@SpöckenkiekeDanke für deine überaus wichtigen Hinweise und Gedanken zum Thema.
Spöckenkieke schrieb:Als Problem in der Reinkarnation sehe ich dann aber denn den Umgang mit behinderten oder mit Menschen die nach Definition der Reinkarnation selbst schuld an ihrer jetzigen Lage sind.
Sehr richtig, ein gewichtiges Argument gegen den Reinkarnationsglauben.
"Hei, du bist arm/behindert/bekloppt/siehts doof aus/ weil Du im letzten Leben ein Schwein warst. Haha, selber schuld!" Aber: Im Buddhismus (den Hinduismus lasse ich jetzt mal aussen vor) gilt konsequenterweise das Gesetz des Mitfühlens und helfenden Handelns, ohne das der Reinkarnationsglaube nichtig wäre. Zudem müsste man sich bewusst sein, dass man sich selbst durch das Lächerlichmachen oder Abwerten von anderen Menschen negatives Karma auflädt, das einem wiederum schaden wird, und auf diesen Schaden muss man nicht bis zum nächsten Leben warten.
Spöckenkieke schrieb:Wir kennen das ja aus Indien, wo die Armen und Behinderten selbst schuld sind, weil sie in ihrem vorherigen Leben schlechtes Karma aufgebaut haben. Das führt unter anderem zu Morden an Behinderten und zu einem undurchdringlichen Kastensystem. Eigentlich ist die Reinkarnationslehre nur eine Rechtfertigung der reichen Kaste, warum sie sich nicht um die Armen kümmern sollten.
Der Hinduismus hat mit seinem im Laufe der Zeit gebildeten Kastensystem den Reinkarnationsgedanken pervertiert und wie du richtig geschrieben hast, einzig und allein zugunsten der Brahmanen- und Adelskaste. Bei uns im Abendland ist ja das gleiche mit der Lehre Jesu passiert, welche von der Kirche ins Absurde verdreht wurde, um Klerus und Adel die Macht zu "bescheren".
Verschiedene Hindu-Schulen haben das Kastensystem abgelehnt, weil es eben nicht darauf ankommt, in welchen Stand man geboren wird, sondern was man aus seinem Leben macht und wieviel Weisheit man erlangt, um nach und nach aus dem Rad der Wiedergeburten und des Leids aussteigen zu können, um Nirvana zu erlangen. Und geau diese weisen, mitfühlenden Leute sollten gemäss der richtigen Lehre die Menschen leiten.
Eine edle, fortgeschrittene Seele kann durchaus unter den Ärmsten der Armen inkarniert werden, viele Gründe sprechen auch dafür, dass das öfters passiert. Das körperliche Aussehen der Person hat dabei nur wenig mit dem Grad des Fortschritts der Seele im Rad der Inkarnationen zu tun, wie ich unten noch ausführen werde.
Spöckenkieke schrieb:Als zweites Problem der Reinkarnation sehe ich noch, dass man sich in sein Schicksal ergeben kann, man sagt man hatte in einem früheren Leben schlechtes Karma aufgebaut und kann in diesem Leben eben nichts daran ändern. Der Begriff, jeder ist seines Glückes Schmied würde dann nicht mehr greifen. Ist man arm oder ungebildet, dann ist das eben so und dann kann man nix gegen machen.
Man kann und sollte, ob Reinkarnation nun existiert oder nicht, immer versuchen, seine eigene und die Situation anderer zu verbessern, egal ob man arm oder ungebildet, reich oder intelligent ist. Wobei diese Zustände zum Teil auch Ermessenssache und relativ sind. Abgesehen davon, viele hochentwickelte inkarnierte Seelen werden das Leben lang arm bleiben, weil sie nicht mehr dem Materialismus verfallen sind, der, wenn man es genau betrachtet, nur flüchtig ist und Leid schafft, nicht nur eigenes Leid, sondern auch Selbstbefriedigung auf Kosten anderer Wesen und der Umwelt. Das heisst jedoch nicht automatisch, dass jede reiche oder erfolgreiche Person eine widerwärtige Seele ist, ganz im Gegenteil. Es gibt, gemäss der Lehre des Karma, verschiedene Formen von "Bestrafung" und "Belohnung". Die einen haben ein weniger schönes Aussehen und leben dafür in Wohlstand, andere sehen wunderschön aus und führen ein erbärmliches Dasein, wieder andere sind weder schön noch reich, aber besitzen dafür einen bewundernswerten Charakter, der vielen Menschen das Leid zu lindern vermag und somit wiederum positiv auf denjenigen selbst wirkt, weil andere Menschen dessen Taten belohnen (das sind nur sehr vereinfachende Beispiele zur Veranschaulichung) etc.
Wer an Reinkarnation glaubt und nach dem Gesetz des Karma handelt, verfällt normalerweise keinem Fatalismus, sondern blickt auf eine bessere Zukunft und handelt demgemäss. Eine rein egoistische Handelsweise ist dem ursprünglichen Buddhismus in seiner unverfälschten Form fremd.
Nun denkst du sicher, dass ich an Reinkarnation glaube oder gar Buddhist bin. Ehrlich gesagt, ich weiss nicht, ob Reinkarnation existiert, aber dennoch versuche ich mich so zu verhalten, als ob es sie tatsächlich gäbe. Denn eines weiss ich: Eine Gesellschaft, die die reine Lehre Buddha's konsequent lebt, ist eine bessere Gesellschaft als unsere mit der Ellbogenmentalität, ihrer Sucht nach Luxus und Ablenkung vom Wesentlichen.
Für meine eigene Form von Glauben (der sich durchaus mit dem Reinkarnationsgedanken verträgt) gibt es sogar eine Bezeichnung, aber diese Form von Glauben ist den meisten unbekannt und hier nicht das Thema.