Bewusstsein zu tun haben.
Das Bewusstsein ist Subjektiv. Was hat das mit Glauben zu schaffen?

Hat irgend ein bedeutender Denker von Aristoteles über Kant zu den Physikern jemals die Vermutung geäußert das Glauben Realität erschafft?


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rasco ehemaliges Mitglied

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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 15:42
@fritzchen1:

Das sind doch alles Sachen die etwas mit Wahrnehmung und dem Bewusstsein zu tun haben.Das Bewusstsein ist Subjektiv. Was hat das mit Glauben zu schaffen?

Was haben deine Beine mit deinem Körper zu tun?

Ich meine, Glaube macht dem Bewusstsein Beine :)

Bewusstsein ist nicht wirklich greifbar - Glaube schon eher.


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kore ehemaliges Mitglied

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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 16:56
Bist du schon, oder glaubst du noch?
Bedenkenswerter Satz eines skandinavischen Philosophiekonzerns! Ach nein! Das ging irgendwie anders! :)
Ist der Glaube nun greifbar, weil er unbeweisbare Inhalte hegt oder das Bewußtsein ungreifbar weil es zuerst im Denken nachweisbar auftritt. Es wird sich seiner selbst nämlich bewußt über das Denken, im Denkinhalt und wird nicht mehr nur geträumt. Ich meine dies im Sinne von bewußtem Sein und nicht im Sinne von bei Sinnen sein. Denkinhalte reichen weiter als die Sinne allein, auch wenn sie zunächst über diese erworben werden können.
Hier wird reflektiert und nicht allein subjektiv auf sich bezogen, gleichzeitig findet eine im Bewußtsein verankerte Verständigung statt, die über das Denken allein zu Evidenzerfahrungen führt.


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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 18:17
coelus,

für mich geht es hier aber nicht um eine bloße Hypothese, sondern um eine Wahrnehmungsweise ((Lebens)Praxis).

Wie soll man seine Wahrnehmungsweise beweisen ???
Man kann sie nur erklären, und der RK bietet sich dafür gaz gut an, weil er eben im Gegensatz zu Kant´s Subjektivismus eben auch aufgrund wissenschaftlicher Gesichtspunkte leichter zugänglich ist.

Die vermeintlichen Inkonsistenzen ersehe ich überhaupt nicht.

-Gleichsetzung von Leben und Kognition
Leben IST ein kognitiver Prozess

-Objektvismus vs. Subjektivismus ?
Versus is generell ein Widerspruch zum RK
(der RK stützt sich im Großen Maße auf soziologischen, psychologischen, wissenschaftlichen, künstlerischen Aspekten, u.s.w.,u.s.f. zum Vergleich zur konventionellen Wahrnehmungsweise, wesentlicher Aspekt des RK - Interdisziplinärität)

Wie erwähnt es handelt sich um eine Wahrnehmungsweise.
Ich glaube (?), dass kann nur verstanden werden mit gleichgearteter Wahrnehmung.
Vor ein paar Jahren hätte ich wahrscheinlich auch nix damit anfangen können und hätte dagegen gewettert.

Aber hier noch mal ein "brauchbarer" Link zum Verständnis, der das Wesentliche zusammenfasst.

http://www.bubenhofer.com/publikationen/1999krekon/konstruktivismus.html#7


Irgendwer schrieb hier, dass ein Baum und ein Pilz in einer symbiotischen "Liebes"beziehung zueinander stünden.
Na, wenn das mal nicht ein "metaphysisches Werturteil ist. ;)

Aus meiner Sicht reicht es von Symbiose zu schreiben um sich auf das Wesentliche zu beschränken.
Bei einer Liebesbeziehung zwischen Baum und Pilz aber zugegebenerweise überhaupt nich schlimm, fataler wird´s wenn Mensch Prinzipien, die er "glaubt" aus der Natur zu erkennen (eigentlich erschaffen), wie dass der "Stärkere überlebt" meint diese "Erkenntnis" auf Gesellschaften zu übertragen -> Sozialdarwinismus.
Oder, im Bereich Genetik, der Mensch "glaubt" Verhaltensweisen wären genetisch bedingt, z. B. aggressives Verhalten. Und er sich in Folge solcher "Erkenntnisse" die Eugenik einfallen lässt, um den Menschen durch genetische Veränderung zu perfektionieren. Oder was weiß ich, Schauerbeispiele gibt´s zur Genüge. :/

Das Prinzip um das es hier eigentlich geht ist es WIE sich als Erschaffer der Realität wahrzunehmen. Nicht warum, denn die Frage nach dem Warum oder Was ist wohl diejenige Frage welche irgendwo immer die Frage nach dem Sinn beinhaltet.
Warum existiert das Universum, Warum erschuf Gott den Menschen, Warum, Warum...Was ist der Sinn des Lebens?
Nun, was ist der Sinn des Lebens? :D ;)
Sinnvoller, WIE erschaffen wir unsere Welt. :)

Aber hier noch mal ein Textauszug, insbesondere zur Anwendung:


II. Selbstreferenz als Kern konstruktivistischen Denkens

Fritjof Capra (1991) reflektiert in seinem mittlerweile zum Klassiker avancierten Werk Wendezeit. Bausteine für ein neues Weltbild grundlegende soziale, psychische, ökologische und wirtschaftliche Probleme als verschiedene Facetten ein und derselben Krise: als Krise der Wahrnehmung. Solange wir entsprechend den althergebrachten dualistischen Weltanschauungen Subjekt und Objekt, Erkennende und Erkanntes oder System und Umwelt als isolierte Entitäten unvermittelt gegenüberstellen, sind wir nicht in der Lage, den genannten Problemen adäquat zu begegnen. "Erst wenn wir die Welt anders wahrnehmen, werden wir anders handeln können" (ebd., VIII). Als Schritt in diese Richtung beobachtet Capra (ebd., VIII f.), daß sich ausgehend von den Grenzgebieten der Wissenschaft "eine neue Sicht der Wirklichkeit entwickelt, welche die Grundlagen unserer zukünftigen Technologien, Wirtschaftssysteme und gesellschaftlichen Institutionen bilden wird". Demnach bahnt sich ein tiefgreifender Wandel unserer Weltbilder und Wertvorstellungen an, ein sogenannter Paradigmenwechsel (zum Begriff Paradigma siehe insbesondere Kuhn 1976).

In diesem Sinne gilt die konstruktivistische Erkenntnis-, Kognitions- oder Sozialtheorie, die auch als 'Radikaler Konstruktivismus' zunehmend Aufsehen erregt und die Gemüter von in abendländischen Denkstilen verfangenen Menschen verstört, als ein neues Paradigma im interdisziplinären Diskurs (vgl. Schmidt 1987; 1992).

KonstruktivistInnen desillusionieren insbesondere jene Forschenden oder praktisch Handelnden, die davon ausgehen, daß sie sich auf die objektiv, d.h. unabhängig von ihnen existierende Realität beziehen. Diesbezüglich hebt konstruktivistisches Denken ein Phänomen hervor, welches als Selbstbezüglichkeit oder Selbstreferenz bezeichnet wird: Weil wir uns als lebende und psychische Systeme ausschließlich auf unsere eigenen Zustände (z.B. Sinneswahrnehmungen, Beobachtungen oder Beschreibungen) beziehen können, ist alles, was wir wahrnehmen und für objektiv gegeben halten, eine durch uns konstituierte Einheit. In dieser Hinsicht ergibt sich die Paradoxie, daß 'objektive' Erkenntnis nur subjektiv sein kann. Deshalb bezeichnet der Begriff 'Objektivität' etwas, was im eigentlichen Sinne des Wortes nicht existiert: eine von den beobachtenden Systemen (z.B. der subjektiven Psyche) unabhängige und getrennte Wirklichkeit. Mit dieser Feststellung enthüllt der Konstruktivismus, wie Paul Watzlawick (1985a, 314) formuliert, daß es "keine Welt der dem Subjekt gegenüberstehenden Objekte [gibt]". Vielmehr verdeutlicht konstruktivistisches Denken, "daß die Subjekt-Objekt-Trennung, auf deren Annahme sich die Myriaden von 'Wirklichkeiten' aufbauen, nicht besteht; daß die Spaltung der Welt in Gegensatzpaare vom erlebenden Subjekt konstruiert wird" (ebd.).

Im Gefolge des konstruktivistischen Ansatzes können lange verschüttete und von der abendländischen Wissenschaft nicht ernstgenommene mystische Anschauungen wieder relevant werden (vgl. z.B. Capra 1992). Wesentliche Aussagen des Zen-Buddhismus etwa, die beispielsweise in den Schriften von Alan W. Watts (z.B. 1985; 1990) für westliche LeserInnen aufbereitet sind, lassen sich meines Erachtens als eminent konstruktivistisch verstehen. Auch im buddhistischen Sinne ist die Trennung von erkennendem Subjekt und erkanntem Objekt, welche unsere Wahrnehmung bei jedem Erkennen vollzieht, eine (psychische) Konstruktion: "Denn ich bin, was ich weiß; was ich weiß bin ich. Die Wahrnehmung eines Hauses auf der anderen Straßenseite oder eines Sternes im weiten Raum ist nicht weniger 'ICH' als ein Jucken meiner Fußsohle oder eine Idee in meinem Kopf" (Watts 1990, 106).

http://www.kersting-verlag.de/konstruktivismus-und-soziale-arbeit.html (Archiv-Version vom 27.08.2007)



Übrigens, die Fliege im Fliegenglas kann sich aus diesem nur befreien, wenn sie den Weg nimmt, den sie für am Unwahrscheinlichsten hält.



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Erschafft jeder Realität selber allein durch Glauben?

03.06.2008 um 18:20
@kore:

Bewusstsein wird sich seiner selbst durch Denken bewusst und solange das nicht der Fall ist, wäre es nur geträumt? Und 'bei Sinnen sein' = Denken? Ne, das halte ich für unzutreffend. Du bist dir auch deiner selbst bewusst, ohne dass du es dir denkst. Aber es ist nun nichts neues, dass der westliche Mensch sein Bewusstsein mit Denken gleichsetzt.

Hier wird reflektiert und nicht allein subjektiv auf sich bezogen

Wie meinst du das?

gleichzeitig findet eine im Bewußtsein verankerte Verständigung statt, die über das Denken allein zu Evidenzerfahrungen führt.

Halte ich für unzutreffend. Denken ist in meinem Verständnis ein reiner Übersetzungsmechanismus in die Sprache des Ratio's.


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