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Brauhaus der Hanse

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Brauhaus der Hanse

13.10.2016 um 05:56
Moin,

anbei mal meine Notizen aus der Sonderausstellung "Kein Bier ohne Alster",im Museum für Hamburgische Geschichte, in lesbarer Form.

Im Mittelalter gab es gar nicht so viele Getränke zur Auswahl, Tee? Kaffee? Kakao?
Gab es alles nicht vor dem 17. Jdh..
Fruchtsäfte? Auch nicht, da die Früchte viel kleiner gezüchtet wurden als heutzutage, es gab ab und an mal Most aber auch nicht in großen Mengen.
Milch? War auch keine Alternative, da die Kühe weniger Milch gaben als heutzutage und es keine Kühlschränke gab. Milch wurde damals nicht getrunken sondern gleich zu Käse verarbeitet.
Wasser war bei den damaligen Bedingungen auch keine Alternative da auch das Brunnenwasser verschmutzt war, man denke nur an die Kloaken in Brunnen Nähe, Färber und Gerber taten ihr übriges.

Deswegen wurde Bier zum Grundnahrungsmittel, es war in großen Quantitäten vorhanden und lagerbar.
Bier war das "flüssige Brot", es war kalorienreich und wurde deswegen zu jeder Tageszeit getrunken, egal ob Frühstück, Mittag oder Abendbrot.
Männer, Kinder, Frauen, alle haben es getrunken.
Pro Tag und pro Kopf wurden 1- 2 Liter konsumiert.
Betrunken wurde die Mehrheit damals nicht, nur Spezialbiere wie Export hatten einen höheren Alkoholgehalt.
Die Alltagsbiere waren oft dritte oder vierte Aufgüsse oder noch gar nicht richtig vergoren und hatten dementsprechend einen sehr geringen Alkoholgehalt.
Bier war damals eher haltbar gemachtes Wasser mit Geschmack, zumindest war es abgekocht und damit keimfrei.

Hamburg und die Geschichte des Brauens sind unmittelbar miteinander verbunden, Bier als Grundnahrungsmittel wurde in großen Mengen benötigt und war eine gute Erwerbsquelle.
Wo ein Markt ist, da wird sich drum gekümmert.
Daher liessen die Schauenburger Grafen (Stadtherren Hamburgs) die Alster einmal 1195 und einmal 1235 aufstauen um mehr Kornmühlen betreiben zu können.
In den Mühlen wurde nicht nur Getreide gemahlen sondern auch der Malz geschrotet welches wichtig für die Bierproduktion war.
1/3 der Kapazitäten der Mühlen war den Bierbrauern vorbehalten.

Beim brauen war der größte Unterschied zu heutigem Bier ganz sicher das damals noch kein Hopfen verwendet wurde, der wichtigste Grundstoff war wie heute die Gerste. Um den für die Umwandlung in Alkohol nötigen Zucker zu erhalten, musste zunächst die in den Getreidekörnern enthaltene Stärke in Zucker umgewandelt werden. Dies passiert durch die Zugabe von Wasser. Um die zuviel Zucker zu vermeiden muss durch das "darren" die Keimung künstlich gestoppt werden, dazu wird das Malz erhitzt.
Bis in das 13. Jdh. diente als Würze zum brauen nicht Hopfen sondern Gagel (Wikipedia: Gagelstrauch ).
Gagel ist ein 1,5m hoch wachsender Strauch mit länglichen Blättern welcher häufig in Mooren wächst.
Durch das aus den Blättern und Blüten ausgeschiedene Gagelöl ist der Gagél schon von weiten zu riechen.
Der Strauch wächst größtenteils in Nordwesteuropa und in Küstennähe.

Gagel wird am Niederrhein auch "Grut" genannt, da Gagel über Jahrhunderte die Hauptwürze des Bieres war, werden mit Gagel gebraute Biere auch "Grutbiere" genannt.
Grutbiere wurden vorallem im Norddeutschen Raum, Niederlanden und im Rheinland hergestellt und vertrieben.
Die Grutbiere dürften süßlich und würzig geschmeckt haben, hatten aber leider eine sehr kurze Haltbarkeit weswegen sie nicht über längere Strecken transportiert werden konnten sondern gleich im Verbrauchsraum konsumiert wurden.

Ab 1233 beginnt der Umbruch in der Hamburger Bierproduktion, seit 1233 werden Weizen und Weissbiere gebraut.
Wahrscheinlich war dies auch der Zeitpunkt, ab den man mit der Produktion von gehopften Bieren begann.
Dies war der Beginn eines technologischen Durchbruchs, denn so wurden die Biere lagerfähiger und konnten weitere Transportwege überstehen.
Schnell wurde Hamburger Bier zu einem unverzichtbaren Exportgut. Zeitgleich wurde der Getreideimport durch eine verbesserte Zollpolitik erleichtert.
So das es den Hamburger Brauern möglich war sehr große Mengen zu produzieren.

Im mittelalterlichen Hamburg wurde Bier in Hausbrauereien hergestellt. In Hamburg hiess ein Grundstück mit Brauhaus "Brauerbe". Das Braurecht war nicht personengebunden, sondern an den Besitz so eines Brauerbes gekoppelt. Die Brauhäuser standen auf langgestreckten Grundstücken und waren oftmals imposante Gebäude, schliesslich verlangte alleine die Lagerung von Getreide, Malz, Hopfen sowie Biertonnen und Feuerholz beträchtliche Raumkapazitäten, von der Unterbringung der Sudpfanne und sonstigen Gerätschaften ganz zu schweigen.

Die Vorderfront des Brauerbes wies im Normalfall zur Strasse, die Rückseite zum Fleet.
Der Brauerben Besitzer war meistens Brauer und Kaufmann in einem. Dieser musste sich an allerlei Verordnungen des Hamburger Rats halten den die Qualität war die oberste Priorität.
Der Hamburger Stadtrat steuerte auch die Bierproduktion mit Hilfe des "Orloffsystems". Ein Orloff (biederdeutsch "orlovet"= erlaubt) war eine Erlaubnis zur Erzeugung eines Sudes, und dieser wurde nur erteilt, wenn der Exportbiervorrat zur Neige ging.
Viele Brauhäuser lagen in direkter Nähe von Bäckereien, einfach weil dort die Luft mit Hefepilzen angereichert war, diese Hefepilze fanden so ihren Weg in die Bierproduktion und führten zur Spontanvergärung. Deshalb wurde immer im Wechsel gebacken und dann gebraut.
Fun Fact: Daher auch der Spruch vom Rumpelstilzchen"Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hole ich der Königin ihr Kind"

Zur Mitte des 14. Jdh. wurden in Hamburg um die 450 Brauhäuser gezählt.
126 exportierten Bier nach Amsterdam und 55 nach Staveren. Die meisten Brauhäuser deren Standort man rekonstruieren konnte hatten ihrem Schwerpunkt am Rödingsmarkt, alleine die Hälfte der damaligen Häuser am Rödingsmarkt waren Brauhäuser. Der zweite Schwerpunkt war im Bereich der Bäckerstrasse, dort hatten alle Häuser das Braurecht und der dritte Schwerpunkt lag an der Jakobikirche.

Um 1540 herum hatte Hamburg 527 Brauhäuser, die Brauhäuser waren mittlerweile auch um den Nikolaifleet angesiedelt.
Obwohl in den Niederlanden auch fleissig gebraut wurde, war der Verbraucher dort bereit für das Hamburger Exportbier ordentlich in die Tasche zu greifen.

Wo gebraut wird da wird auch Wasser genutzt und das war sicher auch der Vorteil für Hamburg, durch die zahlreichen Kanäle war genug Wasser für den Brauprozess sowie zur Reinigung der Gerätschaften vorhanden. Gleichzeitig konnten auf den Fleeten die Biertonnen per Boot transportiert werden, dies war günstiger als der Landtransportweg.
Dazu muss es auch ein ausgeklügeltes Transportwesen für Wasser gegeben haben, da die Wasserqualität der Fleeten nicht ausreichend war. Die Brauer selbst investierten viel in den Ausbau der Hamburger Wasserleitungen und hatten somit einen erheblichen Anteil am Ausbau der Infrastruktur Hamburgs.

Das Braugewerbe diente über die Jahrhunderte hinweg nicht nur der Eigenversorgung sondern immer mehr auch als Exportgewerbe. Exportiert wurde in die Niederlande, Frankreich, England, Jütland und Island. 1369 wurden aus Hamburg 62.000 Tonnen Bier verschifft.
Diese Zahlen zeigen eindeutig die große wirtschaftliche Bedeutung des Bierhandels.
Von den 8000 Einwohnern Hamburgs hatte ein Großteil mit dem Brauprozess zu tun, weitere Bevölkerungsteile arbeiteten als Zulieferer von Getreide und Hopfen oder fertigten die Fässer an oder waren im Handel tätig.
Somit war Hamburg wirklich das Brauhaus der Hanse.

Mit der Auflösung der Hanse verloren auch die hiesigen Brauer einen Teil ihres Marktes, indem zahlreiche Länder dem lange bestehenden Importmonopol durch Gründung eigener Brauereien sowie die Erhebung von Einfuhrzöllen entgegenwirkten.
Das hamburgische Bier wurde immer mehr zurückgedrängt auch durch die zunehmende Produktion von Hopfenbier.
Qualitätsabfall und der Entzug von Privilegien taten ihr übriges, der Konsument war nicht mehr zufrieden.

Zu Beginn des 17. Jdh. wurden von den bestehenden 531 Braugerechtigkeiten nur noch ein kleiner Teil genutzt. Brauhäuser wurden immer mehr als reine Kaufmannsdomizile genutzt. Das bedeutet auch das in der Hamburger Oberschicht der ´Brauer mehr und mehr vom Kaufmann verdrängt wurde.
Ende des 17. Jdh. war es für das Bier fast aus, die Konsumenten hatten neue Freunde gefunden unter anderem: Tee, Kaffee, Kakao und natürlich der Branntwein, berauschte ja auch schneller.

In der Folgezeit kam es zu enormen Struktur und Funktionswandel durch die Ablösung der Hausbrauereien durch Aktienbrauereien. Auch durch die technische Revolution im 18. Jdh. war es möglich Bier im industriellen Massstab zu brauen.
Das Brauwerk in Hamburg erholte sich jedoch nie so ganz, ein erster Lichtblick kam 1830 als man mit der Produktion untergäriger Biere nach bayrischem Vorbild begann. Auch die Einführung der Gewerbefreiheit 1865 brachte noch keinen Umschwung, erst 1870 schossen Großbrauereien wie Pilze aus dem Boden.
Bier wurde nun in großen Mengen durch viele verschiedene Aktienbrauereien produziert. 1879 erfolgte die Gründung der Holsten-Brauerei AG, in der damals noch holsteinischen Stadt Altona.
2004 wurde das Unternehmen dann durch die Carlsberg Gruppe übernommen.2014 wurde die Brauerei AG dann aufgelöst und die Mitarbeiter wechselten zu Carlsberg.
Die 1897 gegründete Bavaria- St. Pauli Brauerei AG fusionierte 1922 mit der "Actien- Brauerei" und verleibte sich über die Jahre Dutzende an nordeutschen Brauereien ein. Die wichtigste Marke ist wohl das Astra. Mit einem erneuten Unternehmswechsel 1990 wechselte man zur Gebrüder März AG um von dort vier Jahre später an die Brau und Brunnen AG verkauft zu werden. Zeitgleich wurde die Elbschloss Brauerei integriert.
Die 1881 gegründete Elbschloss Brauerei stellte bis zur Schliessung des Werkes das beliebte Ratsherrn Pils her.
Das war es eigentlich mehr oder weniger.


Doch langsam gibt es wieder Brauer die handwerkliche Biere produzieren und somit die Lebensqualität ordentlich angehoben haben.

Zu nennen sind: Ratsherrn, Hopperbräu, Kehrwieder Kreativbrauerei, Wildwuchs, Buddelship und Circle 8.

Es geht wieder vorran.


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Brauhaus der Hanse

28.10.2016 um 19:42
Muss man da was lernen oder kann man sich auch einfach besaufen?


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